Zurückverweisung wegen mangelhafter Ermittlungen im Zusammenhang mit der Liebhaberei
Entscheidungstext
Beschluss
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Maga. Ulrike Nussbaumer LL.M. M.B.L. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vertreten durch Pickerle + Tengg Wirtschaftsprüfungs- und SteuerberatungsgesmbH, Bahnhofstraße 8, 9500 Villach, über die Beschwerden vom und gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom und 28. Feber 2023 die Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren 2016-2019 und die Einkommensteuer 2016-2020 beschlossen (Steuernummer ***BF1StNr1***):
I. Gemäß § 278 Abs. 1 BAO werden die angefochtenen Bescheide sowie die in weiterer Folge erlassenen Beschwerdevorentscheidungen, letztere jeweils datierend mit , aufgehoben und die Sache zur Erledigung an die Abgabenbehörde zurückverwiesen.
II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art 133 Abs 9 B-VG iVm Art 133 Abs 4 B-VG eine Revision nicht zulässig.
Begründung
I. Verfahrensgang
Zwischen den Parteien ist die Frage strittig, ob der Betrieb einer Land- und Forstwirtschaft durch den Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf.) in den Streitjahren als Liebhaberei im ertragssteuerlichen Sinn, oder aber als Einkunftsquelle zu qualifizieren ist.
Die belangte Behörde veranlagte den Bf. in den Jahren 2016 (), 2018 () und 2019 () vorerst antragsgemäß bzw. erließ am für das Jahr 2017 einen vorläufigen Bescheid gemäß § 200 BAO, dies "zur Überprüfung der Einnahmen-Ausgabenentwicklung bei den gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 ermittelten Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft". Der gegen letztere Entscheidung erhobenen Beschwerde vom wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom Folge gegeben und der Bescheid für endgültig erklärt.
Im Zuge einer im Jahr 2022 durchgeführten Außenprüfung gemäß §§ 147ff BAO ua die Einkommensteuer 2016-2019 betreffend, wurde die Feststellung getroffen, dass hinsichtlich des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs des Bf. keine Einkunftsquelle vorliegt.
Die belangte Behörde schloss sich der Rechtsansicht der Betriebsprüfung an, nahm mit Bescheiden vom die Verfahren hinsichtlich der Einkommensteuer für die Jahre 2016 bis 2019 wieder auf und erließ am selben Tag die damit korrespondierenden Sachbescheide; weiters wurde der Bf. mit Bescheid vom - unter Außerachtlassung der Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft - zur Einkommensteuer 2020 veranlagt.
Dagegen richten sich die mit bzw. datierenden Beschwerden, die sich sowohl gegen die Wiederaufnahme- als auch die Sachbescheide richten. Der Bf. moniert darin nicht nur die Bejahung der Voraussetzungen des § 303 BAO, sondern wendet sich auch gegen die Nichtanerkennung der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit als Einkunftsquelle.
Gegen die je mit datierenden Beschwerdevorentscheidungen, mit denen sämtliche Beschwerden als unbegründet abgewiesen wurden, brachte der Bf. am den Antrag ein, die Beschwerden dem Verwaltungsgericht zur Entscheidung vorzulegen; in einem begehrte er eine Entscheidung durch den gesamten Senat.
Die belangte Behörde legte die Beschwerden samt einzelnen von ihr ausgewählten Aktenteilen am dem BFG zur Entscheidung vor.
Mit verfahrensleitender Verfügung vom wurde die belangte Behörde aufgefordert, den gesamten verfahrensgegenständlichen Veranlagungsakt im Sinne des § 266 BAO vorzulegen; dem wurde am teilweise entsprochen. Nach neuerlicher telefonischer Aufforderung wurden dem Gericht noch die elektronisch übermittelten ESt-Erklärungen für 2016-2020, weiters die EAR der Jahre 2017-2020, die Berechnung des Übergangsgewinns zum , sowie die Anlagenverzeichnisse der Jahre 2017-2020 vorgelegt. Auch erteilte - nach entsprechender gerichtlicher Aufforderung - einerseits die PVA Informationen zur vom Bf. bezogenen Pension (dass nämlich der Antrag auf Schwerarbeitspension am xx.xx.xxxx gestellt, und diese mit Bescheid vom xx.xx.xxxx ab xx.xx.xxxx gewährt wurde), sowie andererseits die Montanuniversität Leoben zu einem allfälligen Studium des Sohns des Bf..
