Besuch von Kulturveranstaltungen als Werbungskosten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Patrick Brandstetter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2023 des Finanzamtes Österreich vom (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) zu Recht:
I. Der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2023 wird gemäß § 279 BAO abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bildet dieses einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang
Mit Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2023 machte die Beschwerdeführerin beruflich veranlasste Reisen in Höhe von EUR 4.462,96 geltend.
Im Rahmen eines Vorhalteverfahrens legte die Beschwerdeführerin eine Übersicht über erfolgte Reisen zu Kulturveranstaltungen in der Bundesrepublik Deutschland samt Kopien der Eintrittskarten vor.
Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2023 mit EUR 2.210,00 festgesetzt. Die geltend gemachten Aufwendungen für beruflich veranlasste Reisen wurden nicht anerkannt und wurde dies damit begründet, dass die Aufwendungen in Zusammenhang mit den besuchten Kulturveranstaltungen Aufwendungen der privaten Lebensführung darstellen würden und daher nach § 20 EStG 1988 nicht abzugsfähig seien.
Die Beschwerdeführerin erhob am Beschwerde gegen den Bescheid vom und verwies hierbei auf das beigelegte Beschwerdeschreiben aus dem Jahr 2014. Sie führte aus, dass Theaterbesuche für sie als Theaterschauspielerin kein Privatvergnügen seien, sondern der Förderung des Berufs dienen würden und zu ihrer Berufsausübung unbedingt notwendig seien. Indes beantragte sie, diese Aufwendungen als Werbungskosten zum Abzug zuzulassen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gegen den Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. Als Begründung führte die belangte Behörde aus, dass der Besuch von Kulturveranstaltungen auch zur privaten Lebensführung gehöre. Die entsprechenden Aufwendungen seien daher nicht abzugsfähig.
Am beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht und betonte die Wichtigkeit der Theaterbesuche für die Berufsausübung.
Am legte das Finanzamt den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin war vom bis und vom bis beim ***Arbeitgeber*** als Theaterschauspielerin angestellt.
Aufgrund dieser Anstellung konnte sie folgende Bezüge erzielen.
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Bezeichnung | Kennziffer lt. Lohnzettel | Betrag |
Bruttobezüge gem. § 25 ( ohne § 26 und ohne § 3 Abs. 1 Z 16b) | 210 | 16.616,72 |
Bezüge gem. § 67 Abs. 1 und 2 und gem. § 67 Abs. 5 2 Teilstrich, vor Abzug der Sozialversicherungsbeiträge | 220 | 2.356,72 |
Im Jahr 2023 unternahm sie die nachfolgenden Reisen zu Theatervorstellungen:
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Datum | Ort | Vorstellung | Strecke (km) | Nächtigungen |
Landesbühne Nord (BRD) | Die Gehaltserhöhung | 1.916 | 2 | |
Theater Konstanz (BRD) | Eine Sommernacht | 734 | 1 | |
Landesbühne Nord (BRD) | Der Tempelherr | 1.923 | 2 | |
Schauspiel Köln (BRD) | Xerrox Vol 2 | 1.434 | 2 | |
Theater Konstanz (BRD) | Kabale und Liebe | 731 | 1 | |
| Dann gab's keines mehr | 1.925 | 2 |
Für fast alle Theaterkarten sind der Beschwerdeführerin keine Kosten angefallen. Lediglich die Karte für "Xerrox Vol 2" hat EUR 7,00 sowie die Karte für "Kabale und Liebe" hat EUR 9,00 gekostet. Folglich trug die Beschwerdeführerin Kosten für Theatereintritte in Höhe von EUR 16,00.
Eine (nahezu) ausschließliche berufliche Veranlassung für die Reisen zu diesen Theatervorstellungen sowie den Besuch ebenjener lag nicht vor.
Beweiswürdigung
Die Feststellungen hinsichtlich der Anstellung der Beschwerdeführerin als Schauspielerin im Jahr 2023 beim ***Arbeitgeber*** sowie die daraus erzielten Bezüge basieren auf den Ausführungen in den Schriftsätzen sowie den vom ***Arbeitgeber*** an das Finanzamt übermittelten Lohnzetteln.
