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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.04.2025, RV/7100963/2025

Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG, keine Selbstanzeige eingebracht

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
Eine Selbstanzeige ist ein Anbringen zur Geltendmachung eines Strafaufhebungsgrundes, daher bedarf es einer Willenserklärung eines Strafaufhebungsgrundwerbers, dass auch tatsächlich eine Selbstanzeige vorliegen soll.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***13*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch LBG Steiermark Steuerberatung GmbH, Brauquartier 1 Tür 11, 8055 Graz, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Festsetzung einer Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Am ist ein Bescheid gemäß § 29 Abs. 6 Finanzstrafgesetz (FinStrG) mit Festsetzung einer Abgabenerhöhung von € 21.335,40 ergangen.

Die Bemessungsgrundlage war Umsatzsteuer 2024 in der Höhe von € 106.677,32.

Zur Begründung wurde im Bescheid standardisiert ausgeführt:

"Gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG tritt strafbefreiende Wirkung von anlässlich einer finanzstrafbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen erstatteten Selbstanzeigen hinsichtlich zumindest grob fahrlässig begangener Finanzvergehen nur insoweit ein, als neben den verkürzten Abgaben auch eine festzusetzende Abgabenerhöhung rechtzeitig entrichtet wird. Die Höhe dieser Abgabenerhöhung bemisst sich mit einem Prozentsatz der Summe der sich aus der Selbstanzeige ergebenden Mehrbeträge.

Die Höhe dieses Prozentsatzes beträgt 5 %. Übersteigt die Summe 33.000,00 €, beträgt der Prozentsatz 15 %, übersteigt sie 100.000,00 €, beträgt der Prozentsatz 20 % und übersteigt die Summe 250.000,00 € beträgt der Prozentsatz 30 %.

Die gegenständliche Selbstanzeige wurde anlässlich einer Außenprüfung gem. § 147 Abs. 1 BAO erstattet. Aufgrund des mit der Selbstanzeige dargelegten Fehlverhaltens liegt zumindest grob fahrlässige Tatbegehung vor.

Aufgrund der sich aus der Selbstanzeige ergebenden Summe der Mehrbeträge von € 106.677,32 ist die Abgabenerhöhung gem. § 29 Abs. 6 FinStrG mit 20 % zu bemessen."

****

Dagegen richtet sich die frist- und formgerechte Beschwerde vom mit folgenden Ausführungen:

"Im Namen und Auftrag unserer Klientin ***Bf1*** erheben wir gegen nachfolgend angeführten Bescheid innerhalb offener Frist das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde gemäß § 243 BAO:

Bescheid über die Festsetzung einer Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG vom , zugestellt am .

Beschwerdepunkte:

Die Beschwerde richtet sich gegen die Festsetzung der Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG in Höhe von € 21.335,40, aus den nachfolgend angeführten Gründen.

Begründung:

1. Sachverhalt

Zum grundsätzlichen Ablauf der Buchhaltung ist festzuhalten, dass die Ausgangsrechnungen von unserer Klientin selbst in der Buchhaltung erfasst werden. Auf diese Buchhaltung kann sowohl von der Klientin als auch von uns als steuerliche Vertretung online zugegriffen werden (Remote-Zugang über das Buchhaltungsprogramm).

Die hier gegenständliche Umsatzsteuervoranmeldung 4-6/2024 wurde ursprünglich am per FinanzOnline an das Finanzamt übermittelt. Im Zuge von Buchhaltungstätigkeiten wurde kurz danach jedoch bemerkt, dass von der Klientin nachträglich noch eine weitere Rechnung mit Datum in der Buchhaltung für den UVA-Zeitraum 4-6/2024 erfasst wurde. Offenbar wurde aufgrund eines internen Kommunikationsfehlers übersehen, dass die UVA 4-6/2024 bereits an das Finanzamt übermittelt worden war.

