Rehabilitationsgeld; Rückzahlung Gelder des AMS
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Volker Mayer in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2017 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird insofern abgeändert, als er im Spruch zu lauten hat:
Die Einkommensteuer wird für das Jahr 2017 festgesetzt mit 107,00 €.
(Bisher war vorgeschrieben: 801 €)
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt (Berechnungsblatt ./A) zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wurde vom Finanzamt Österreich die Einkommensteuer für das Jahr 2017 festgesetzt.
Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Abgabenpflichtige steuerfreie Leistungen wie z. B. Arbeitslosengeld, Notstandshilfe oder bestimmte Bezüge als Soldat oder Zivildiener bezogen habe. In diesem Fall siehe das Einkommensteuergesetz 2 Berechnungsvarianten vor (§ 3 Abs. 2 EStG 1988). Die belangte Behörde habe die für den Abgabepflichtigen günstigere Kontrollrechnung angewendet und ein Einkommen von 15.803,40 Euro zu Grunde gelegt.
In der fristgerecht am 19. Februar gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde führte der Beschwerdeführer aus, dass er die in der Bemessungsgrundlage für den Einkommensteuerbescheid angeführten Zahlungen nie erhalten habe. Er habe monatlich ca. 800 Euro Notstandshilfe bekommen, die angeführten Zahlungen der NÖGKK habe er im gegenständlichen Jahr nie erhalten.
In der abweisenden Beschwerdevorentscheidung vom erläuterte die belangte Behörde begründend, dass laut Rücksprache mit der Niederösterreichischen Gesundheitskasse die Lohnzettel der NÖGKK 01.01.-01.01 in Höhe von € 8.450,61 und vom 02.01-31.05. in Höhe von € 3.838,85 richtig seien. Laut Rücksprache mit der Niederösterreichischen Gesundheitskasse hätte der Beschwerdeführer bis ein Rehabilitationsgeld nachbezahlt bekommen, da er dieses rückwirkend eingeklagt habe. Da die Lohnzettel der NÖGKK richtig seien, sei die Beschwerde abzuweisen gewesen.
Im Vorlageantrag mit Eingangsdatum vom begehrte der Beschwerdeführer die Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und führte ergänzend aus, dass er von der NÖGKK erfahren habe, dass das Rehabilitationsgeld nicht voll ausbezahlt, sondern der überwiegende Teil in Folge der Anrechnung auf die Notstandshilfe einbehalten worden sei. Somit habe er in Summe nur EUR 2.255,31 ausbezahlt bekommen. Dies sei auch stringent und schlüssig mit den von ihm übermittelten Kontoauszügen. Sein Einkommen bestehe im Wesentlichen aus Auszahlungen der Notstandshilfe durch das AMS. Er beantrage daher, den Einkommenssteuerbescheid vom zu beheben und sein Einkommen auf Basis der nunmehr vorliegenden Informationen zu bewerten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass seitens der NÖGKK lediglich EUR 2.255,31 ausbezahlt worden seien.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger mit Hauptwohnsitz in Österreich.
Es wurde beim Beschwerdeführer eine Minderung der Erwerbsfähigkeit festgestellt. Laut Behinderten Pass-Nr. ***Zahl***, ausstellende Behörde ****Name****, beträgt der Grad der Behinderung ****x****%. Weiters besteht das Erfordernis einer Krankendiätverpflegung.
Im streitgegenständlichen Jahr 2017 bezog er Gelder der Niederösterreichischen Gebietskrankenkassa, nunmehr Österreichische Gesundheitskasse (NÖGKK) und des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen. Es handelt sich hierbei um Notstandshilfe sowie Notstandshilfe als Vorschuss auf Invaliditätspension.
