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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 03.03.2025, RV/7102039/2019

Wiederaufnahme des Verfahrens, verdeckte Gewinnausschüttungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch A.S.Z. Wirtschaftstreuhandgesellschaft m.b.H., Husslstraße 1, 6130 Schwaz, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Kapitalertragsteuer 2014, Umsatzsteuer 2014, Körperschaftsteuer 2014, Wiederaufnahme Umsatzsteuer 2014 und Wiederaufnahme Körperschaftsteuer 2014 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid betreffend Umsatzsteuer 2014 wird gem. § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerde gegen den Wiederaufnahmebescheid betreffend Körperschaftsteuer 2014 wird gem. § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerde gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2014 wird gem. § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Der Beschwerde gegen den Umsatzsteuerbescheid 2014 wird gem. § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid betreffend Kapitalertragsteuer 2014 wird gem. § 279 teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom wurde eine Außenprüfung bei der ***Bf1*** (bfP) abgeschlossen. Unter anderem wurde festgestellt, das 2014 Investitionen in fremde Betriebsgrundstücke iHv € 19.062,47 (excl. USt) aktiviert wurden, welche nicht dem betrieblichen Bereich der Gesellschaft, sondern dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Gesellschafters zuzurechnen seien. Weiters wurde festgestellt, dass 2014 Instandhaltungen iHv € 12.889,71 (excl. USt) als Betriebsausgaben geltend gemacht wurden, die nicht dem betrieblichen Bereich der Gesellschaft, sondern dem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Gesellschafters zuzurechnen seien.

Mit Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2014 vom wurde das Verfahren hinsichtlich der Körperschaftsteuer für das Jahr 2014 (Bescheid vom ) gem. § 303 (1) BAO wiederaufgenommen. Mit Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2014 vom wurde das Verfahren hinsichtlich der Umsatzsteuer für das Jahr 2014 (Bescheid vom ) gem. § 303 (1) BAO wiederaufgenommen. Mit Körperschaftsteuerbescheid 2014 vom wurde die Körperschaftsteuer für 2014 festgesetzt mit € 375,00 (Nachforderung € 0,00). Mit Umsatzsteuerbescheid 2014 wurde die Umsatzsteuer für 2014 festgesetzt mit € 2.144,47 (Nachforderung € 6.545,29). Mit Haftungsbescheid für den Zeitraum 2014 vom wurde aufgrund des Zuflusses von Kapitalerträgen gem. § 93 EStG an den Gesellschafter ***G*** die zum Abzug verpflichtete bfP zur Haftung der Kapitalertragsteuer in der Höhe von € 13.112,90 herangezogen.

Mit Anbringen vom (eingelangt am ) wurde die Verlängerung der Rechtsmittelfrist zur Einbringung einer Beschwerde beantragt. Mit Bescheid vom wurde die Rechtsmittelfrist bis zum verlängert. Mit Anbringen vom (eingebracht mit FinanzOnline) wurde der Antrag auf abermalige Fristverlängerung zur Einreichung einer Beschwerde bis zum gestellt und genehmigt. Mit Anbringen vom (eingebracht mit FinanzOnline) wurde ein Antrag auf nochmalige Fristverlängerung zur Einreichung einer Beschwerde bis zum gestellt und genehmigt.

Mit Anbringen vom (eingelangt am ) wurde Beschwerde gegen den Haftungsbescheid 2014, den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2014, den Körperschaftsteuerbescheid 2014, den Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2014 und den Umsatzsteuerbescheid 2014 jeweils vom eingebracht. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass keine objektive Bereicherung des Gesellschafters vorläge und der Unternehmensgegenstand der bfP unter anderem Investitionstätigkeiten im land- und forstwirtschaftlichen Bereich sei.

Mit Ersuchen um Ergänzung vom wurden Fragen zu den Beschwerden an die bfP gerichtet.

Mit Stellungnahme vom erfolgte die Beantwortung des Ersuchens um Ergänzung vom .

Mit Schreiben vom erfolgte eine Stellungnahme der Betriebsprüfung zu den Beschwerden vom .

Mit Beschwerdevorentscheidung vom (eingelangt am ) wurden die Beschwerden vom als unbegründet abgewiesen.

