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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.04.2025, RV/3100468/2024

Aufhebung BVE wegen fehlender Beschwerde

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter_A in der Beschwerdesache Abgabepflichtigen, Anschrift_A, über die - von der Abgabenbehörde als Beschwerde gewertete - Eingabe vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Oktober bis Dezember 2021 (beide mit Ausfertigungsdatum ), Steuernummer Zahl_1, zu Recht erkannt:

Die Beschwerdevorentscheidung vom wird hinsichtlich der Bescheide über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Oktober bis Dezember 2021 aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

A.) Verfahrensgang / Sachverhalt:
Das Finanzamt Österreich erließ betreffend die vom Abgabepflichtigen genutzten Kraftfahrzeuge mit den amtlichen Kennzeichen A und B jeweils einen Bescheid
a) über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe für den Zeitraum September 2021 sowie b) über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Oktober bis Dezember 2021 (sämtliche Bescheide mit Ausfertigungsdatum ).

Der Abgabepflichtige erhob mit Schreiben vom "Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung Normverbrauchsabgabe vom ", da er keinen Grund sehe, "für die von mir benutzten Fahrzeuge die NOVA zu entrichten." "Da beide Fahrzeuge keinen dauerhaften Standort in Österreich haben und hauptsächlich in Deutschland genutzt werden," müsse "auch keine NOVA geleistet werden."
In der Beschwerde wurden vom Abgabepflichtigen die Kraftfahrzeugsteuerbescheide weder erwähnt noch die Kraftfahrzeugsteuer explizit angesprochen.

Das Finanzamt Österreich wertete das Schreiben vom sowohl als Rechtsmittel gegen die Vorschreibung der NoVA als auch gegen die Vorschreibung der Kraftfahrzeugsteuer und wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde vom gegen die Bescheide über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe 9/2021 und über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer 10-12/2021 als unbegründet ab.

Der Abgabepflichtige legte mit der als "Antrag auf Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht - Ihr Schreiben vom " titulierten (undatierten) Eingabe (aufgegeben bei der Post am ) "Widerspruch gegen ihre Beschwerdevorentscheidung ein".

B.) Beweiswürdigung:
Der streitgegenständliche Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus der vorliegenden Aktenlage, insbesondere aus den oben näher bezeichneten Unterlagen.

C.) Rechtslage:
Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen. Beschwerdevorentscheidungen sind Bescheide über Bescheidbeschwerden, die als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnen sind (Ritz/Koran, BAO7, § 262 Rz. 2; ). Gemäß § 263 Abs. 3 BAO wirkt eine Beschwerdevorentscheidung wie ein Beschluss (§ 278 BAO) bzw. ein Erkenntnis (§ 279 BAO) über die Beschwerde. Eine meritorische Beschwerdevorentscheidung tritt an die Stelle des mit Beschwerde angefochtenen Bescheides und ersetzt diesen daher zur Gänze (Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I BAO3, § 263 Rz. 9; Ritz/Koran BAO7 § 263 Rz. 11).

Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann gemäß § 264 Abs. 1 BAO innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt ungeachtet des Umstandes, dass die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung dadurch nicht berührt wird, gemäß § 264 Abs. 3 BAO die Beschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Das Verwaltungsgericht hat auf Grund eines eingebrachten Vorlageantrages über die Bescheidbeschwerde zu entscheiden und ist gemäß § 279 Abs. 1 BAO berechtigt, den mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Aus dem Gesetz ergibt sich demnach, dass vom Verwaltungsgericht nicht über die Beschwerdevorentscheidung, sondern über die Beschwerde gegen den bekämpften Erstbescheid abzusprechen ist. Die Beschwerdevorentscheidung, deren Wirksamkeit gemäß § 264 Abs. 3 BAO durch den Vorlageantrag nicht berührt wird, tritt mit dem Ergehen der abschließenden meritorischen Beschwerdeerledigung des Verwaltungsgerichts aus dem Rechtsbestand ().

Eine ersatzlose Aufhebung (meritorische Entscheidung) darf nur dann erfolgen, wenn in dieser Sache keine weitere Entscheidung in Betracht kommt (zB ). Die ersatzlose Behebung eines Bescheides entfaltet nämlich im Rahmen seiner bisherigen Sache Bindungswirkung, sodass der Abgabenbehörde ein neuerlicher Abspruch verwehrt ist ().

Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung, obwohl keine Beschwerde vorlag, bewirkt eine Rechtswidrigkeit dieses Bescheides infolge Unzuständigkeit der Abgabenbehörde (). Eine rechtswidrig ergangene Beschwerdevorentscheidung ist, wenn durch das Verwaltungsgericht mangels Beschwerde keine Entscheidung über die ihr vermeintlich zugrunde liegende Beschwerde zu treffen ist, auf Grund eines dem Verwaltungsgericht vorgelegten Vorlageantrags ersatzlos durch das Verwaltungsgericht aufzuheben (; ; ; ; Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren3, § 262 Rz. 6).

Durch die Aufhebung einer Beschwerdevorentscheidung scheidet gemäß § 264 Abs. 7 BAO der Vorlageantrag aus dem Rechtsbestand aus.
§ 264 Abs. 7 BAO, wonach durch die Aufhebung einer BVE der Vorlageantrag aus dem Rechtsbestand ausscheidet, stellt nach den ErläutRV (1352 BlgNR 25. GP 17) sicher, dass das Verwaltungsgericht "keine Pflicht trifft, über Vorlageanträge nach der Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung zu entscheiden" (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 264 Anm 18).

D.) Erwägungen:
Der Abgabepflichtige hat im vorliegenden Fall ausschließlich nur eine Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung der Normverbrauchsabgabe, nicht jedoch gegen die Bescheide über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer erhoben. Der Schriftsatz vom bekämpft nämlich - sowohl in der Bezeichnung als auch inhaltlich - ausdrücklich nur die Vorschreibungen der Normverbrauchsabgaben; die streitgegenständlichen Kraftfahrzeugsteuerbescheide bzw. die hiermit verbundenen Vorschreibungen der Kraftfahrzeugsteuern werden hierin hingegen nie erwähnt oder angesprochen.
Die Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichts ist durch die Sache des Beschwerdeverfahrens begrenzt. Über diese Sache hinaus besteht keine Entscheidungsbefugnis des Bundesfinanzgerichts ().

Da im vorliegenden Fall keine Beschwerde gegen die Bescheide über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer erhoben wurde, wäre das Finanzamt Österreich auch nicht befugt gewesen, eine Beschwerdevorentscheidung hierüber zu erlassen. Die Beschwerdevorentscheidung vom ist daher - soweit über die Kraftfahrzeugsteuer abgesprochen wird - in diesem Umfang infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos aufzuheben.

Der Vorlageantrag war aber grundsätzlich zulässig, da zwar eine rechtswidrige, aber im Rechtsbestand befindliche Beschwerdevorentscheidung vorliegt (vgl. zB RV/7100192/ 2017; ). Durch die Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung scheidet gemäß § 264 Abs. 7 BAO der undatierte Vorlageantrag, zur Post gegeben am , - soweit er sich auf die streitgegenständlichen Kraftfahrzeugsteuerbescheide bezieht - aus dem Rechtsbestand aus.

E.) Unzulässigkeit der Revision:
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die ordentliche Revision war als unzulässig zu erklären, weil die zu lösenden Rechtsfragen sich aus dem Gesetz ergeben bzw. durch die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der das Bundesfinanzgericht nicht abgewichen ist, ausreichend beantwortet worden sind.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
KAAAF-80952