VwGH 09.09.2025, Ra 2024/16/0038
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Nach § 236 Abs. 2 BAO findet der erste Absatz dieser Vorschrift auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung. In einem solchen Fall ist kein strengerer Maßstab als bei der Nachsicht noch nicht entrichteter Abgaben anzulegen. Aufgabe des Antragstellers auf Erteilung der Nachsicht im Sinne des § 236 Abs. 2 BAO ist es, in nachvollziehbarer Weise darzulegen, dass die für eine Unbilligkeit der Einhebung der Abgaben, wären sie noch nicht entrichtet, sprechenden Umstände durch die Tilgung der Abgabenschuldigkeit nicht beseitigt worden sind. Im Nachsichtsverfahren liegt das Hauptgewicht der Behauptungs- und Beweislast beim Nachsichtswerber. Ihm obliegt es im Sinne seiner Mitwirkungspflicht, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf welche die Nachsicht gestützt werden kann (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2002/15/0155, und vom , 2003/13/0156). Auch im Falle einer Mitwirkungspflicht der Partei in Abgabenverfahren ist die Behörde nicht von ihrer Ermittlungspflicht befreit (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung das hg. Erkenntnis vom , 92/17/0232). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2004/15/0150 E RS 2 (hier ohne den letzten Satz) |
Normen | |
RS 2 | Der Nachsichtswerber hat im Fall des § 236 Abs. 2 BAO eine Gefährdung seiner Existenzgrundlagen durch die Einbehaltung der vom Nachsichtsantrag betroffenen Abgabenschuld plausibel zu machen (vgl. idS ). |
Normen | |
RS 3 | Der Begriff der Patronatserklärung ist nur eine Sammelbezeichnung für eine Vielzahl von Erklärungen einer vom Schuldner verschiedenen Person, dem Patron, die einen ganz unterschiedlichen Inhalt haben können. Je nach ihrem Inhalt reichen sie von völlig unverbindlichen Erklärungen bis zum Garantievertrag (vgl. = SZ 58/127). |
Normen | |
RS 4 | Es ist zwischen "harten" und "weichen" Patronatserklärungen zu unterscheiden, wobei der konkrete Inhalt der (allenfalls) bestehenden Verpflichtung durch Auslegung zu ermitteln ist (vgl. ; , 4 Ob 151/10z; , 8 Ob 153/03p; , 7 Ob 572/85). |
Normen | |
RS 5 | Je nach Ausgestaltung begründet im Konzern die "harte" Patronatserklärung ein Einstehenmüssen der Muttergesellschaft für die Tochtergesellschaft, während eine "weiche" Patronatserklärung die Muttergesellschaft im Sinne einer Verwendungszusage zu sorgfältigem Bemühen verpflichtet. |
Normen | |
RS 6 | Die interne Patronatserklärung kommt direkt zwischen Patron und Protegé zustande. Wesensmerkmal der internen Patronatserklärung ist eine Ausstattungsverpflichtung des Patrons, die gegenüber dem Protegé, nicht aber gegenüber einem Dritten abgegeben wird. Eine im Konzern abgegebene harte Patronatserklärung bewirkt dabei einen direkten Leistungsanspruch der Tochtergesellschaft gegen die Muttergesellschaft. |
Normen | |
RS 7 | Eine sachliche Unbilligkeit ist - unbeschadet der in § 3 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005, beispielsweise aufgezählten und hier nicht in Betracht kommenden Fälle - nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit anderen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist (vgl. z.B. ; , 2006/15/0337, mwN). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2018/15/0014 B RS 2 |
Norm | |
RS 8 | Der Verwaltungsgerichtshof hält die - vom Verfassungsgerichtshof (Hinweis Erkenntnis vom , G 650/2015 u. a.) geteilte - Auslegung aufrecht, dass § 58 Abs. 3 GSpG eine verhältnismäßige Bemessung der Glücksspielabgabe bei grenzüberschreitenden Glücksspielen unter Zugrundelegung der auf das Inland entfallenden Teilnahmen oder Gewinne nicht vorsieht. Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG bildet die Gesamtheit aller in Aussicht gestellten Gewinne. Maßgeblich ist der Empfängerhorizont der inländischen Öffentlichkeit und nicht eine Intention oder Mentalreservation des Veranstalters. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2015/16/0038 E RS 1 |
Normen | |
RS 9 | Gegen die Sichtweise, wonach die Einbeziehung aller in Aussicht gestellten Gewinne in die Bemessungsgrundlage der Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG ein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis ist, das zu einem atypischen Vermögenseingriff führt, spricht bereits, dass § 58 Abs. 3 GSpG nach dem Erkenntnis des , durch den Gesetzgeber nicht angepasst wurde, was etwa im Rahmen des Finanz-Organisationsreformgesetzes, BGBl. I Nr. 104/2019, mit dem es auch zu Änderungen des GSpG kam, möglich gewesen wäre. |
Normen | |
RS 10 | Dass die Einbeziehung der Gesamtheit aller in Aussicht gestellten Gewinne in die Bemessungsgrundlage der Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG eine vom Gesetzgeber beabsichtigte Regelung darstellt, war für die Abgabepflichtige schon angesichts des Wortlautes dieser Bestimmung ("Glückspielabgabe von 5 vH der in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinn), wenn sich das Gewinnspiel (auch) an die inländische Öffentlichkeit richtet.") nicht von vornherein auszuschließen und Gegenstand der Verfahren zur Festsetzung der Abgabe. Die Einbeziehung der Gesamtheit aller in Aussicht gestellten Gewinne des von der Abgabepflichtigen veranstalteten Gewinnspiels als Ergebnis der Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (vgl. ; ) begründet somit keine sachliche Unbilligkeit, sondern war eine - für die Abgabepflichtige zumindest vorhersehbare - Auswirkung der allgemeinen Rechtslage. |
Normen | |
RS 11 | Ein Abgehen des VwGH von seiner bisherigen Rechtsprechung durch einen verstärkten Senat (bei unveränderter Rechtslage) führt nicht dazu, dass sämtliche auf der bisherigen Rechtsprechung beruhenden Abgabenvorschreibungen als unbillig anzusehen wären (vgl. , 0202, ÖStZB 1990, 27; , 91/15/0008; , 91/15/0105; , 98/13/0073). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2022/13/0016 E RS 5 |
Norm | |
RS 12 | Die Einhebung der Abgabe gilt weder in den Fällen einer verschärfenden, strengeren, anspruchserhöhend wirkenden Rechtsprechung noch in Fällen neuer Rechtsprechung als unbillig, da solche Änderungen Auswirkungen der allgemeinen Rechtslage sind und somit nicht zu Unbilligkeiten der Einbeziehung des Einzelfalls führen (vgl. ). Dies gilt umso mehr für eine für den Steuerpflichtigen vorteilhafte Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung durch den VwGH, die sich auf einen bereits verwirklichten Sachverhalt bezieht. |
Norm | |
RS 13 | Der Umstand, dass die Abgabepflichtige von einer in der Rechtsprechung aufgezeigten Gestaltungsmöglichkeit im Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestands nicht Gebrauch gemacht hat, führt nicht zu einer sachlichen Unbilligkeit, wenn bei Unterlassung dieser Gestaltungsmöglichkeit kein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis, das zu einem atypischen Vermögenseingriff führt, vorliegt. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher, den Hofrat Dr. Bodis, die Hofrätin Dr. Funk-Leisch und den Hofrat Mag. M. Mayr als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision der M Gesellschaft m.b.H., vertreten durch die Althuber Spornberger & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/7100596/2022, betreffend Nachsicht in einer Angelegenheit der Glücksspielabgabe (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Österreich, Dienststelle Sonderzuständigkeiten), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Erkenntnis vom setzte das Bundesfinanzgericht die Glücksspielabgabe für das Jahr 2012 gemäß § 58 Abs. 3 GSpG gegenüber der Revisionswerberin mit 12.436.221,80 € fest und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei.
