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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 11.03.2025, RV/7103743/2023

Aufhebung der Wiederaufnahmebescheide, weil in diesen keine tauglichen Wiederaufnahmsgründe genannt werden

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
Dem Umstand, einige als Werbungskosten geltend gemachte Aufwendungen seien richtigerweise als privat veranlasst zu beurteilen, fehlt die Entscheidungswesentlichkeit für die Frage, ob die Tätigkeit überhaupt als Einkunftsquelle oder als Liebhaberei zu qualifizieren ist (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 303 BAO Rz 43).

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Dr. Anna Radschek, den Richter Mag. Dr. Wolfgang Pagitsch sowie die fachkundigen Laienrichter Manfred Fiala und Mag. Andrea Prozek in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Hason & Partner Steuerberatung KG, Praterstraße 33, 1020 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 2017 bis 2020 sowie betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2017 bis 2020, Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin Denise Schimonek

I. zu Recht erkannt:

Der Beschwerde gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 BAO hinsichtlich Umsatz- und Einkommensteuer 2017 bis 2020 wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

II. beschlossen:

Die Beschwerde gegen die Bescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2017 bis 2020 wird gemäß § 261 Abs. 2 BAO als gegenstandslos erklärt.

III. Gegen dieses Erkenntnis und diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer erklärte in seinen Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2017 bis 2020 Umsätze aus der Vermietung von Wohnungen (Apartments) in ***1*** ([Budesland]) und einer Wohnung in ***2*** und in seinen Einkommensteuerklärungen für die Jahre 2017 bis 2020 Werbungskostenüberschüsse aus der Vermietung dieser Wohnungen, die in den Umsatz- und Einkommensteuerbescheiden der betreffenden Jahre auch berücksichtigt wurden.

Anlässlich einer die Umsatz- und Einkommensteuer der Jahre 2017 bis 2020 umfassenden Außenprüfung wurde die Vermietung der Wohnungen als Liebhabereibetätigung eingestuft. Mit Bescheiden vom wurden die Verfahren betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2017 bis 2020 gemäß § 303 BAO wiederaufgenommen und in den neuen Sachbescheiden die Anerkennung der Vermietung der Wohnungen als Einkunftsquelle versagt.

In dem die Bescheide begründenden Bericht vom über die Außenprüfung wurde zu den für die Wiederaufnahme herangezogenen Gründen zunächst auf die Tz 1 bis 3 des Berichtes verwiesen, in denen jedoch lediglich ziffernmäßige Darstellungen erfolgten. Darüber hinaus wurde folgende Aussage getroffen:

"Im Zuge der Durchführung der Außenprüfung für den Zeitraum 2017-2020 wurde bei Vorlage der Aufzeichnungen/Belege festgestellt, dass in den Überschussermittlungen nichtabzugsfähige Werbungskosten sowie Privatnutzungsaufwendungen (z.B. Energieaufwand Liegenschaft ***1***) nicht ausgeschieden wurden (siehe Tz.1 - Absatz: Im Zuge der Durchführung der Außenprüfung festgestellte nichtabzugsfähige Werbungskosten bzw. privat veranlassten Werbungskostenabzug für den Zeitraum 2017-2020)."

Bei den dazu angeführten Ausgaben handelt es sich einerseits um nicht anzuerkennende Privatausgaben und andererseits um einen auszuscheidenden Privatanteil im Hinblick auf die Privatnutzung einer Wohnung in ***1***.

In der sowohl gegen die Wiederaufnahmebescheide als auch gegen die Sachbescheide gerichteten rechtzeitig eingebrachten Beschwerde brachte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers vor, die Bescheide über die Wiederaufnahme des Verfahrens seien mangelhaft begründet, da der Neuerungstatbestand gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO, auf den sich die Abgabenbehörde stützte, nicht hinreichend konkret benannt und darüber hinaus die getroffene Ermessensentscheidung nicht bzw. nur floskelhaft begründet sei.

Im Beschwerdefall seien die geltend gemachten Umstände bzw. Tatsachen der Abgabenbehörde bereits bei der (ursprünglichen) Bescheiderlassung bekannt gewesen und somit aus ihrer Sicht auch nicht neu hervorgekommen. Wie bereits aus den Berichten über die Außenprüfung der Jahre 2005 bis 2007 vom und für 2009 bis 2012 vom hervorgehe, sei neben der Liebhaberei-Thematik auch eine mögliche private Veranlassung Thema gewesen. Zur Bekräftigung werde auch einen damals verfassten Schriftsatz der steuerlichen Vertretung an den Beschwerdeführer beigelegt, aus dem hervorgehe, dass ausdrücklich ein Fahrtenbuch für die Anerkennung der als Werbungskosten in Abzug gebrachten Fahrtkosten heranzuziehen sei. Bei beiden Vorprüfungen sei eine mögliche Privatnutzung der Liegenschaft gesondert geprüft worden.