Mit Schreiben vom zog der Bf. den Antrag auf Senatsentscheidung zurück.
II. Sachverhalt
Dem am xx.xx.xxxx in A geborenen und seither in ***Bf1-Adr*** wohnhaften Bf. wurde mit Vertrag vom xx.xx.xxxx der land- und forstwirtschaftliche Betrieb mit der Hofstelle an der vorgenannten Wohnadresse, ins Alleineigentum übergeben (vulgo "B-Hof"). Dieser umfasste im Streitzeitraum eine Gesamtfläche von ca. 46 ha, wovon ca. 10,5 ha auf die Land- und ca. 35,5 ha auf die Forstwirtschaft entfielen (wobei für letztere ca. 6 ha erst mit Vertrag vom xx.xx.xxxx vom Bf. käuflich erworben wurden).
Der Bf. war
vom xx.xx.xxxx-xx.xx.xxxx bei der C GmbH (FN xxxxx) in AdresseCGmbH,
vom xx.xx.xxxx-xx.xx.xxxx bei der D GmbH (FN xxxxx) in AdresseDGmbH,
vom xx.xx.xxxx-xx.xx.xxxx bei der E GmbH (FN xxxxx) in AdresseCGmbH und
vom xx.xx.xxxx-xx.xx.xxxx bei der F GmbH (FN xxxxx; vormals F_alt GmbH) in AdresseFGmbH
je als Angestellter beschäftigt.
Weiters hatte er in der Zeit vom
xx.xx.xxxx-xx.xx.xxxx bei der C GmbH,
xx.xx.xxxx-xx.xx.xxxx bei der F GmbH,
xx.xx.xxxx-xx.xx.xxxx bei der E GmbH sowie
xx.xx.xxxx-xx.xx.xxxx bei der G GmbH (FN xxxxx)
je die Funktion des handelsrechtlichen Geschäftsführers inne. Darüber hinaus war er vom xx.xx.xxxx-xx.xx.xxxx Mitglied des Vorstandes der H Privatstiftung (FN xxxxx). Aus all diesen Tätigkeiten brachte er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ins Verdienen.
Daneben war der Bf. vom xx.xx.xxxx-xx.xx.xxxx als selbständiger Land- und Forstwirt (und Betriebsführer) bei der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (Versichertengruppe Bauern) gemeldet.
Weder das mit seinen unselbständigen noch den land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeiten jeweils verbundene wöchentliche Arbeitspensum kann derzeit festgestellt werden.
Der Bf. wurde im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft von seiner Ehefrau, I, geb. am xx.xx.xxxx, sowie seinem Sohn, J, geb. am xx.xx.xxxx unterstützt, wobei Ermittlungen sowohl zum Bestand als auch den konkreten Inhalt und zeitlichen Umfang allfälliger bestehender Dienst- oder Arbeitsverhältnisse (bzw. Studien) dieser Personen im erstinstanzlichen Verfahren unterlassen wurden. Auch Feststellungen zu den konkreten Arbeiten der Familienmitglieder (und deren zeitliches Ausmaß) in der Land- und Forstwirtschaft wurden nicht getroffen.
Bis einschließlich 2015 wurden keine Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft der belangten Behörde gegenüber erklärt, da die positiven Einkünfte den Wert von Euro 730,00 nicht überstiegen. Erstmals im Veranlagungsjahr 2016 reichte der Bf. eine Einkommensteuererklärung unter Anwendung des § 17 EStG 1988 ein; ab dem Jahr 2017 wurde die Gewinnermittlung auf § 4 Abs. 3 EStG 1988 umgestellt. Die Gewinn- bzw. Verlustsituation stellte sich in den verfahrensgegenständlichen Jahren dar, wie folgt:
[...]
Die Gewinn- bzw. Verlustentwicklung der Einkünfte des Bf. in der Land- und Forstwirtschaft in früheren Jahren, kann - mangels Ermittlungen - derzeit nicht festgestellt werden.