2 Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2019/17/0005, wies der Verwaltungsgerichtshof die gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom erhobene Revision zurück. Zur weiteren Vorgeschichte des Revisionsfalls wird im Übrigen in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 VwGG auf diesen Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes, auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 650/2015, ua, sowie auf das im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2015/16/0038, verwiesen.
3 Mit Schriftsatz vom beantragte die Revisionswerberin beim damaligen Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr Finanzamt Österreich, im Folgenden: Finanzamt), die Abgabenschuld gemäß § 236 BAO vollständig, in eventu im Ausmaß jenes Betrages, der die Glücksspielabgabe für den Inlandsteil des veranstalteten Gewinnspiels übersteige, sohin im Ausmaß von 9.993.152,72 €, nachzusehen.
4 Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag der Revisionswerberin auf Nachsicht ab.
5 Die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Die Revisionswerberin stellte einen Vorlageantrag.
6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab. Die Revision erklärte das Bundesfinanzgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
7 Das Bundesfinanzgericht stellte nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und soweit für das Revisionsverfahren relevant fest, die Revisionswerberin sei eine in Österreich ansässige Kapitalgesellschaft, deren Unternehmenszweck es sei, für die österreichischen M Restaurantbetriebe österreichweit Werbe- und Marketingmaßnahmen zu veranstalten und zu organisieren. Ihre alleinige Gesellschafterin sei die M Gesellschaft mbH, deren Gesellschafterinnen wiederum die M Central Europe GmbH (99%) sowie die M Corporation, Illinois, USA, (1%) seien.
8 Aus den Bilanzen der Revisionswerberin sei ersichtlich, dass die Gesellschaft keine Mitarbeiter beschäftige. Konzernbeziehungen bestünden insbesondere zu den österreichischen Gesellschaften der M Gruppe. Die Gesellschaft werde in den Konzernabschluss der M Central Europe GmbH (bis 2015), und weiters in den Konzernabschluss der M, I, USA, einbezogen.
9 Von 2015 bis 2017 habe eine steuerliche Unternehmensgruppe zwischen der M Gesellschaft mbH als Gruppenträger und der Revisionswerberin als Gruppenmitglied bestanden. Ab dem Jahr 2018 sei die Revisionswerberin in eine Steuergruppe mit der M Central Europe GmbH als Gruppenträgerin einbezogen worden.
10 In der Bilanz 2018 werde angeführt:
„Von 2015 bis 2017 bestand eine steuerliche Unternehmensgruppe zwischen der M Gesellschaft mbH als Gruppenträger und der M Werbegesellschaft m.b.H. als Gruppenmitglied. Die steuerlichen Ergebnisse des Gruppenmitglieds wurden dem Gruppenträger zugerechnet. Ein steuerlicher Ertragsausgleich zwischen dem Gruppenträger und dem Gruppenmitglied wurde in Form von Steuerumlagen im Rahmen der Gruppen- und Steuerumlagevereinbarung geregelt. Im Falle eines positiven steuerlichen Ergebnisses des Gruppenmitglieds entsprach die Steuerumlage dem positiven steuerlichen Ergebnis multipliziert mit dem jeweils gültigen Körperschaftsteuersatz. Erzielte das Gruppenmitglied in einem Wirtschaftsjahr ein negatives steuerliches Ergebnis, so wurde dieser Verlust evident gehalten und in darauffolgenden Wirtschaftsjahren mit positiven Ergebnissen ausgeglichen.
Im Jahr 2018 wurde diese steuerliche Unternehmensgruppe beendet und die Gesellschaft ist ab dem in eine Steuergruppe mit der M Central Europe GmbH als Gruppenträger einbezogen. Die Steuerumlage ist wie folgt geregelt: Erzielt ein Gruppenmitglied in einem Wirtschaftsjahr einen nach den Vorschriften des KStG ermittelten steuerpflichtigen Gewinn, so ist dieses Gruppenmitglied verpflichtet, in Höhe der auf diesen Gewinn entfallenden Körperschaftsteuer eine Steuerumlage an den Gruppenträger zu entrichten. Erzielt ein Gruppenmitglied in einem Wirtschaftsjahr einen nach den Vorschriften des KStG vermittelten Verlust, so wird dieser in dem Ausmaß, in dem er im betreffenden Wirtschaftsjahr vom Gruppenträger mit steuerlichen Gewinnen anderer Gruppengesellschaften verrechnet werden kann, der Ermittlung einer negativen Steuerumlage zugrunde gelegt.
