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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 08.04.2025, RV/4100255/2024

Pendlerpauschale, Pendlereuro, Werbungskosten allgemein

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** über die Beschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2022, Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden diese einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf) ist als radiologisch-technische Assistentin beschäftigt und erzielt aus ihrer Tätigkeit Einkünfte aus nsA.

In ihrer Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für 2022 machte die Bf Werbungskosten in Höhe von € 1.075 geltend.

Das Finanzamt veranlagte erklärungsgemäß und erließ mit Datum den nunmehr in Anfechtung stehenden Einkommensteuerbescheid.

Mit Beschwerde vom begehrte die Bf die Zuerkennung des Pendlerpauschales (€ 1.808) sowie des Pendlereuros (€ 263,96). Begründend führte die Bf aus, dass sie vergessen habe diese Aufwandspositionen geltend zu machen.

Mit Vorhalt vom ersuchte das Finanzamt die Bf um Vorlage eines Ausdruckes aus dem Pendlerrechner sowie eine Aufstellung samt Rechnungskopien über die restlichen geltend gemachten Werbungskosten.

Im Rahmen der Vorhaltsbeantwortung brachte die Bf nachstehende Urkunden zur Vorlage:

  • Rechnung Hotel "***M***", ***Stadt1***, vom über Aufenthalt vom 4.11. bis zuzüglich Fremdenverkehrsabgabe mit Zahlungsbelege (€ 87)

  • Order ***A*** Forum ***Stadt1***, Trainee/Radiographer Pass, from Bf on August 10, 2022; Order completed, € 120)

  • Ausdruck ***A*** Forum ***Stadt1***, Medizinischer Campus, am

  • Rechnung, Online Einzelbuchung, deutsche Röntgengesellschaft, vom , € 20

  • Rechnung Booking.com vom über € 36,31 betreffend Hotelaufenthalt a&o ***Stadt2*** vom 28.9 bis

  • Erklärung/ Nachweis zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuro für Wegstrecke zwischen Wohnung (***Str1*** ***Hausnr1***, ***Stadt3**) und Arbeitsstätte (***Str2** 1, ***Stadt4***)

  • Pendlerrechner zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, unter folgenden Prämissen: Arbeitsbeginn: 06:45 Uhr, Arbeitsende: 19.00 Uhr, über 10 Fahrten pro Monat, keine Unzumutbarkeit in der Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels.

  • Ergebnis des Pendlerrechners:


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  • Pendlerpauschale
  • € 1.356 jährl/ € 113 monatl.
  • Erhöhung Mai 2022 bis Juni 2023 um € 56,50
  • Pendlereuro
  • € 86,00 jährl/ € 7,17 monatl.
  • Erhöhung Mai 2022 bis Juni 2023 um € 21,50 monatl.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom zuerkannte das Finanzamt das Pendlerpauschale in Höhe von € 1.476 sowie den Pendlereuro mit € 78. Gleichzeitig kürzte die Behörde die bisher zuerkannten Werbungskosten von € 1.075 auf das Werbungskostenpauschale (€ 132) ein.

In der Bescheidbegründung führte die Behörde aus, dass bis auf das Pendlerpauschale bzw. den Pendlereuro keine Werbungskosten zu berücksichtigen waren, da keine entsprechenden Belege zur Vorlage gebracht worden seien.

In Bezug auf das Pendlerpauschale bzw. den Pendlereuro ging die Behörde davon aus, dass die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels unzumutbar wäre und zuerkannte - diametral zum Beschwerdeantrag und Pendlerrechner - das große Pendlerpauschale für eine Wegstrecke zwischen 20 und 40 km.

Mit Vorlageantrag vom beantragte die Bf die Vorlage ihres Rechtsmittels an das Verwaltungsgericht und führte darin aus, dass der Bescheidspruch der BVE sich als nicht richtig erweise. So stehe ihr lediglich das kleine Pendlerpauschale für eine Wegstrecke von 40 bis 60 km zu. Was die geltend gemachten Werbungskosten anlange, so könne sie keinen vollständigen Nachweis über deren Verausgabung erbringen, da sie nicht mehr im Besitz aller bezughabenden Rechnungen sei.

