3. Energiegemeinschaften
3.1. Allgemeines
100Eine Energiegemeinschaft ist ein Zusammenschluss von mindestens zwei Teilnehmern zur gemeinsamen Produktion, Speicherung und Verwertung von Energie.
3.1.1. Rechtsgrundlagen
101Bereits seit dem Jahr 2017 besteht die Möglichkeit der gemeinsamen Erzeugung und Nutzung von Strom in Form gemeinschaftlicher Erzeugungsanlagen nach § 16a Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 (ElWOG 2010).
Mit dem Beschluss des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG, insb. § 79 EAG) sowie Änderungen im ElWOG 2010 (insb. §§ 16b ff) im Jahr 2021 wurden ergänzend zwei Modelle von Energiegemeinschaften geschaffen, die eine Beteiligung an der Energiewende ermöglichen und das Energiesystem dezentralisieren sollen.
102Gemäß § 111 Abs. 8 ElWOG 2010 ist die Mitgliedschaft mit einer Verbrauchs- oder Erzeugungsanlage an mehr als einer gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage, Bürgerenergiegemeinschaft oder Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft möglich. Die Mehrfachteilnahme können sowohl Volleinspeiser, Überschusseinspeiser als auch reine Verbraucher nutzen. Seit April 2024 kann jede Erzeugungs- oder Verbrauchsanlage an bis zu fünf Energiegemeinschaften gleichzeitig teilnehmen und aus diesen Energiegemeinschaften Strom beziehen oder den Energiegemeinschaften Strom zur Verfügung stellen. Diese müssen nicht dasselbe Modell haben und können kombiniert werden. Die Regelung, zu welchen Teilen Strom den jeweiligen Energiegemeinschaften zur Verfügung gestellt wird bzw. aus den jeweiligen Energiegemeinschaften bezogen wird, erfolgt durch den Teilnahmefaktor.
Randzahlen 103 bis 105: derzeit frei
3.1.2. Arten von Energiegemeinschaften
3.1.2.1. Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft (EEG)
106Eine EEG muss gemäß § 79 Abs. 2 EAG aus mindestens zwei Mitgliedern oder Gesellschaftern bestehen und kann als Personengesellschaft oder Körperschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit (zB OG, KG, GmbH & Co KG, Verein, Genossenschaft, GmbH) gegründet werden. Mitglieder oder Gesellschafter einer EEG dürfen natürliche Personen, Gemeinden, Rechtsträger von Behörden in Bezug auf lokale Dienststellen und sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts oder kleine und mittlere Unternehmen sein. Bei Privatunternehmen darf die Teilnahme nach § 79 Abs. 2 letzter Satz EAG nicht deren gewerbliche oder berufliche Haupttätigkeit sein.
Der Hauptzweck einer EEG darf nicht im finanziellen Gewinn liegen. Soweit sich dies nicht schon aus der Gesellschaftsform ergibt, ist dies in der Satzung festzuhalten. Die EEG hat ihren Mitgliedern oder den Gebieten, in denen sie tätig ist, vorrangig ökologische, wirtschaftliche oder sozialgemeinschaftliche Vorteile zu bringen.
107Die EEG darf gemäß § 79 Abs. 1 EAG Energie (Strom und Wärme) aus erneuerbaren Quellen erzeugen, die eigenerzeugte Energie verbrauchen, speichern oder verkaufen. Sie ist auch befugt, im Bereich der Aggregierung tätig zu sein und andere Energiedienstleistungen zu erbringen. Sie darf somit keinen Strom - zB von ihren Mitgliedern - zukaufen.
Eine örtliche Einschränkung der Teilnahmemöglichkeit an einer EEG folgt aus § 16c Abs. 2 ElWOG 2010, der den einzuhaltenden Nahebereich der EEG definiert. Demnach müssen innerhalb einer EEG die Verbrauchsanlagen der Mitglieder mit den Erzeugungsanlagen über das Verteilernetz im Konzessionsgebiet eines Netzbetreibers verbunden sein. Erfolgt die Durchleitung über ein Niederspannungs-Verteilernetz und den Niederspannungsteil der Transformatorstation (Netzebenen 6 und 7 → Versorgungsbereich eines Trafos) liegt eine "Lokale EEG" vor. Bei einer Durchleitung über das Mittelspannungsnetz und die Mittelspannungs-Sammelschiene im Umspannwerk ([Netzebene 4 - eingeschränkt auf die Sammelschiene im Umspannwerk], 5, 6 und 7 → Versorgungsbereich einer Sammelschiene/eines Umspannwerks) spricht man von einer "Regionalen EEG". Dadurch weisen die Erzeugungsanlagen Verbrauchernähe auf. Die Inanspruchnahme der höheren Netzebenen 1 bis 4 für die Durchleitung von Energie aus Erzeugungsanlagen oder Speichern zu Verbrauchsanlagen ist nach § 16c Abs. 2 ElWOG 2010 nicht zulässig.
