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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.03.2025, RV/5100516/2024

Studienwechsel nach dem vierten Semester

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf.***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom , Ordnungsbegriff: ***OB***, über die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für die Zeiträume Oktober 2022 bis September 2023 zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid vom forderte das Finanzamt unter Verweis auf die Bestimmungen des § 26 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) und § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988) Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge in Höhe von insgesamt 2.976,60 Euro zurück, welche die Beschwerdeführerin (Bf.) für ihre Kinder ***K1***, VNR: ***VNR1***, und ***K2***, VNR: ***VNR2***, für die Zeiträume Oktober 2022 bis September 2023 bezogen hatte, zurück.
Dies mit nachstehender Begründung:

"Zu ***K1***:

Die Familienbeihilfe steht unter folgenden Voraussetzungen zu:

  1. Das Studium wurde nicht mehr als zwei Mal gewechselt

  2. Das Studium wurde vor dem 3. gemeldeten Semester gewechselt

  3. Rechtshinweis: § 2 Abs, 1 lit. B des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 (FLAG 1967) in Verbindung mit § 17 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG)

  4. Wenn ein Studienwechsel zu einem Wegfall der Familienbeihilfe führt, besteht erst wieder Anspruch, wenn im neuen Studium so viele Semester absolviert wurden wie im vorherigen (§ 2 Abs. 1 lit. B Familienlastenausgleichsgesetz 1967 in Verbindung mit § 17 Studienförderungsgesetz 1992).

  5. Ihre Tochter ***K1*** hat mit WS 2022 das Lehramtsstudium Primarstufe begonnen und das vorherige Studium Sport - und Bewegungswissenschaften an der Uni Salzburg nach 4 Semestern abgebrochen. Da der Studienwechsel nach mehr als 2 Semestern erfolgte, liegt ein beihilfeschädlicher Studienwechsel vor, für den kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für die Anzahl von Semestern, für die im vorigen Studien Familienbeihilfe bezogen wurde.

  6. HINWEIS:

  7. Da Prüfungen im Ausmaß von 11,5 ECTS angerechnet wurden, verkürzt sich die Wartefrist ohne Beihilfenanspruch um ein Semester und beträgt somit nur drei Semester.

  8. Zu ***K2***:

  9. Sie haben für mehr als ein Kind Familienbeihilfe bezogen. Im Rückforderungsbetrag ist die anteilige Geschwisterstaffel für sämtliche Kinder enthalten, für die Sie im Rückforderungszeitraum zu Unrecht Familienbeihilfe erhalten haben (§ 8 Abs. 3 Familienlastenausgleichsgesetz 1967)."

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom , in der zur Begründung im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass die Bf. allen Aufforderung des Finanzamtes nachgekommen sei. Es seien alle erforderlichen Unterlagen und Studienerfolgsnachweise vorgelegt worden. Die Tochter der Bf. habe in jedem Semester mehr als die zu absolvierenden ECTS abgelegt. Die Bf. sei auch nie darüber informiert worden, dass ein Wechsel des Studiums nur während der ersten beiden Semester ohne Einfluss auf die Familienbeihilfe erfolgen könne. Aus dem Umfeld der Bf. seien solche Rückzahlungen nicht bekannt, obwohl das Studium auch in diesen Fällen später gewechselt worden sei.

Das Finanzamt wies in der Folge die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab.
Zur Begründung führte die Behörde Folgendes an:

"Gem. § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule weitergebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Bei Kindern, die eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

Gemäß § 17 Abs. 1 StudFG liegt ein günstiger Studienerfolg nicht vor, wenn der Studierende

1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder

2. das Studium nach dem jeweils dritten fortgesetzten gemeldeten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder

3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium

Gemäß § 17 Abs. 2 StudFG gelten nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1

1. Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind,

2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,

3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,

4. die Aufnahme eines Masterstudiums gemäß § 15 Abs. 3,

5. die Aufnahme eines Doktoratsstudium gemäß § 15 Abs. 4.

