Suchen Kontrast Hilfe
VwGH 30.01.2025, Ra 2024/16/0035

VwGH 30.01.2025, Ra 2024/16/0035

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
RS 1
§ 17 GrEStG stellt eine Ausnahme von dem für die Verkehrsteuern geltenden Grundsatz dar, wonach die einmal entstandene Steuerpflicht durch nachträgliche Ereignisse nicht wieder beseitigt werden soll. Bei den Ansprüchen aus § 17 GrEStG auf Nichtfestsetzung der Steuer oder Abänderung der Steuerfestsetzung handelt es sich um selbständige (gegenläufige) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, die den ursprünglichen Steueranspruch unberührt lassen. Zweck der Bestimmung ist es, Vorgänge nicht mit Steuer zu belasten, deren wirtschaftliche Auswirkungen von den Beteiligten innerhalb der im Gesetz gesetzten Frist wieder beseitigt werden. Das Gesetz lässt die Festsetzung der Abänderung der Steuer nur in den in § 17 Abs. 1 bis 3 GrEStG ausdrücklich umschriebenen Fällen zu. Bei der rechtlichen Beurteilung, ob das Tatbestandsmerkmal einer Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges im Sinne der in Rede stehenden Bestimmung vorliegt, kommt es nur darauf an, dass der Verkäufer jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor Vertragsabschluss inne gehabt hat, durch einen der im § 17 Abs. 1 GrEStG genannten Vorgänge wiedererlangt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 98/16/0115, 0116, mwN).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2011/16/0001 E RS 1 (hier nur der zweite und dritte Satz)
Normen
RS 2
Die Bestimmung des § 17 Abs 2 GrEStG 1987 bedeutet, daß eine

Vereinbarung über die Rückgängigmachung eines der Grunderwerbsteuer

unterliegenden Verpflichtungsgeschäftes, wie auch der eigentliche

Rückerwerb eines Grundstückes, somit der actus contrarius, von der

Grunderwerbsteuer unter der Voraussetzung frei bleiben, daß zwischen

dem ursprünglichen Erwerbsvorgang und dem nunmehrigen Rechtsvorgang

im Falle des § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 nicht mehr als drei Jahre

verstrichen sind und die Nichtfestsetzung innerhalb der im § 17 Abs 5

GrEStG 1987 vorgesehenen Frist beantragt wird (Hinweis Fellner,

Gebühren und Verkehrsteuern, Band II 3ter Teil,

Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 51 zu § 17 GrEStG 1987).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 98/16/0115 E RS 5
Norm
RS 3
Eine Parteienvereinbarung nach § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 muß

zwischen denselben Vertragsparteien abgeschlossen werden, zwischen

denen der seinerzeitige Erwerbsvorgang vereinbart wurde (Hinweis E

, 97/16/0024).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 98/16/0115 E RS 3
Norm
RS 4
Nach ständiger Judikatur des VwGH setzt das Rückgängigmachen eines Kaufvertrages iSd § 17 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 voraus, dass der ursprüngliche Verkäufer jene Verfügungsmacht wiedererlangt, die er vor dem Vertragsabschluss hatte. Das ist aber unter anderem dann nicht der Fall, wenn ein Vertrag nur zu dem Zweck aufgehoben wird, das Grundstück an einen im Voraus bestimmten neuen Käufer zu veräußern.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2001/16/0184 E RS 1
Norm
RS 5
Die Rückgängigmachung des ersten Kaufvertrags liegt insbesondere dann nicht vor, wenn der ursprüngliche Verkäufer nicht die Möglichkeit erlangt, das Grundstück an einen außenstehenden Dritten zu verkaufen (vgl. in diesem Sinn )
Norm
RS 6
Der Anspruch auf Rückerstattung der Steuer entsteht nicht schon mit der rechtlichen Möglichkeit, die Auflösung der Verträge zu verlangen, sondern erst mit der tatsächlichen Rückgängigmachung der Verträge (Hinweis E , 1155, 1156/80).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2000/16/0085 E RS 2