Die Gesellschaft wird in den Konzernabschluss der M, I, USA, einbezogen.“
11 Aus den Jahresabschlüssen ergebe sich:
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Jahr | Eigenkapital | Bilanzgewinn/-verlust |
2012 | 19.539,63 | 1.371, 42 |
2013 | -114.390,19 | -132.558,40 |
2014 | - 303.243,60 | -321.411,81 |
2015 | -1.780.293,85 | -1.798.462,06 |
2016 | -625.666,72 | -643.834, 93 |
2017 | -295,761,80 | -313.930.01 |
2018 | -8.856.155,00 | -8.874.323,21 |
2019 | 1.573.448,27 | 1.555.280,01 |
12 In der Erläuterung der Bilanzen 2013 und 2014 werde ausgeführt:
„Die Geschäftsführung nimmt zur Frage, ob eine Überschuldung vorliegt, wie folgt Stellung: Der Jahresverlust ist durch eine Rückstellung für Verfahrenskosten für ein steuerliches Berufungsverfahren verursacht. Für das Verfahren selbst bestehen sehr gute Chancen, dass die Gesellschaft obsiegt, sodass keine diesbezügliche Rückstellung gebildet wurde. Die Fortbestehungsprognose der Gesellschaft ist positiv und stützt sich auf die Planungsrechnung der nächsten Jahre, die vorsieht, dass das negative Eigenkapital durch entsprechende Gewinnen in den nächsten ein bis zwei Jahren beseitigt wird.“
13 In der Erläuterung der Bilanz 2015 werde hinsichtlich des negativen Eigenkapitals ausgeführt:
„Die Geschäftsführung nimmt zur Frage, ob eine Überschuldung vorliegt, wie folgt Stellung: Der Jahresverlust ist durch eine Rückstellung für abgabenrechtliches Berufungsverfahren verursacht. Für das Verfahren selbst bestehen sehr gute Chancen, dass die Gesellschaft obsiegt, sodass keine diesbezügliche Rückstellung gebildet wurde. Die Fortbestehungsprognose der Gesellschaft ist positiv und stützt sich auf die Planungsrechnung der Gesellschaft sowie eine Patronatserklärung der M Central Europe GmbH. Im Geschäftsjahr wurde diese Patronatserklärung im Ausmaß von Euro 2.331.992,50 ausgeübt und ein entsprechender Kapitalzuschuss geleistet. Die daraus resultierende Kapitalrücklage wurde zur teilweisen Abdeckung des Verlustes im Geschäftsjahr aufgelöst.“
14 In der Erläuterung der Bilanz 2016 werde hinsichtlich des negativen Eigenkapitals ausgeführt:
„[...] Die Fortbestehungsprognose der Gesellschaft ist positiv und stützt sich auf die Planungsrechnung der Gesellschaft sowie eine Patronatserklärung der M Gesellschaft mbH, die bis zum gültig ist.
Im Geschäftsjahr wurde überdies von der direkten Muttergesellschaft M Gesellschaft mbH ein Kapitalzuschuss an die Gesellschaft in Höhe von EUR 818.047,00 gewährt. Die daraus resultierende Kapitalrücklage wurde im Geschäftsjahr aufgelöst.“
15 In der Erläuterung der Bilanz 2018 werde hinsichtlich des negativen Eigenkapitals ausgeführt:
„Die Gesellschaft weist zum ein negatives Eigenkapital von EUR 8.856,155,00 aus. Die Geschäftsführung nimmt zur Frage, ob eine Überschuldung vorliegt, wie folgt Stellung: Der Jahresverlust ist durch eine Rückstellung für abgabenrechtliches Berufungsverfahren verursacht. Die Fortbestehungsprognose der Gesellschaft ist positiv und stützt sich im Wesentlichen auf die Planungsrechnung der Gesellschaft sowie eine Patronatserklärung der M Central Europe GmbH. Im März 2019 hat die Gesellschaft im Rahmen der Patronatserklärung einen Kapitalzuschuss in Höhe von EUR 10,2 Mio. erhalten. Die Patronatserklärung wurde im Juni 2019 auf eine Haftsumme von EUR 23 Mio. begrenzt und bis verlängert.“
16 In der Erläuterung der Bilanz 2019 werde ausgeführt:
„Das Eigenkapital der Gesellschaft im Jahr 2019 beträgt EUR 1.573.448,27. [...] Im März 2019 hat die Gesellschaft im Rahmen der Patronatserklärung einen Kapitalzuschuss in Höhe von EUR 10,2 Mio. erhalten. Dieser wurde zur Abdeckung des Bilanzverlustes in 2019 aufgelöst. Die Patronatserklärung wurde im Juni 2019 auf eine Haftsumme von EUR 23 Mio. begrenzt und bis verlängert.“
17 Im Rahmen der Darstellung des Verwaltungsgeschehens gab das Bundesfinanzgericht den Inhalt der dem Antrag auf Nachsicht beigelegten Patronatserklärung vom der M Central Europe GmbH wie folgt wieder:
„1. Wir die M Central Europe GmbH haben Kenntnis von den Glückspielabgabeverfahren zu M 2012 sowie M und M K 2013. Wir sind weiters in Kenntnis, dass im Falle eines negativen Urteils des Bundesfinanzgerichtes es keinen ordentlichen Zahlungsaufschub für die Glückspielabgabe gibt.
Wir verpflichten uns hiermit unwiderruflich nach erster Aufforderung durch den Geschäftsführer gegenüber der M Werbegesellschaft mbH die Gesellschaft mit den erforderlichen finanziellen Mitteln zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus den oben angeführten Verfahren auszustatten, sodass diese jederzeit in Lage ist, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen und/oder um eine gegenwärtige oder künftig eintretende insolvenzrechtliche Überschuldung hintanzuhalten bzw. abzuwenden. Die Zuführung der finanziellen Mittel hat Eigenkapitalwirksam zu erfolgen.
2. Unsere Haftung endet durch Erfüllung bzw. Wegfall sämtlicher Verpflichtungen der M Werbegesellschaft mbH aus den Glückspielverfahren zu M 2012 sowie M und M K 2013.
3. Gegenständliche Patronatserklärung ist mit dem Betrag von € 36.000.000, begrenzt und ist zwei Jahre ab Ausstellung gültig.
4. Streitigkeiten aus oder über diese Patronatserklärung sind ausschließlich vor dem für Handelssachen zuständiges Gericht in Wien auszutragen. Es wird die Anwendung österreichischen Rechts vereinbart.“
18 Die Patronatserklärung sei mehrfach verlängert worden. Die Glücksspielabgabe für das Jahr 2012 sei von der Revisionswerberin vollständig entrichtet worden.
19 In der rechtlichen Beurteilung gab das Bundesfinanzgericht zunächst die rechtlichen Grundlagen für die Beurteilung des Antrags der Revisionswerberin wieder.