Mit Anbringen vom (eingelangt am ) wurde fristgerecht der Antrag auf Vorlage der Beschwerden vom betreffend Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2014, Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2014, Körperschaftsteuerbescheid 2014, Umsatzsteuerbescheid 2014 und Haftungsbescheid für den Zeitraum 2014 zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht gestellt (Vorlageantrag).

Mit Vorlagebericht vom erfolgte die Vorlage der Beschwerden hinsichtlich Körperschaftsteuer 2014, Umsatzsteuer 2014, Kapitalertragsteuer 2014, Wiederaufnahme Umsatzsteuer 2014 sowie Wiederaufnahme Körperschaftsteuer 2014 an das Bundesfinanzgericht. Die belangte Behörde beantragte darin die Abweisung der Beschwerden.

Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die gegenständliche Beschwerdesache der bisherigen zuständigen Gerichtsabteilung abgenommen und mit der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung 7008 zugeteilt.

Mit Vorhalt vom wurden seitens des Bundesfinanzgerichtes ergänzende Fragen an die bfP gestellt und weitere Unterlagen angefordert.

Am erfolgte die Beantwortung dieses Vorhaltes und die Zusendung der Unterlagen per e-mail.

Mit Verfügung vom wurden der belangten Behörde die Vorhaltsbeantwortung samt Unterlagen zur Kenntnis übermittelt.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Mit Erklärung zur Errichtung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vom wurde die bfP errichtet. Die Firma wurde am in das Firmenbuch eingetragen (Antrag auf Neueintragung der Firma eingelangt am ). Der Gegenstand des Unternehmens gem. Punkt Zweitens (1) lit c) und d) sind ua: Investitionstätigkeiten im Land- und Forstbereich sowie die Verwaltung und Bewirtschaftung von Liegenschaften, Gutshöfen und Jagdrevieren in Europa sowie die Beratung auf diesen Gebieten in Europa, insbesondere die Beratung auf dem Gebiet des EU-Förderwesens sowie der Betrieb einer Land- und Forstwirtschaft einschließlich land- und forstwirtschaftlicher Nebengewerbe sowie die Erbringung von Dienstleistungen auf diesem Gebiet.

Mit Vereinbarung vom verpachtet der Landwirt und Gesellschafter-Geschäftsführer der bfP, ***G***, seine Heidelbeerflächen im Bereich ***O1*** und ***O2*** an die bfP. Die Flächen waren demnach dicht eingezäunt und versperrt zu halten. Die Abgrenzungen waren somit klar ersichtlich. Die bfP übernahm die weiteren, nötigen Investitionen. Ein Pachtpreis wird aus diesem Grund nicht bezahlt. Nach dem Einsetzen von Erträgen bzw. Gewinnen wird ein Pachtpreis vereinbart. Die Heidelbeerzucht wurde von der bfP errichtet und betrieben.

Vor dem Jahr 2014 war das Grundstück der Heidelbeerkultur Teil des pauschalierten Land- und Forstwirtschaftsbetriebes des Gesellschafter-Geschäftsführers der bfP. Die Pauschalierung betraf sowohl die Einkommensteuer wie die Umsatzsteuer. Die Vorarbeiten der Landwirtschaft betrafen vor allem die Rodung und Planierung eines Waldgrundstückes. In weiterer Folge wurden alle weiteren Aufwendungen von der bfP getragen. Die Betriebseinnahmen wurden ausschließlich von der bfP erzielt bzw. wurden die Produkte als Give Aways (Werbung) an Kunden weitergegeben. In weiterer Folge kamen Lieferungen an Großhändler dazu.

Auf dem Buchhaltungskonto Nr. 360 "Investitionen in fremde Betriebsgrundstücke" wurden im Wirtschaftsjahr 2014 Anlagegüter iZm der Heidelbeerzucht iHv € 19.062,47 aktiviert sowie € 3.812,49 an Vorsteuern geltend gemacht.

Im Wirtschaftsjahr 2014 wurden auf dem Konto Instandhaltungen Aufwendungen im Zusammenhang mit der Heidelbeerzucht iHv € 12.889,71 verbucht sowie € 2.577,98 an Vorsteuern geltend gemacht.