Ihre Tochter ***K1*** hat mit WS 2020 das Bachelorstudium Sport- und Bewegungswissenschaften an der Uni Salzburg begonnen. Dieses Studium wurde nach 4 Semestern abgebrochen. Am hat sich ***K1*** für ein neues Studium, und zwar das Lehramtsstudium Primarstufe an der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz, angemeldet und dieses Studium im Herbst begonnen. Da der Studienwechsel nach mehr als 2 Semestern erfolgte, liegt ein beihilfenschädlicher Studienwechsel vor, für den kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für die Anzahl von Semestern für die im vorherigen Studium Familienbeihilfe bezogen wurde.

Ihren Einwänden in der Beschwerde, dass sie stets alle Unterlagen vorgelegt hätten und Sie nicht über Studienwechsel informiert wurden, ist entgegenzuhalten, dass die Familienbeihilfe aufgrund Ihrer Angaben im Antrag bzw. in den Überprüfungsschreiben gewährt wird und das Finanzamt erst durch die Anhänge zum Überprüfungsschreiben vom vom Studienwechsel Ihrer Tochter Kenntnis erlangte.

Gemäß § 25 Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG) wären Sie dazu verpflichtet gewesen, Änderungen innerhalb eines Monats ab dem Bekanntwerden der zu meldenden Tatsache, beim zuständigen Finanzamt zu melden.
Sie haben jedoch den Umstand des Studienwechsels nicht zeitnah dem Finanzamt gemeldet.

Gemäß § 26 Familienausgleichsgesetz (FLAG) ist zu Unrecht bezogene Familienbeihilfe rückzuzahlen, soweit der unrechtmäßige Bezug nicht ausschließlich durch eine unrichtige Auszahlung durch eine in § 46 des FLAG genannte Gebietskörperschaft oder gemeinnützige Krankenanstalt verursacht worden ist.
Dies gilt gem. § 33 Abs. 4 Zi. 3a Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) auch für den zu Unrecht bezogenen Kinderabsetzbetrag.
Die im § 26 FLAG geregelte Rückzahlungsverpflichtung ist so weitgehend, dass sie auf subjektive Momente wie Verschulden und Gutgläubigkeit keine Rücksicht nimmt und die von der Finanzverwaltung zu Unrecht ausbezahlten Familienbeihilfenbeträge auch dann zurück zu zahlen sind, wenn der Überbezug ausschließlich auf eine Fehlleistung der Abgabenbehörde zurückzuführen ist.

Da ***K1*** das Studium nach 4 Semestern gewechselt hat, liegt ein beihilfenschädlicher Studienwechsel vor und es besteht grundsätzlich für 4 Semester nach demStudienwechsel kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Aufgrund der Anrechnung von Prüfungen im Ausmaß von 11,5 ECTS verkürzt sich die Wartefrist ohne Beihilfenanspruch jedoch um ein Semester und beträgt somit nur drei Semester, das ist von 10/2022 - 02/2024.

Im strittigen Zeitraum 10/2022 - 09/2023 bestand demnach kein Anspruch auf Familienbeihilfe und Ihre Beschwerde war als unbegründet abzuweisen."

Am beantragte die Bf. die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Zur Begründung brachte die Bf. vor:

"Beim Sportwissenschaftsstudium meiner Tochter ***K1*** wurde das Curriculum 2022 ohne Übergangsfrist geändert (unabwendbares Ereignis). Das hätte für meine Tochter ein zusätzliches Studienjahr bedeutet, dem sie nicht nachkommen wollte und sie wechselte daher das Studium. Ihr wurde gesagt, dass sie immer über 16 ECTS pro Semester haben muss, damit sie die Familienbeihilfe nicht verliert. (www.oesterreich.gv.at)
Daher wechselte sie nach dem abgeschlossenen 4. Semester. Dass man diesen Wechsel innerhalb eines Monats nach dem Studienwechsel dem Finanzamt mitteilen muss, wussten wir nicht. Woher hätten wir diese Information erhalten? Den Nachweis über Inskription und die absolvierten ECTS haben wir jedes Semester geschickt. Das Finanzamt war immer über den aktuellen Stand informiert. Ich verstehe es nicht, weil meine Tochter ihr Studium immer ernst genommen hat und überdurchschnittlich viele
ECTS absolviert hat.