20 Zum Nachsichtsgrund der persönlichen Unbilligkeit führte das Bundesfinanzgericht - soweit hier relevant - aus, die Revisionswerberin bringe vor, dass ihr im Konzern eine reine Service-Funktion zukomme und sie ihre Umsätze aus Beiträgen von Franchisenehmern und den konzerneigenen Handelsgeschäften generiere. Die lukrierten Beiträge würden dann wiederum gebündelt für Werbemaßnahmen eingesetzt und ausgegeben. Der Jahresumsatz läge bei rund 28 Millionen Euro und es müsse fast ein halber Jahresumsatz zur Tilgung der Glücksspielabgabe 2012 verwendet werden. Eine solche Abfuhr an das Finanzamt würde dazu führen, dass die Marketingaktivitäten drastisch (nämlich um rund 50%) reduziert werden müssten, was zu einer Einstellung der Beitragszahlungen unter Aufkündigung der relevanten Verträge durch die Franchisenehmer führen würde und der Revisionswerberin somit auch mangels Umsatzes die Insolvenz drohe. Die Revisionswerberin erblicke darin eine persönliche Unbilligkeit, insbesondere da die Abgabenfestsetzung in einem krassen Missverhältnis zur finanziellen Situation der Abgabenschuldnerin stehe. Es sei daher eine Existenzgefährdung durch die Abgabeneinhebung gegeben, da die Revisionswerberin die Abgabenschuldigkeiten allein nie hätte bedienen können und der Fortbestand der Revisionswerberin nur durch die konzernintern finanzierte Abgabenentrichtung gesichert sei.
21 Die Revisionswerberin weise insbesondere in ihrer Stellungnahme vom darauf hin, dass sie schon aufgrund der Festsetzung der Glücksspielabgabe im konkreten Fall iHv 12.436.221,80 € und der damit einhergehenden notwendigen Erfassung einer Verbindlichkeit, im Sinne des § 67 Abs. 3 IO überschuldet gewesen sei. Spätestens im Zeitpunkt des Einhebungsversuches wäre die Revisionswerberin ad hoc zusätzlich im Sinn des § 67 Abs. 2 IO zahlungsunfähig gewesen. Nur durch die außertourliche Hilfsmaßnahme in Form der Patronatserklärung der M Central Europe GmbH und der Eigenkapitalzufuhr hätte der Fortbestand der Revisionswerberin gesichert und deren Insolvenz vermieden werden können. Aus diesem Grund sei von einer persönlichen Unbilligkeit in Form einer Existenzgefährdung auszugehen.
22 Dem sei entgegenzuhalten, dass eine insolvenzrechtlich relevante Überschuldung iSd § 67 IO nicht schon beim Überwiegen der Passiva über die Aktiva anzunehmen sei, sondern nur bei einem kumulativen Vorliegen einer negativen Fortbestehungsprognose und einer rechnerischen Überschuldung (Schumacher in Koller/Lovrek/Spitzer, Insolvenzordnung, § 67 Rz 4ff, Schopper in Haberer/Krejci, Konzernrecht, Rz 16.15; OGH, 1 Ob 655/86). Eine buchmäßige Überschuldung iSd § 225 Abs. 1 UGB könne, müsse aber nicht mit einer Überschuldung im Sinn des Insolvenzrechts einhergehen. Liege eine buchmäßige Überschuldung vor, müsse jedenfalls im Anhang erläutert werden, ob auch eine materielle Überschuldung im Sinne von § 67 IO bei der Gesellschaft gegeben sei bzw. sei zu begründen, warum keine insolvenzrechtliche Überschuldung vorliege (Schopper in Haberer/Krejci, Konzernrecht, Rz 16.4). Bei der Überprüfung, ob ein Insolvenzgrund der Überschuldung im Sinn des § 67 IO vorliege, sei auf die Einzelgesellschaft abzustellen. Forderungen seien in der Überschuldungsbilanz zu aktivieren. Grundvoraussetzung für eine aktivseitige Berücksichtigung von Forderungen einer Gesellschaft gegen eine andere Konzerngesellschaft im Überschuldungsstatus sei aber, dass die andere Konzerngesellschaft als Schuldner rechtlich zur Leistung verpflichtet sei (Schopper in Haberer/Krejci, Konzernrecht, Rz 16.19).
23 Bei harten Patronatserklärungen müsse ein Rechtsanspruch der Tochtergesellschaft und nicht nur des Gläubigers auf eine entsprechende Kapitalausstattung durch den Patron vorliegen (Schopper in Haberer/Krejci, Konzernrecht, Rz 16.26). Ein Rechtsanspruch der Tochter liege bei einer sog. konzerninternen Patronatserklärung vor, bei der die Konzernmutter gegenüber der Tochtergesellschaft rechtsverbindlich eine ausreichende Liquiditätsversorgung zusage (Schopper in Haberer/Krejci, Konzernrecht, Rz 16.27).
24 Im Rahmen der Fortbestehungsprognose sei die Wahrscheinlichkeit der künftigen Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft zu prüfen. Die Fortbestehungsprognose sei als positiv zu beurteilen, wenn trotz bestehender rechnerischer Unterbilanz die Lebensfähigkeit des Unternehmens mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit gesichert sei. In Konzernkonstellationen sei auf die Ebene der Einzelgesellschaft abzustellen. Dennoch dürfe das Vorliegen eines Konzernsachverhalts gerade bei der Erstellung der Fortbestehungsprognose nicht ausgeblendet werden. Eine rechtsverbindliche Sanierungszusage durch die Muttergesellschaft oder eine andere konzernverbundene Gesellschaft könne bei entsprechender Bonität zu einer positiven Fortbestehensprognose führen oder zumindest dazu beitragen (Schopper in Haberer/Krejci, Konzernrecht, Rz 16.46f).
25 Auf den gegenständlichen Fall bezogen sei auszuführen, dass seitens der M Central Europe GmbH bereits 2015 eine Patronatserklärung abgegeben worden sei, mit welcher sich diese unwiderruflich verpflichtet habe, nach erster Aufforderung des Geschäftsführers die Revisionswerberin zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus den Glücksspielverfahren mit den erforderlichen Mitteln auszustatten, sodass diese jederzeit in der Lage sei, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen und/oder um eine gegenwärtige oder künftige eintretende insolvenzrechtliche Überschuldung hintanzuhalten bzw. abzuwenden. Damit sei der Revisionswerberin ein eigenständiges Forderungsrecht gegenüber der M Central Europe GmbH als Patron zur Verfügung gestanden und davon sei auch tatsächlich Gebrauch gemacht worden.
26 Dies sei auch dadurch ersichtlich, dass in allen Bilanzen hinsichtlich der Frage der Überschuldung der Gesellschaft eine positive Fortbestehungsprognose attestiert worden sei und diese sich neben der Planungsrechnung auf die Patronatserklärung der M Central Europe GmbH stütze. Tatsächlich habe die Gesellschaft im März 2019 im Rahmen der Patronatserklärung einen Kapitalzuschuss iHv 10,2 Mio Euro erhalten. Dies werde wiederum aus dem Eigenkapital ersichtlich, welches im Jahr 2018 noch -8.856.155 €, im Jahr 2019 jedoch 1.573.448,27 € betragen habe. Eine buchhalterische Überschuldung der Revisionswerberin sei gegeben gewesen, eine insolvenzrechtliche Überschuldung iS des § 67 IO ergebe sich daraus jedoch nicht, insbesondere da die Patronatserklärung und der tatsächlich getätigte Zuschuss durch die M Central Europe GmbH gegenständlich nicht getrennt von den finanziellen Verhältnissen der Revisionswerberin angesehen werden könnten. Die Zuführung von Eigenkapital habe sich aus konzerninternen Überlegungen als die geeignetste Maßnahme erwiesen.
