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Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

OGH 25.09.2024, 1Ob116/24a

Rechtssätze


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Normen
RS0057486
Der Aufteilung unterliegt die eheliche Errungenschaft, dass heißt das, was die Ehegatten während der Ehe erarbeitet oder erspart haben; nicht entscheidend ist, ob dies durch gemeinsame Tätigkeit geschah. Auch Erträge eines ererbten oder geschenkten Vermögens zählen zu den ehelichen Ersparnissen und sind daher grundsätzlich in die Aufteilung einzubeziehen.
Normen
RS0057752
Erträge eines Unternehmens, die noch nicht zum Unternehmensanteil (etwa durch Gewinnzuschreibungen auf einen Gesellschafterteil) geworden sind, können zwar grundsätzlich der Aufteilung unterliegen, sie gehören aber (auch als "Schwarzgeld" in Form eines unversteuerten Gewinnes) so lange noch zum Unternehmen und sind daher gemäß § 82 Abs 1 Z 3 EheG nachehelichen Aufteilung im Sinne der § 81 ff EheG entzogen, als sie nicht für unternehmensfremde, also insbesondere private Zwecke umgewidmet wurden. Eine angemessene Berücksichtigung wäre hier nur nach § 91 Abs 2 EheG möglich.
Normen
RS0042091
Das Neuerungsverbot gilt auch im Rekursverfahren.
Normen
RS0130671
Eine von einem oder beiden Ehepartnern in die Ehe eingebrachte, aber fremdfinanzierte Liegenschaft erfährt eine als eheliche Errungenschaft anzusehende und in die Aufteilung miteinzubeziehende Wertsteigerung, soweit der Kredit aus während aufrechter ehelicher Lebensgemeinschaft erwirtschafteten Mitteln vermindert wird. Werden keine weiteren Investitionen, Sanierungs- oder Umbauarbeiten während dieser Zeit erbracht, entspricht die auf der Kredittilgung beruhende Wertsteigerung einer Liegenschaft in der Regel betragsmäßig der Reduktion des Kreditsaldos.
Normen
RS0057681
Der Umstand, dass der Grund für sich allein gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG aus der Aufteilungsmasse herausfiele, schließt noch nicht aus, dass die Liegenschaft in der gegenwärtigen Ausgestaltung - hier mit Haus samt Garage und Schwimmbad - als Ganzes doch in die Aufteilung einbezogen werden muss. Dies würde dann in Betracht kommen, wenn die während der aufrechten ehelichen Gemeinschaft bewirkte Wertschöpfung erheblich überwiegen sollte.
Norm
RS0057287
Der Aufteilung unterliegt grundsätzlich nur das Vermögen, das die Ehegatten gemeinsam geschaffen haben und zu dessen Erwerb sie während der Ehe beigetragen haben.
Norm
RS0132701
Während der Ehe angesammelte Liegenschaften, die vermietet werden, sind in aller Regel eheliche Ersparnisse. Behauptet ein Ehegatte, dass es sich dabei um einem Unternehmen gewidmete Sachen handelt, hat er das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes zu beweisen. Ein eigenständiges Unternehmen der Vermietung und Verpachtung von Immobilien kann etwa dann vorliegen, wenn im Rahmen einer aktiven Erwerbstätigkeit eines oder beider Ehegatten regelmäßige und gegenüber den sonstigen laufenden Einkommen ins Gewicht fallende Erträge erzielt werden, diesen (Miet‑)Erträgen im Wesentlichen persönliche (Organisations‑)Tätigkeiten des Eigentümers (oder eigener Dienstnehmer) zugrunde liegen, die (nicht unerheblichen) Arbeitsaufwand im Sinne einer Erwerbstätigkeit erfordern, was eine größere Zahl von zu verwaltenden Objekten mit einer Mehrzahl von Mietern voraussetzt, und die Vermietung im Rahmen einer eigenständigen Organisation betrieben wird, wobei der Eigentümer die wesentlichen Entscheidungen selbst trifft.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely-Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin A*, vertreten durch die Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte-GmbH in Zell am See, gegen den Antragsgegner M*, vertreten durch die Dr. Schartner § Mag. Kofler Rechtsanwälte GmbH in Altenmarkt, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , GZ 21 R 46/24x-44, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

[1] Die am zwischen den Parteien geschlossene Ehe wurde mit Urteil des Erstgerichts vom Juli 2022 rechtskräftig geschieden. Die eheliche Lebensgemeinschaft ist seit aufgehoben.

[2] Bereits vor der Eheschließung erwarb der Mann mit Kaufvertrag vom „komplett fremdfinanziert“ eine gegenüber seinem Tischlereibetrieb situierte Liegenschaft um 224.820,30 EUR. Nach Abriss des Altbestands ließ er darauf ein Haus mit einem Büro, einem Lager und acht Wohnungen errichten. Auch die Errichtungskosten (von ca 2,3 Mio EUR) wurden zur Gänze fremdfinanziert. Das Grundstück sollte sich nach seinem Plan durch die Vermietung der darauf zu errichtenden Wohnungen selbst finanzieren. Zum Aufteilungsstichtag standen dem Verkehrswert der Liegenschaft von 2.830.000 EUR Schulden von 2.496.265,98 EUR gegenüber. Die Kredite werden – neben den Mieteinnahmen für eine weitere Wohnung auf der Betriebsliegenschaft des Mannes – aus den Einnahmen der Vermietung der auf dem Grundstück befindlichen Wohnungen bedient.

