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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.03.2025, RV/7100905/2025

Arbeitskräftegestellung - Rückerstattung der bereits entrichteten Abzugsteuer gemäß § 4 DBA-Durchführung-Anpassungsverordnung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Renate Schohaj in der Beschwerdesache ***1***, gegen den Bescheid des Finanzamtes für Großbetriebe vom , betreffend den Antrag auf Rückzahlung österreichischer Abzugsteuer für das Jahr 2020, Evidenznummer ***Nr***, zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) eine Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Eingabe vom beantragte die Beschwerdeführerin (Bf.) die Rückzahlung der im Jahr 2020 im Abzugsweg entrichteten Abgaben in der Höhe von 4.043,50 Euro.

Mit Bescheid vom wurde dem Antrag teilweise entsprochen und aufgrund der DBA-Durchführung-Anpassungsverordnung 30% der einbehaltenen Abzugsteuer (1.213,04 Euro) rückerstattet.

Dagegen wurde Beschwerde mit der Begründung eingebracht, dass die Arbeitskräfte immer weniger als 183 Tage pro Kalenderjahr in Österreich eingesetzt und somit nicht in Österreich lohnsteuerpflichtig gewesen seien.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom abgewiesen.

Die Bf. beantragte die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht ohne weitere Begründung oder Beweismittel.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die Bf. ist ein deutsches Unternehmen zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung, welches dem österreichischen Unternehmen ***2*** GesmbH im Zeitraum von Jänner bis März 2020 zwei in Ungarn ansässige Arbeitskräfte zur Arbeitsverrichtung überlassen hat.

Für diese Arbeitskräfte wurde in Österreich keine Lohnsteuer abgeführt. Jedoch hat der österreichische Gestellungsnehmer Abzugsteuer gemäß § 99 iVm §§ 100, 101 EStG einbehalten und an das zuständige österreichische Finanzamt abgeführt.

Die Bf. beantragt die Rückerstattung der im Jahr 2020 im Abzugsweg entrichteten Abgaben. Diesem Antrag wurde teilweise entsprochen und eine pauschale Erstattung von 30% der einbehaltenen Abzugsteuer vorgenommen.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig. Dagegen sprechende Umstände wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs. 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 98 Abs. 1 Z 3 EStG unterliegen der beschränkten Einkommensteuerpflicht Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23) grundsätzlich nur im Falle einer inländischen Betriebstätte, eines im Inland bestellten ständigen Vertreters oder im Inland vorliegenden unbeweglichen Vermögens. Einkünfte aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung sind jedoch auch dann steuerpflichtig, wenn keine inländische Betriebstätte unterhalten wird und kein ständiger Vertreter im Inland bestellt ist. Dies bedeutet, dass ein Arbeitskräfteüberlasser - sofern er, wie im vorliegenden Fall, Steuerausländer ist - hinsichtlich der an ihn für die Überlassung von im Inland tätigen Personal geleisteten Gestellungsvergütungen beschränkt steuerpflichtig ist.

Gemäß § 99 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger durch Steuerabzug erhoben (Abzugsteuer). § 99 Abs. 1 Z 5 EStG normiert bei Einkünften aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung einen Steuerabzug von 20% (§ 100 Abs. 1 Satz 1 EStG) der Bruttoeinnahmen, wobei der Schuldner der Einkünfte (also der Gestellungsnehmer, der inländische Beschäftiger) für die Einbehaltung und Abfuhr der Steuerabsetzbeträge haftet.

Nach dieser innerstaatlichen Rechtslage ist somit bei gegebener Sachlage zweifelsfrei davon auszugehen, dass die in Frage stehenden Einkünfte aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung der beschränkten Einkommensteuerpflicht (§ 98 Abs. 1 Z 3 EStG) unterliegen und die Einkommensteuer gemäß § 99 Abs. 1 Z 5 EStG durch Steuerabzug zu erheben war.

Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten sind jedoch zusätzlich zum nationalen Recht auch die von Österreich abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zu berücksichtigen. In Anlehnung an Art. 7 des OECD-Musterabkommens sehen die österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen vor, dass Einkünfte aus der Arbeitskräftegestellung ausschließlich im Ansässigkeitsstaat des Arbeitskräftegestellungsunternehmens besteuert werden dürfen, wenn der Arbeitskräfteüberlasser in Österreich keine Betriebsstätte hat.