27 Soweit die Revisionswerberin vorbringe, dass es sich um eine außertourliche Hilfsmaßnahme handle, ändere dies nichts daran, dass diese Art der Unterstützung der Revisionswerberin, welche - wie sich aus den Bilanzen ergebe - direkt in den Konzern als Gruppenmitglied eingebunden gewesen sei, jedenfalls im Interesse des Konzerns gewesen sei. Die finanzielle Auswirkung der Patronatserklärung sowie in der Folge der Kapitalzuführung habe sich bei der Revisionswerberin so ausgewirkt, dass eine insolvenzrechtliche Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit nicht gegeben gewesen sei.
28 Der von der Revisionswerberin vorgebrachten Argumentation der Existenzgefährdung als Grund für eine persönliche Unbilligkeit sei daher nicht zu folgen.
29 Im Übrigen seien die Veranstalter im Sinne des § 59 Abs. 2 Z 2 GSpG, die die in § 58 GSpG genannten Ausspielungen anbieten oder organisieren würden (Gesamt-)Schuldner der Abgabe. Da das Gewinnspiel durch die Revisionswerberin unbestritten gemeinsam mit der M Promotion GmbH & Co KG veranstaltet worden sei, komme sohin nicht nur die Revisionswerberin, sondern auch diese als Abgabenschuldnerin in Betracht. Daher wären auch deren wirtschaftliche Verhältnisse bei einem Nachsichtsverfahren zu berücksichtigen. Diesbezüglich sei aber seitens der Revisionswerberin kein Vorbringen erstattet worden.
30 Zum Argument der sachlichen Unbilligkeit führte das Bundesfinanzgericht - soweit hier relevant - aus, auf die Behauptung der Unbilligkeit im Sinn von inhaltlicher Unrichtigkeit eines Abgabenbescheides könne ein Nachsichtsansuchen grundsätzlich nicht mit Erfolg gestützt werden. Im gegenständlichen Fall sei gegen die Festsetzung der Abgabe eine Beschwerde erhoben worden. Diese sei durch das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes im fortgesetzten Verfahren vom insofern entschieden worden, als der angefochtene Bescheid gemäß § 279 BAO abgeändert und die Glücksspielabgabe mit 12.436.221,80 € festgesetzt worden sei. Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Revisionswerberin sei mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2019/17/0005, zurückgewiesen worden. Damit stehe aber das Ergebnis (auch hinsichtlich der Höhe) fest und das gegenständliche Verfahren könne nicht dazu dienen, die Richtigkeit der Abgabenfestsetzung (neuerlich) zu prüfen.
31 Soweit die Revisionswerberin vorbringe, dass insbesondere der Auslandsanteil der Glücksspielabgabe nachgesehen werden solle, sei darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen habe, dass § 58 Abs. 3 GSpG eine verhältnismäßige Bemessung der Glücksspielabgabe bei grenzüberschreitenden Glücksspielen unter Zugrundelegung der auf das Inland entfallenden Teilnahmen oder Gewinne nicht vorsehe, die Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG die Gesamtheit aller in Aussicht gestellten Gewinne bilde und damit bestätigt habe, dass die Einbeziehung aller in Aussicht gestellten Gewinne (sowohl der in- als auch der ausländischen) korrekt sei. Insbesondere habe auch der Verfassungsgerichtshof keine Verfassungswidrigkeit des § 58 Abs. 3 GSpG gesehen.
32 Der Argumentation der Revisionswerberin, wonach die Besteuerung des Gewinnspiels in der gegebenen Form nicht vorhersehbar und auch ihrer Höhe nach disproportional zum auslösenden Sachverhalt gewesen sei, sei entgegenzuhalten, dass die Höhe der Glücksspielabgabe in erster Linie auf die Bewertung der in hoher Anzahl vorhandenen Gutscheine (welche nach Ansicht der Revisionswerberin mit 0 € zu bewerten gewesen wären, tatsächlich aber mit 10 € bewertet worden seien) und weniger auf die Einbeziehung der in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen außerhalb von Österreich in die Bemessungsgrundlage zurückzuführen sei. Dass dies im Zuge der ersten Festsetzung der Glücksspielabgabe für die Revisionswerberin überraschend und unerwartet gewesen sei, könne zutreffen. Es wäre aber Sache der Revisionswerberin gewesen, Einwände gegen diese Höhe der Bewertung im Glücksspielverfahren vorzubringen. Das gegenständliche Nachsichtsverfahren sei dafür nicht geeignet und daher führe auch der nunmehr in der ergänzenden Stellungnahme vom gestellte Antrag, wonach in eventu zumindest der auf die Schätzung des Werts der Gutscheine entfallende Teil der Glücksspielabgabe (rund 90%) iHv 11.192.599,62 € nachgesehen werden solle, nicht zum Erfolg.
33 Die Revisionswerberin betone, dass sie bei der Durchführung der Werbemaßnahmen nach bestem Wissen (auf Basis der vorhandenen Literatur und der steuerlichen Beratung) davon ausgegangen sei, dass aus den Spielregeln des Gewinnspiels erkennbar gewesen sei, dass nicht sämtliche Preise des Gewinnspiels in allen Ländern für die österreichischen Teilnehmer zu gewinnen gewesen seien und sich daraus ergebe, dass bei länderübergreifenden Gewinnspielen nur der Inlandsanteil steuerlich von der Glücksspielabgabe erfasst worden sei.
34 Die Gestaltbarkeit und Ausgestaltung des Preisausschreibens bzw. Gewinnspiels sei jedoch in der Hand der Revisionswerberin gelegen. Die offensichtliche Fehleinschätzung der steuerlichen Auswirkung des Gewinnspiels könne als Unternehmerwagnis angesehen werden und begründe keine Unbilligkeit. Dass durch die Revisionswerberin die Einholung einer Auskunft der zuständigen Abgabenbehörde erfolge, um die (steuerliche) Auswirkung hinsichtlich der (möglichen Höhe) bzw. der Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe abschätzen zu können bzw. dadurch die Möglichkeit einer anderen Ausgestaltung des Gewinnspiels zu haben, sei von ihr nicht vorgebracht worden.