Ich möchte nochmals angeben, dass wir jedes Semester die Inskriptionsbestätigung sowie die abgelegten ECTS übermittelt haben. Meine Tochter ***K1*** hat jedes Semester die geforderten ECTS erbracht bzw. sogar überschritten. Sie ist eine sehr gewissenhafte und eifrige Studentin. Im Jahr 2022 wurde bei ihrem Studium Sportwissenschaften das Curriculum abgeändert, was zur Folge hatte, dass ihr einige bereits absolvierte Lehrveranstaltungen nicht mehr für den Bachelor angerechnet worden wären und sie noch länger studieren hätte müssen. Es gab auch keine Möglichkeit einer Übergangsregelung. Da sie aber so bald wie möglich in den Arbeitsprozess einsteigen wollte und sie das Primarstudium schon ins Auge gefasst hatte, begann sie ihr Studium fürPrimarstufe in Linz. Dass wir das mitteilen und bei Ihnen melden sollten, wussten wir nicht. Wir dachten es genügt die Inskriptionsbestätigung. Ich kann die Gründe für die Rückforderung nicht vollständig verstehen, da ich andere Fälle kenne, die auch ihr Studium sogar mehrmals und auch nach dem 4. Semester erst gewechselt haben und keine Rückforderungsansprüche hatten. Meine Tochter bezieht auch keine Studienbeihilfe. Weiters möchte ich zu bedenken geben, dass wir immer den Aufforderungen nachgekommen sind."

Die belange Behörde führte folgende Erhebungen durch:

Das Finanzamt ersuchte die Bf. in einem Anspruchsüberprüfungsschreiben vom betreffend ihre Tochter ***K1*** um Vorlage des Reifeprüfungszeugnisses, einer Fortsetzungsbestätigung vom WS 2021/22 sowie eines Studienerfolgsnachweises betreffend das erste Studienjahr.

Die Bf. legte in der Folge neben dem Reifeprüfungszeugnis folgende Unterlagen vor:

[...]

In einem weiteren Anspruchsüberprüfungsschreiben vom ersuchte das Finanzamt die Bf., den Studienabschluss ihrer Tochter nachzuweisen.

Die Bf. legte in der Folge folgende Unterlagen vor:

[...]

In einem an die Bf. gerichteten Vorhalt der belangten Behörde vom heißt es:
"Laut vorhandenen Studiendaten hat ***K1*** von WS 2020 - SS 2022 Sport- und Bewegungswissenschaft an der Uni Salzburg studiert. Mit WS 2022 hat Sie das Studium gewechselt auf Lehramt Primarstufe an der Pädagogische Hochschule der Diözese Linz.
Wurden aus dem Sportstudium Prüfungen für das neue Lehramtsstudium angerechnet?
Wenn ja, bitte um Vorlage des Anrechnungsbescheides."

Die Bf. legte in der Folge folgende Unterlagen vor:

[...]