Im Jahr 2016 begann der Bf. mit der Errichtung einer Maschinenhalle, die 2017 fertiggestellt wurde. Ab dem Veranlagungsjahr 2016 schaffte der Bf. weiters diverse land- und forstwirtschaftliche Geräte an, wobei das Gesamtinvestitionsvolumen (inkl. Halle) bei Euro xxxxxx lag.
Der Bf. übergab mit Vereinbarung vom xx.xx.xxxx den landwirtschaftlichen Betrieb samt Teilen des Anlagevermögens (inkl. Maschinenhalle und konkret genannten Gerätschaften) mit Wirksamkeit zum xx.xx.xxxx an seinen Sohn; insgesamt gingen rund 84% der landwirtschaftlich (= ca. 9 ha) und ca. 5% (= ca. 1,8 ha) der forstwirtschaftlich genutzten Flächen in dessen Eigentum über.
Es kann aufgrund der derzeit vorliegenden Beweisergebnisse nicht abschließend beurteilt werden, ob die Einkünfte aus dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft eine Einkunftsquelle darstellen.
III. Beweiswürdigung
Der vorstehende Sachverhalt basiert auf nachfolgender Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person des Bf., dessen Wohnsitz, die Übergabe des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes an ihn, sowie dessen Flächenmaße (samt dem Zukauf von Wald) gehen aus dem Zentralen Melderegister, sowie dem historischen Grundbuch hervor.
Was die Dienstverhältnisse (samt Geschäftsführer- und Vorstandstätigkeiten) bzw. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit anlangt, hat sich das Gericht einerseits an den Ausführungen der Parteien, den im elektronischen Veranlagungsakt hinterlegten Lohnzetteln, den Firmenbuchauszügen, sowie einer Einsicht in den Sozialversicherungsakt des Bf. via Hauptverbandsabfrage bedient. Letztere enthält auch die Versicherung des Bf. bei der SVS (Versichertengruppe Bauern), sowie seine Betriebsführertätigkeit ab xxxx.
Dass der Bf. im Zuge der bäuerlichen Arbeit von seinen Familienmitgliedern unterstützt wurde hat die belangte Behörde weder in Abrede gestellt, noch liegen Beweisergebnisse vor, die gegen diese Behauptung sprechen würden.
Die Feststellungen zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, sowie deren Ermittlung gehen aus den Unterlagen die dem Gericht zur Entscheidung vorgelegt wurden, unzweifelhaft hervor (vgl. va die am vorgelegten EAR 2017 bis 2020) und wurden weder vom Bf. noch der belangten Behörde substantiell bestritten. Auch die getätigten Investitionen (Maschinen, Fertigungshalle) sind unstrittig und durch die Anlagenverzeichnisse und Listen "AfA 2017-2019" gemäß Anhang zum Mail der belangten Behörde vom belegt.
Die Übergabe des landwirtschaftlichen, sowie Teilen des forstwirtschaftlichen Betriebs resultiert aus der vorliegenden Vereinbarung vom xx.xx.xxxx; die Berechnungen zu den übertragenen Flächen wurden den vom Bf. unwidersprochen gebliebenen Feststellungen im Bp.-Bericht, Anhang zur Tz 1 vom , entnommen.