35 Im gegenständlichen Fall sehe das Bundesfinanzgericht weder eine anormale Belastungswirkung, noch einen außergewöhnlichen Geschehensablauf, weshalb auch nicht von einer sachlichen Unbilligkeit auszugehen gewesen sei.
36 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision. Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren ein. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurück-, in eventu die Abweisung der Revision sowie den Ersatz des Schriftsatzaufwandes beantragte.
37 Die Revisionswerberin bringt zur Begründung der Zulässigkeit der Revision vor, indem das Bundesfinanzgericht die nicht auf die individuelle Lage der Revisionswerberin, sondern auf die finanziellen Verhältnisse im Konzern unter Verweis auf die Patronatserklärung der M Central Europe GmbH abgestellt habe, habe das Bundesfinanzgericht die Voraussetzungen der persönlichen Unbilligkeit der Abgabenschuld unrichtig beurteilt. Es fehle zu dieser Fallkonstellation auch an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Das Bundesfinanzgericht habe zudem das Vorbringen der Revisionswerberin, wonach im Rahmen der persönlichen Unbilligkeit auf die Patronatserklärung kein Bedacht genommen werden dürfe, übergangen.
38 Die Ausführungen des Bundesfinanzgerichts, warum keine anormale Belastungswirkung und kein außergewöhnlicher Geschehensablauf vorlägen, seien zudem nicht nachvollziehbar und hätten keinen Begründungswert. Das Bundesfinanzgericht argumentiere, die Abgabenbelastung sei für die Revisionswerberin schon 2012 vorhersehbar und beeinflussbar gewesen und begründe dies mit der Rechtsprechung der Höchstgerichte, die fünf bis zehn Jahre später ergangen sei. Eine nachvollziehbare Begründung, die über die Feststellung hinausginge, dass sich das allgemeine Unternehmenswagnis verwirklicht habe, fehle. Dieser Verfahrensmangel der Scheinbegründung sei rechtlich relevant.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
39 Die Revision ist zulässig. Die Revisionswerberin ist mit ihrem Vorbringen jedoch nicht im Recht.
40 Gemäß § 236 Abs. 1 BAO können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre. Diese Bestimmung findet nach § 236 Abs. 2 BAO auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung.
41 Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Unbilligkeit der Einhebung im Sinn des § 236 BAO, BGBl. II Nr. 435/2005 idF BGBl. II Nr. 449/2013 und BGBl. II Nr. 236/2019, lautet auszugsweise:
„§ 1. Die Unbilligkeit im Sinn des § 236 BAO kann persönlicher oder sachlicher Natur sein.
§ 2. Eine persönliche Unbilligkeit liegt insbesondere vor, wenn die Einhebung
1. die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner ihm gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen gefährden würde;
2. mit außergewöhnlichen wirtschaftlichen Auswirkungen verbunden wäre, etwa wenn die Entrichtung der Abgabenschuldigkeit trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Vermögensveräußerung möglich wäre und dies einer Verschleuderung gleichkäme.
§ 3. Eine sachliche Unbilligkeit liegt bei der Einhebung von Abgaben insbesondere vor, soweit die Geltendmachung des Abgabenanspruches
1. von Rechtsauslegungen des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn im Vertrauen auf die betreffende Rechtsprechung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden;
2. in Widerspruch zu nicht offensichtlich unrichtigen Rechtsauslegungen steht, die
a) dem Abgabepflichtigen gegenüber von der für ihn zuständigen Abgabenbehörde geäußert oder
b) vom Bundesministerium für Finanzen im Amtsblatt der österreichischen Finanzverwaltung oder im Internet als Amtliche Veröffentlichung in der Findok veröffentlicht
wurden, wenn im Vertrauen auf die betreffende Äußerung bzw. Veröffentlichung für die Verwirklichung des die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes bedeutsame Maßnahmen gesetzt wurden.“
42 Im Revisionsfall ist zunächst strittig, ob die gegenüber der Revisionswerberin abgegebene Patronatserklärung der M Central Europe GmbH vom (im Folgenden: „die Patronatserklärung“) bei der Beurteilung der Frage, ob die Glücksspielabgabe für das Jahr 2012 der Revisionswerberin wegen persönlicher Unbilligkeit gemäß § 236 BAO nachzusehen ist, zu berücksichtigen war. Das Bundesfinanzgericht stellte fest, die Patronatserklärung sei mehrfach verlängert und die Glücksspielabgabe für das Jahr 2012 von der Revisionswerberin vollständig entrichtet worden.
43 Nach § 236 Abs. 2 BAO findet der erste Absatz dieser Vorschrift auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung. In einem solchen Fall ist kein strengerer Maßstab als bei der Nachsicht noch nicht entrichteter Abgaben anzulegen. Aufgabe des Antragstellers auf Erteilung der Nachsicht im Sinne des § 236 Abs. 2 BAO ist es, in nachvollziehbarer Weise darzulegen, dass die für eine Unbilligkeit der Einhebung der Abgaben, wären sie noch nicht entrichtet, sprechenden Umstände durch die Tilgung der Abgabenschuldigkeit nicht beseitigt worden sind. Im Nachsichtsverfahren liegt das Hauptgewicht der Behauptungs- und Beweislast beim Nachsichtswerber. Ihm obliegt es im Sinne seiner Mitwirkungspflicht, einwandfrei und unter Ausschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, auf welche die Nachsicht gestützt werden kann (vgl. ; , 2003/13/0156; , 2002/15/0155). Der Nachsichtswerber hat im Fall des § 236 Abs. 2 BAO eine Gefährdung seiner Existenzgrundlagen durch die Einbehaltung der vom Nachsichtsantrag betroffenen Abgabenschuld plausibel zu machen (vgl. idS ).
44 Die Unbilligkeit muss in der Einhebung, also in Umständen liegen, die die Entrichtung der Abgabe selbst betreffen (vgl. ; , Ra 2022/13/0016, jeweils mwN).
45 Eine persönliche Unbilligkeit liegt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere dann vor, wenn die Einhebung der Abgaben die Existenzgrundlage des Nachsichtswerbers gefährdet. Hiefür genügt es, dass die Abstattung der Abgaben mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten verbunden wäre, die außergewöhnlich sind, so etwa, wenn die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Veräußerung etwa von Liegenschaften möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleichkäme (vgl. , mwN). Maßgebend sind insoweit die Vermögens- und Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Ansuchen (vgl. , mwN aus der Literatur).
46 Der Begriff der Patronatserklärung ist nur eine Sammelbezeichnung für eine Vielzahl von Erklärungen einer vom Schuldner verschiedenen Person, dem Patron, die einen ganz unterschiedlichen Inhalt haben können. Je nach ihrem Inhalt reichen sie von völlig unverbindlichen Erklärungen bis zum Garantievertrag (vgl. , mHa = SZ 58/127).
