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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 11.04.2025, RV/7103935/2024

Computer eines Lehrers: keine ausschließlich berufliche Nutzung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Hans Blasina in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2023 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO abgeändert und die Bemessungsgrundlage sowie die Einkommensteuer im Ausmaß der Beschwerdevorentscheidung vom festgesetzt. Die daraus entnehmbaren Werte bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Nach Einlangen der Erklärung des Beschwerdeführers (Bf) zur Arbeitnehmerveranlagung am erging am an den Bf ein Ergänzungsersuchen, er möge eine Aufstellung seiner Werbungskosten vorlegen, Angaben über seine berufliche Tätigkeit machen und im Einzelnen die berufliche Veranlassung der Ausgaben begründen.

Am antwortete der Bf darauf, er verrechne Kilometergeld und sei seit im Ruhestand. Beigelegt wird dem Schreiben ein Lohnzettel des Wifi, eine Beilage zur Einkommensteuererklärung (Einkünfteberechnung) und eine Auflistung der Ausgaben samt Belegen.

In der Folge erließ die belangte Behörde am einen Bescheid, in dem sie AfA-Beträge um 40 % kürzte, Reisekosten von 470,40 Euro als steuerfreie Bezüge hinzurechnete und außergewöhnliche Belastungen wegen Nichterreichens des Selbstbehaltes nicht berücksichtigte.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom bringt der Bf vor: "Wie sie auch aus den Vorjahren ersehen können gibt es bei der AfA keine Privatanteile. Alles wurde nur für den Unterricht angeschafft! Die Reisediäten wurden wegen Überschreitung der 25 km Grenze gar nicht angesetzt - lediglich Kilometergelder wurden geltend gemacht. Die steuerfreien Bezüge WIFI in Höhe von 470,40 sind daher nicht in Abzug zu bringen."

Auf ein weiteres Ergänzungsersuchen der belangten Behörde vom , das sich auch auf die beiden Vorjahre erstreckt, der Bf möge die berufliche Notwendigkeit und Verwendung der Buchtitel näher ausführen, Fahrtenbücher und Lohnkonten 2021-2023 vorlegen und für den Zeitraum von seiner Pensionierung bis zu einer geringfügigen Anstellung am Wifi (1.5.-) den Anfall von Werbungskosten plausibilisieren, erstattet der Bf am 11. und mehrere Antwortschreiben:

Für den Unterricht nicht typische Bücher seien bereits herausgestrichen. Bei Lehrveranstaltungen außerhalb St. Pöltens zahle das Wifi steuerfreie Reisediäten unabhängig davon, ob die Reise steuerlich anerkannt werde. Fahrten zum Wifi seien kilometermäßig aufgezeichnet und laut Fahrtenbuch nachvollziehbar. Privatanteile seien nicht auszuscheiden, weil alles für den Unterricht verwendet werde. 2023 habe er die Wifi-Kurse eines erkrankten Kollegen übernehmen müssen. Grundsätzlich habe er Schweißkurse abgehalten, sei aber zuletzt für Inhalte eingeteilt worden, die er seit zehn Jahren nicht mehr unterrichtet habe, weshalb eine neue Vorbereitung erforderlich gewesen sei. Weiters habe er für die Kurse Unterlagen erstellt. Auf den beigelegten Rechnungen erläutert der Bf die grundsätzlichen Rechnungsinhalte oberflächlich (Kaspersky: "Virenprogramm VPN", O&O Frühlings-Bundle: "Backup Programm", Blender 3: "E-Book zum Erstellen von Unterlagen bzw Vorbereitung Unterricht", Nero Platinum Suite: "Programm zum Herunterladen von Informationen für den Unterricht", Physikbücher: "Bücher f. Unterrichtsvorbereitung Neuer zugeteilter Kurs", Schrödinger programmiert Python (E-Book): "Wissenserweiterung f. Kurse", 3x64GB USB-Stick: "Material f. Wifi", Kopierpapier: "Unterlagen f. Wifi", Tablet: "Hardware").

Auf neuerliches Ergänzungsersuchen der belangten Behörde vom , der Bf möge seine Unterrichtsinhalte präzisieren, folgen neuerlich mehrere Antwortschreiben des Bf vom 30.8., 3. und 30.9.: Nach Unmutsäußerungen und Ausführungen zur Wiederaufnahme 2021 und 2022 bringt der Bf vor, er sei Berufschullehrer in ***1*** gewesen (23 km lt. Pendlerpauschale). Wifi-Kurse habe er in ***2*** abgehalten, dafür habe er Kilometergeld verrechnet. Er beantrage die Stattgabe der Beschwerde.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gibt die belangte Behörde insoweit statt, als sie die "Gegenrechnung der vom Wifi erhaltenen Ersätze" betrifft. Stationäre Computer (samt dazugehöriger Ausgaben) dienten nach der allgemeinen Lebenserfahrung zumindest zu 40 % der Privatnutzung (Verweis auf LStR 2002 Rz 339 f). Nicht anzuerkennen seien eine Bücherrechnung ohne Datum sowie Ausgaben für Blender, Python und Nero, weil der Zusammenhang zu den unterrichteten Gegenständen nicht dargelegt worden sei.