Eingangs ist zu den getroffenen Negativfeststellungen im Zusammenhang mit den unterlassenen Ermittlungen der belangten Behörde folgendes festzuhalten: Gemäß § 115 Abs. 1 BAO haben die Abgabenbehörden die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Grundsätzlich trägt die Abgabenbehörde somit die Feststellungslast für alle Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Abgabenanspruch geltend machen zu können. Dies befreit die Abgabenpflichtigen aber nicht von der Verpflichtung, ihrerseits zur Klärung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen und die für den Bestand und Umfang einer Abgabenpflicht bedeutsamen Umstände vollständig und wahrheitsgemäß offenzulegen (§ 119 Abs 1 BAO). Kann in einem Verfahren ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung (§ 138 Abs. 2 BAO). Nach § 184 Abs. 1 BAO sind die Bemessungsgrundlagen zu schätzen soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann. Die Befugnis zur Schätzung beruht allein auf der objektiven Voraussetzung der Unmöglichkeit der Ermittlung oder Berechnung der Besteuerungsgrundlagen ( 2002713/0105; , 94/14/0157;). Beide Pflichten (amtswegige Ermittlungspflicht und Offenlegungspflicht der Partei) bestehen grundsätzlich nebeneinander und schließen einander nicht aus. Die amtswegige Ermittlungspflicht besteht zwar auch dann, wenn die Partei ihre Verpflichtungen (Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht) verletzt (vgl zB bei Nichtbeantwortung eines Vorhaltes, ), doch wird ihr Umfang durch solche Pflichtverletzungen beeinflusst (vgl ; , 89/16/0225). In dem Ausmaß, in dem die Partei zur Mitwirkung an der Wahrheitsfindung ungeachtet ihrer Verpflichtung hiezu nicht bereit ist bzw. eine solche unterlässt, tritt die Verpflichtung der Behörde, den Sachverhalt nach allen Richtungen über das von ihr als erwiesen erkannte Maß hinaus zu prüfen, zurück (zB ; , 97/14/0011; , 2004/15/0144).
Diese gesetzlichen und judikativen Prämissen vorausgeschickt, ging die belangte Behörde offenbar davon aus, dass auch der Bf. gegen seine Mitwirkungspflicht verstoßen hat, wie aus der Begründung der Beschwerdevorentscheidungen vom zumindest im Zusammenhang mit dem stehenden Holz expressis verbis hervorgeht. Auch im Rahmen der Kriterienprüfung zum marktgerechten Verhalten in Bezug auf die Preisgestaltung wird im Bericht ausgeführt, dass "vom steuerlichen Vertreter dazu nichts vorgebracht worden" sei (Bericht vom , Anhang zu Tz 1, S. 2). Aus Sicht des Gerichtes ist dazu vorerst festzuhalten, dass aus dem vorgelegten Akt nicht zu entnehmen ist, dass der Bf. an der Mitwirkung zur Wahrheitsfindung ungeachtet seiner Verpflichtung hiezu nicht bereit gewesen wäre bzw. eine solche in einem Ausmaß unterlassen hätte, die das Unterbleiben wesentlicher Ermittlungsschritte durch die belangte Behörde rechtfertigen würde: Bezüglich des stehenden Holzes hat er nämlich bereits im Mail vom dargelegt, dass ein Gutachten über den Wert desselben nicht existiert, was per se noch keine Pflichtverletzung darstellt. Gerade in Ermangelung einer gutachterlichen Wertermittlung wurde eine Schätzung nach § 1 Abs. 5 LuF-PauschalVO 2015 angeregt, die von der belangten Behörde mit dem Hinweis, dass das darin genannte Tatbestandsmerkmal des Erlöses gegenständlich überschritten werde, verworfen wurde. Weitere Ermittlungen, auf deren Basis eine Schätzung erfolgen hätte können, wurden in der Folge unter Hinweis auf die - tatsächlich nicht gegebene - Verletzung der Mitwirkungspflicht nicht angestellt (vgl. zur Frage der Einbeziehung der stillen Reserven aus dem stehenden Holz die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung). Aus der die belangte Behörde treffenden Ermittlungspflicht ergibt sich weiters, dass - selbst in Ermangelung eines Vorbringens durch den Bf. - von Amts wegen Erhebungen zum marktgerechten Verhalten durchgeführt hätten werden müssen. Auch wurde im vorgenannten Mail offenbar auf einen - im vorgelegten Akt nicht als solchen enthaltenen - Vorhalt der belangten Behörde meritorisch geantwortet und dabei in einem die Abholung von Unterlagen und Belegen in der Kanzlei des steuerlichen Vertreters angeboten. Weder dessen Abholung, noch eine Aufforderung der Behörde an den Bf., diese angebotenen Unterlagen vorzulegen, gehen aus dem Akt hervor, was aber die Ermittlungspflicht verlangen würde. Da weitere Hinweise, die eine Verletzung der Mitwirkungspflicht stützen könnten, aus dem vorgelegten Akt nicht hervorgehen, kann insgesamt von einer Verletzung derselben, die eine Verringerung der Pflicht der belangten Behörde, den maßgeblichen Sachverhalt zu eruieren und festzustellen, bedingen würde, nicht gesprochen werden.