Die - aufgrund der Nacherfassung der weiteren Rechnung vom - berichtigte UVA 04-06/2024 wurde am und somit innerhalb der relevanten Abgabefrist () beim Finanzamt eingereicht. Die sich aus der Berichtigung der ursprünglich eingereichten UVA ergebende Differenz in Höhe von EUR 106.516,84 wurde zusätzlich am einbezahlt. Dies wäre streng genommen gar nicht notwendig gewesen, da das aus der ursprünglichen UVA 04-06/2024 resultierende Guthaben iHv EUR 8.018.906,80 noch gar nicht am Finanzamtskonto verbucht war, die berichtigte UVA aber weiterhin eine Gutschrift in Höhe von rd. EUR 7,9 Mio ergeben hat.

2. Rechtliche Würdigung

Hat sich jemand eines Finanzvergehens schuldig gemacht, kann er gemäß § 29 Abs. 1 FinStrG insoweit straffrei werden, als er Selbstanzeige erstattet. Wird eine solche Selbstanzeige anlässlich einer finanzbehördlichen Prüfung, Nachschau etc. erstattet, ist bei vorsätzlich oder grob fahrlässig begangenen Finanzvergehen als weitere Voraussetzung für eine strafbefreiende Wirkung erforderlich, dass eine mit Bescheid der Abgabenbehörde festzusetzende Abgabenerhöhung nach § 29 Abs. 6 FinStrG entrichtet wird.

Ebenso entfällt unter dieser Voraussetzung allenfalls eine finanzstrafrechtliche Verantwortlichkeit eines belangten Verbandes nach dem VbVG iVm § 28a FinStrG.

Gesetzliche Voraussetzung für eine Abgabenerhöhung ist sohin eine Finanzstraftat oder eine finanzstrafrechtliche Verantwortlichkeit eines Verbandes. Durch die Entrichtung der Abgabenschuld und zusätzlich der Abgabenerhöhung soll die Finanzstraftat ihre Strafbarkeit verlieren bzw. sollen die diesbezüglichen finanzstrafrechtlichen Folgen einer Verbandsverantwortlichkeit (Geldbuße) unterbleiben (Strafaufhebungsgrund).

Eine Selbstanzeige muss, um überhaupt als Selbstanzeige bewertet werden zu können, eine Darlegung einer Verfehlung enthalten, jedoch keine abschließende Bewertung der subjektiven Tatseite. Gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG ist nur hinsichtlich vorsätzlich oder grob fahrlässig begangener Finanzvergehen eine Abgabenerhöhung vorzuschreiben bzw. zu entrichten.

Es ist somit im Abgabenverfahren zur Festsetzung einer Abgabenerhöhung als Vorfrage nach § 116 BAO auch zu prüfen, ob tatsächlich ein Finanzvergehen vorgelegen hat, welches straffrei werden bzw. einen nunmehr wegfallenden Grund für eine Verbandsverantwortlichkeit geben kann. Diese Prüfung bezieht sich auch auf die subjektive Tatseite, wobei eine Würdigung der Beweislage nach den abgabenrechtlichen Bestimmungen zu erfolgen hat (Erkenntnis des ).

Ergibt diese Vorfragenprüfung der Abgabenbehörde, dass zwar objektiv das angezeigte Verhalten (etwa eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer), nicht jedoch das tatbildlich geforderte Verschulden zumindest einer natürlichen Person festzustellen ist (zB im Zusammenhang mit Verkürzungen von Umsatzsteuervorauszahlungen mindestens bedingter Vorsatz eines Täters, eines Entscheidungsträgers bzw. Mitarbeiters - grob fahrlässiges Verhalten reicht nicht aus), bedarf es keiner Vorschreibung einer Abgabenerhöhung zur Straffreiheit eines Finanzvergehens, weil ein solches nicht vorliegt. Wird das Fehlen der subjektiven Komponente erst im Beschwerdeverfahren vor dem BFG festgestellt, ist der Bescheid der belangten Abgabenbehörde über die Abgabenerhöhung ersatzlos aufzuheben (Erkenntnis des ).

Im konkreten Fall wurde eine Umsatzsteuervoranmeldung zunächst mit einem zu hohen Guthaben an das Finanzamt übermittelt. Diese Umsatzsteuervoranmeldung wurde innerhalb der Frist zur Abgabe der UVA berichtigt, da irrtümlich eine Ausgangsrechnung nach Übermittlung der ursprünglichen UVA in der Buchhaltung erfasst worden war.