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

Ra 2024/16/0036

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma, die Hofrätin Dr. Reinbacher, den Hofrat Dr. Bodis, die Hofrätin Dr. Funk-Leisch sowie den Hofrat Mag. M. Mayr als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revisionen 1. der M W und 2. des A M, beide in M, beide vertreten durch Dr. Herwig Aichholzer, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Waaggasse 18/2, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , RV/4100020/2020, betreffend Grunderwerbsteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Österreich, Dienststelle Sonderzuständigkeiten), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Erstrevisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Erstrevisionswerberin war zu zwei Dritteln Eigentümerin und der Zweitrevisionswerber zu einem Drittel Eigentümer einer land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaft. Mit Kaufvertrag vom wurde diese Liegenschaft für einen Betrag von 1,100.000 € durch die von den Revisionswerbern bevollmächtigte B Bank an die R GmbH verkauft. Dieser Kaufvertrag wurde im Jahr 2017 grundbücherlich durchgeführt. Zu einer tatsächlichen Übergabe des Grundstücks ist es nie gekommen. Infolge einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung zwischen den Revisionswerbern und der Rechtsnachfolgerin der R GmbH wurde der genannte Kaufvertrag mit Aufhebungsvertrag vom aufgehoben. Die Revisionswerber verpflichteten sich dabei zur Rückzahlung des Kaufpreises sowie eines Pauschalbetrags für angefallene Aufwendungen iHv insgesamt 1,475.000 €.

2 Mit Übergabevertrag vom übertrugen die Revisionswerber - vorbehaltlich der Rückabwicklung des genannten Kaufvertrags - die Liegenschaft an ihre gemeinsame Tochter.

3 Mit Schriftsatz vom beantragten die Revisionswerber die Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer in Ansehung des genannten Aufhebungsvertrags gemäß § 17 GrEStG. Mit Bescheiden jeweils vom wies das Finanzamt diese Anträge ab. Mit weiteren Bescheiden jeweils vom setzte das Finanzamt die Grunderwerbsteuer für den Liegenschaftserwerb aus dem Aufhebungsvertrag für die Erstrevisionswerberin mit 34.416,67 € und für den Zweitrevisionswerber mit 17.208,33 € fest. Die gegen die genannten Bescheide eingebrachten Beschwerden wies das Finanzamt mit Beschwerdevorentscheidungen ab.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das infolge Stellung von Vorlageanträgen zuständig gewordene Bundesfinanzgericht die Beschwerden nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab. Unter einem sprach es aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

5 Nach den - zum Teil dislozierten - Feststellungen des Bundesfinanzgerichts seien die Revisionswerber Eigentümer einer näher genannten land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaft gewesen, auf der Pfandrechte zugunsten der B Bank ausgehaftet hätten.

6 Mit Kaufvertrag vom sei diese Liegenschaft durch die von den Revisionswerbern dazu bevollmächtigte B Bank um einen Kaufpreis von 1,100.000 € an die R GmbH verkauft worden. Dieser Kaufvertrag sei im Jahr 2017 grundbücherlich durchgeführt worden. Zu einer tatsächlichen Übergabe des Grundstücks sei es nie gekommen.

7 Der Kaufvertrag sei anlässlich einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung mit Aufhebungsvertrag vom  mit Wirkung ex tunc aufgehoben und die „Verkäuferin“ (gemeint: die Revisionswerber) zur Rückzahlung des entrichteten Kaufpreises iHv 1,100.000 € zuzüglich der angefallenen Aufwendungen iHv 375.000 € verpflichtet worden.

8 Die Revisionswerber hätten zuvor die Liegenschaft mit Übergabevertrag vom an ihre gemeinsame Tochter übertragen. Dadurch sei es möglich geworden, den „Rückkauf“ mit Hilfe einer Bank durchzuführen. Der Zweck der Aufhebungsvereinbarung habe denklogisch darin bestanden, der Tochter die Verfügungsgewalt aufgrund des Übergabevertrags über die Liegenschaft einzuräumen. Die Revisionswerber hätten daher die Verfügungsmacht, wie sie sie vor Abschluss des Kaufvertrags vom März 2014 gehabt hätten, nicht wiedererlangt.

9 Die Tochter habe mit Kaufvertrag vom insgesamt vierzehn Grundstücke an eine näher genannte Gesellschaft zum Kaufpreis von 1,740.000 € verkauft.

10 Mit Schriftsatz vom hätten die Revisionswerber (dem Finanzamt) mitgeteilt, dass der Kaufvertrag vom  mit Aufhebungsvertrag vom aufgehoben worden sei. Es sei darin gemäß § 17 GrEStG die Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer in Ansehung des Aufhebungsvertrages beantragt worden, zumal der seinerzeitige Erwerbsvorgang aufgrund eines Rechtsanspruches rückgängig gemacht worden sei. Diesen Antrag habe das Finanzamt mit Bescheiden vom abgewiesen. Mit Bescheiden vom habe das Finanzamt die Grunderwerbsteuer für den Liegenschaftserwerb aus dem Aufhebungsvertrag für die Erstrevisionswerberin mit 34.416,67 € und für den Zweitrevisionswerber mit 17.208,33 € festgesetzt.