Im dagegen gerichteten Vorlageantrag vom bringt der Bf vor, er wisse nicht von welchen Erfahrungen die belangte Behörde ausgehe, wenn sie Aufwendungen um 40 % kürze. Er sei Berufschullehrer gewesen und habe alles nur für den Unterricht angeschafft. Er lebe gemeinsam mit seiner Gattin, die sich beim Computer nicht auskenne und ihn daher nicht nütze; seine Tochter lebe in Wien. Er benutze den Computer rein beruflich, was auch nicht widerlegt worden sei. Bei den Arbeitsmitteln verliere sich die Behörde in Details, obwohl alles einen beruflichen Hintergrund habe. Lehrerkollegen seien vergleichbare Ausgaben vom Finanzamt anerkannt worden.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf war bis Ende April 2023 Berufsschullehrer (Unterrichtsfächer sind unbekannt). Am Wifi hat er bis zu seiner Pensionierung Schweißkurse abgehalten, die noch bis in den Juni 2023 reichten. Im nachfolgenden Herbst musste er für einen Kollegen nochmals einspringen (Unterrichtsfächer sind unbekannt).

Der Bf besitzt seit 2021 einen Computer samt Drucker. Im Mai 2023 schaffte er zusätzlich ein Tablet an. Sämtliche Geräte samt dazugehöriger Software nutzte er zu 60 % beruflich und zu 40 % privat.

An Unterrichtsmitteln schaffte der Bf im Jahr 2023 zwei Physikbücher an (gesamt 77,29 Euro).

2. Beweiswürdigung

Die Beschäftigungszeiten ergeben sich aus den Lohnzetteln und den Angaben des Bf.

Weder zu seinen Unterrichtsfächern an der Berufsschule noch zu den Kursen am Wifi Ende 2023 noch zur Art seiner unterrichtenden Tätigkeit (Methodik, Anschauungsmaterialien u.ä.) machte der Bf nähere Angaben, obwohl er von der belangten Behörde dazu mehrfach aufgefordert worden war. Daher ist die berufliche Veranlassung der allgemein einsetzbaren Computerprogramme (Nero, Python, Blender) bzw dazugehörigen E-Books nicht nachvollziehbar; sie sind keiner beruflichen Tätigkeit zuordenbar und privat veranlasst.

Es erscheint unglaubwürdig, dass ein PC und ein Tablet im Privathaushalt ausschließlich beruflichen Zwecken dienen; hinsichtlich des Tablets schon deshalb, weil es wirtschaftlich nicht nachvollziehbar erscheint, unmittelbar nach Pensionsantritt EDV-Ausstattung ausschließlich für berufliche Zwecke anzuschaffen. Auch, wenn der Bf der einzige ist, der sich daheim am Computer auskennt, so ist doch die private Mitnutzung durch den Bf selbst naheliegend (Mail, Internet, Speicherung von Daten, Bildern, Videobearbeitung, etc.). Auch die für private Zwecke angeschafften Programme (Nero: vielseitiges Multimediaprogramm, das eine Vielzahl von Funktionen zur Videobearbeitung und -verwaltung bietet; Python: Programmiersprache für Webanwendungen, Softwareentwicklung, Datenwissenschaft; Blender: Programmpaket zur Modellierung, Texturierung, Animation, Bildsynthese, Video- und Bildbearbeitung) legen eine Privatnutzung nahe, zumal der Bf keine näheren Ausführungen über seine Unterrichtsfächer und -methoden gemacht hat, aus denen sich die berufliche Verwendung dieser Multimedia-Programme erschließen ließe.

Aus den Bücherkäufen lässt sich bloß erahnen, dass der Bf im Herbst 2023 Physik unterrichtet hat, eine konkrete Antwort blieb er allerdings schuldig. Dass neben den beiden Physikbüchern erworbene Titel nicht dem Unterricht dienen, erschließt sich wiederum daraus, dass der Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit und deren Inhalte nicht ausgeführt wurde.

Soweit Belege ohne Datum waren, konnten sie nicht dem Kalenderjahr 2023 zugerechnet werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Das Abgabenverfahren kennt keine festen Beweisregeln. Vielmehr gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 167 Abs 2 BAO). Dabei sind die amtswegige Ermittlungspflicht (§ 115 Abs 1 BAO) und die den Abgabepflichtigen treffenden Mitwirkungspflichten (§ 119 BAO) kommunizierende Gefäße. Grundsätzlich trifft jene Partei die Beweislast, die für sich ein Recht behauptet und näher am Beweis ist (vgl etwa ). Zwar trifft auch diesfalls die Behörde die Pflicht, zu widerlegen, was der Abgabepflichtige zuvor zu beweisen oder glaubhaft zu machen versucht hat (Althuber/Tanzer/Unger, BAO-Handbuch, § 115, 331), doch hat der Bf in seinen rudimentären bis lückenhaften Ausführungen die Behauptungsebene nicht verlassen, womit auch kein zu widerlegendes Sachsubstrat angeboten wurde.

