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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.04.2025, RV/4100077/2024

Pendlerpauschale und Pendlereuro - Nutzung des Werkverkehrs

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Wiebke Peperkorn in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Einkommensteuer für das Jahr 2022 wird festgesetzt mit EUR xxxxx.

Die Bemessungsgrundlagen und die Berechnung der Einkommensteuer sind dem als Beilage ./I angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) reichte am elektronisch über FinanzOnline seine Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2022 ein. Darin beantragte er u.a. das Pendlerpauschale in Höhe von EUR 1.968,00 sowie den Pendlereuro in Höhe von EUR 106,72.

Am erging der Einkommensteuerbescheid 2022 erklärungskonform.

Gegen diesen brachte der Bf. am Beschwerde ein und machte darin eine abweichende Höhe des Pendlereuros in Höhe von EUR 240,04 geltend.

Mit Ergänzungsersuchen vom sowie vom wurde der Bf. von der Abgabenbehörde zur Vorlage bestimmter Nachweise, u.a. betreffend Nutzung des Werkverkehrs, aufgefordert, die der Bf. teilweise vorlegte.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die Abgabenbehörde die Beschwerde als unbegründet ab und versagte die Anerkennung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros mit der Begründung, dass der Bf. keinen Nachweis erbrachte hätte, wonach ihm die Nutzung des Werkverkehrs nicht möglich gewesen sei.

Am reichte der Bf. einen Vorlageantrag ein. Darin brachte er vor, dass ihm bei der Berechnung des Pendlereuros ein Fehler unterlaufen sei, die Wegstrecke zur Arbeit 37 km betrage und der Pendlereuro für 2022 mit EUR 222,00 anzusetzen sei. Das Pendlerpauschale betrage EUR 1.968,00. Zusätzlich übermittelte der Bf. der Abgabenbehörde neben einer berichtigten Erklärung zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros auch eine Bestätigung seines Arbeitgebers, wonach er im unregelmäßigen Schichtdienst arbeite. Dabei seien Dienstantritte zwischen 03:00 Uhr bis 23:00 Uhr möglich. Die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln sei, dem Schreiben des Arbeitgebers zufolge, daher nicht möglich.

Mit Ergänzungsersuchen vom wurde der Bf. zur Vorlage weiterer Nachweise betreffend die überwiegende Nichtnutzung des Werkverkehrs aufgefordert. Das Ergänzungsersuchen beantwortete der Bf. am . Er brachte darin vor, für die Fahrten zur Arbeit sein privates gebrauchtes Fahrzeug benutzt zu haben. Außerdem legte er seine Dienstpläne für das Jahr 2022 vor.

Am legte die belangte Behörde den Akt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung über die Beschwerde vor. In ihrer Stellungnahme beantragte sie die teilweise Stattgabe unter Berücksichtigung eines Pendlerpauschales i.H.v. 1.968,00 Euro und des Pendlereuros i.H.v. 222,00 Euro. Hinsichtlich des 222,00 Euro übersteigenden Betrages für den Pendlereuro ersuchte die belangte Behörde um Abweisung.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Strittig ist im gegenständlichen Beschwerdefall, ob dem Bf. im Beschwerdejahr das Pendlerpauschale sowie der Pendlereuro zusteht.

Der Bf. ist Dienstnehmer des Beförderungsunternehmens ***X*** und arbeitet dort im unregelmäßigen Schichtdienst. Er wohnt an der Adresse ***Bf1-Adr***.

Der Dienstantritt lag im Beschwerdejahr zwischen 03:00 Uhr und 23:00 Uhr.

Um von seiner Wohnadresse zur Arbeitsstätte an der Adresse ***Adr 1*** zu gelangen, war dem Bf. die Benützung von Massenbeförderungsmitteln überwiegend nicht möglich bzw. nicht zumutbar.

Eine (überwiegende) Beförderung im Werkverkehr zur Arbeitsstätte fand nicht statt. Vielmehr fuhr er die Strecke zwischen Wohnadresse und Arbeitsstätte und zurück mit seinem privaten Personenkraftwagen (PKW). In eine Richtung betrug die Fahrtstrecke 37 Kilometer (km).

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Arbeitgeber des Bf. sowie zu seinem Wohnort ergeben sich aus dem Akt und sind unstrittig.

Die Feststellungen zum unregelmäßigen Schichtbetrieb sowie zu den Dienstzeiten des Bf. ergeben sich aus den vom Bf. im Zuge des dritten Ergänzungsersuchens vom vorgelegten Dienstplänen und aus einer Bestätigung seines Arbeitgebers vom , die der Bf. mit seinem Vorlageantrag vom vorlegte. Zu den Dienstantritten wird darin festgehalten, dass diese zwischen 03:00 Uhr morgens und 23:00 abends möglich sind. Die vom Bf. vorgelegten Dienstpläne aus dem Jahr 2022 bestätigen dies (so begann beispielsweise ein Dienst um 03:20 Uhr und endete um 13:30 Uhr).

