Zurückweisung eines nicht rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrages
Entscheidungstext
Beschluss
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Anna Radschek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:
I. Der Vorlageantrag vom wird gemäß § 260 Abs. 1 lit. b Bundesabgabenordnung (BAO) iVm § 264 Abs. 4 lit. e BAO als nicht fristgerecht eingebracht zurückgewiesen.
Die Beschwerde gilt gemäß § 264 Abs. 3 BAO als durch die Beschwerdevorentscheidung vom erledigt.
II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
Der Beschwerdeführer war 2022 bei mehreren Dienstgebern gleichzeitig beschäftigt. Nachdem er trotz Erinnerung vom seine Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung 2022 nicht abgegeben hatte, wurden im nunmehr bekämpften Einkommensteuerbescheid 2022 vom seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit anhand der vorgelegten Lohnzettel schätzungsweise ermittelt. Dabei wurde weder der Unterhaltsbeitrag für seine minderjährigen Kinder noch der Familienbonus Plus berücksichtigt. Die Einkommensteuerberechnung ergab eine Nachforderung in Höhe von 1.191,00 €.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer am elektronisch Beschwerde, wobei er ausführte, dass er um eine Aussetzung des zu zahlenden Betrages bitte und sowohl auf eine telefonische Kontaktnahme mit der belangten Behörde als auch auf das Beschwerdeverfahren betreffend Einkommensteuer 2021 verwies. Er bitte das Finanzamt seinen Einkommensteuerbescheid 2022 wie betreffend 2021 zu korrigieren. Gleichzeitig legte er auch die Geburtsurkunden seiner Kinder, Bestätigungen über seine Unterhaltsverpflichtungen und Überweisungsbestätigungen vor.
Nachdem er dem Mängelbehebungsauftrag vom nicht nachgekommen war, wurde die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 vom mit Beschwerdevorentscheidung vom als zurückgenommen erklärt
In einer neuerlichen als Vorlageantrag zu wertenden Beschwerde vom verwies der Beschwerdeführer wiederum auf das Beschwerdeverfahren betreffend Einkommensteuer 2021.
Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und wies nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und rechtlichen Ausführungen zum Mängelbehebungsauftrag darauf hin, dass der Vorlageantrag verspätet eingebracht worden sei.
Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, dazu Stellung zu nehmen, dass er seinen Vorlageantrag verspätet eingebracht habe.
In der Folge ersuchte der Beschwerdeführer, persönlich bei Gericht vorsprechen zu dürfen. Anlässlich der persönlichen Vorsprache am gab er an, mit Frau **NN*** vom Finanzamt alles besprochen zu haben und diese habe ihm zugesichert, dass nunmehr der Unterhaltsabsetzbetrag und der Familienbonus Plus für beide Kinder berücksichtigt würden. Trotzdem sei ein "negativer" Einkommensteuerbescheid ergangen.
Außerdem habe er sich am vermutlich noch in Deutschland aufgehalten und sei erst am an seine Meldeadresse zurückgekehrt. Er werde dies aber noch in seinem Kalender nachschauen und sich per E-Mail melden.
Mit E-Mail vom gab der Beschwerdeführer bekannt, dass er Im Rahmen des vom 12.04. bis veranstalteten ***Festival*** in Wien (1. Bezirk) von der Firma ***1*** mit der Leitung eines ***Standes*** der Marke ***2*** beauftragt worden war. Da er von 09.04. bis im Rahmen seiner Tätigkeit bei ***3*** im Catering eingeplant gewesen sei, habe er das für den Event benötigte Equipment bereits im Vorfeld aus dem Lager der Firma ***1*** in ***X***, abholen müssen. Aus diesem Grund sei er am sehr früh morgens nach ***X*** gefahren, habe das benötigte Equipment verladen und nach einer Ruhepause die Rückfahrt nach Wien angetreten. Aufgrund der langen Fahrt sei er erst in den frühen Morgenstunden des (ca. 00:30 Uhr) wieder in Wien angekommen.
Das dargelegte Verwaltungsgeschehen ergibt sich aus den Ausführungen der belangten Behörde und den vorgelegten Unterlagen. Die Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers am erscheint aufgrund des durch das Eventgeschehen belegten Aussagen des Beschwerdeführers glaubwürdig.
Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97 BAO) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag).
Gemäß § 260 Abs. 1 lit. b BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht fristgerecht eingebracht wurde
Gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO ist für Vorlageanträge § 260 Abs. 1 BAO (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung), sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 264 Abs. 5 BAO obliegt die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht.
Gemäß § 108 Abs. 2 BAO enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem für den Beginn der Frist maßgebenden Tag entspricht. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates.
Gemäß § 108 Abs. 3 BAO werden Beginn und Lauf einer Frist durch Samstage, Sonntage oder Feiertage nicht behindert. Fällt das Ende einer Frist auf einen Samstag, Sonntag, gesetzlichen Feiertag, Karfreitag oder 24. Dezember, so ist der nächste Tag, der nicht einer der vorgenannten Tage ist, als letzter Tag der Frist anzusehen.
Gemäß § 97 Abs. 1 BAO werden Erledigungen dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekanntgegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.