Weiters stützt die belangte Behörde die rechtliche Qualifikation der Tätigkeit des Bf. als Liebhaberei vor allem auf das Ausmaß und die Entwicklung der Verluste innerhalb eines Zeitraums von gerade einmal 4 bzw. 5 Jahren, dies obwohl - wie selbst im Bp.-Bericht vom ausgeführt wird (vgl. S. 3, 2. Absatz) - der Beobachtungszeitraum im Jahr der Betriebsübernahme und somit in den 1990er Jahren begonnen hat. In den geprüften Jahren würden - so im Bp.-Bericht auf S. 1 weiter - "in den Jahren 2017, 2019 und 2020 die Verluste die Umsätze [übersteigen], was für Liebhaberei spricht". Es wird im Folgeverfahren an der belangten Behörde (unter Mitwirkung des Bf.) liegen, das Ausmaß und die Entwicklung der Verluste - wenn möglich - für den Beobachtungszeitraum ab Beginn der land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit durch den Bf. festzustellen; schließlich geht der VwGH selbst bereits im Fall der erstmaligen Aufnahme eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs von einem angemessenen Beobachtungszeitraum von 5 bis 8 Jahren aus (). Rücksichtlich dieses Zeithorizonts erweist sich somit nach Ansicht des Gerichtes die Ermittlung der Gewinne und Verluste bei einer offenbar seit mehr als 2 Jahrzehnten betriebenen Land- und Forstwirtschaft für lediglich 4 bzw. 5 Jahre als zu kurz gegriffen. Selbst wenn im weiteren Verfahren Unterlagen und Aufzeichnungen zur Ermittlung der tatsächlich erwirtschafteten Ergebnisse aus der Land- und Forstwirtschaft für die Vorjahre nicht (oder nicht mehr) existieren sollten, wird die belangte Behörde diese iSd § 184 Abs. 1 BAO im Schätzungswege ermitteln müssen (vgl. zu alldem auch mwN). Dies gilt auch für den Wert des stehenden Holzes, sofern dieser Frage im weiteren Verfahren Relevanz zukommen sollte (vgl. dazu die Ausführungen in der rechtlichen Beurteilung). Es waren somit die entsprechenden Negativfeststellungen, auch in Bezug auf die Einkunftsquelleneigenschaft zu treffen.
Nach den Angaben des Bf. im Mail vom habe er 40 Stunden/Woche in den verschiedenen Unternehmen unselbständig gearbeitet, "je nach Bedarf wurden auch mehr Stunden geleistet"; in welchem Ausmaß solche Überstunden angefallen sind wurde aber weder durch eine Nachfrage beim Bf. selbst noch bei den bekannten Dienstgebern ermittelt, auch eine Schätzung derselben unterblieb. Daneben habe er - unterstützt durch die Familie - den bäuerlichen Betrieb geführt, so die Argumentation des Bf. weiter. Es wurde zu diesem Punkt nicht erhoben, in welchem Cirkaumfang Arbeitsstunden in der Land-und Forstwirtschaft vom Bf. bzw. dessen Ehefrau und Sohn geleistet wurden. Auch Ermittlungen zu Inhalt und Umfang von Beschäftigungsverhältnissen der nahen Angehörigen bzw. einem - aus dem im Akt erliegenden Artikel aus der Zeitung vom xx.xx.xxxx hervorgehenden - Studium des Sohns wurden unterlassen. Die Frage der beruflichen und/oder universitären weiteren beruflichen Verpflichtungen des Bf. selbst, wie auch der Familie, gepaart mit den Arbeitsstunden am Hof bzw. im Forst, ist jedoch wesentlich um zu klären, ob eine auf Gewinnerzielungsabsicht beruhende Tätigkeit mit Einkunftsquelleneigenschaft in Bezug auf den bäuerlichen Betrieb vorliegen kann. Der Ordnung halber wird bereits an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass nach der Auskunft der Montanuniversität Leoben an das Gericht vom es dort "in der Vergangenheit zu keiner Zeit einen Studierenden mit Namen J, geb. am xx.xx.xxxx gegeben hat. Ebenso war die Überprüfung im Portal des brz ergebnislos, die hätte zeigen können, ob unter diesem Namen grundsätzlich für eine Universität in Österreich Studienbeitrag bezahlt worden ist". Diese Diskrepanz zum zuvor genannten Zeitungsartikel wird aufzuklären sein.