11 Die bescheidmäßig festgesetzte Grunderwerbsteuer sei entrichtet worden. Vor dem Bundesfinanzgericht sei die beantragte Rückerstattung gemäß § 17 GrEStG bezüglich des Aufhebungsvertrags strittig.

12 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesfinanzgericht aus, infolge der Eigentumsübertragungen zwischen dem Kaufvertrag vom März 2014 und dem Aufhebungsvertrag vom März 2018 habe die vollumfängliche Rückabwicklung nicht mehr in der gemäß § 17 GrEStG erforderlichen Form durchgeführt werden können und die Revisionswerber hätten nicht mehr dieselbe Verfügungsmacht erhalten, wie sie sie vor dem Kaufvertrag im Jahr 2014 gehabt hätten. Schließlich sei die Tochter durch das Wirksamwerden des Übergabevertrags Eigentümerin der Liegenschaft geworden.

13 Zudem liege zwischen dem Abschluss des Kaufvertrags und dem Abschluss des Aufhebungsvertrags ein Zeitraum von vier Jahren, sodass auch aufgrund dieses Zeitraums eine Subsumtion unter § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG nicht möglich erscheine.

14 Dagegen richten sich die Revisionswerber mit der gegenständlichen Revision, zu deren Zulässigkeit u.a. vorgebracht wird, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob „ein weiterer Vertragsabschluss unter der Bedingung, dass die Rückgängigmachung tatsächlich erfolgt, die Wiedererlangung der ursprünglichen Verfügungsmacht verhindert“. Zudem habe das Bundesfinanzgericht die Berechnung der Frist des § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG ohne Berücksichtigung des § 8 Abs. 2 GrEStG vorgenommen.

15 Der Verwaltungsgerichtshof leitete das Vorverfahren gemäß § 36 VwGG ein. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die kostenpflichtige Zurück-, in eventu Abweisung der Revision beantragte.

16 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

17 Die Revision ist zulässig. Sie ist auch begründet.

18 § 17 Grunderwerbssteuergesetz 1987 (GrEStG), BGBl. Nr. 309/1987 in der Fassung BGBl. I Nr. 52/2009, lautet:

Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer

§ 17.

(1) Die Steuer wird auf Antrag nicht festgesetzt,

1. wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechtes oder eines Wiederkaufsrechtes rückgängig gemacht wird,

2. wenn der Erwerbsvorgang auf Grund eines Rechtsanspruches rückgängig gemacht wird, weil die Vertragsbestimmungen nicht erfüllt werden,

3. wenn das Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründen sollte, ungültig ist und das wirtschaftliche Ergebnis des ungültigen Rechtsgeschäftes beseitigt wird,

4. wenn das geschenkte Grundstück aufgrund eines Rechtsanspruches herausgegeben werden musste oder ein von Todes wegen erworbenes Grundstück herausgegeben werden musste und dieses beim Empfänger einen Erwerb von Todes wegen darstellt.

(2) Ist zur Durchführung einer Rückgängigmachung zwischen dem seinerzeitigen Veräußerer und dem seinerzeitigen Erwerber ein Rechtsvorgang erforderlich, der selbst einen Erwerbsvorgang nach § 1 darstellt, so gelten die Bestimmungen des Abs. 1 Z 1, 2 und 4. sinngemäß.

(3) Wird die Gegenleistung für das Grundstück herabgesetzt, so wird die Steuer auf Antrag der Herabsetzung entsprechend festgesetzt,

1. wenn die Herabsetzung innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld stattfindet,

2. wenn die Herabsetzung (Minderung) auf Grund der §§ 932 und 933 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches vollzogen wird.

(4) Ist in den Fällen der Abs. 1 bis 3 die Steuer bereits festgesetzt, so ist auf Antrag die Festsetzung entsprechend abzuändern. Bei Selbstberechnung ist in den Fällen der Abs. 1 bis 3 die Steuer entsprechend festzusetzen oder ein Bescheid zu erlassen, wonach die Steuer nicht festgesetzt wird.