Wenn der Bf darauf verweist, seinen Kollegen seien ähnliche Ausgaben - wohl mangels Überprüfung, die ob der Vielzahl an Arbeitnehmerveranlagungen nur stichprobenartig erfolgen kann - nicht als Werbungskosten versagt worden, ist ihm entgegenzuhalten, dass es kein Recht auf Gleichbehandlung im Unrecht gibt; vielmehr gebietet § 114 Abs 1 BAO neben dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung auch, dass die Abgabenbehörde darüber zu wachen hat, dass Abgabeneinnahmen nicht zu Unrecht verkürzt werden.

Der Bf hat nichts dazu beigetragen, seine Tätigkeit derart genau zu schildern, dass die Abgabenbehörde - und das Verwaltungsgericht - imstande gewesen wären, eine Verbindung von allen geltendgemachten Ausgaben zu seiner beruflichen Tätigkeit herzustellen. Er hat auch keinerlei Angaben zu seinem - der Lebenserfahrung völlig entgegenstehenden - Vorbringen gemacht, der in seinem Privathaushalt befindliche Computer und das in seinem Privatvermögen befindliche Tablet wären ausschließlich für berufliche Zwecke verwendet worden. Für diesen ungewöhnlichen Sachverhalt trifft keineswegs die Abgabenbehörde die Pflicht, das Gegenteil zu beweisen; der Steuerpflichtige selbst muss zumindest glaubhaft machen, dass die von ihm begehrten Werbungskosten auch tatsächlich im vorgegebenen Ausmaß vorliegen (siehe schon den ersten Absatz zu Punkt 3.1.). Stattdessen hat er sich auf teils unsachliche Äußerungen beschränkt.

Soweit die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese zu schätzen (§ 184 Abs 1 BAO). Da der Bf trotz mehrfacher Aufforderung durch die Abgabenbehörde seiner Mitwirkungspflicht nicht hinreichend nachgekommen ist, war es auch nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde aus der langjährigen Verwaltungsübung heraus (vgl LStR 2002 Rz 339 f) einen Privatanteil von 40 % geschätzt hat.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zum größten Teil liegen die Streitpunkte dieses Falles in der Beweiswürdigung und somit auf der Sachverhalts- und nicht auf der Rechtsebene. Soweit letztere berührt wird, bewegt sich die Entscheidung im Rahmen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Daher war die Revision nicht zuzulassen.


Im Hinblick auf die anhängigen Beschwerden betreffend die Jahre 2021 und 2022 wird mitgeteilt:

Gemäß § 307 Abs 1 BAO ist mit dem die Wiederaufnahme verfügenden Bescheid die das wiederaufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung zu verbinden. Es war somit unzulässig von der belangten Behörde, beide Verfahren zu trennen und nur die Einkommensteuerverfahren auszusetzen und die Wiederaufnahmeverfahren zu entscheiden, zumal die Rechtsfragen beider Bescheide auf derselben Sachverhaltsfrage fußen. Die belangte Behörde wird aufgefordert, die Entscheidung über die Beschwerden zur Einkommensteuer 2021 und 2022 umgehend nachzuholen. Eine Entscheidung über die vorgelegten Wiederaufnahmeverfahren betreffend Einkommensteuer 2021 und 2022 kann erst erfolgen, wenn auch die Sachbescheide - nach Stellen eines Vorlageantrages - vorgelegt sind bzw ohne einen solchen Antrag (vorerst) in Rechtskraft erwachsen sind.

Da die Reisekosten im Verfahren zur Einkommensteuer 2023 zwischen den Parteien unstrittig waren, wurde darüber - schon aus Gründen der Verwaltungsökonomie, aber auch aus Billigkeitserwägungen - nicht gesondert abgesprochen. Im Veranlagungsverfahren 2021 und 2022 ist die belangte Behörde aber dazu angehalten, darüber zu befinden,

  • ob die vom Dienstgeber nach § 26 Z 4 EStG als steuerfrei ausgezahlten Diäten überhaupt die Voraussetzungen einer Steuerfreiheit erfüllten, oder ob die vom Bf aufgesuchte Arbeitsstätte nicht seinen regulären Arbeitsort darstellt und somit gar keine Dienstreise vorliegt;

  • ob die vom Bf als Werbungskosten geltendgemachten Kilometergelder nicht mit dem Verkehrsabsetzbetrag abgegolten sind, weil es sich um Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte handelt (§ 16 Abs 1 Z 6 lit a EStG);

  • ob das vom Dienstgeber berücksichtigte Pendlerpauschale aufgrund der geringen Häufigkeit des Besuches der jeweiligen Arbeitsstätte nicht überhöht erscheint;

  • falls der Reiseaufwand dem Grunde nach abziehbar ist, ob das vom Bf als Schätzungsgrundlage herangezogene Kilometergeld den tatsächlichen Verhältnissen hinreichend nahekommt, oder ob die anzusetzenden tatsächlichen Kosten nicht deutlich niedriger liegen (vgl zB ; , RV/7102859/2018 mwN; ; , 2005/15/0074; , 97/15/0073).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7103935.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
XAAAF-79718