Da schlussendlich weitere wesentliche Ermittlungsschritte im erstinstanzlichen Verfahren nicht gesetzt wurden, konnte nicht abschließend geklärt werden, ob gegenständlich eine Einkunftsquelle vorliegt, oder nicht: So zeigt sich etwa am vorgenannten - im Behördenakt inneliegenden - Zeitungsartikel vom xx.xx.xxxx, dass am "B-Hof" offenbar seit dem (streitgegenständlichen) Jahr 2020 - möglicherweise auch schon früher - rare Getreidesorten angebaut und zwischenzeitlich auch feilgeboten werden. Ob möglicherweise darin ein marktgerechtes Verhalten iSd § 2 Abs. 1 Z. 4 LVO liegt und die Abkehr von der Viehhaltung möglicherweise hin zur Getreideproduktion die fraglichen - sicherlich ziffernmäßig hohen - Investitionen bedingte, wurde nicht thematisiert. Offen wäre demnach auch, ob dieser Getreideanbau möglicherweise einer Änderung der Bewirtschaftungsart gleichkommt. Auch mit dem Vorbringen, wonach der Bf. aus gesundheitlichen Gründen im Jahr 2020 gezwungen gewesen sei, sowohl seine Dienstverhältnisse als auch seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb aufzugeben und die Verluste auch Naturkatastrophen bzw. der Covid-19-Pandemie geschuldet seien (vgl. Beschwerden vom bzw. ), hinterfragte die Behörde nicht, sondern tat diese - ohne weitere Ermittlungen - als unglaubwürdig ab. Wenn die belangte Behörde schließlich erstmals im Vorlageantrag ausführt, dass die stillen Reserven in Bezug auf das stehende Holz nicht in die Liebhabereibeurteilung miteinzubeziehen seien, da nach der Rechtsprechung des VwGH diese konkrete Maßnahmen zur Realisierung voraussetzten, so ist ihr entgegen zu halten, dass auch die Frage der Realisierungsschritte nicht von ihr im Vorfeld geklärt wurde (vgl. dazu auch die rechtliche Beurteilung). Im fortgesetzten Verfahren wird somit der Bf. aufzufordern sein, zu all den vorgenannten Punkten Unterlagen vorzulegen oder aber entsprechende Beweisangebote zu stellen bzw. wird allenfalls von der Schätzungsbefugnis des § 184 Abs. 1 BAO Gebrauch zu machen sein.
IV. Rechtliche Beurteilung
1. Zu Spruchpunkt I. (Zurückverweisung)
Vor dem Hintergrund der festgestellten Sachlage erweist sich das zur Entscheidung vorgelegte Rechtsmittel wegen des Unterbleibens wesentlicher Sachverhaltsermittlungen als (noch) nicht entscheidungsreif. Gemäß § 278 BAO kann das Verwaltungsgericht in solchen Fällen mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung der angefochtenen Bescheide und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen.
Die Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 278 Abs. 1 BAO steht im Ermessen des Gerichtes (). Zulässig ist sie nach dem Gesetz vorerst nur, wenn Ermittlungen unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anderslautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können (§ 278 Abs. 1 erster Satz BAO). Wie aus dem Sachverhalt ersichtlich, hat die belangte Behörde zu mehreren entscheidungswesentlichen Fragen keinerlei bzw. unzureichende Ermittlungshandlungen gesetzt:
Keine Feststellungen zum marktgerechten Verhalten im Hinblick auf die Preisgestaltung (§ 2 Abs. 1 Z 5 LVO), wobei mit diesem Kriterium geprüft wird, ob vom Abgabepflichtigen das am Markt mögliche Preispotential im Rahmen einer üblichen unternehmerischen Entscheidung ausgenützt wird oder aus nichtunternehmerischen Motiven die Produkte um einen geringeren bzw. weit überhöhten Preis angeboten werden (vgl. ).