Im Zusammenhang mit Umsatzsteuervoranmeldungen sind zwei Finanzvergehen denkbar: die wissentliche Umsatzsteuerverkürzung gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG und die vorsätzliche Finanzordnungswidrigkeit gemäß § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG. In beiden Fällen ist für die Strafbarkeit Voraussetzung, dass die Tat mit Vorsatz begangen wird. Bei Fahrlässigkeit ist iZm Umsatzsteuervoranmeldungen keine Strafbarkeit gegeben.

Wie bereits oben ausgeführt wurde die weitere Ausgangsrechnung vom irrtümlich nach Übermittlung der UVA 4-6/2024 in der Buchhaltung verbucht, der Fehler aber kurz darauf entdeckt und sofort korrigiert. Es ist daher nur von Fahrlässigkeit, nicht aber von Vorsatz auszugehen. Aus diesem Grund bedarf es im konkreten Fall keiner Vorschreibung einer Abgabenerhöhung zur Straffreiheit eines Finanzvergehens, weil ein solches nicht vorliegt (Erkenntnis des ).

Begehren:

Aus den oben angeführten Gründen begehren wir die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheids.

Anträge:

Gleichzeitig stellen wir im Namen und Auftrag unserer Klientin die Anträge

keine Beschwerdevorentscheidung gemäß § 262 Abs. 2 BAO zu erlassen,

auf Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß § 272 Abs. 2 Z 1 BAO und

auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 274 Abs. 1 Z 1 BAO."

****

Mit Vorlagebericht hat die Behörde dazu folgende Stellungnahme abgegeben:

"Mit der Einreichung der Umsatzsteuervoranmeldung (UVA) für den Zeitraum 04-06/2024 am verwirklichte die Beschwerdeführerin (in Folge Bf) den Tatbestand der Abgabenhinterziehung gem. § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG iVm § 3 VbVG, da eine Ausgangsrechnung betreffend den Zeitraum 04-06/204 iHv € 533.386,62 nicht berücksichtigt wurde. Daraus resultierte eine erhöhte Abgabengutschrift von € 106.677,32.

Im Abgabenverfahren zur Festsetzung einer Abgabenerhöhung ist als Vorfrage nach § 116 BAO auch zu prüfen, ob tatsächlich ein Finanzvergehen vorgelegen hat, welches straffrei werden bzw. einen nunmehr wegfallenden Grund für eine Verbandsverantwortlichkeit geben kann. Bei der Prüfung, ob ein Finanzvergehen vorliegt, hat eine Würdigung der Beweislage nach den abgabenrechtlichen Bestimmungen zu erfolgen. Der Zweifelsgrundsatz nach § 98 Abs. 3 FinStrG kommt nicht zur Anwendung (siehe RV/2100806/2017-RS1).

Die berichtigte UVA vom wurde nur sieben Werktage nach der Anmeldung der Umsatzsteuersonderprüfung vom eingereicht. Aufgrund der identen Abgabenart und des identen Abgabenzeitraums der berichtigten UVA und der Prüfungsanmeldung (UVA 04 - 06/2024), kam es durch die Prüfungsanmeldung zu einer Erhöhung der Entdeckungswahrscheinlichkeit der Abgabenverkürzung. Somit ist die berichtigte UVA, welche vom Finanzamt konkludent als Selbstanzeige gewertet wird, anlässlich der Prüfungsanmeldung erfolgt. Die berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung wird seitens der Behörde nicht nur als konkludente Selbstanzeige und sondern auch als Darlegung einer Verfehlung gewertet.