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde samt den Verfahrensakten dem Bundesfinanzgericht vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Tochter der Beschwerdeführerin (Bf.), ***K1***, begann im Wintersemester 2020/21 die Bachelorstudien "Sport- und Bewegungswissenschaft" (Studienkennzahl: UD033628) sowie "Lehramt Sekundarstufe (AB); UF Bewegung und Sport; UF Mathematik" (Studienkennzahl: UD19840042003) an der Paris Lodron Universität Salzburg. Im September 2021 erlosch die Zulassung zum genannten Lehramtsstudium und es erfolgte die Zulassung zum Bachelorstudium "Lehramt Sekundarstufe (AB); UF Bewegung und Sport; UF Biologie und Umweltkunde" (Studienkennzahl: UD19840040203).
Im Oktober 2022 erlosch die Zulassung für das Bachelorstudium "Sport- und Bewegungswissenschaft" an der Paris Lodron Universität Salzburg und die Tochter der Bf. begann im Wintersemester 2022/23 das Bachelorstudium "Lehramt Primarstufe" (Studienkennzahl: PF098100199) an der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz. Mit Bescheid vom wurden ihr aus dem Vorstudium Prüfungen im Ausmaß von 11,5 ECTS angerechnet.
In den Bachelorstudien "Lehramt Sekundarstufe (AB); UF Bewegung und Sport; UF Mathematik" (Studienkennzahl: UD19840042003) sowie "Lehramt Sekundarstufe (AB); UF Bewegung und Sport; UF Biologie und Umweltkunde" (Studienkennzahl: UD19840040203) an der Paris Lodron Universität Salzburg absolvierte die Tochter der Bf. keine Prüfungen und es wurden ihr auch keine Prüfungen aus anderen Studien anerkannt und angerechnet.
Laut den dem Finanzamt elektronisch übermittelten Daten zu den angeführten Studien absolvierte die Tochter der Bf. Prüfungen in nachstehendem Ausmaß (ECTS-Punkte):


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Semester
UD033628
(Anzahl ECTS)
UD19840042003
(Anzahl ECTS)
UD19840040203
(Anzahl ECTS)
PF098100199
(Anzahl ECTS)
2020/21W
21
0
2021S
30
0
2021/22W
25
0
2022S
22
0
2022/23W
0
22,5
2023S
0
27,5
2023/24W
0
35,5
2024S
0
25,5

Die Bf. bezog für ihre Tochter im Zeitraum Oktober 2022 bis September 2023 Familienbeihilfe in Höhe von 2.156,40 Euro und Kinderabsetzbeträge in Höhe von 731,40 Euro.

Der gemäß § 8 Abs. 3 Z. 3 FLAG 1967 für das weiter Kind der Bf., ***K2***, VNR: ***VNR2***, gewährte Betrag betrug im Rückforderungszeitraum insgesamt 88,80 Euro.

2. Beweiswürdigung

Das Bundesfinanzgericht gründet den festgestellten Sachverhalt auf den Inhalt der vom Finanzamt Österreich vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Angaben und Vorbringen der beschwerdeführenden Partei.

3. Rechtslage

§ 2 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) lautet auszugsweise:

"§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,
a) …
b) für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester.

Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,
…"

Die Familienbeihilfe wird gemäß § 10 Abs. 2 FLAG 1967 vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

Folgende Regelungen des § 17 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) idF BGBl. I Nr. 54/2016 sind für den vorliegenden Fall von Bedeutung:

"§ 17. (1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:

1. Studienwechsel, bei welchen die gesamte Studienzeit des vor dem Studienwechsel betriebenen Studiums für die Anspruchsdauer des nach dem Studienwechsel betriebenen Studiums berücksichtigt wird, weil auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen Gleichwertigkeit nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gegeben ist,
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,
3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,
4. die Aufnahme eines Masterstudiums gemäß § 15 Abs. 3,
5. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 4.

(3) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden danach so viele Semester zurückgelegt haben, wie sie in dem gemäß Abs. 1 Z 2 zu spät gewechselten Studium verbracht haben. Anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden."

Personen, denen Familienbeihilfe gewährt oder an Stelle der anspruchsberechtigten Person ausgezahlt (§ 12) wird, sind verpflichtet, Tatsachen, die bewirken, dass der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt, sowie Änderungen des Namens oder der Anschrift ihrer Person oder der Kinder, für die ihnen Familienbeihilfe gewährt wird, zu melden. Die Meldung hat innerhalb eines Monats, gerechnet vom Tag des Bekanntwerdens der zu meldenden Tatsache, beim Finanzamt Österreich zu erfolgen (§ 25 FLAG 1967).

Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 (nachfolgend: FLAG 1967) Familienbeihilfe gewährt wird, steht gemäß § 33 Abs. 3 EStG 1988 im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag in der im Gesetz näher angeführten Höhe für jedes Kind zu.