Die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2014 und Körperschaftsteuer 2014 wurden wie folgt begründet: Die Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgte gem. § 303 (1) BAO aufgrund der Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung, die der darüber aufgenommenen Niederschrift bzw. dem Prüfungsbericht zu entnehmen sind. Daraus ist auch die Begründung für die Abweichungen vom bisherigen im Spruch bezeichneten Bescheid zu ersehen. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. In vorliegenden Fall überwiegt das Interesse an der Rechtsrichtigkeit das Interesse auf Rechtsbeständigkeit. Die steuerlichen Auswirkungen können auch nicht als bloß geringfügig angesehen werden. Aufgrund der Gesamtauswirkung der Prüfungsfeststellungen ist eine Wiederaufnahme gerechtfertigt. Die vorgenommenen Änderungen lt. BP-Bericht stellen eine neue Tatsache dar und begründen somit eine Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer für das Jahr 2014. Die Wiederaufnahme wurde unter Abwägung von Billigkeits- und Zweckmäßigkeitsgründen (§ 20 BAO) verfügt. Im vorliegenden Fall überwiegt das Interesse der Behörde an der Rechtsbeständigkeit und die Auswirkungen können nicht als geringfügig angesehen werden.

Im BP-Bericht wurde im Abschnitt Prüfungsabschluss die Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs 1 BAO wie folgt begründet: Hinsichtlich nachstehend angeführter Abgabenarten und Zeiträume wurden Feststellungen getroffen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens gem. § 303 Abs 1 BAO erforderlich machen: Umsatzsteuer, Zeitraum 2014, Feststellung Tz. 2, 3, 4; Körperschaftsteuer, Zeitraum 2014, Tz. 1, 3, 4. Die Wiederaufnahme erfolgt unter Bedachtnahme auf das Ergebnis der durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung und der sich daraus ergebenden Gesamtauswirkung. Im vorliegenden Fall können die steuerlichen Auswirkungen nicht als geringfügig angesehen werden. Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung war dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteiinteresse an der Rechtskraft) einzuräumen.

Im Jahr 2014 wurde keine Verzinsung des Geschäftsführer-Verrechnungskontos vorgenommen. Für das Jahr 2014 wurde eine pauschale Verzinsung in Höhe von € 1.000,00 sowie eine verdeckte Ausschüttung vorgenommen (Textziffer 1 im BP-Bericht). Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden mit Körperschaftsteuerbescheid 2014 um € 1.000,00 erhöht sowie Kapitalertragsteuer iHv € 333,30 festgesetzt.

Im Jahr 2014 wurde im Zusammenhang mit dem Mietaufwand ***O3*** zu Unrecht ein Vorsteuerabzug in Höhe von € 154,00 vorgenommen (Textziffer 2 im BP-Bericht). Die geltend gemachten Vorsteuern wurden im Umsatzsteuerbescheid 2014 entsprechend vermindert.

Die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Körperschaftsteuer 2014 erfolgte zu Recht. Die vorgenommenen Änderungen in der Textziffer 1 des BP-Berichtes stellen eine neue Tatsache dar und führten zu einem im Spruch anders lautenden Körperschaftsteuerbescheid 2014.

Die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Umsatzsteuer 2014 erfolgte zu Recht. Die vorgenommenen Änderungen in der Textziffer 2 des BP-Berichtes stellen eine neue Tatsache dar und führten zu einem im Spruch anders lautenden Umsatzsteuerbescheid 2014.

Die von der bfP getätigten Investitionen in fremde Betriebsgrundstücke (Textziffer 3) und Instandhaltungen (Textziffer 4) stellen keine verdeckten Gewinnausschüttungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer, sondern Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Heidelbeerzucht dar. Der Körperschaftsteuerbescheid 2014, der Umsatzsteuerbescheid 2014 und der Haftungsbescheid 2014 sind entsprechend abzuändern:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Vorsteuer nach BP
3.635,53
Tz. 3
3.812,49
Tz. 4
2.577,98
Vorsteuer
10.026,00
Kapitalertragsteuer nach BP
13.112,90
Tz. 3
-7.624,22
Tz. 4
-5.155,38
Kapitalertragsteuer
333,30
Bilanzverlust nach BP
-669,18
Tz. 4
-12.889,71
Bilanzverlust
-13.558,89