Von der NÖGKK erhielt der Beschwerdeführer im Jahr 2017 Beträge in Höhe von 8.450,61 und 3.838,65 € zugesprochen. Weiters erhielt der Beschwerdeführer im Jahr 2017 vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (BMSGPK Sekt IV) Pensionsvorschüsse des AMS ausgezahlt. Für den Zeitraum 01.01-20.01. 523,80€, für den Zeitraum 01.03-17.04. 1257,12 €, für den Zeitraum 26.04. bis 30.04. 130,95€, und für den Zeitraum 01.05. bis 31.05. 596,13€. Diese Bezüge wurden als steuerfrei nach § 3 Abs. 1 EStG gemeldet und sind als solche behandelt worden.
Betreffend die Zahlungen des Arbeitsmarktservice Österreich war festzustellen, dass bezüglich des Rehabilitationsgeldes, welches ab ausbezahlt wurde, von der NÖGKK dieses insofern mit dem Arbeitslosengeld verrechnet worden ist, als dass das von bis bezogenen Arbeitslosengeld in der Höhe von 8.906,49 € vom zustehenden Rehabilitationsgeld in der Höhe von 11.161,80 € im selben Zeitraum abgezogen und der Differenzbetrag in Höhe von 2.255,31 € dem Beschwerdeführer auf dessen Konto mit Gutschrift vom überwiesen worden ist.
Als außergewöhnliche Belastungen waren unter der KZ 476 zusätzliche Kosten in der Höhe von 167,45€ festzustellen.
2. Beweiswürdigung
Die persönlichen Daten des Beschwerdeführers ergaben sich aus den Auskunfstsystem der Finanzverwaltung, der Grad der Behinderung aus den Daten des Bundessozialamtes.
Die Verrechnung des Rehabilitationsgeldes mit den Leistungen des AMS ergab sich aus Schreiben der NÖGKK vom .
Der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit ergab sich aus den Daten des Bundessozialamtes, ebenso das Erfordernis einer Krankendiätverpflegung (Magen).
Der Bezug der Gelder ergab sich aus dem Steuerakt des Beschwerdeführers, ersichtlich war dies aus den übermittelten Lohnzetteln *****Zettel**** und den Meldungen des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen.
3. Rechtliche Beurteilung
Zur Bundesabgabenordnung (BAO)
Nach § 243 BAO sind gegen Bescheide, die Abgabenbehörden erlassen, Beschwerden an die Verwaltungsgerichte zulässig.
Gemäß § 279 BAO hat das Verwaltungsgericht außer in den Fällen des § 278 BAO immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauungen an die Stelle jener der Abgabenbehörde zusetzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Zum Einkommensteuergesetz (EStG)
Laut § 16 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Nach Abs. 2 leg.cit. zählt zu den Werbungskosten auch die Erstattung (Rückzahlung) von Einnahmen, sofern weder der Zeitpunkt des Zufliessens der Einnnahmen noch der Zeitpunkt der Erstattung willkürlich festgelegt wurden.
Gemäß § 19 EStG sind Einnahmen in jenem Jahr bezogen, in dem sie den Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Nach Abs. 2 leg.cit. sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.
Laut § 35 EStG steht einem Steuerpflichtigen ein Freibetrag zu, wenn er durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung eine außerordentliche Belastung hat. Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit. Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit in der Höhe von 65% bis 74% beträgt der Freibetrag 363 €.
Nach § 2 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen (BGBL 1996/303) sind als Mehraufwendungen wegen einer Krankendiätverpflegung ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit 42 € pro Kalendermonat zu berücksichtigen.
§ 69 Abs. 2 EStG bestimmt wie folgt: Bei Auszahlung von Bezügen aus einer gesetzlichen Kranken- oder Unfallversorgung sowie aus einer Kranken- oder Unfallversorgung der Versorgungs- und Unterstützungseinrichtungen der Kammern der selbständig Erwerbstätigen gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 lit. c und e, bei Auszahlung von Rehabilitationsgeld gemäß § 143a ASVG und bei Auszahlung von Wiedereingliederungsgeld gemäß § 143d ASVG sind 20% Lohnsteuer einzubehalten, soweit diese Bezüge 30 Euro täglich übersteigen. Wird ein 13. bzw. 14. Bezug zusätzlich ausgezahlt, hat ein vorläufiger Lohnsteuerabzug von diesen Bezügen zu unterbleiben. Zur Berücksichtigung dieser Bezüge im Veranlagungsverfahren haben die Versicherungsträger bis zum 31. Jänner des folgenden Kalenderjahres einen Lohnzettel (§ 84) auszustellen und an ihr Finanzamt zu übermitteln. In diesem Lohnzettel ist ein Siebentel gesondert als sonstiger Bezug gemäß § 67 Abs. 1 auszuweisen.
Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus:
Der Anspruch auf Rehabilitationsgeld ist systematisch der Krankenversicherung zuzuordnen und zwar als Leistung aus dem Versicherungsfall der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder der geminderten Arbeitsfähigkeit. Nach § 8 Abs. 1 Z.2 lit. c ASVG besteht für Bezieher von Rehabilitationsgeld eine Teilversicherung in der Pensionsversicherung. Der Steuergesetzgeber hat das Rehabilitationsgeld mit der Begründung, dass das anstelle einer befristeten Invaliditätspension oder Berufsunfähigkeitspension getretene Rehabilitationsgeld durch den Krankenversicherungsträger geleistet wird und es zudem funktional als eine Fortsetzung des Krankengeldbezuges anzusehen ist, in § 69 Abs. 2 EStG dem Krankengeld gleichgestellt. Solcherart ist das Rehabilitationsgeld iSd § 143a ASVG dem § 25 Abs. 1 Z 1 lit c. EStG zu subsumieren. Wird Rehabilitationsgeld zuerkannt, ist die Leistung des Arbeitsmarktservice als steuerpflichtiger Vorschuss auf die beantragte Leistung zu beurteilen. Dessen Rückzahlung ist gemäß § 16 Abs. 2 EStG zu berücksichtigen ().
Die dem Steuerpflichtigen von der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (Rechtsnachfolger: Österreichische Gesundheitskassa) im Jahr 2017 gewährten Beträge in Höhe von 8.450,61 und 3.838,65 € sind somit als steuerpflichtige Beträge (KZ 245) zu erfassen. Die Leistungen des Arbeitsmarktservice, die bislang als steuerfrei behandelt worden sind (steuerfrei ausbezahlten Pensionsvorschüsse) sind als steuerpflichtig zu beurteilen. Hierfür sind jedoch ein Siebentel als sonstige Bezüge gem. § 67 Abs. 1 EStG zu erfassen, so dass von den genannten Beträgen für 01.01-20.01 448,97€, von 01.03-17.04 1077,53€, von 01.05. bis 31.05 112,24€ und von 01.05. bis 31.05. 510,97 € bei der Berechnung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit anzusetzen sind. Von den genannten Beträgen sind die mit dem Rehabilitationsgeld verrechneten Leistungen des AMS im Zeitpunkt des Abfließens (Verrechnung, Jahr 2017) als abzugsfähige Werbungskosten in der Höhe von 8.906,49 € zu berücksichtigen und als abzugsfähig anzusetzen.
Auf Grund der festgestellten Minderung der Erwerbsfähigkeit war der Behindertenfreibetrag zu gewähren. Auf Grund des festgestellten Erfordernisses der Krankendiätverpflegung war der Pauschalbetrag nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen zuzusprechen. Die nachgewiesenen Kosten in der Höhe von 167,45 € waren ebenfalls als abzugsfähig zu berücksichtigen wie der Pauschalbetrag für Sonderausgaben.
Die Steuer für die sonstigen Bezüge war nach § 67 Abs. 1 EStG zu berechnen, da die Voraussetzung für ein Unterbleiben der Besteuerung nach Abs. 2 leg. cit. (Freigrenze 2.100 €] nicht gegeben war.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Das vorliegende Erkenntnis steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Insbesondere ist hierfür das fallsystematisch stimmende Erkenntnis zu erwähnen. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor. Eine ordentliche Revision ist somit nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 69 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7101240.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
LAAAF-80943