Keine Feststellungen zum marktgerechten Verhalten im Hinblick auf die angebotene Leistung (§ 2 Abs. 1 Z 4 LVO) im Zusammenhang mit dem offenbar erfolgten Umstieg auf die Getreideproduktion ("Urkorn").
Keine ausreichenden Feststellungen zum Ausmaß und der Entwicklung der Verluste und in der Folge auch zum Verhältnis der Verluste zu den Gewinnen oder Überschüssen (§ 2 Abs. 1 Z 1f LVO): Es wurden nur für 4 bzw. 5 Jahre die tatsächlichen erwirtschafteten Ergebnissen erhoben und der gesamte Zeitraum vor 2016 völlig außer Acht gelassen, dies obwohl der Bf. die Land- und Forstwirtschaft im Jahr 1995 übernommen und - nach der derzeitigen Sachlage - seit xxxx als deren Betriebsführer gemeldet ist.
Die wöchentliche Normalarbeitszeit des Bf. und Überstunden im Rahmen der Dienstverhältnisse wurden nicht erhoben.
Die wöchentliche Normalarbeitszeit zuzgl. Überstunden des Sohns und der Ehefrau im Rahmen möglicher Dienstverhältnisse wurde nicht erhoben.
Die Absolvierung eines Studiums durch den Sohn (und dessen Aufwand) wurde nicht geprüft.
Die Arbeitsstunden des Bf. und der Familienmitglieder in der Land- und Forstwirtschaft wurden nicht erhoben.
Dem Einwand der gesundheitlichen Gründe im Zusammenhang mit der Übergabe an den Sohn wurde nicht nachgegangen.
Ermittlungen zu behaupteten Naturkatastrophen und Umsatzeinbußen infolge der Covid-19-Pandemie wurden unterlassen.
Nach dem derzeitigen Ermittlungsstand wurde die landwirtschaftliche Hofstelle, sowie diverses Anlagevermögen (gemäß Anhang zum Übergabevertrag vom xx.xx.xxxx) an den Sohn des Bf. übergeben. Nichtsdestrotz sind verschiedene Landmaschinen nach wie vor auf den Bf. angemeldet (zB Traktor der Marke Fendt 516 Vario S 4, Mitsubishi L200 DK, Fendt 514 Vario, Steyr Traktor Kompakt). Dies wird zu hinterfragen sein.
Feststellungen dazu, weshalb bereits ab dem Veranlagungsjahr 2016 Liebhaberei vorliegen sollte, fehlen und sind im fortgesetzten Verfahren nachzuholen. Dies insbesondere rücksichtlich der Fakten, dass die Einkünfte in der Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2016 positiv waren, die AfA sowohl für den am angeschafften Traktor, wie auch der im Zeitraum 2016/2017 errichteten Maschinenhalle erst ab dem Veranlagungsjahr 2017 geltend gemacht wurde und 2016 Geräteankäufe lediglich in kleinerem Umfang erfolgten.
Der Wert des stehenden Holzes bzw. die Bestockung der Forstfläche wurde nicht ermittelt: Hier wird die belangte Behörde vorerst zu klären haben, ob im Sinne der Judikatur konkrete Maßnahmen zur Realisierung der stillen Reserven (E , 2006/13/0140, 2009, 439; E , 99/14/0230; E , 93/14/0032, 1994, 5; E , 89/14/0128, 1993, 291; E , 88/14/0042; vgl auch und , RV/3100175/2014 [dazu Renner, BFGjournal 2017, 207]) oder nachweislich die Umsetzung derartiger Maßnahmen geplant war (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 (2024) Tz 390/1 zur LVO). Sollte dem so sein, so wird deren Wert - mangels Gutachten - nach § 184 Abs. 1 BAO zu schätzen sein.