Die erzeugte Energie wird auf Basis von Viertelstundenwerten den Verbrauchern zugeordnet (statisches oder dynamisches Modell).
Abhängig von der für die Durchleitung verwendeten Netzebenen ermäßigt sich für EEG das arbeitsbezogene Netznutzungsentgelt.
3.1.2.2. Bürgerenergiegemeinschaft (BEG)
108Eine BEG muss gemäß § 16b Abs. 2 ElWOG 2010 aus mindestens zwei Mitgliedern oder Gesellschaftern bestehen und ist als Verein, Genossenschaft, Personen- oder Kapitalgesellschaft oder eine ähnliche Vereinigung mit Rechtspersönlichkeit zu organisieren (zB OG, KG, GmbH & Co KG, Verein, Genossenschaft, GmbH). Mitglieder oder Gesellschafter dürfen natürliche sowie juristische Personen und Gebietskörperschaften sein.
Der Hauptzweck einer BEG darf nicht im finanziellen Gewinn liegen. Soweit sich dies nicht schon aus der Gesellschaftsform ergibt, ist dies in der Satzung festzuhalten. Die BEG hat ihren Mitgliedern oder den Gebieten, in denen sie tätig ist, vorrangig ökologische, wirtschaftliche oder sozialgemeinschaftliche Vorteile zu bringen.
Die BEG darf gemäß § 16b Abs. 1 ElWOG 2010 elektrische Energie erzeugen und die eigenerzeugte Energie verbrauchen, speichern oder verkaufen. Sie ist auch befugt, im Bereich der Aggregierung tätig zu sein und für ihre Mitglieder Energiedienstleistungen, wie etwa Energieeffizienzdienstleistungen oder Ladedienstleistungen für Elektrofahrzeuge zu erbringen.
Eine BEG darf nur elektrische Energie (Strom) erzeugen. Diese muss aber nicht aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen werden.
Eine örtliche Einschränkung der Teilnahmemöglichkeit besteht bei einer BEG nicht. Innerhalb einer BEG können die Verbrauchsanlagen der Mitglieder mit den Erzeugungsanlagen über die Verteilernetze verschiedener Netzbetreiber verbunden sein.
Bei BEG kommt es zu keiner Ermäßigung des Netznutzungsentgelts.
3.1.2.3. Gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen (GEA)
109GEA ( § 16a ElWOG 2010) bieten den teilnehmenden Berechtigten die Möglichkeit, den erzeugten Strom unter Verwendung einer gemeinsamen Leitungsanlage im unmittelbaren Nahebereich zu nutzen. Die Durchleitung von Strom durch das öffentliche Stromnetz an teilnehmende Berechtigte ist nicht zulässig. Dies ist zB bei einer gemeinsamen Photovoltaikanlage am Dach einer Wohnungseigentumsanlage der Fall, von der die Berechtigten im Gebäude die erzeugte Energie beziehen können.
Für eine GEA ist keine eigene Rechtspersönlichkeit erforderlich. Betreiber kann eine Personengesellschaft oder ein Teilnehmer sein. Die technische Betriebsführung kann von Dritten wahrgenommen werden.
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Zusatzinformationen | |
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Gültig ab: | |
Materie: | Steuer |
Betroffene Normen: | § 2 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 2 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 16a ElWOG 2010, Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 110/2010 § 79 EAG, Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, BGBl. I Nr. 150/2021 §§ 16b ff ElWOG 2010, Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 110/2010 § 111 Abs. 8 ElWOG 2010, Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 110/2010 § 79 Abs. 2 EAG, Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, BGBl. I Nr. 150/2021 § 79 Abs. 2 letzter Satz EAG, Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, BGBl. I Nr. 150/2021 § 79 Abs. 1 EAG, Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, BGBl. I Nr. 150/2021 § 16c Abs. 2 ElWOG 2010, Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 110/2010 § 16b Abs. 2 ElWOG 2010, Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 110/2010 § 16b Abs. 1 ElWOG 2010, Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010, BGBl. I Nr. 110/2010 |
Schlagworte: | Volleinspeiser - Überschusseinspeiser - Inselbetrieb - Energiegemeinschaften - Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften - Bürgerenergiegemeinschaften - Gemeinschaftliche Erzeugungsanlagen |
Stammfassung: | 2025-0.461.257 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
QAAAF-90712