[3] Im Revisionsrekursverfahren ist strittig, ob diese Liegenschaft in die Aufteilung einzubeziehen ist.

[4] Die Vorinstanzen waren der Ansicht, dass die Liegenschaft zum Unternehmen des Mannes gehöre und daher samt den daraus erzielten Erträgen nach § 82 Abs 1 Z 3 EheG von der Aufteilung ausgenommen sei.

Rechtliche Beurteilung

[5] Der außerordentliche Revisionsrekurs der Frau zeigt keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung auf:

[6] 1. Es trifft zwar zu, dass nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs während der Ehe angesammelte Liegenschaften, die vermietet werden, in aller Regel eheliche Ersparnisse sind. Behauptet ein Ehegatte, dass es sich dabei um einem Unternehmen gewidmete Sachen handelt, hat er das Vorliegen des Ausnahmetatbestands zu beweisen (RS0132701).

[7] Aus dieser Rechtsprechung ist für die Frau allerdings schon deshalb nichts zu gewinnen, weil hier von einer bloßen Ansammlung von Liegenschaftsvermögen während der Ehe nicht gesprochen werden kann.

[8] 2. Der Aufteilung unterliegt die eheliche Errungenschaft, dass heißt das, was die Ehegatten während der Ehe erarbeitet oder erspart haben (RS0057486; RS0057287). Gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG sind daher Sachen und Rechte grundsätzlich nicht in die Aufteilung miteinzubeziehen, die – wie hier die Liegenschaft – ein Ehegatte in die Ehe eingebracht hat. Nur dann, wenn die überwiegende Wertschöpfung während der Ehe erfolgte, ist die von einem oder beiden ehemaligen Partnern eingebrachte Liegenschaft als Ganzes in die Aufteilung einzubeziehen (RS0057681).

[9] Von einem solchen Überwiegen der Wertschöpfung aus ehelichen Mitteln kann im vorliegenden Fall entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerberin schon deshalb keine Rede sein, weil die Errichtung der Bestandobjekte auf der Liegenschaft (ebenso wie deren Ankauf) „komplett fremdfinanziert“ wurde und diese Kredite nach den Feststellungen praktisch zur Gänze noch aushaften.

[10] Die Überlegung der Frau, sie müsste am gesamten Verkehrswert der Liegenschaft partizipieren, erweist sich daher von vorneherein als verfehlt. Abgesehen davon, dass sie eine allfällige durch Kredittilgung während der ehelichen Lebensgemeinschaft bewirkten Wertsteigerung (vgl RS0130671) gar nicht zur Darstellung bringt, weckt sie keine Bedenken an der Auffassung des Rekursgerichts, dass auch die Kredittilgung, dh im Wesentlichen die Zahlung der Zinsen mit den erwirtschafteten Mieteinnahmen, keine eheliche Errungenschaft ist.

[11] 3. Nach den Feststellungen erwarb der Mann die Liegenschaft, weil ihm ua die Nachbarn androhten, er müsse aufgrund der Lärm- und Verkehrsbelästigung mit seinem Tischlereibetrieb aus dem Wohngebiet absiedeln. Nicht nur diente ua der Tischlereibetrieb samt Grundstück als Sicherheit für den Kaufpreis. Der Mann plante auch von Anfang an, dass sich die Liegenschaft durch die darauf zu errichtenden Wohnungen selbst finanzieren sollte.

[12] Ausgehend von dieser (von unternehmerischen Interessen getragenen) Intention des Mannes bleiben auch die Erträge der – (ob nun nach § 82 Abs 1 Z 1 EheG oder § 82 Abs 1 Z 3 EheG) nicht der Aufteilung unterliegenden – Liegenschaft von der Aufteilung ausgenommen, jedenfalls soweit und solange die Liegenschaft damit abbezahlt wird. Anhaltspunkte für eine Umwidmung der Mieterträge in eheliche Ersparnisse (vgl RS0057752; RS0057486 [T18]) werden von der Frau nicht ins Treffen geführt und sind auch nicht ersichtlich.

[13] 4. Die Frau selbst hat sich sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch noch im Rechtsmittelverfahren ein vom Mann gewährtes Darlehen von der begehrten Ausgleichszahlung abgezogen. Soweit sie im Rechtsmittel erstmals bemängelt, dass das Erstgericht diesem Ansatz zu Unrecht gefolgt sei, verstößt sie gegen das Neuerungsverbot (RS0042091).

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00116.24A.0925.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
WAAAG-03829