47 Nach der Rechtsprechung des OGH und nach der Literatur ist zwischen „harten“ und „weichen“ Patronatserklärungen zu unterscheiden, wobei der konkrete Inhalt der (allenfalls) bestehenden Verpflichtung durch Auslegung zu ermitteln ist (vgl. ; , 4 Ob 151/10z; , 8 Ob 153/03p; , 7 Ob 572/85; Bollenberger/Kellner in Apathy/Iro/Koziol [Hrsg], Bankvertragsrecht VIII/1, 282 f).
48 Je nach Ausgestaltung begründet im Konzern die „harte“ Patronatserklärung ein Einstehenmüssen der Muttergesellschaft für die Tochtergesellschaft, während eine „weiche“ Patronatserklärung die Muttergesellschaft im Sinne einer Verwendungszusage zu sorgfältigem Bemühen verpflichtet (vgl. Klausberger in Fenyves/Kernscher/Vonkilch, Klang-Kommentar zum ABGB3 [2022], § 880a Rz 37).
49 Die interne Patronatserklärung kommt direkt zwischen Patron und Protegé zustande. Wesensmerkmal der internen Patronatserklärung ist eine Ausstattungsverpflichtung des Patrons, die gegenüber dem Protegé, nicht aber gegenüber einem Dritten abgegeben wird. Eine im Konzern abgegebene harte Patronatserklärung bewirkt dabei einen direkten Leistungsanspruch der Tochtergesellschaft gegen die Muttergesellschaft (vgl. dazu Stipanitz, Die Patronatserklärung als eigenkapitalersetzende Sicherheit, GES 2022, 168 [172]; Reisch, Die Patronatserklärung als Sanierungsinstrument und als mögliches Masseaktivum, in Rassi/Riel/Schneider [Hrsg], FS Konecny (2022), 481 [484]; Jaufer/Rauch, Die Patronatserklärung, SWK 2017, 952 [960]; Bollenberger/Kellner in Apathy/Iro/Koziol [Hrsg], Bankvertragsrecht VIII/1, 283, wobei letztere diese Art der Patronatserklärung auch als Liquiditätsgarantie im zweipersonalen Verhältnis bezeichnen).
50 Ausgehend von den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts zum Inhalt der Patronatserklärung übernahm die M Central Europe GmbH gegenüber der Revisionswerberin die Verpflichtung, die Revisionswerberin eigenkapitalwirksam mit den erforderlichen finanziellen Mitteln zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus den Glücksspielabgabeverfahren M 2012, M und M K 2013 auszustatten, sodass die Revisionswerberin jederzeit in Lage sei, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen und/oder um eine gegenwärtige oder künftig eintretende insolvenzrechtliche Überschuldung hintanzuhalten bzw. abzuwenden.
51 Die M Central Europe GmbH garantierte damit gegenüber der Revisionswerberin in rechtsverbindlicher Weise die Zurverfügungstellung der Mittel, um jene Abgabe zu entrichten, die Gegenstand des Nachsichtsverfahrens ist. Die Revisionswerberin hatte aus der Patronatserklärung gegenüber der M Central Europe GmbH einen Ausstattungsanspruch in Höhe der verfahrensgegenständlichen Glücksspielabgabe. Der Ausstattungsanspruch war als Teil der nach der zitierten Rechtsprechung maßgeblichen Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Revisionswerberin im Rahmen der Entscheidung über den Antrag auf Nachsicht zu berücksichtigen.
52 Da der aus der Patronatserklärung resultierende Ausstattungsanspruch der Revisionswerberin gegenüber der M Central Europe GmbH zum Vermögen der Revisionswerberin gehörte, stellte das Bundesfinanzgericht entgegen den Ausführungen der Revision gerade nicht auf andere finanzielle Verhältnisse, als jene der Revisionswerberin als Nachsichtwerberin ab. Es lag entgegen dem Vorbringen der Revision auch keine Abgabenentrichtung von dritter Seite vor.
53 Mit dem Vorbringen, die Abgabenentrichtung sei nur aufgrund der Übernahme der Abgabenschuld der Revisionswerberin durch die M Central Europe GmbH aufgrund der Forderung der Revisionswerberin aus der Patronatserklärung möglich gewesen, legte die Revisionswerberin somit nicht nachvollziehbar und in der von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 236 Abs. 1 iVm 2 BAO geforderten Weise dar, dass die für eine Existenzgefährdung sprechenden Umstände durch die Tilgung der Abgabenschuldigkeit nicht beseitigt worden sind.
54 Dass nach Entrichtung der Abgabenschuld infolge der Inanspruchnahme der Patronatserklärung in Form eines eigenkapitalwirksamen Zuschusses eine Existenzgefährdung der Revisionswerberin im Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts (vgl. zur Maßgeblichkeit dieses Zeitpunkts nochmals ; , 2006/13/0103; Ritz/Koran, BAO8 § 236 Rz 19) vorgelegen habe, wurde im Nachsichtsverfahren nicht behauptet. Dies wird auch in der Revision nicht vorgebracht. Das Bundesfinanzgericht ging daher im Ergebnis zutreffend davon aus, dass eine persönliche Unbilligkeit iSd § 236 BAO nicht gegeben war.
55 Eine sachliche Unbilligkeit ist - unbeschadet der in § 3 der Verordnung BGBl. II Nr. 453/2005 beispielsweise aufgezählten Fälle - nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes anzunehmen, wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes aus anderen als aus persönlichen Gründen ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, sodass es zu einer anormalen Belastungswirkung und verglichen mit anderen Fällen zu einem atypischen Vermögenseingriff kommt. Der im atypischen Vermögenseingriff gelegene offenbare Widerspruch der Rechtsanwendung zu den vom Gesetzgeber beabsichtigten Ergebnissen muss seine Wurzel in einem außergewöhnlichen Geschehensablauf haben, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld ausgelöst hat, die zudem auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt ist (vgl. ; , Ra 2022/13/0016, jeweils mwN).
56 Die Revisionswerberin bringt zur sachlichen Unbilligkeit der Abgabenerhebung zunächst vor, angesichts der sich aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergebenden Möglichkeit, die Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG auf die in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinne) auf einen inländischen „Preispool“ zu begrenzen, sei der Gesetzgeber nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht vom Entstehen der Abgabenschuld in der im Revisionsfall maßgeblichen Höhe ausgegangen. Die Einbeziehung des ausländischen „Preispools“ sei nicht der Regelfall der Besteuerung nach § 58 Abs. 3 GSpG.
