Abzugsfähigkeit von ÖGK-Beiträgen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Armin Treichl in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin bezog im Streitjahr eine inländische Pension sowie eine Pension aus Deutschland in Höhe von 13.506,06 €.
In der Einkommensteuererklärung L1i wurden die ausländischen Pensionseinkünfte mit 12.817,26 € angegeben (13.506,06 minus 688,80 inländische Krankenversicherungsbeiträge).
Im Einkommensteuerbescheid vom wurden die ausländischen Pensionseinkünfte für die Ermittlung des Progressionsvorbehalts mit 13.850,46 € ermittelt. Das Finanzamt hat der ausländischen Pension noch eine Zulage zur Krankenversicherung in Höhe von 2,55%, das sind 344,40 € hinzugerechnet.
In der Beschwerde vom brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass die ausländischen Progressionseinkünfte folgendermaßen zu ermitteln seien:
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Pension | 13.506,00 |
Krankenversicherungsbeiträge | -688,80 |
ausländische Steuer | -2.101,00 |
Werbungskostenpauschale | -102,00 |
Progressionseinkünfte | 10.614,00 |
Das Finanzamt Österreich hat die Beschwerde mittels Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen, weil die Neuberechnung zu keiner anderen Steuer geführt habe.
Im Vorlageantrag vom brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass die ausländischen Einkünfte folgendermaßen zu ermitteln seien:
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Pension | 13.506,00 |
Krankenversicherungsbeiträge | -688,80 |
ausländische Steuer | -2.101,00 |
Progressionseinkünfte | 10.716,20 |
In einem ergänzenden Schriftsatz vom brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor:
"Meine ausl. Pensionseinkünfte 2022 betrugen 13.506,06 €. Davon sind in Abzug zu bringen 688,80 € für die Krankenkasse. Weitere Zuwendungen - insb. eine Zulage zur Kankenversicherung i. H. v 344,40 € - habe ich nicht erhalten. Meiner Beschwerde zur Erklärung 2021 ist in diesem Punkt stattgegeben worden, nach Vorlage der Überweisungsbelege. Die Frage nach dem allfälligen Auftraggeber und der begünstigten Kontonummer blieben daher unbeantwortet.
Ersuchen um eine Erklärung:
In ihren Steuerbüchern für die Arbeitnehmerveranlagungen steht jährlich der Hinweis, dass das steuerfreie Existenzminimum von 11.000,00 € grundsätzlich vom Wohnsitzstaat zu berücksichtigenden ist.
Zur Berechnung der ausl. Steuer sind dem zu versteuernden Einkommen 10.347,00 € hinzu gerechnet worden und in AT wird vom gesamten Jahreseinkommen die Steuer berechnet.
Wo ist das steuerfreie Existenzminimum berücksichtigt?"
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Das Bundesfinanzgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:
Die Beschwerdeführerin bezog im Streitjahr eine inländische Pension sowie eine Pension aus Deutschland.
Die deutsche Pension beträgt 13.506,06 €.
Die Beschwerdeführerin hat in Österreich für die deutschen Pensionsbezüge Krankenversicherungsbeiträge in Höhe von 688,80 € bezahlt.
In Deutschland hat die Beschwerdeführerin für den Bezug dieser Pension 2.101,00 € Einkommensteuer entrichtet.
2. Beweiswürdigung
Der oben festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akt, insbesondere den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Kontoauszügen und dem deutschen Einkommensteuerbescheid.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)
Die Beschwerdeführerin ist in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig.
Nach Art. 18 Abs. 2 DBA-Deutschland steht für die von der Beschwerdeführerin aus der deutschen gesetzlichen Sozialversicherung (Deutsche Rentenversicherung Bund) bezogene Rente Deutschland das alleinige Besteuerungsrecht zu und in Österreich sind diese Einkünfte nach Art. 23 Abs. 2 lit. a DBA-Deutschland von der Steuer befreit.
Gemäß Art. 23 Abs. 2 lit. d DBA-Deutschland hat Österreich das Recht, bei der Festsetzung der Steuer für inländische Einkommen die deutschen Pensionsbezüge zu berücksichtigen (Befreiungsmethode mit Progressionsvorbehalt).
In einem ersten Schritt ist das progressionswirksame Welteinkommen gemäß § 2 Abs 2 EStG zu ermitteln. Dabei sind die zu befreienden ausländischen Einkünfte nach nationalem Recht zu ermitteln. Bei der Einkommensermittlung ist die Einkommensteuer weder als Betriebsausgabe noch als Werbungskosten zu berücksichtigen (§ 20 Abs 1 Z 6 EStG). Dies gilt auch für die ausländische Einkommensteuer.
In einem zweiten Schritt wird die auf das nach österreichischem Recht angepasste progressionswirksame Welteinkommen entfallende Tarifeinkommensteuer gemäß § 33 Abs 1 EStG ermittelt und der Durchschnittssteuersatz berechnet. Gemäß § 33 Abs 11 EStG bleiben Abzüge gemäß Abs 4 bis 6 bei der Ermittlung des Durchschnittssteuersatzes unberücksichtigt.