In der Gesamtbetrachtung der Umstände, geht die Behörde davon aus, dass zumindest Eventualvorsatz hinsichtlich der Abgabenverkürzung durch die Einbringung einer unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung vorliegt. Nach den Schilderungen der Bf. in der zugrundeliegenden Beschwerde werden die Ausgangsrechnungen von der Bf. selbst in der Buchhaltung erfasst. Es können jederzeit sowohl die Buchhaltungsabteilung der Bf., als auch die steuerliche Vertretung auf die Buchhaltung online zugreifen. Die Tatsache, dass eine UVA eingereicht werden kann, obwohl noch nicht alle Rechnungen erfasst wurden, lässt darauf schließen, dass es keine geeigneten Vorkehrungsmaßnahmen gibt, um genau dies im Vorfeld zu verhindern, wodurch die Einreichung einer nicht vollständigen UVA wissentlich durch die Bf. in Kauf genommen wurde. Erschwerend kommt hinzu, dass die UVA vom , in welcher nicht alle Ausgangsrechnungen erfasst wurden, vermutlich aufgrund der Höhe der darin erklärten Abgabengutschrift (ursprünglich insgesamt € 8.018.906,80), bereits nach 7 Werktagen ab Ende des die Meldung betreffenden Zeitraumes eingereicht wurde. Aufgrund der zeitnahen Übermittlung erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass nicht alle Rechnungen in der Buchhaltung erfasst sind.

Dies wurde wissentlich in Kauf genommen, um die Gutschrift früher zu erhalten. Es wurde nicht sichergestellt, dass alle Rechnungen bereits in der Buchhaltung erfasst wurden. Die übrigen UVAen des Jahres 2024 wurden hingegen erst am Fälligkeitstag oder kurz vor dem Fälligkeitstag an das Finanzamt übermittelt (01-03/2024 am , 07-09/2024 am und 10-12/2024 am ).

Das Beschwerdevorbringen, dass insoweit ein Irrtum darüber vorgelegen sei, dass bei der Nacherfassung der gegenständlichen Ausgangsrechnung in der Buchhaltung (nach Übermittlung der UVA an das Finanzamt) aufgrund eines internen Kommunikationsfehlers übersehen worden sei, dass die UVA bereits an das Finanzamt übermittelt wurde, ist gegenständlich nicht relevant, da auch ohne Vorliegen dieses Irrtums die unrichtige UVA bereits übermittelt und die Abgabenverkürzung bereits vollendet war.

Dass die berichtigte UVA innerhalb der relevanten Abgabefrist eingereicht wurde ist gegenständlich nicht relevant, da die Abgabenverkürzung durch die Übermittlung der UVA vom bereits vollendet war. Bei der Einreichung einer unrichtigen Gutschriftsvoranmeldung ist der Hinterziehungstag bereits der Einreichungstag. Es ist nicht Tatbestandserfordernis, dass die Gutschriftsmeldung auch zu einer Buchung am Abgabenkonto und einer Verringerung eines bestehenden Rückstandes oder Erhöhung eines Guthabens führt.

Zusammengefasst kommt das Finanzamt zu dem Schluss, dass durch die Einreichung einer unrichtigen UVA eine Abgabenverkürzung hinsichtlich des Mehrbetrages von € 106.677,32 eingetreten ist (Stichtag ) und der Abgabenerhöhungsbetrag iHv € 21.335,40 festzusetzen ist.

Das Finanzamt beantragt die Beschwerde vom gegen den Bescheid über die Festsetzung einer Abgabenerhöhung gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG als unbegründet abzuweisen.

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Nach Anfrage der Richterin bei der Vertretung der Beschwerdeführerin, ob die berichtigte UVA tatsächlich als Selbstanzeige für die ***Bf1*** gemeint gewesen sei, wurde dies von der Vertreterin der Bf. verneint und auf eine Berichtigung nach § 139 BAO verwiesen.

In der Folge wurden mit Schriftsatz vom die Anträge auf Senatszuständigkeit und Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

Der Schriftsatz wurde zur Wahrung des Parteiengehörs der Amtspartei übermittelt.

I. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 29 Abs. 6 FinStrG gilt: Werden Selbstanzeigen anlässlich einer finanzbehördlichen Nachschau, Beschau, Abfertigung oder Prüfung von Büchern oder Aufzeichnungen nach deren Anmeldung oder sonstigen Bekanntgabe erstattet, tritt strafbefreiende Wirkung hinsichtlich vorsätzlich oder grob fahrlässig begangener Finanzvergehen nur unter der weiteren Voraussetzung insoweit ein, als auch eine mit einem Bescheid der Abgabenbehörde festzusetzende Abgabenerhöhung unter sinngemäßer Anwendung des Abs. 2 entrichtet wird. Die Abgabenerhöhung beträgt 5 % der Summe der sich aus den Selbstanzeigen ergebenden Mehrbeträgen. Übersteigt die Summe der Mehrbeträge 33 000 Euro, ist die Abgabenerhöhung mit 15 %, übersteigt die Summe der Mehrbeträge 100 000 Euro, mit 20 % und übersteigt die Summe der Mehrbeträge 250 000 Euro, mit 30 % zu bemessen. Insoweit Straffreiheit nicht eintritt, entfällt die Verpflichtung zur Entrichtung der Abgabenerhöhung, dennoch entrichtete Beträge sind gutzuschreiben. Die Abgabenerhöhung gilt als Nebenanspruch im Sinne des § 3 Abs. 2 lit. a BAO.