Die Aufhebung und Zurückverweisung ist - selbst wenn ein anderslautender Bescheid hätte erlassen werden können - nach § 278 Abs. 1 zweiter Satz BAO unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Diese im Rahmen der sodann zu fällenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigenden positiven und negativen Voraussetzungen sind in rechtlicher Gebundenheit zu prüfen. Das Gericht hat die von ihm vermissten und ins Auge gefassten Ermittlungsschritte zu bezeichnen und zu beurteilen und auch die Frage zu beantworten, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Gericht selbst nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre (; , Ra 2017/15/0017; , Ra 2015/15/0063; , Ra 2014/17/0049; , Ra 2016/13/0018). Gegenständlich erweist sich eine sofortige Aufhebung des angefochtenen Bescheides unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde als weitaus verwaltungsökonomischer (; , RV/7105504/2014; , RV/7103602/2014; , RV/7103843/2014; , RV/7103019/2015; , RV/7105776/2015; , RV/7105191/2015; , RV/7104021/2016; , RV/7106028/2016; , RV/7101641/2016; , RV/7102140/2016; , RV/7103552/2017; , RV/7101267/2018; , RV/3100055/2019): Die Aufhebung unter Zurückverweisung dient der Verfahrensbeschleunigung und entspricht dem Gebot der angemessenen Verfahrensdauer, bedenkt man doch, dass die erforderlichen umfangreichen Ermittlungen durch das Gericht weder im Interesse der Raschheit gelegen, noch mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden sind, da das Verwaltungsgericht zur Beachtung des Parteiengehörs (§ 115 Abs. 2 BAO) sämtliche Ermittlungsergebnisse der jeweils anderen Verfahrenspartei schriftlich zur Stellungnahme bzw. Gegenäußerung zur Kenntnis zu bringen hat. Im Übrigen müsste das BFG, das über keinen Erhebungsapparat verfügt, die ausstehenden Erhebungsschritte im Hinblick auf den Umfang der nachzuholenden Erhebungen ohnehin neuerlich gemäß § 269 Abs. 2 BAO durch die Abgabenbehörde durchführen lassen. Die möglicherweise notwendige Schätzung der Einkünfte in den Vorjahren, sowie jene des stehenden Holzes bedarf intensiver Recherchen sowohl hinsichtlich der Beschaffenheit der betroffenen Liegenschaften und wird wohl nur unter Beiziehung eines Sachverständigen möglich sein. Die belangte Behörde verfügt im Gegensatz zum BFG über derartige Sachverständige.
Nicht zuletzt kommt auch dem Umstand Bedeutung zu, dass eine erstmalige Ermittlung weiter Bereiche des entscheidungsgegenständlichen Sachverhalts - wie gegenständlich - durch das Gericht zu einer Verlagerung wesentlicher Verfahrensabschnitte an die Kontrollinstanz führt und damit die Gefahr einer Einschränkung jenes Rechtsschutzes birgt, welcher der Installierung des BFG als Rechtsmitteleinrichtung zugrunde liegt ().
Durch die Aufhebung der angefochtenen Bescheide tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieser Bescheide befunden hat (§ 278 Abs. 3 BAO).
Die Verpflichtung der Abgabenbehörde zur Durchführung der erforderlichen ergänzenden Ermittlungen ergibt sich aus § 282 BAO.
Schließlich konnte das Gericht auch nicht bereits jetzt endgültig über die Wiederaufnahmebescheide absprechen, zumal nach § 303 Abs. 1 lit. b BAO neue Tatsache oder Beweismittel neu hervorgekommen sein müssen; ob dem so ist, hängt - unvorgreiflich der nunmehr durchzuführenden Ermittlungen - davon ab, ob die land- und forstwirtschaftliche Betätigung des Bf. eine Einkunftsquelle darstellt.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
2. Zur Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Eine derartige Rechtsfrage liegt gegenständlich nicht vor.
Klagenfurt am Wörthersee, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 278 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 115 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 184 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1 Abs. 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 2 Abs. 1 Z 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 2 Abs. 1 Z 2 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 2 Abs. 1 Z 3 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 2 Abs. 1 Z 4 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 § 2 Abs. 1 Z 5 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993 |
Schlagworte | Zurückverweisung Liebhaberei Land- und Forstwirtschaft Schätzungsbefugnis Mitwirkungspflicht versus Ermittlungspflicht |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.4100212.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
LAAAF-79735