Die Sachverhaltsfeststellungen betreffend die im Jahr 2023 vorgenommenen Besuche von Kulturveranstaltungen in der Bundesrepublik Deutschland haben ihre Grundlage in den glaubhaften Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihren Schriftsätzen und ist in diesem Zusammenhang insbesondere die Eingabe der Beschwerdeführerin vom zu nennen, der sowohl eine Aufstellung der getätigten Reisen zu den Theatervorstellungen samt Kilometerangabe und Anzahl der Nächtigungen entnommen werden konnte als auch Kopien der Eintrittskarten beigelegt wurden. Diesen Ausführungen trat das Finanzamt auch nicht entgegen.
Zur Feststellung, dass eine (nahezu) ausschließliche berufliche Veranlassung für die Reisen zu den Theatervorstellungen sowie den Besuch ebenjener nicht vorlag, ist vorweg auszuführen, dass der Besuch von Kulturveranstaltungen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs unzweifelhaft auch zur privaten Lebensführung gehört (; , Ro 2014/13/0045). Dementsprechend kann in einem ersten Schritt hinsichtlich der in Zusammenhang mit dem Besuch von Kulturveranstaltungen einhergehenden Aufwendungen von einer privaten (Mit-)Veranlassung ausgegangen werden. Allerdings steht es dem Abgabepflichtigen bei solch typischen Aufwendungen der privaten Lebensführung frei, darzulegen, dass aufgrund der Berufstätigkeit eine private (Mit-)Veranlassung nur mehr von völliger untergeordneter Bedeutung ist und die Aufwendungen entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung (beinahe) ausschließlich die berufliche bzw. betriebliche Sphäre betreffen (; , 2011/13/0119). Insbesondere ist bei Auslandsreisen nachzuweisen, dass die Möglichkeit eines privaten Reisezwecks nahezu ausgeschlossen ist ().
Diesen Nachweis hat aufgrund der Nähe zum Beweisthema sodann der Abgabepflichtige von sich aus zu erbringen (; , Ro 2014/13/0045).
Dieser ihr nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zukommenden Nachweisverpflichtung wurde die Beschwerdeführerin mit ihrem pauschal gehaltenen Vorbringen, wonach der persönliche Kontakt mit Intendanten und Regisseuren die Chancen für eine spätere Anstellung erhöhe bzw. moderne Theaterinszenierungen zu sehen, wichtig für den Beruf sei und infolgedessen eine ausschließliche berufliche Veranlassung gegeben sei, jedoch nicht gerecht. Zwar bezweifelt das Bundesfinanzgericht nicht, dass die Besuche von Theaterveranstaltungen in der Bundesrepublik Deutschland für die Förderung der beruflichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin dienlich waren, allerdings legte die Beschwerdeführerin keinerlei Nachweise über die behaupteten Gespräche mit Intendanten und Regisseuren, die im Rahmen der besuchten Kulturveranstaltungen geführt worden seien, allfällige Bewerbungsprozesse bzw. neue Engagements, die sich aufgrund der Gespräche ergeben hätten, allfällige Aufträge des Arbeitgebers oder gar eine Verwertung der erfahrenen modernen Theaterinszenierung im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit vor, die auf eine berufliche Veranlassung schließen lassen hätten können.
Aber auch aus der Summe an Aufwendungen sowie der Frequenz der besuchten Veranstaltungen allein lässt sich eine entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung (nahezu) ausschließliche berufliche bzw. betriebliche Veranlassung nicht ableiten, lassen doch diese Umstände keine objektiv nachvollziehbaren Rückschlüsse über den Veranlassungsgrund bezüglich den Besuch der Kulturveranstaltungen zu (). Gleiches muss auch für das von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Argument der Distanz gelten und lassen daher die von der Beschwerdeführerin zurückgelegten Kilometer für sich allein keinen objektiv nachvollziehbaren Rückschluss dahingehend zu, dass der Besuch einer jeden einzelnen Kulturveranstaltung (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst gewesen wäre.
Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen zeigt sich, dass die Beschwerdeführerin den Nachweis des Vorliegens einer (nahezu) ausschließlich beruflichen Veranlassung der besuchten Kulturveranstaltungen mit ihrem Vorbringen nicht erbrachte und basiert die Feststellung, dass eine (nahezu) ausschließliche berufliche Veranlassung für die Reisen zu diesen Theatervorstellungen sowie den Besuch ebenjener nicht vorlag, auf genau ebendiesen Überlegungen.
Rechtliche Beurteilung
Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringen und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abgezogen werden.
Nach § 1 Z 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für Werbungskosten in der Fassung BGBl. II Nr. 500/2021 werden für Bühnenangehörige, die § 1 Abs. 1 Theaterarbeitsgesetz, BGBl. I Nr. 100/2010, unterliegen, andere auf Bühnen auftretende Personen und Filmschauspieler nach den jeweiligen Erfahrungen in der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrags gem. § 16 Abs. 3 EStG 1988 Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses in Höhe von 5 % der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.628 Euro jährlich, festgelegt.
Laut § 2 der Verordnung sind die Bruttobezüge abzüglich der steuerfreien Bezüge, soweit diese nicht wie ein laufender Bezug nach dem Lohnsteuertarif zu versteuern sind (Bruttobezüge gem. Kennzahl 210 abzüglich der Bezüge gem. Kennzahlen 215 und 220 des amtlichen Lohnzettelvordruckes L 16) Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Pauschbeträge.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist auf den vorliegenden Fall das Folgende auszuführen.
Wie § 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988 entnommen werden kann, dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringen und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abgezogen werden.
Diesem Verbot gemischt veranlasster Aufwendungen (so genanntes Aufteilungs- und Abzugsverbot) wohnt der Gedanke der Steuergerechtigkeit dergestalt inne, als mit diesem Verbot vermieden werden soll, dass ein Steuerpflichtiger aufgrund der Eigenschaft seines Berufs eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und dadurch Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abziehbar machen kann, was ungerecht gegenüber jenen Steuerpflichtigen wäre, die eine Tätigkeit ausüben, die eine solche Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen nicht ermöglicht, und die derartige Aufwendungen aus ihrem bereits versteuerten Einkommen tragen müssen (; , Ro 2014/13/0045).
Im Beschwerdefall liegt aufgrund der Sachverhaltsfeststellungen eine solche gemischte Veranlassung vor, ist doch der Besuch von Theaterveranstaltungen, wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ausgeführt wurde, typischerweise der privaten Lebensführung zuzuordnen und vermochte die Beschwerdeführerin nicht, eine (nahezu) ausschließliche berufliche Veranlassung dieser Theaterbesuche nachzuweisen, was allerdings Voraussetzung für die Berücksichtigung dieser Aufwendungen als Werbungkosten gewesen wäre. Folglich waren den Aufwendungen der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit den besuchten Kulturveranstaltungen gem. § 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988 der Abzug zu versagen.
Der Beschwerdeführerin steht allerdings aufgrund ihrer Tätigkeit als Schauspielerin beim ***Arbeitgeber*** ein Pauschalbetrag nach § 1 Z 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für Werbungskosten zu und war der bekämpfte Einkommensteuerbescheid vom dementsprechend abzuändern. Die Höhe des Pauschbetrags ergibt sich nach § 2 der Verordnung sowie der übermittelten Lohnzettel wie folgt:
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Betrag laut KZ 210 | 16.616,72 |
Abzgl. Betrag laut KZ 220 | 2.356,72 |
Bemessungsgrundlage | 14.260,00 |
Pauschalbetrag (5 %) | 713,00 |
Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde zum einen von der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw. ergeben sich die Rechtsfolgen aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.
Zum anderen handelte es sich bei der Frage, ob die Reisen zu sowie der Besuch von Kulturveranstaltungen in der Bundesrepublik Deutschland (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst waren, um eine Frage der Beweiswürdigung und ist zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nicht berufen ().
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 20 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.6100119.2025 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
BAAAF-79692