Gemäß § 272 Abs. 1 BAO gilt: Sind für die Erledigung von Beschwerden durch Bundesgesetz oder durch Landesgesetz Senate vorgesehen, so richtet sich das Verfahren, soweit gesetzlich nicht anderes angeordnet ist, nach den folgenden Bestimmungen.

Abs. 2: Die Entscheidung obliegt dem Senat,

Z 1 lit. a wenn dies in der Beschwerde beantragt wird.

Gemäß § 274 Abs. 1, Z 1 lit. a BAO hat über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es in der Beschwerde beantragt wird.

Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.

Abs. 2: Die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat zu unterbleiben,

a) wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird und

b) wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt.

Das BFG hatte über die Beschwerde zu erkennen, da in der Beschwerde eine Direktvorlage beantragt wurde. Wegen Zurückziehung der Anträge auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und auf Senatszuständigkeit konnte durch die Richterin allein in einem reinen Aktenverfahren entschieden werden.

Zum Verwaltungsgeschehen :

Im Prüfungsbericht zur USt Nachschau für 4-6/2024 wird unter TZ 1 zur Prüfung ausgeführt:

"Die geltend gemachten Vorsteuern resultieren aus dem Ankauf von Eisenbahnwaggons, die in weiterer Folge an die Fa. ***2*** vermietet werden. Die Vorsteuern wurden von der Betriebsprüfung anhand der vorgelegten umfangreichen Unterlagen (u.a. Gutachten/Dokumente zur Wertermittlung des Kaufpreises der Waggons, diverse Verträge betr. Kauf und Vermietung, Übergabeprotokolle, Organigramm der beteiligten Gesellschaften, Gesellschaftsverträge, Firmenbuchauszüge etc.) überprüft. Ergänzend wurde am eine gemeinsame Besprechung vor Ort in den Räumlichkeiten des Unternehmens abgehalten, um allfällige Fragen gemeinsam zu erörtern (Anwesende: ***3***/GF, ***4***/GF, ***5***, ***6***, ***7***, ***8***, ***9***, ***10*** und ***11***).

In freier Beweiswürdigung geht die Behörde davon aus, dass die berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung vom anlässlich der Anmeldung der Umsatzsteuersonderprüfung vom erfolgt ist, da die Abgabenart und der Abgabenzeitraum der Selbstanzeige und der Prüfungsanmeldung ident sind (UVA 4-6/2024) und es somit zu einer Erhöhung der Entdeckungswahrscheinlichkeit gekommen wäre. Des Weiteren ist die Selbstanzeige nur sieben Werktage nach der Prüfungsanmeldung bei der Behörde eingelangt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat klargestellt, dass jede Selbstanzeige, die erst nach Ankündigung einer Prüfungshandlung erstattet wird, mit einer Abgabenerhöhung zu belegen ist. Es sollte generell Selbstanzeigen, die erst zu einem Zeitpunkt erstattet werden, in dem bei verständiger Würdigung der Sachlage mit der Tatentdeckung gerechnet werden muss, ohne zusätzliche Leistung keine strafbefreiende Wirkung mehr zukommen ().

Die berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung wird seitens der Behörde als konkludente Selbstanzeige und auch als Darlegung einer Verfehlung gewertet. In der Gesamtbetrachtung der Umstände geht die Behörde davon aus, dass zumindest Eventualvorsatz hinsichtlich der Abgabenverkürzung durch die Einbringung einer unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldung vorliegt. Das Vorbringen der steuerlichen Vertretung, dass "dem für die Ausstellung der Ausgangsrechnungen zuständigen Mitarbeiter im Unternehmen nicht bekannt war, dass bereits eine UVA abgegeben wurde", entkräftet nicht den Eventualvorsatz bei der Einreichung der UVA am .