Die Bekanntgabe erfolgt gemäß § 97 Abs. 1 lit. a BAO bei schriftlichen Erledigungen, wenn nicht in besonderen Vorschriften die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen vorgesehen ist, durch Zustellung.
Gemäß § 97 Abs. 3 BAO kann an Stelle der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung einer behördlichen Erledigung deren Inhalt auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann durch Verordnung des Bundesministers für Finanzen die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden, wobei zugelassen werden kann, dass sich die Behörde einer bestimmten geeigneten öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Übermittlungsstelle bedienen darf. In der Verordnung sind technische oder organisatorische Maßnahmen festzulegen, die gewährleisten, daß die Mitteilung in einer dem Stand der Technik entsprechenden sicheren und nachprüfbaren Weise erfolgt und den Erfordernissen des Datenschutzes genügt. Der Empfänger trägt die Verantwortung für die Datensicherheit des mitgeteilten Inhalts der Erledigung. § 96 Abs. 2 BAO gilt sinngemäß.
Die FinanzOnlineVerordnung (FOnV) ist eine Verordnung im Sinne des § 97 Abs 3 zweiter Satz BAO. Nach § 1 Abs. 2 FOnV 2006 ist die automationsunterstützte Datenübertragung zulässig für Funktionen, die dem jeweiligen Teilnehmer in FinanzOnline zur Verfügung stehen (vgl. Ritz/Koran, BAO8 § 97 BAO Rz 10-12).
Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind gemäß § 98 Abs. 1 BAO Zustellungen nach dem Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, vorzunehmen; das gilt nicht für den 3. Abschnitt des ZustG (Elektronische Zustellung).
Gemäß § 98 Abs. 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Im Zweifel hat die Behörde die Tatsache und den Zeitpunkt des Einlangens von Amts wegen festzustellen. Die Zustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.
Der Zeitpunkt, an dem die Daten in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind, ist bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox, zu der der Empfänger Zugang hat (vgl. Ritz/Koran, BAO8 § 98 BAO Rz 4).
Auf das tatsächliche Einsehen der Databox durch den FinanzOnline-Teilnehmer (zB Öffnen, Lesen, oder Ausdrucken eines Bescheides) kommt es nicht an (vgl. Ritz/Koran, BAO8 § 98 BAO Rz 4).
§ 98 Abs. 2 letzter Satz BAO entspricht § 26 Abs. 2 letzter Satz ZustG . Nach beiden Bestimmungen ist der Tag nach Rückkehr an die Abgabestelle für den Zustellungszeitpunkt maßgebend (vgl. Ritz/Koran, BAO8 § 98 BAO Rz 5).
Da die Beschwerdevorentscheidung am in die Databox des Beschwerdeführers eingebracht wurde, würde die Frist zu Einbringung des Vorlageantrages ab diesem Tag zu laufen beginnen. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer jedoch erst am an seine Abgabestelle zurückgekehrt ist, beginnt die Frist erst am nächstfolgenden Tag, dem zu laufen und endet daher gemäß § 108 Abs. 2 BAO am , bei dem es sich um einen gewöhnlichen Wochentag und keinen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag handelt.
Die Einbringung des Vorlageantrages am per FinanzOnline erfolgte daher verspätet.
Dem Beschwerdeführer wurde die offenbare Verspätung der Einbringung des Vorlageantrages sowohl vom Finanzamt im Vorlagebericht als auch vom Bundesfinanzgericht vorgehalten. Dem konnte der Beschwerdeführer jedoch im Endeffekt nichts entgegenhalten.
Der Vorlageantrag vom betreffend die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2022 ist daher folglich als nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen.
Die Beschwerde gilt somit als durch die Beschwerdevorentscheidung vom erledigt.
Schon nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsverfahrensrechtes sind Anbringen, Anträge oder Rechtsmittel zurückzuweisen, wenn zu ihrer Einbringung die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen, somit die allgemeinen Prozessvoraussetzungen für ein Tätigwerden der Behörde bzw. in der Folge des Verwaltungsgerichts in der Sache, im Gegenstand, der dem Parteienschritt zugrunde liegt, nicht erfüllt sind (vgl. bereits 1081, 1377/69). Sind diese Formalerfordernisse - wie insbesondere die fristgerechte Einbringung eines Rechtsmittels - nicht gegeben, fehlen die erforderlichen Prozessvoraussetzungen, und so fehlt der Behörde bzw. in der Folge dem Verwaltungsgericht die Sachkompetenz zur (meritorischen) Entscheidung. Daher ist, ohne in die Sache einzugehen, der Parteischritt zurückzuweisen (vgl. Tanzer/Unger in Rzeszut/Tanzer/Unger [Hrsg], BAO: Stoll Kommentar - Digital First2.06 [2023] § 260 BAO Rz 1)
Allfällige Gründe, die die Verspätung entschuldbar erscheinen lassen, können nur in einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Rechtsmittelfrist geltend gemacht werden. Auf das materielle Beschwerdevorbringen kann daher nicht eingegangen werden (vgl. ).
Zur Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da sich die Folgen eines nicht fristgerechten eingebrachten Vorlageantrages unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, war die Revision für nicht zulässig zu erklären.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 97 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 108 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 108 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 98 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100893.2025 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
LAAAF-85476