2. Beweiswürdigung

Der der Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt, ergibt sich aus den Akten des Verwaltungsverfahrens und dem Vorbringen der Parteien, insbesondere aus der Erklärung zur Errichtung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vom und der Vereinbarung betreffend Pacht vom . Die belangte Behörde bemängelte die Mitwirkungspflicht der bfP, da die möglichen Betätigungsfelder der bfP weder im Prüfungsverfahren seitens des Gesellschafter-Geschäftsführers erwähnt, noch weitere Dokumente wie zB der Gesellschaftsvertrag vorgelegt worden wären. Es wäre der Eindruck entstanden, dass es sich hierbei lediglich um eine ex post Maßnahme eines Gestaltungsversuches durch die steuerliche Vertretung handeln würde. Der Gesellschafter-Geschäftsführer gab hingegen an, dass die belangte Behörde sehr wohl von Beginn der Außenprüfung an Kenntnis vom Gesellschaftsvertrag und dessen Bestimmungen, insbesondere des Unternehmensgegenstandes, gehabt hätte und dies auch während der Außenprüfung mehrfach erörtert worden wäre. Die Firma wurde am in das Firmenbuch eingetragen (Antrag auf Neueintragung der Firma eingelangt am ). Die Investitionstätigkeiten und Instandhaltungen sowie der Abschluss der Pachtvereinbarung erfolgten im Rahmen des gesellschaftsvertraglich festgelegten Unternehmensgegenstandes Investitionstätigkeiten im Land- und Forstbereich. Zu diesem Zweck erfolgte die Verbuchung der Investitionsaufwendungen auch auf dem Konto "Investitionen in fremde Betriebsgrundstücke". Zusammenfassend wird festgehalten, dass die Aufwendungen für Investitionen und Instandhaltungen betrieblich und nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst waren. Entgangene Erträge oder rechtswidrige Verminderungen des Einkommens, etwa aufgrund der Pachtvereinbarung, sind nicht gegeben. Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt daher nicht vor.

Die in den Textziffern 3 (Investitionen in fremde Betriebsgrundstücke) und 4 (Instandhaltungen 2014) angeführten Wiederaufnahmegründe führten mangels verdeckter Ausschüttung zu keinen im Spruch anders lautenden Bescheiden.

Im Zuge der Überprüfung der Bilanzansätze wurde erstmalig festgestellt, dass das Gesellschafter-Verrechnungskonto im Jahr 2014 nicht verzinst wurde. Ebenso wurde im Zuge der Überprüfung des Mietaufwandes erstmalig festgestellt, dass für die Miete ***O3*** ungerechtfertigt Vorsteuer geltend gemacht wurde. Beide, in Textziffer 1 und Textziffer 2, angeführten Feststellungen stellen neu hervorgekommene Tatsachen dar und führten zu anders lautenden Bescheiden. Da diesbezüglich keine anderslautenden Vorbringen vorliegen, stellen diese neuen Tatsachen rechtskonforme Wiederaufnahmegründe dar.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 303 Abs 1 lit. b BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen zulässig, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Tatsachen iSd § 303 BAO sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung zu einem anderen Ergebnis geführt hätten, wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften (zB ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB ; , 99/13/0253; , 2011/15/0157) ist das Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können.

Die Verfügung der Wiederaufnahme liegt im Ermessen. Dem Gleichheitssatz, dem Normzweck sowie den im § 20 genannten Kriterien kommt bei den Ermessensentscheidungen Bedeutung zu. Stets hat eine Abwägung aller für die Ermessensübung relevanten Umstände zu erfolgen (Ritz, BAO 7. Aufl., § 303, RZ 62, 63).

Von zentraler Bedeutung für die Ermessensübung ist die Berücksichtigung des Zweckes der Ermessen einräumenden Norm. Zweck des § 303 ist es, eine neuerliche Bescheiderlassung dann zu ermöglichen, wenn Umstände gewichtiger Art hervorkommen. Ziel ist ein insgesamt rechtmäßiges Ergebnis (; ). Daher ist bei der Ermessensübung grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (der Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit (Rechtskraft) zu geben (vgl. ; , 94/13/0032; , 99/14/0067). Dies gilt unabhängig davon, ob sich die Wiederaufnahme letztlich zu Gunsten oder zu Ungunsten der Partei auswirken würde (Ritz, BAO 7. Aufl., § 303, RZ 67).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Verweis des Bescheides auf die über die Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung aufgenommene Niederschrift bzw den Prüfungsbericht ausreichend, wenn die Tatsachen dort angeführt sind (zB ).