(5) Anträge nach Abs. 1 bis 4 sind bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres zu stellen, das auf das Jahr folgt, in dem das den Anspruch auf Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer begründende Ereignis eingetreten ist. Die Frist endet keinesfalls jedoch vor Ablauf eines Jahres nach Wirksamwerden der Festsetzung.“

19 Bei den Ansprüchen aus § 17 GrEStG auf Nichtfestsetzung der Steuer oder Abänderung der Steuerfestsetzung handelt es sich um selbständige (gegenläufige) Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, die den ursprünglichen Steueranspruch unberührt lassen. Zweck der Bestimmung ist es, Vorgänge nicht mit Steuer zu belasten, deren wirtschaftliche Auswirkungen von den Beteiligten innerhalb der im Gesetz gesetzten Frist wieder beseitigt werden (vgl. -116, mVa ).

20 Nach § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG wird die Steuer auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederverkaufsrechtes rückgängig gemacht wird. Ist zur Durchführung einer Rückgängigmachung zwischen dem seinerzeitigen Veräußerer und dem seinerzeitigen Erwerber ein Rechtsvorgang erforderlich, der selbst einen Erwerbsvorgang nach § 1 GrEStG darstellt, so gelten nach § 17 Abs. 2 GrEStG die Bestimmungen des Abs. 1 Z 1 GrEStG sinngemäß.

21 Nach der in der Revision unwidersprochen gebliebenen Annahme des Bundesfinanzgerichts ist im Revisionsverfahren lediglich die „beantragte Rückerstattung gemäß § 17 GrEStG der bereits entrichteten Grunderwerbsteuer bezüglich des Aufhebungsvertrages“ strittig. Revisionsgegenständlich ist somit die Anwendbarkeit des § 17 Abs. 2 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG (vgl. zum Antragsprinzip etwa Pampel/Arnold in Arnold/Bodis, GrEStG, § 17 Tz 12 uHa. die hg. Rechtsprechung).

22 Die Bestimmung des § 17 Abs. 2 GrEStG bedeutet, dass eine Vereinbarung über die Rückgängigmachung eines der Grunderwerbsteuer unterliegenden Verpflichtungsgeschäftes, wie auch der eigentliche Rückerwerb eines Grundstückes, somit der actus contrarius von der Grunderwerbsteuer unter der Voraussetzung frei bleiben, dass zwischen dem ursprünglichen Erwerbsvorgang und dem nunmehrigen Rechtsvorgang im Falle des § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG nicht mehr als drei Jahre verstrichen sind und die Nichtfestsetzung innerhalb der im § 17 Abs. 5 vorgesehenen Frist beantragt wird (vgl. nochmals -116, mwN).

23 Eine solche Parteienvereinbarung muss dabei zwischen denselben Vertragsparteien abgeschlossen werden, zwischen denen der seinerzeitige Erwerbsvorgang vereinbart wurde (vgl. , mwN). Dass diese Parteienidentität im Revisionsfall nicht bestanden hätte, hat das Bundesfinanzgericht nicht festgestellt. Wenn die belangte Behörde in der Revisionsbeantwortung - wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung - vorbringt, die B Bank und nicht die Revisionswerber hätten den Kaufvertrag im März 2014 abgeschlossen, lässt sich dies dem aktenkundigen Kaufvertrag, in dem die Revisionswerber als Verkäufer und die B Bank lediglich als deren Vertreterin aufscheinen, gerade nicht entnehmen.

24 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Erwerbsvorgang nur dann im Sinn des § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG „rückgängig gemacht“, wenn der Verkäufer damit jene Verfügungsmacht über das Grundstück, die er vor Vertragsabschluss hatte, wiedererlangt hat (vgl. etwa , mwN). Das ist aber u.a. dann nicht der Fall, wenn ein Vertrag nur zu dem Zweck aufgehoben wird, um das Grundstück an einen im Voraus bestimmten neuen Käufer zu veräußern (vgl. etwa , mwN).

25 Die Rückgängigmachung des ersten Kaufvertrags liegt insbesondere dann nicht vor, wenn der ursprüngliche Verkäufer nicht die Möglichkeit erlangt, das Grundstück an einen außenstehenden Dritten zu verkaufen (vgl. in diesem Sinn ).

26 Im gegenständlichen Fall wurde der Vertrag, wie unbestritten feststeht, anlässlich einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung der Vertragsparteien - die Revisionswerber machten Irrtum und Verkürzung über die Hälfte geltend - mit Aufhebungsvertrag vom rückwirkend aufgelöst.

27 Das Bundesfinanzgericht hat zudem festgestellt, dass das Vorgehen der Revisionswerber es überhaupt erst ermöglich habe, die Rückabwicklung des ursprünglichen Kaufvertrags zu finanzieren und damit ihre Verfügungsmacht (wieder) herzustellen. Die Revisionswerber haben dazu, bereits vor Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags, u.a. bedingt mit dessen Abschluss, die revisionsgegenständliche Liegenschaft an ihre Tochter abgetreten, welche nach den Bedingungen des Übergabevertrags den Kredit zur Finanzierung des Rückzahlungsbetrags aufzunehmen hatte.