57 Die Revisionswerberin bezieht sich mit ihren Ausführungen auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2015/16/0038. Der Verwaltungsgerichtshof teilte in diesem Erkenntnis die Auslegung des Verfassungsgerichtshofes im Erkenntnis vom , G 650/2015 ua, dass § 58 Abs. 3 GSpG eine verhältnismäßige Bemessung der Glücksspielabgabe bei grenzüberschreitenden Glücksspielen unter Zugrundelegung der auf das Inland entfallenden Teilnahmen oder Gewinne nicht vorsieht. Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG bildet die Gesamtheit aller in Aussicht gestellten Gewinne. Maßgeblich ist der Empfängerhorizont der inländischen Öffentlichkeit und nicht eine Intention oder Mentalreservation des Veranstalters (s. Rz 15 des zitierten Erkenntnisses vom ).
58 Aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ro 2015/16/0038, auf dessen Entscheidungsgründe im Übrigen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ergibt sich nicht, dass die Einbeziehung aller in Aussicht gestellter Gewinne ein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis ist, das zu einem atypischen Vermögenseingriff führt. Gegen diese Sichtweise spricht bereits, dass § 58 Abs. 3 GSpG nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom durch den Gesetzgeber nicht angepasst wurde, was etwa im Rahmen des Finanz-Organisationsreformgesetzes, BGBl. I Nr. 104/2019, mit dem es auch zu Änderungen des GSpG kam, möglich gewesen wäre.
59 Die von der Revisionswerberin angesprochene Möglichkeit des „Opting-out“ in Form der Begrenzung der Bemessungsgrundlage auf die im Inland in Aussicht gestellten Gewinne nach dem Empfängerhorizont der inländischen Öffentlichkeit ist eine durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eröffnete Gestaltungsmöglichkeit, die von der Revisionswerberin im eröffnete der Veranstaltung des Gewinnspiels nicht in Anspruch genommen wurde.
60 Soweit die Revisionswerberin - zutreffend - vorbringt, die Möglichkeit eines „Opting-Out“ und dessen Erfordernis zur Begrenzung der Bemessungsgrundlage für die Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG sei ihr im Zeitpunkt der Durchführung des Gewinnspiels nicht bekannt gewesen, ist dem zu entgegen, dass es darauf für das Bestehen der sachlichen Unbilligkeit nicht ankommt. Die sachliche Unbilligkeit setzt einen atypischen Geschehensablauf voraus, der auf eine vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbare Weise eine nach dem gewöhnlichen Lauf nicht zu erwartende Abgabenschuld bewirkt. Dass die Einbeziehung die Gesamtheit aller in Aussicht gestellten Gewinne in die Bemessungsgrundlage der Glücksspielabgabe nach § 58 Abs. 3 GSpG eine vom Gesetzgeber beabsichtigte Regelung darstellt, war für die Revisionswerberin schon angesichts des Wortlautes dieser Bestimmung („Glückspielabgabe von 5 vH der in Aussicht gestellten vermögenswerten Leistungen (Gewinn), wenn sich das Gewinnspiel (auch) an die inländische Öffentlichkeit richtet.“) nicht von vornherein auszuschließen und Gegenstand der eingangs dargestellten Verfahren zur Festsetzung der Abgabe.
61 Die Einbeziehung der Gesamtheit aller in Aussicht gestellten Gewinne des von der Revisionswerberin veranstalteten Gewinnspiels als Ergebnis der Rechtsprechung beider Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts begründet somit keine sachliche Unbilligkeit, sondern war eine - für die Revisionswerberin zumindest vorhersehbare - Auswirkung der allgemeinen Rechtslage.
62 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt nicht einmal ein Abgehen von seiner bisherigen Rechtsprechung durch einen verstärkten Senat (bei unveränderter Rechtslage) dazu, dass sämtliche auf der bisherigen Rechtsprechung beruhenden Abgabenvorschreibungen als unbillig anzusehen wären (vgl. ; , 98/13/0073; , 91/15/0105, mwN). Die Einhebung der Abgabe gilt auch weder in den Fällen einer verschärfenden, strengeren, anspruchserhöhend wirkenden Rechtsprechung noch in Fällen neuer als unbillig, da solche Änderungen Auswirkungen der allgemeinen Rechtslage sind und somit nicht zu Unbilligkeiten der Einbeziehung des Einzelfalls führen (vgl. Capek/Gleixner/Rzeszut in Rzeszut/Tanzer/Unger [Hrsg], in Stoll-BAO2, § 236 Rz 47; vgl. auch ).
63 Dies gilt umso mehr für eine für den Steuerpflichtigen vorteilhafte Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung durch den Verwaltungsgerichtshof, die sich auf einen bereits verwirklichten Sachverhalt bezieht. Der Umstand, dass die Revisionswerberin von einer in der Rechtsprechung aufgezeigten Gestaltungsmöglichkeit im Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestands nicht Gebrauch gemacht hat, führt nicht zu einer sachlichen Unbilligkeit, wenn bei Unterlassung dieser Gestaltungsmöglichkeit kein vom Gesetzgeber nicht beabsichtigtes Ergebnis, das zu einem atypischen Vermögenseingriff führt, vorliegt.
64 Die Revisionswerberin wendet sich auch gegen die „obszön hohe Schätzung der Bemessungsgrundlage nach § 184 BAO“ und bringt dazu vor, diese sei nicht vorauszusehen gewesen, was eine sachliche Unbilligkeit begründe. Dem hielt bereits das Bundesfinanzgericht zutreffend entgegen, dass eine Unbilligkeit der Abgabeneinhebung (grundsätzlich) nicht damit begründet werden kann, dass die Abgabenfestsetzung zu Unrecht erfolgt sei (vgl. dazu erneut ; , Ra 2019/15/0117; mwN). Daran ändert auch nichts, dass eine Schätzung nach § 184 BAO als Beweiswürdigung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. zum diesbezüglichen Maßstab aus der ständigen Rechtsprechung etwa , mwN).
65 Eine sachliche Unbilligkeit liegt im Revisionsfall somit ebenfalls nicht vor.
66 Nach dem Gesagten kann die Revision auch die Relevanz der vorgebrachten Begründungsmängel des angefochtenen Erkenntnisses nicht darlegen.
67 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
68 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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Normen | ABGB §1346 ABGB §1347 ABGB §880a BAO §115 Abs1 BAO §119 Abs1 BAO §236 BAO §236 Abs1 BAO §236 Abs2 BAO §236 Unbilligkeit Einhebung §3 FORG GSpG 1989 §58 Abs3 VwGG §13 Abs1 Z1 VwRallg |
Schlagworte | Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2025:RA2024160038.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
RAAAG-09794