Die Wiederaufnahmebescheide betreffend Umsatzsteuer 2014 und Körperschaftsteuer 2014 wurden mit dem Hinweis auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung festgesetzt. Zur Begründung der Wiederaufnahme verwies die belangte im vorliegenden Fall auf die Feststellungen der abgabenbehördlichen Prüfung unter Angabe der entsprechenden Textziffern 1, 3, 4 für die Körperschaftsteuer und 2, 3, 4 für die Umsatzsteuer. In diesen Textziffern wurden die Tatsachen im Sinne der oben zitierten Gesetzesbestimmung angeführt.

Wiederaufnahmegründe sind nur entscheidungswesentliche Sachverhaltselemente (vgl zB ; , 96/14/0176). Dies sind solche, die im neuen Sachbescheid zu berücksichtigen, somit seinen Spruch zu beeinflussen geeignet sind (vgl zB Stoll, BAO, 2917). Eine Wiederaufnahme setzt - neben dem Vorliegen von Wiederaufnahmegründen - voraus, dass die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte

Die für die Festsetzung der Umsatzsteuer (Textziffer 2) und Körperschaftsteuer (Textziffer 1) wesentlichen Tatsachen kamen im Zuge der Außenprüfung erst nachträglich hervor und führten zu im Spruch anders lautenden Bescheiden. Im Zuge der Überprüfung des Mietaufwandes wurde erstmalig festgestellt, dass für die Miete ***O3*** ungerechtfertigt Vorsteuer geltend gemacht wurde. Dies stellt eine neu hervorgekommene Tatsache dar und begründet somit eine Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Umsatzsteuer 2014. Im Zuge der Überprüfung der Bilanzansätze wurde erstmalig festgestellt, dass das GF-Verrechnungskonto im Jahr 2014 nicht verzinst wurde, und stellt daher eine neu hervorgekommene Tatsache dar und begründet somit eine Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Körperschaftsteuer 2014. Die in den Textziffern 3 und 4 angeführten Tatsachen führen hingegen zu keinen anders lautenden Bescheiden (auf die unten angeführten Ausführungen betreffend verdeckter Gewinnausschüttungen wird verwiesen).

Auch die Ermessensübung der Abgabenbehörde im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme ist zu bestätigen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Ritz, BAO 7. Aufl., § 303 Tz 67), dass bei der Ermessensübung grundsätzlich dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit zu geben ist. Aufgrund der keineswegs geringfügigen Auswirkungen war dem Interesse an der Rechtsrichtigkeit der Vorzug zu geben.

Die Wiederaufnahme betreffend Umsatzsteuer 2014 und Körperschaftsteuer 2014 erfolgte daher zu Recht und die diesbezüglichen Beschwerden waren abzuweisen.

Verdeckte Ausschüttungen sind alle außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Gewinnverteilung gelegenen Zuwendungen einer Körperschaft an Anteilsinhaber, die das Einkommen der Körperschaft zu Unrecht vermindern und ihre Wurzel in der Anteilsinhaberschaft haben. Unter einem Anteilsinhaber ist dabei ein Gesellschafter oder eine Person mit einer gesellschafterähnlichen Stellung zu verstehen. Die Zuwendung eines Vorteils an einen Anteilsinhaber kann auch darin gelegen sein, dass eine dem Anteilsinhaber nahestehende Person begünstigt wird (beispielsweise ; ; bzw. ).

Die steuerliche Neutralisierung verdeckter Ausschüttungen dient der Entflechtung von betrieblich veranlassten Vorgängen einerseits und den durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Vorgängen andererseits (). Offene und verdeckte Ausschüttungen von Körperschaften stellen gemäß § 8 Abs. 2 KStG 1988 generell eine Verwendung erzielten Einkommens dar. Die damit verbundene Folge der Nichtberücksichtigung bei der Einkommensermittlung gilt auch für verdeckte Ausschüttungen. Zweck des Aufgreifens verdeckter Ausschüttungen ist daher das Erfassen des objektiv richtigen steuerlichen Erfolges der Körperschaft.

Nur Aufwendungen und Erträge, die durch den Betrieb veranlasst sind oder mit der Erzielung, Erhaltung und Sicherung der Einnahmen in Zusammenhang stehen, dürfen das Einkommen der Körperschaft beeinflussen.

Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung sind somit

  • eine Eigentums- oder Nahebeziehung zu einer Körperschaft,

  • das objektive Tatbild der Bereicherung des Anteilsinhabers oder einer ihm nahestehenden Person zu Lasten der Körperschaft und

  • das subjektive Tatbild einer auf Vorteilsgewährung gerichteten Willensentscheidung.