Sachverhalt

Am wurde beim steuerlichen Vertreter eine Umsatzsteuersonderprüfung für 4-6/2024 angemeldet.

Grund war die elektronische Einbringung einer UVA der ***Bf1*** für den Zeitraum 4-6/2024 am mit Geltendmachung einer Gutschrift von € 8.018.906,80. Es wurden keine Umsätze erklärt und Vorsteuern in der Höhe von € 8.018.906,80 geltend gemacht.

Die ***Bf1*** wurde mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet und ist unter der StNr. ***1*** steuerlich erfasst.

Zunächst fungierte ***12*** als alleiniger Geschäftsführer, seit vertritt er gemeinsam mit dem weiteren handelsrechtlichen Geschäftsführer ***4***.

Am wurde über FinanzOnline eine berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung für 4-6/2024 eingereicht. Es wurden in der UVA vom nicht erfasst gewesene Umsätze zu 20 % USt von € 533.386,62 erklärt, woraus eine Nachforderung von € 106.677,32 resultiert.

Demnach beträgt die USt Gutschrift für 4-6/2024 € 7.912.229,48.

Der Prüfungsauftrag wurde am per Mail an die Steuerberatungskanzlei verschickt und am selben Tag unterfertigt retourniert.

Am Prüfungsauftrag ist "keine Selbstanzeige erstattet" angekreuzt.

Für den Zeitraum 4-6/2024 wurde ein Abgabenerhöhungsbetrag gem. § 29 Abs. 6 FinStrG in Höhe von 20% einer Abgabenverkürzung von € 106.677,32 vorgeschrieben.

Abgabenerhöhungsbetrag gem. § 29 Abs.6 FinStrG It. BP: € 21.335,46

Mit Bescheid vom wurde für 4-6/2024 eine Umsatzsteuergutschrift von € 7.912.229,48 festgesetzt.

Die Abgabenerhöhung wurde durch das am Abgabenkonto bei Einbuchung vorhanden gewesene Guthaben abgedeckt.

Es liegt kein Vorbringen vor, wonach seitens eines Strafaufhebungsgrundwerbers eine Selbstanzeige erstattet worden sein sollte.

Bewertung durch das BFG

Der Sachverhalt ist unstrittig. Die Prüferin ging hinsichtlich der nach Prüfungsanmeldung elektronisch eingereichten berichtigten Umsatzsteuervoranmeldung für 4-6/2024 vom von einer konkludenten Selbstanzeige der ***Bf1*** als belangbarer Verband aus, dies wurde jedoch seitens der Vertreterin der Bf. verneint.

Eine Selbstanzeige ist ein Anbringen zur Geltendmachung eines Strafaufhebungsgrundes, daher bedarf es einer Willenserklärung eines Strafaufhebungsgrundwerbers, dass auch tatsächlich eine Selbstanzeige vorliegen soll.

Es entspricht der Judikatur der Finanzstrafbehörden, des BFG und auch des VwGH, dass zwar auch die kommentarlose Einreichung/Nachreichung einer Umsatzsteuervoranmeldung oder auch einer Umsatzsteuerjahreserklärung als konkludente Selbstanzeige bei Erfüllung der weiteren Vorgaben des § 29 FinStrG für einen Anzeiger (dies wäre verfahrensgegenständlich nur die Gesellschaft als belangbarer Verband gewesen) eine strafaufhebende Wirkung erzielen kann, jedoch kann nicht die einseitige Bewertung einer Behörde einer eingereichten Erklärung den Status einer Selbstanzeige verschaffen.

Da keine Selbstanzeige vorliegt, war auch keine Abgabenerhöhung festzusetzen, daher war der Bescheid aufzuheben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine solche Rechtsfrage lag in diesem Verfahren nicht vor.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Schlagworte
Selbstanzeige
Abgabenerhöhung
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100963.2025

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
IAAAF-79723