Die Dienstpläne zeigen auch, dass das Dienstende durchaus zwischen 23:00 Uhr und 03:00 Uhr liegen konnte. Ein Dienst, der beispielsweise in einem Monat um 14:30 Uhr begann, endete um 00:30 Uhr, einer mit Beginn um 16:00 um 01:10 Uhr. Die Dienstpläne der anderen Monate zeigen ähnliche Bilder.

Die Feststellung, dass dem Bf. die Benützung von Massenbeförderungsmitteln überwiegend nicht möglich bzw. nicht zumutbar war, ist zwischen den Parteien unstrittig und ergibt sich aus dem vom Bf. vorgelegten Ausdruck aus dem Pendlerrechner des Bundesministeriums für Finanzen. Strittig im Beschwerdejahr war zwischen den Parteien, ob dem Bf. das Pendlerpauschale und der Pendlereuro aufgrund einer etwaigen Nutzung des Werkverkehrs zu versagen war. Hierzu räumte die belangte Behörde im Vorlagebericht allerdings ein, dass sie in Zusammenschau mit den Dienstplänen die tatsächliche Benützung des Werkverkehrs nicht nachweisen konnte.

Aus dem Umstand, dass im gegenständlichen Fall dem Bf. die Benützung von Massenbeförderungsmittel überwiegend nicht möglich bzw. zumutbar war, muss aber auch der Schluss gezogen werden, dass auch die Nutzung des Werkverkehrs überwiegend nicht möglich bzw. nicht zumutbar war. Für eine gegenteilige Annahme liegen keine Anhaltspunkte vor. Auch vor dem Hintergrund der Dienste des Bf., die im Beschwerdejahr entweder am späteren Abend oder am frühen Morgen begannen oder endeten, ist die Aussage des Bf. in seiner Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom , wonach er für die Fahrten zur Arbeit sein privates Fahrzeug verwendete, vollkommen glaubhaft. Auch sein Arbeitgeber schloss in seinem Bestätigungsschreiben vom die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln aus. Aus den vorgenannten Gründen muss daher davon ausgegangen werden, dass eine (überwiegende) Beförderung im Werkverkehr nicht stattgefunden hat.

Die glaubhafte Darstellung des Bf., wonach er seinen privaten PKW für die Fahrten zwischen seiner Wohnadresse und der Arbeitsstätte nutzte, wird überdies auch durch die KFZ-Gutachten gem. § 57a Abs. 4 KFG 1967 vom , und gestützt, aus denen die in diesen Zeiträumen gefahrenen Kilometer hervorgehen:


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Zeitraum
km-Stand Beginn
km-Stand Ende
Gefahrene km im angegeben Zeitraum (Differenz)
-
152.974
181.964
28.990
-
181.964
210.736
28.772

Die Gutachten ergingen zu dem PKW mit der Fahrgestell-Nr. ***XY123***. Der im Akt befindliche Ausdruck über die KFZ-Data-WareHouse-Abfrage bestätigt, dass dieses Fahrzeug, auf das sich das Gutachten bezieht, auf den Bf. angemeldet ist und es sich daher um seinen eigenen PKW handelt.

Vor dem Hintergrund der insgesamt im Zeitraum bis gefahrenen Kilometern mit dem privaten PKW (siehe hierzu auch die Stellungnahme der belangten Behörde im Vorlagebericht vom ) und dem unregelmäßigen Schichtbetrieb mit vielen nächtlichen Dienstantritten und/oder -beendigungen ist es für das Gericht vollkommen plausibel, dass der Bf. die Fahrten zwischen Arbeitsort und seinem Zuhause tatsächlich mit dem privaten PKW zurücklegte.

Die Fahrtstrecke im Ausmaß von 37 Kilometern in eine Richtung ergibt sich aus der vom Bf. mit seinem Vorlageantrag vorgelegten zweiten Erklärung zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros. Die Differenz zwischen der ersten (40 km) und zweiten (37 km) vorgelegten Erklärung zur Berücksichtigung des Pendlerpauschales und des Pendlereuros von 3 km ergibt sich aus der Angabe verschiedener Anschriften der Arbeitsstätte: Während auf dem ersten Ausdruck die Adresse ***Adr 2*** angegeben ist, steht auf dem zweiten Ausdruck die Adresse ***Adr 1***. Der Arbeitgeber des Bf. bestätigte in seinem Schreiben vom (zu diesem Schreiben siehe auch schon oben), das der Bf. mit seinem Vorlageantrag übermittelte, den Dienstantritt und das Dienstende an der Adresse ***Adr 1***. Aus diesem Grund ist diese Adresse für die Berechnung des Pendlerpauschales sowie des Pendlereuros, wie auch vom Bf. in seinem Vorlageantrag beantragt, heranzuziehen.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)

Gemäß § 16 Abs 1 Z 6 lit. a EStG 1988 sind Ausgaben des Steuerpflichtigen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durch den Verkehrsabsetzbetrag (§ 33 Abs. 5 Z 1) abgegolten. Nach Maßgabe der lit. b bis j steht zusätzlich ein Pendlerpauschale sowie nach Maßgabe des § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 ein Pendlereuro zu. Mit dem Verkehrsabsetzbetrag, dem Pendlerpauschale und dem Pendlereuro sind alle Ausgaben für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten.