In ihrem Vorlagebericht vom führte die belangte Behörde stellungnehmend aus:

"(…) Werbungskosten sind zwar grundsätzlich von Amts wegen zu berücksichtigen (), als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen sind jedoch über Verlangen der Abgabenbehörde gemäß §§ 138 und 161 BAO nachzuweisen oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft zu machen (; , 2006/15/0125; , 92/14/0176).

Hinsichtlich der geltend gemachten Werbungskosten bestehen seitens der Abgabenbehörde keine Bedenken, die im Rahmen des Vorlageantrags geltend gemachten Kosten (Teilnahme und Übernachtung) bezüglich des ***A*** Forums in Höhe von insgesamt € 207 als Werbungskosten zu berücksichtigen. Das Forum fand lt. Homepage (https://www.***.at/events/detail/***A***-forum-***Stadt1***-2022; siehe auch vorgelegter Auszug der Homepage) am 4. und statt. Dies deckt sich mit der Übernachtung. Inhaltlich bestehen keine Zweifel an einer beruflichen Veranlassung der Teilnahme.

Hinsichtlich der Kosten laut den Belegen in der Beantwortung des Ersuchens um Ergänzung ist festzuhalten, dass diese das Kalenderjahr 2021 betreffen (Rechnung vom über € 20 und Rechnung vom über € 36,31) und daher im Veranlagungsjahr 2022 nicht zu berücksichtigen sind.

Hinsichtlich des Pendlerpauschales und des Pendlereuros bestehen seitens der Abgabenbehörde keine Bedenken auf Basis des im Vorlageantrag beigefügten Pendlerrechnerausdrucks ein Pendlerpauschale in Höhe von € 1.751,50 (= 1.356 + 7 x 56,50) sowie einen Pendlereuro in Höhe von € 236,50 (= 86 + 7 x 21,50) zu berücksichtigen.

Darüber hinausgehende Werbungskosten können aus Sicht der Abgabenbehörde mangels Nachweis des Grundes und der Höhe nach nicht berücksichtigt werden.

Die Abgabenbehörde beantragt daher den Einkommensteuerbescheid dahingehend abzuändern, dass Werbungskosten in Höhe von € 1.958,50 (= 207,00 + 1.751,50) sowie ein Pendlereuro in Höhe von € 236,50 berücksichtigt werden."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Strittig ist, ob und in welcher Höhe der Bf das Pendlerpauschale bzw. der Pendlereuro zusteht.

Fakt ist, dass die Bf im Streitjahr in ***Stadt3**, ***Str1*** ***Hausnr1***, gewohnt hatte; ihre Arbeitsstelle befand sich in der ***Str2** 1, ***Stadt4***. Der Pendlerrechner weist eine Wegstrecke von 43 km aus und geht von der Zumutbarkeit der Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln aus.

In Streit steht zudem, in welcher Höhe die geltend gemachten Werbungskosten von € 1.075 anzuerkennen sind.

Die Bf selbst führte im erstinstanzlichen Verfahren aus, dass ein Teil der Rechnungen, welche die geltend gemachten Werbungskosten belegen, in Verlust geraten seien (handschriftlicher Vermerk: "Aufgrund des Umzuges gingen Belege verloren").

Aktenkundig ist eine Hotelrechnung der Unterkunft "***M***" über € 82 zuzüglich Fremdenverkehrsabgabe (€ 5) samt Zahlungsbelege. Weiters liegt ein Nachweis über die Teilnahme am ***A*** Forum der Medizinischen Universität ***Stadt1*** ein ("Trainee/Radiographer Pass" € 120) vor. Die Rechnungen der Deutschen Röntgengesellschaft sowie die Hotelrechnung der Buchungsplattform "booking.com" stammen aus 2021 und sind somit in Ansehung der Verausgabung der entsprechenden Beträge für das vorliegende Streitjahr irrelevant.

2. Beweiswürdigung

Das Gericht gründet seine Beweiswürdigung auf das Vorbringen der Verfahrensparteien sowie die aktenkundigen Urkunden.