Entscheidendes Merkmal einer verdeckten Ausschüttung ist die Zuwendung von Vermögensvorteilen, die ihrer äußeren Erscheinungsform nach nicht unmittelbar als Einkommensverteilung erkennbar sind und ihre Ursache in den gesellschaftsrechtlichen Beziehungen haben.

Zu den grundsätzlichen Fragen der verdeckten Ausschüttung gehören der Zweck und die Ausstattung der Körperschaft auf Grund ihrer Geschäftsgrundlage. Ist die Körperschaft laut ihrem Geschäftsgegenstand zum Ausüben einer wirtschaftlichen Tätigkeit berufen, ist davon auszugehen, dass sie als Gewerbetreibender auftritt und eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt. Die Körperschaft kann daher durch eigene Geschäftstätigkeit Überschüsse erwirtschaften und originär körperliche und unkörperliche Werte schaffen. Die Anteilsinhaber haben daher weder auf das Einkommen noch auf die der Körperschaft gehörenden Werte einen unmittelbaren Anspruch oder ein unmittelbares Zugriffsrecht. Eine gegenteilige Handlung stellt eine verdeckte Ausschüttung dar.

Sind sowohl die Körperschaft als auch der Anteilsinhaber in der gleichen Branche tätig, wird zur Vermeidung von Zurechnungsproblemen eine eindeutige und klare Regelung darüber zu treffen sein, welche Geschäfte der Körperschaft zuzurechnen und welche Geschäfte höchstpersönliche Erfolge im Unternehmen des Anteilsinhabers sind (; , siehe auch Rz 644).

Zweck des Unternehmens sind ua Investitionstätigkeiten im Land- und Forstbereich sowie die Verwaltung und Bewirtschaftung von Liegenschaften, Gutshöfen und Jagdrevieren in Europa sowie die Beratung auf diesen Gebieten in Europa, insbesondere die Beratung auf dem Gebiet des EU-Förderwesens sowie der Betrieb einer Land- und Forstwirtschaft einschließlich land- und forstwirtschaftlicher Nebengewerbe sowie die Erbringung von Dienstleistungen auf diesem Gebiet. Die Errichtung einer Heidelbeerzucht auf einem gepachteten Grundstück entspricht dem angeführten Unternehmenszweck. Die bfP war laut ihrem Geschäftsgegenstand zum Ausüben einer wirtschaftlichen Tätigkeit berufen.

Es ist daher davon auszugehen, dass sie als Gewerbetreibende auftritt und eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt. Die Aufwendungen der Gesellschaft betreffend Heidelbeerzucht waren daher betrieblich und nicht gesellschaftsrechtlich veranlasst.

Aus der Branchengleichheit der Tätigkeit der juristischen Person und des Gesellschafters ergab sich kein vorenthaltener Ertrag, der in einer fehlenden oder mangelhaften Regelung der grundsätzlichen Aufgabenverteilung oder einer Regelung über ein konkretes Geschäft begründet war. Die Betriebseinnahmen wurden ausschließlich von der bfP gemacht bzw. wurden die Produkte als Give Aways (Werbung) an Kunden weitergegeben. Ein Pachtpreis an den Verpächter wird erst nach dem Vorliegen entsprechender Betriebseinnahmen bezahlt werden. Es bestanden eindeutige und klare Regelungen im Unternehmen darüber, welche Geschäfte der Gesellschaft zuzurechnen waren, nämlich der Betrieb der Heidelbeerzucht und welche Geschäfte höchstpersönliche Erfolge im Betrieb des Gesellschafters darstellten, nämlich die Verpachtung des entsprechenden Grundstückes.

Sowohl das objektive Tatbild der Bereicherung des Anteilsinhabers zu Lasten der Körperschaft als auch das subjektive Tatbild einer auf Vorteilsgewährung gerichteten Willensentscheidung liegen nicht vor. Zusammengefasst kann daher festgehalten werden, dass die kumulativen Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung im gegenständlichen Fall nicht gegeben sind.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Zur Frage der Wiederaufnahme des Verfahrens sowie zur Frage zum Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung folgt dieses Erkenntnis der Gesetzeslage und den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7102039.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
FAAAF-79695