Beträgt die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mindestens 20 km und ist die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale bei mindestens 20 km bis 40 km Euro 696,00, bei mehr als 40 km bis 60 km Euro 1.356,00 und bei mehr als 60 km Euro 2.016,00 jährlich (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. c EStG 1988).

Ist dem Arbeitnehmer die Benützung eines Massenbeförderungsmittels zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zumindest hinsichtlich der halben Entfernung nicht zumutbar, beträgt das Pendlerpauschale gem. § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 abweichend von lit. c bei mindestens 2 km bis 20 km Euro 372,00, bei mehr als 20 km bis 40 km Euro 1.476,00, bei mehr als 40 km bis 60 km Euro 2.568,00 und bei mehr als 60 km Euro 3.672,00 jährlich.

Voraussetzung für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales nach § 16 Abs. 1 Z 6 lit. c oder lit. d EStG 1988 ist gem. § 16 Abs. 1 Z 6 lit. e Satz 1 EStG 1988, dass der Arbeitnehmer an mindestens elf Tagen im Kalendermonat von der Wohnung zur Arbeitsstätte fährt.

Wird der Arbeitnehmer, bei dem die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines Pendlerpauschales vorliegen, überwiegend im Werkverkehr gem. § 26 Z 5 EStG 1988 befördert, steht ihm ein Pendlerpauschale nur für jene Wegstrecke zu, die nicht vom Werkverkehr zurückgelegt wird (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. i EStG 1988 i.d.F. BGBl I 2013/53).

Nach § 26 Z 5 lit. a EStG 1988 liegt ein Werkverkehr vor, wenn der Arbeitgeber seine Arbeitnehmer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit Fahrzeugen in der Art eines Massenbeförderungsmittels befördert oder befördern lässt.

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist § 16 Abs. 1 Z 6 lit. i EStG 1988 aber auch dann anzuwenden, wenn die Beförderung auf eine dem Werkverkehr im Sinn der Erkenntnisse vom , 92/14/0092 und gleichzuhaltenden Weise erfolgt ().

Die Regelung des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. i EStG 1988 stellt jedoch auf die tatsächlichen Verhältnisse ab, weshalb es auf eine reine Möglichkeit der Inanspruchnahme des Werkverkehrs nicht ankommt (vgl. hierzu ). § 16 Abs. 1 Z 6 lit. i EStG 1988 ist daher im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden (siehe hierzu bereits Pkt. 1 und Pkt. 2 dieses Erkenntnisses).

Da dem Bf. im Beschwerdejahr die Benützung eines Massenbeförderungsmittels überwiegend im Kalendermonat nicht zumutbar war, steht ihm gem. § 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988 das (große) Pendlerpauschale in Höhe von Euro 1.476,00 zu. Gem. § 124b Z 395 lit. b EStG 1988 (BGBl I 2022/63) ist für die Monate Mai bis Dezember 2022 überdies ein zusätzlicher Pauschbetrag, hier i.H.v. EUR 61,50, pro Monat zu berücksichtigen. Daraus ergibt sich für den Bf. für das Jahr 2022 ein Pendlerpauschale in Höhe von EUR 1.968,00.

Bei Einkünften aus einem bestehenden Dienstverhältnis steht gemäß § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 überdies ein Pendlereuro in Höhe von jährlich zwei Euro pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein Pendlerpauschale gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 hat. Für die Berücksichtigung des Pendlereuros gelten die Bestimmungen des § 16 Abs. 1 Z 6 lit. b und lit. e bis j EStG 1988 entsprechend.

Aus dieser Bestimmung ergibt sich für den Bf. ein Pendlereuro von EUR 74,00. Gem. § 124b Z 395 lit. c EStG 1988 (BGBl I 2022/63) ist für die Monate Mai bis Dezember 2022 überdies zusätzlich ein Pendlereuro gem. § 33 Abs. 5 Z 4 EStG 1988 von EUR 0,50 monatlich pro Kilometer der einfachen Fahrtstrecke zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, somit in Höhe von EUR 148,00, zu berücksichtigen. Daraus ergibt sich für den Bf. für das Jahr 2022 ein Pendlereuro in Höhe von EUR 222,00.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Unzulässigkeit der Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Erkenntnis war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu klären. Die Lösung der strittigen Rechtsfrage ergab sich primär aus der Beantwortung einer Sachverhaltsfrage und in der Folge aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut. Darüber hinaus entspricht dieses Erkenntnis der oben zitierten Rechtsprechung des VwGH zur Inanspruchnahme eines Werkverkehrs.

Klagenfurt am Wörthersee, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
YAAAF-79680