Näheres möge aus Pkt 3 entnommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

a) Zum Pendlerpauschale bzw. Pendlereuro

Die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 ordnet an, dass auch folgende Ausgaben Werbungskosten darstellen:

"Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen gilt:

a)Diese Ausgaben sind durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

b)Wird dem Arbeitnehmer ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestellt, steht kein Pendlerpauschale zu; dies gilt nicht wenn ein arbeitgebereigenes Fahrrad oder Elektrofahrrad zur Verfügung gestellt wird.

c)Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale:


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Bei mindestens 20 km bis 40 km
696 Euro jährlich,
bei mehr als 40 km bis 60 km
1 356 Euro jährlich,
bei mehr als 60 km
2 016 Euro jährlich.

d)Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale abweichend von lit. c:
(…)

e)Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales gemäß lit. c oder d ist, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt. Ist dies nicht der Fall gilt Folgendes:
(…)

f) bis j) (…)

Gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 steht einem Arbeitnehmer, der Anspruch auf ein Pendlerpauschale nach § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 hat, ein Pendlereuro von "jährlich zwei Euro je Kilometer" der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu.

Die (Übergangs-)Bestimmung des § 124b Z 395 EStG 1988 ordnet an:

a) Zur Abgeltung der erhöhten Treibstoffkosten sind im Zeitraum Mai 2022 bis Juni 2023 zusätzlich zu den Pauschbeträgen gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c folgende Pauschbeträge nach Maßgabe der Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. e bis j zu berücksichtigen:

Bei einer einfachen Fahrtstrecke von


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mindestens 20 km bis 40 km
29 Euro monatlich
mehr als 40 km bis 60 km
56,50 Euro monatlich
mehr als 60 km
84 Euro monatlich

b) (..)

c)Im Zeitraum Mai 2022 bis Juni 2023 steht zusätzlich ein Pendlereuro gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 von 0,50 Euro monatlich pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu. Für die Berücksichtigung des zusätzlichen Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j entsprechend.

d)und e)
(…)

Zwischen den Verfahrensparteien steht außer Streit, dass aufgrund der Ergebnisse des Pendlerrechners die Wegstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte der Bf rund 43 km beträgt. Ebenso unstrittig ist, dass die Zurücklegung dieser Wegstrecke mit den öffentlichen Verkehrsmitteln für die Bf möglich und zumutbar ist.

Pendlerpauschale und Pendlereuro errechnen sich unter Zugrundelegung der gesetzlichen Bestimmungen für das Streitjahr wie folgt:


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Pendlerpauschale
Pendlereuro
01-04/22:
€ 113 x 4 Mon
452 €
01-12/22: 43km x € 2
€ 86
169,50 x 8 Mon (05-12/22)
1.356 €
05-12/22:
43 km x € 0,50 x 8 Mon
€ 172
Summe
1.808 €
€ 258

b) Zu den sonstigen Werbungskosten

Die Bf konnte geltend gemachte Ausgaben im Zusammenhang mit der Teilnahme an dem ***A*** (***A***) in Höhe von € 120 sowie damit zusammenhängende Hotelkosten zuzüglich Fremdenverkehrsabgabe (€ 87) nachweisen. In Bezug auf die übrigen geltend gemachten Werbungskosten fehlt jeglicher Nachweis bzw. stammen die diesbezüglichen Belege aus dem Vorjahr (2021).

Die Zuerkennung von Werbungskosten ist nur im Ausmaß der nachgewiesenen Aufwendungen möglich.

Damit wird an sonstigen Werbungskosten ein Betrag von € 207 zuerkannt.

Aufgrund des vorliegenden Erkenntnisses ergeben sich nachstehende Steuerbemessungsgrundlagen und Abgabenhöhe:


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2022
Eink. nsA
39.508,35
Pendlerpauschale laut Lohnzettel
1.808,00
Pendlerpauschale laut BFG
-1.808,00
Werbungskosten
-207,00
Gesamtbetrag der Einkünfte
39.301,35
Einkommen
39.301,35
Einkommensteuer (§ 33 Abs. 1 EStG)
vor Absetzbeträgen
9.111,57
Verkehrsabsetzbetrag
-400,00
Pendlereuro
-258,00
Einkommensteuer (§ 33 Abs. 1 EStG)
nach Absetzbeträgen
8.453,57
Sonst. Bezüge
338,53
Einkommensteuer
8.792,10
Anrechenb. Lohnsteuer
-8.858,19
Festgesetzte Einkommensteuer (gerundet)
-66,00

Begründung nach § 25a Abs. 1 VwGG

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die genannten Voraussetzungen liegen gegenständlich allesamt nicht vor.

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.4100255.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
VAAAF-79736