Der Durchschnittssteuersatz ergibt sich aus folgender Formel:
In einem dritten Schritt sind die zu befreienden Einkünfte aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden und der Durchschnittssteuersatz auf die verbleibende Bemessungsgrundlage anzuwenden. Die Anwendung eines höheren Steuersatzes als jenem mit der genannten Formel ermittelten Durchschnittssteuersatzes ist weder nach nationalem noch nach DBA-Recht zulässig (siehe zB EAS 521 v ).
In einem vierten Schritt sind die Abzüge gemäß § 33 Abs 4 bis 6 EStG zu berücksichtigen (Loukota/Jirousek/Schmidjell-Dommes, IntStR Z 23 Rz 51).
Die Anrechnung der ausländischen Steuer käme nur dann in Frage wenn das Besteuerungsrecht für die deutsche Pension Österreich zustehen würde. In diesem Fall wäre die in Deutschland zu bezahlende Quellensteuer von der österreichischen Steuer zu subtrahieren.
§ 33 Abs 6 EStG in der zum geltenden Fassung lautete:
(6) Stehen einem Steuerpflichtigen die Absetzbeträge nach Abs. 5 nicht zu und erhält er Bezüge oder Vorteile im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 oder 2 für frühere Dienstverhältnisse, Pensionen und gleichartige Bezüge im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 oder Abs. 1 Z 4 bis 5, steht ein Pensionistenabsetzbetrag gemäß Z 1 und Z 2 oder gemäß Z 3 zu. Bei Einkünften, die den Anspruch auf einen Pensionistenabsetzbetrag begründen, steht der Werbungskostenpauschbetrag nach § 16 Abs. 3 nicht zu. Für die Berücksichtigung des Pensionistenabsetzbetrages gilt:
1. Ein erhöhter Pensionistenabsetzbetrag steht zu, wenn
[…]
3. Liegen die Voraussetzungen für einen erhöhten Pensionistenabsetzbetrag nach der Z 1 nicht vor, beträgt der Pensionistenabsetzbetrag 868 Euro. Dieser Absetzbetrag vermindert sich gleichmäßig einschleifend zwischen zu versteuernden laufenden Pensionseinkünften von 18.410 Euro und 26.826 Euro auf null.
Bei Zusammentreffen inländischer und ausländischer aufgrund eines DBA steuerbefreiter Pensionseinkünfte ist die Einschleifung des Pensionistenabsetzbetrags aufgrund der Höhe der inländischen und ausländischen Pensionseinkünfte vorzunehmen (s ). Der Beschwerdeführerin steht daher weder ein Werbungskostenpauschbetrag noch ein Pensionistenabsetzbetrag zu.
Die Krankenversicherungsbeiträge wurden der Beschwerdeführerin auf Grund der ausländischen Pension vorgeschrieben. Diese vermindern daher nur die deutsche Pension bei der Berechnung des Steuersatzes der Progressionseinkünfte nicht aber die inländische Pension.
Das steuerfreie Existenzminimum von 11.000,00 € wurde insofern berücksichtigt, als bei der Ermittlung des Durchschnittsteuersatzes 11.000,00 € mit 0% besteuert wurden.
Weiters wird die Beschwerdeführerin darauf aufmerksam gemacht, dass der Durchschnittssteuersatz unter Einbeziehung der in- und ausländischen Einkünfte nur auf die inländischen Einkünfte angewendet wurde.
Die Einkommensteuer für das Jahr 2022 errechnet sich daher folgendermaßen:
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zu versteuernde progressionswirksame Einkünfte (PVA-Pension) | 21.822,60 |
abzüglich Sonderausgaben (Zuwendungen § 18 Abs 1 Z 7 EStG | -1.180,00 |
Einkommen | 20.642,60 |
zu befreiende progressionswirksame Einkünfte ermittelt nach dem österr Recht (deutsche Rente abzüglich KV-Beitrag ÖGK) | 12.817,26 |
Bemessungsgrundlage für den Durchschnittsteuersatz | 33.459,86 |
Bemessungsgrundlage für den Durchschnittsteuersatz | |
0% für die ersten 11.000 € | 0,00 |
20% für die weiteren 7.000 € | 1.400,00 |
32,5% für die weiteren 13.000 € | 4.225,00 |
42% für die restlichen 2459,86 | 1.033,14 |
Tarifsteuer | 6.658,14 |
Durchschnittssteuersatz | 19,90% |
Anwendung des Durchschnittsteuersatzes auf die zu versteuernden Einkünfte | 4.107,88 |
Pensionistenabsetzbetrag | 0,00 |
Steuer nach Abzug der Absetzbeträge | 4.107,88 |
Die Steuer für die sonstigen Bezüge beträgt | |
0% für die ersten 620,00 € | 0,00 |
6% für die restlichen 3.017,10 € | 181,03 |
Einkommensteuer | 4.288,90 |
Anrechenbare Lohnsteuer | -2.444,10 |
Rundung gemäß § 39 Abs 3 EStG | 0,20 |
Festgesetzte Einkommensteuer | 1.845,00 |
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da sämtliche im gegenständlichen Fall zu lösenden Rechtsfragen bereits eindeutig geklärt sind, ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.1100020.2025 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
QAAAF-79703