Wiederaufnahmegründe seien nur entscheidungswesentliche Sachverhaltselemente, die im neuen Sachbescheid zu berücksichtigen, somit seinen Spruch zu beeinflussen geeignet seien. Daher fehle dem Umstand, einige als Betriebsausgabe geltend gemachte Aufwendungen seien richtigerweise als privat veranlasst zu beurteilen, die Entscheidungswesentlichkeit für die Frage, ob die Tätigkeit überhaupt als Einkunftsquelle oder als Liebhaberei zu qualifizieren sei.

Im Übrigen sei auch die Ermessensübung unrichtig erfolgt, weil für einen Prüfungszeitraum von 4 Jahren lediglich nichtabzugsfähige Ausgaben in Höhe von 355,96 Euro festgestellt werden, was jedenfalls nicht als wesentlich anzusehen sei.

Die Abgabenbehörde gehe davon aus, dass aufgrund der von ihr selbst geforderten Fahrtenbücher ein Privatanteil auszuscheiden sei. In den Vorprüfungen sei eigens ein Fahrtenbuch zur Anerkennung gefordert worden, und es sei daher nicht ersichtlich, weshalb daraus ein Privatanteil zu entnehmen sein sollte. Die Begründung, dass die Verwaltung des Mandanten aufgrund der ehelichen Beistandspflicht keine Werbungskosten darstellen solle, widerspreche jeglicher Logik.

Zudem sei die Begründung der Sachbescheide mangelhaft und widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung. Es sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Fahrtkosten und Energiekosten an jenen Tagen, an welchen der Beschwerdeführer vor Ort gewesen sei, als privat anzusehen seien. Eine Apartmentvermietung erfordere eine Grundreinigung nach jedem Besuch und eine Wartung und Kontrolle der Einrichtung in regelmäßigen Abständen. Darüber hinaus würden den Gästen bei Ankunft alle notwendigen Unterlagen überreicht und das Apartment vor der Abreise auf mögliche Schäden untersucht. Diese Verwaltungstätigkeiten würden durch den Mandanten selbst durchgeführt. Es widerspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, diese Kosten als privat anzusehen, zumal ansonsten ein Mitarbeiter angestellt werden müsste und dessen Kosten die angesetzten Beträge bei weitem übersteigen würden. Darüber hinaus werde eine einzelne Wohnung in Wien kurzfristig vermietet.

Der Beschwerdeführer wandte sich gegen die Nichtanerkennung der für beide Liegenschaften bereits vorgelegten und aktenkundigen Prognoserechnung und die Beurteilung der Vermietungstätigkeit als Liebhaberei.

Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer beantragte, keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht direkt zur Entscheidung vorgelegt.

Im Vorlagebericht vom wurde festgehalten, die vom Außenprüfer festgestellte Nichtabzugsfähigkeit von in den Erstbescheiden berücksichtigten Aufwendungen und Vorsteuern werde vom Beschwerdeführer nicht bestritten.

Darüber hinaus sei vom Außenprüfer ermittelt worden, dass sich der Beschwerdeführer in den geprüften Jahren zwischen 92 und 122 Tagen in ***1*** aufgehalten habe. Für die private Veranlassung wäre eine entsprechende Kürzung der Aufwendungen vorzunehmen, die bei der Beurteilung der Wiederaufnahme zu beachten geboten sei.

Abschließend werde darauf hingewiesen, dass in den elektronischen Einkommensteuererklärungen für 2021 und 2022 keine Einkünfte aus den Vermietungen in ***1*** und ***2*** mehr erklärt worden seien.

In der antragsgemäß durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Senat wiederholte der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers seine bereits in der Beschwerde formulierten Argumente und verwies insbesondere darauf, dass die in § 303 BAO genannten Gründe für eine Wiederaufnahme nicht vorlägen. Darüber hinaus wandte er sich gegen die von der belangten Behörde getroffene Ermessensentscheidung und übergab dazu einen Schriftsatz, in dem er die diesbezüglichen Argumente zusammengefasst hatte.

Der Außenprüfer erklärte seine Vorgangsweise und warum er nach Überprüfung der Werbungskosten zu dem Schluss gekommen sei, dass auch die Nicht-Anerkennung von Werbungskosten am Vorliegen von Verlusten und insbesondere eines Gesamtverlustes nichts ändern würde.

Der Finanzamtsvertreter verwies auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , Ra 2023/15/0081, in dem der Verwaltungsgerichtshof festhalte, dass es dem Verwaltungsgericht unbenommen sei, undeutlich formulierte Wiederaufnahmegründe zu ergänzen, sowie auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , Ra 2023/13/0159, Rz 11 und 12, dem zufolge es stets auf den Wissensstand des jeweiligen Veranlagungsjahres und des Veranlagungsteams ankomme.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer bezog in den Jahren 2017 bis 2020 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er vermietete Apartments in seinem Haus in ***1*** und eine Wohnung in ***2***. Die daraus erzielten Umsätze und die damit in Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge erklärte er ebenso wie die daraus erzielten Werbungskostenüberschüsse in den Umsatz- und Einkommensteuererklärungen der betreffenden Jahre. Aus den Vorprüfungen der Jahre 2005 bis 2007 und 2009 bis 2012 sowie der der Einkommensteuererklärung 2007 beigelegten Prognoserechnung konnte die Entwicklung der Werbungskostenüberschüsse entnommen werden.