28 Erst der Aufhebungsvertrag ermöglichte die (bedingte) Weiterveräußerung; damit wurde den Revisionswerbern wieder die uneingeschränkte Verfügungsmöglichkeit über die Liegenschaft verschafft. Somit ist es im Revisionsfall auch nicht schädlich für die Anwendbarkeit des § 17 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 2 GrEStG, dass der Übergabevertrag mit der Tochter bereits vor Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags abgeschlossen wurde. Dem genannten Auflösungsvertrag ist zudem keine Vereinbarung zu entnehmen, wonach die Revisionswerber verpflichtet wären, die Liegenschaft in weiterer Folge einem (bestimmten) Dritten oder überhaupt zu übertragen (vgl. in diesem Zusammenhang auch , zu § 20 Abs. 1 Z 1 GrEStG 1955). Derartiges hat das Bundesfinanzgericht auch nicht festgestellt.

29 Dass die Revisionswerber durch den Aufhebungsvertrag jene Verfügungsmacht nicht wiedererlangt hätten, die sie vor dem Vertragsabschluss hatten, findet sohin in dem vom Bundesfinanzgericht festgestellten Sachverhalt keine Deckung und kann daher das angefochtene Erkenntnis nicht tragen.

30 Das Bundesfinanzgericht stützte sein Erkenntnis hilfsweise auch darauf, dass die in § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG vorgesehen Frist, innerhalb der die Rückgängigmachung des ursprünglichen Kaufvertrags zu erfolgen habe, bereits verstrichen sei.

31 Der Anspruch auf Rückerstattung der Steuer entsteht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht schon mit der rechtlichen Möglichkeit, die Auflösung der Verträge zu verlangen, sondern erst mit der tatsächlichen Rückgängigmachung der Verträge (vgl. nochmals , mwN). Ob dieser Zeitpunkt, wie die Revisionswerber vorbringen, bereits im Oktober 2017 oder - wovon das Bundesfinanzgericht ausging - erst mit Unterzeichnung der Aufhebungsvereinbarung im März 2018 anzunehmen ist, kann im Revisionsfall jedoch dahingestellt bleiben.

32 Die Steuer wird gemäß § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG - was auch entscheidend für die Anwendung des revisionsgegenständlichen § 17 Abs. 2 GrEStG ist - auf Antrag nicht festgesetzt, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung rückgängig gemacht wird.

33 Die Steuerschuld entsteht gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht ist. Ist die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges von der Genehmigung einer Behörde abhängig, so entsteht die Steuerschuld nach Abs. 2 leg. cit. mit der Genehmigung (vgl. ).

34 Das Bundesfinanzgericht hat bei der Beurteilung des Fristablaufs ausschließlich auf den Abschluss des Kaufvertrags im März 2014 abgestellt. Feststellungen, wann die Steuerschuld aus diesem Grundstücksverkauf entstanden ist, lässt das angefochtene Erkenntnis jedoch vermissen. Die Revisionswerber bringen in diesem Zusammenhang vor, der Kaufvertrag vom März 2014 habe einer Genehmigung der Grundverkehrskommission bedurft, die frühestens mit einem diesbezüglich stattgebenden Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts, datiert mit - einen solchen Vermerk enthält auch der dem Akt einliegende Kaufvertrag - erteilt worden sei. Ausgehend von diesem Zeitpunkt wäre die Aufhebung des Kaufvertrags mit Vereinbarung vom noch innerhalb der Frist des § 17 Abs. 1 Z 1 GrEStG vorgenommen worden.

35 Indem das Bundesfinanzgericht entgegen dem Wortlaut des § 17 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit Abs. 2 GrEStG und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Bestimmung der genannten Frist auf den Abschluss des Kaufvertrags und nicht auf die Entstehung der Steuerschuld abstellte und daher diesbezügliche Feststellungen unterlassen hat, hat es das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb dieses gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

36 Insoweit die Revisionswerber der ursprünglichen Käuferin anlässlich der Rückabwicklung des Kaufvertrags im Vergleich zum ursprünglichen Kaufpreis einen Mehrbetrag geleistet haben, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Umfang der Steuerbegünstigung des § 17 GrEStG zu verweisen (vgl. erneut , mwN).

37 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 53 Abs. 1) VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen

Fundstelle(n):
OAAAF-95960