Nach der bisherigen Rechtslage hat der Arbeitskräfteüberlasser daher eine Rückerstattung der bereits eingehobenen Abzugssteuer auf Basis des anwendbaren DBA beantragt bzw. erfolgte eine Entlastung an der Quelle, wobei eine solche DBA Entlastung voraussetzt, dass die Besteuerung des Lohnanteils sichergestellt ist, weil die gestellten Arbeitskräfte nach dem DBA Recht grundsätzlich in Österreich besteuert werden dürfen.

Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2020/13/0089, führte zum Erlass der DBA-Durchführung-Anpassungsverordnung, BGBl. II Nr. 318/2022, und zur Neuregelung der Abzugsteuerentlastung bei Arbeitskräftegestellungen. Das wesentliche Element der Neuregelung ist die pauschale Aufteilung der Gestellungsvergütung und der darauf entfallenden Abzugsteuer dahingehend, als der auf die Löhne und Gehälter entfallende Teil pauschal 70% beträgt und die restlichen 30% auf Lohnnebenkosten und Gewinnspanne entfallen (§ 4 DBA-Durchführung-Anpassungsverordnung). Mit dem Einbehalt und der Abfuhr von 70% der Abzugsteuer vom Gestellungsentgelt (§ 99 Abs. 2 Z 1 iVm § 100 Abs. 1 EStG 1988) gelten die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit der überlassenen Arbeitskräfte im Sinne des § 98 Abs. 1 Z4 EStG 1988 als wirtschaftlich bereits nach § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 erfasst sowie deren Besteuerung sichergestellt. Eine Rückerstattung der gesamten Abzugsteuer ist nur möglich, wenn für die überlassenen Arbeitskräfte ein freiwilliger Lohnsteuerabzug iSd. § 47 Abs. 1 lit. b erfolgt. Andernfalls werden pauschal nur 30% rückerstattet.

Die belangte Behörde hat der Bf. daher zurecht 30% der bereits einbehaltenen Abzugsteuer rückerstattet.

Die in den Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) vorgesehene 183-Tage-Regelung kommt seit der Neuregelung der Abzugsteuerentlastung bei Arbeitskräftegestellungen nur mehr in Ausnahmefällen zur Anwendung. Vielmehr unterliegen die Löhne der überlassenen Arbeitskräfte grundsätzlich unabhängig von der Dauer der Überlassung in dem Land der Lohn-/Einkommensteuer, in dem die Tätigkeit verrichtet wird (Tätigkeitsstaat).

Art. 15 Abs. 3 des DBA Österreich-Deutschland stellt eine Sondernorm für (gewerbsmäßige) Gestellungen von in Deutschland ansässigen Arbeitnehmern dar. Demnach verbleibt bei kurzfristigen Arbeitskräftegestellungen (Anwesenheit des überlassenen Mitarbeiters in Österreich bis maximal 183 Tage/Kalenderjahr) das Besteuerungsrecht bei Deutschland. Dementsprechend kann in diesen Fällen eine Rückerstattung bereits einbehaltener Abzugsteuer auch dann erfolgen, wenn statt eines Lohnsteuerabzuges nachgewiesen wird, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 15 Abs. 3 DBA Österreich-Deutschland erfüllt sind.

Im Hinblick darauf, dass die im gegenständlichen Fall eingesetzten Arbeiter nicht in Deutschland, sondern in Ungarn, ansässig und somit die Voraussetzung des Art. 15 Abs. 3 des DBA Österreich-Deutschland nicht erfüllt sind, kann die Sonderregelung nicht zur Anwendung kommen. Das Besteuerungsrecht verbleibt demnach in Österreich.

Aus den dargelegten Gründen war daher wie im Spruch zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Sachverhaltsfragen sind der ordentlichen Revision nicht zugänglich.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 99 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 100 Abs. 1 Satz 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 4 DBA-Durchführung-Anpassungsverordnung, BGBl. II Nr. 318/2022
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100905.2025

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
GAAAF-79728