Wer Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, hat nach § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

§ 26 FLAG 1967 ist gemäß § 33 Abs. 3 Z. 1 letzter Satz EStG 1988 auch für zu Unrecht bezogene Kinderabsetzbeträge anzuwenden.

4. Rechtliche Beurteilung

Nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 haben u.a. Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die sich in Berufsausbildung befinden, wobei auch ein Studium - bei entsprechendem Studienerfolg - als Berufsausbildung den Familienbeihilfenanspruch begründet.

Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 StudFG angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Studienwechsel iSd § 17 StudFG vor, wenn die/der Studierende das von ihr/ihm begonnene und bisher betriebene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes unter den Geltungsbereich des StudFG fallendes Studium beginnt ( mwN).

Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass die Tochter der Bf. das noch nicht abgeschlossene Bachelorstudium "Sport- und Bewegungswissenschaft" an der Paris Lodron Universität Salzburg nach einer Dauer von vier Semestern nicht mehr fortgesetzt hat und an dessen Stelle das Bachelorstudium "Lehramt Primarstufe" an der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz begonnen hat.

Nachdem feststeht, dass die Tochter der Bf. das Studium gewechselt hat, ist § 17 StudFG anzuwenden.

Mit dem Verweis in § 2 Abs. 1 lit. b 10. Satz FLAG 1967 ist der Begriff "günstiger Studienerfolg" im Sinne des § 17 StudFG auch für die Beurteilung, ob eine Berufsausbildung vorliegt, maßgeblich.

Kein günstiger Studienerfolg und damit ein für den Anspruch auf Familienbeihilfe "schädlicher" Studienwechsel liegt nach § 17 Abs. 1 Z. 2 StudFG vor, wenn das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester gewechselt wird.

Im Beschwerdefall ist unstrittig, dass der Studienwechsel nach vier Semestern erfolgte. Dieser Studienwechsel fällt somit unter § 17 Abs. 1 Z. 2 StudFG.

Nach § 17 Abs. 2 Z. 2 StudFG liegt kein "schädlicher" Studienwechsel vor, wenn dieser durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurde.
Dies ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Fall, wenn ein Ereignis eintritt, das eine erfolgreiche Fortsetzung des bisher betriebenen Studiums unmöglich macht (vgl. ). Nur ein das Vorstudium, nicht jedoch andere Studien spezifisch behindernder Grund führt einen Studienwechsel "zwingend" herbei ().

Im Vorlageantrag bringt die Bf. sinngemäß vor, dass ein unabwendbares Ereignis vorliege, da im Jahr 2022 das Curriculum für das Bachelorstudium "Sport- und Bewegungswissenschaft" ohne Übergangsfrist geändert worden sei. Dies hätte für ihre Tochter ein zusätzliches Studienjahr bedeutet, dem sie nicht nachkommen habe wollen. Es habe keine Übergangsregelung gegeben.

Das im Mitteilungsblatt - Sondernummer der Paris Lodron-Universität Salzburg vom , 37. Stück, veröffentlichte und am in Kraft getretene Curriculum für das Bachelorstudium Sport- und Bewegungswissenschaft enthält in § 16 folgende Übergangsbestimmungen:
"Studierende, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Curriculums für das Bachelorstudium Sport- und Bewegungswissenschaft an der Paris Lodron-Universität Salzburg (Version 2018, Mitteilungsblatt - Sondernummer 29, ) gemeldet sind, werden mit in das neue Studium übergeführt. Für diese Studierenden werden die Zulassungsvoraussetzungen gemäß § 12 Abs. 2 ausgesetzt. Die bis zu diesem Zeitpunkt erbrachten Prüfungsleistungen werden gemäß der Äquivalenzliste (Anhang II) anerkannt."

In einer in Anhang II enthaltenen Äquivalenzliste sind die aus dem Curriculum 2018 anrechenbaren Lehrveranstaltungen je Modul abgebildet. Wurden in einem Modul im Curriculum 2022 die anrechenbaren ECTS aus dem Curriculum 2018 überschritten, konnten die restlichen ECTS als freie Wahlfächer angerechnet werden. Wurden innerhalb eines Moduls im Curriculum 2022 die ECTS einer anzurechnenden Lehrveranstaltung aus dem Curriculum 2018 unterschritten, konnten diese dadurch kompensiert werden, dass eine andere im gleichen Modul anzurechnende Lehrveranstaltung mehr ECTS aufwies als erforderlich. Wurden die ECTS im anzurechnenden Modul im Curriculum 2022 unterschritten, waren entsprechende Lehrveranstaltungen im neuen Studienplan nachzuholen.

Im beschwerdegegenständlichen Fall ist aufgrund dieser Übergangsregelungen nicht von einem Studienwechsel, der durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden der Studierenden zwingend herbeigeführt wurde, auszugehen, da die Tochter der Bf. trotz der ins Treffen geführten Änderung des Curriculums nicht daran gehindert war, das von ihr betriebene Bachelorstudium Sport- und Bewegungswissenschaft erfolgreich weiter fortzusetzen.

Wird ein Studium nach dem dritten inskribierten Semester - wie hier beim Bachelorstudium "Sport- und Bewegungswissenschaft" - gewechselt, bedeutet dies nach § 17 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 17 Abs. 3 StudFG und § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, dass für das Folgestudium grundsätzlich keine Familienbeihilfe zusteht, solange das vorangegangene Studium gedauert hat. Eine Anrechnung von Vorstudienzeiten wurde gegenständlich im Ausmaß von 11,5 ECTS vorgenommen, sodass sich gemäß § 17 Abs. 3 StudFG die Wartezeit im neuen Studium um ein Semester verkürzte. Obwohl das vorangegangene Bachelorstudium vier Semester (vom Wintersemester 2020/21 bis einschließlich Sommersemester 2022) gedauert hat, beträgt diese Wartezeit im vorliegenden Fall daher nur drei Semester.

Im Beschwerdefall bestand daher bei dem nach dem Sommersemester 2022, somit nach dem vierten inskribierten Semester tatsächlich erfolgten Studienwechsel gemäß § 17 Abs. 3 StudFG für die ersten drei Semester (d.h. bis einschließlich Wintersemester 2023/24) des neu begonnenen Bachelorstudiums "Lehramt Primarstufe" an der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz daher kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Ab dem Sommersemester 2024 (März 2024) bestand bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen (Berufsausbildung) wieder ein Anspruch.

Aus § 26 Abs. 1 FLAG 1967 ergibt sich eine objektive Erstattungspflicht zu Unrecht bezogener Familienbeihilfe. Subjektive Momente, wie Verschulden, Gutgläubigkeit oder die Verwendung der Familienbeihilfe, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Verpflichtung zur Rückerstattung unrechtmäßiger Beihilfenbezüge irrelevant (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 26 Rz 13, mit Anführung der VwGH-Judikatur).

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren kommt es nur darauf an, ob die Bf. die in Rede stehenden Beträge zu Unrecht erhalten hat. Dem Bundesfinanzgericht ist bei seiner Entscheidung auch kein Ermessen eingeräumt. Die von der Bf. ins Treffen geführten besonderen Umstände, etwa die Unkenntnis der in § 25 FLAG 1967 normierten Informationspflichten oder die finanzielle Belastung im Zusammenhang mit der Ausbildung ihrer Kinder konnten daher bei der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Rückforderung keine Berücksichtigung finden.

Fehlt es somit an einem Anspruch auf Familienbeihilfe, ist gemäß § 33 Abs. 3 letzter Satz EStG 1988 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 FLAG 1967 auch der Kinderabsetzbetrag zurückzufordern (vgl. Wanke in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2, § 26 Rz 10).

Aus den angeführten Gründen musste daher die Beschwerde als unbegründet abgewiesen werden.

5. Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die im gegenständlichen Fall zu klärende Rechtsfrage des Anspruches auf Gewährung von Familienbeihilfe im Falle eines Studienwechsels nach dem dritten Studiensemester wurde im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. beispielsweise ; ) entschieden, sodass die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen und eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof daher nicht zulässig ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
IAAAF-79681