Die Darstellung der Überschüsse seit Erwerb der Liegenschaft in ***1*** und die Entwicklung des Gesamtergebnisses zeigt folgendes Bild:


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Jahr
2002
2003
2004
2005
2006
Überschuss
- 3.453,17 €
- 470,33 €
368,16 €
572,20 €
- 5.423,46 €
Jahr
2007
2008
2009
2010
2011
Überschuss
- 15.769,62 €
- 21.379,80 €
- 20.325,98 €
- 11642,09 €
- 5.44,52 €

Änderung der Bewirtschaftung - Zubau 2008/2009


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Jahr
2012
2013
2014
2015
2016
Überschuss
- 7.808.,41 €
- 12.158,57 €
- 8.034,67 €
-10.262,47 €
- 3.095,85 €
Jahr
2017
2018
2019
2020
Überschuss
- 12.017,18 €
- 10.942,77 €
- 9.595,53 €
- 11.068,70 €

Im Zeitraum 2008 (2008 erfolgte der Umbau des Gebäudes - Änderung der Bewirtschaftung) bis 2020 ergibt sich ein Gesamtergebnis nach 13 Jahren (2008-2020) von - 143.472,54 €.

Die Darstellung der Überschüsse seit Erwerb der Liegenschaft in ***2*** und der Entwicklung des Gesamtergebnisses zeigt folgendes Bild:

Die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für 2017 bis 2020 wurde damit begründet, dass im Rahmen der Außenprüfung neu hervorgekommen sei, dass Werbungskosten und Vorsteuerbeträge in folgender Höhe zu Unrecht in Abzug gebracht worden seien:


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Jahr
2017
2018
2019
2020
***1***:
Werbungskosten
52,73 €
28,18 €
255,05 €
20,00 €
Vorsteuern
5,27 €
1,82 €
25,45 €
---
***2***
Werbungskosten
150,12 €
19,34 €
181,47 €
---
Vorsteuern
27,68 €
3,51 €
18,30 €
---

Darüber hinaus seien (betragsmäßig nicht näher angeführte) Privatanteile für die Privatnutzung der Liegenschaft in ***1*** auszuscheiden.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen und wird von keiner der Parteien in Abrede gestellt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gemäß § 303 Abs. 1 lit b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Tatsachen im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO sind ausschließlich mit dem Sachverhalt des abgeschlossenen Verfahrens zusammenhängende tatsächliche Umstände, also Sachverhaltselemente, die bei einer entsprechenden Berücksichtigung allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens zu einem anderen Ergebnis als vom rechtskräftigen Bescheid zum Ausdruck gebracht geführt hätten, wie etwa Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften (vgl. , mwN; sowie ).

Eine Wiederaufnahme eines mit Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist dann ausgeschlossen, wenn der Abgabenbehörde in dem wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufzunehmenden Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können (vgl. , mwN; ; sowie Ritz/Koran, BAO7 § 303 BAO Rz 24).

Wiederaufnahmsgründe sind nur entscheidungswesentliche Sachverhaltselemente (vgl. z.B. ; , 96/14/0176). Dies sind solche, die im neuen Sachbescheid zu berücksichtigen, somit seinen Spruch zu beeinflussen geeignet sind (vgl. z.B. Stoll, BAO, 2917).

Daher fehlt dem Umstand, einige als Betriebsausgaben geltend gemachte Aufwendungen seien richtigerweise als privat veranlasst zu beurteilen, die Entscheidungswesentlichkeit für die Frage, ob die Tätigkeit überhaupt als Einkunftsquelle oder als Liebhaberei zu qualifizieren ist (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 303 BAO Rz 43; Bibus, Wiederaufnahme, in Koller/Schuh/Woischitzschläger, Betriebsprüfung III, 14; vgl auch ).

Die Wiederaufnahme des Verfahrens öffnet den Weg, eine durch Bescheid erledigte Rechtssache in einem neuerlichen Verfahren sachlich zu prüfen, wenn der betreffende Bescheid durch neu hervorgekommene Umstände gewichtiger Art in seinen Grundlagen erschüttert ist (siehe Stoll, BAO-Handbuch, Seite 721, und das dort erwähnte Schrifttum). Zu den neu hervorgekommenen Umständen gewichtiger Art gehören gemäß § 303 BAO unter anderem neu hervorgekommene Tatsachen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und deren Kenntnis allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätte. Die Wiederaufnahme des Verfahrens auf Grund neu hervorgekommener Tatsachen bietet die Möglichkeit, bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen Rechnung zu tragen; sie dient aber nicht dazu, bloß die Folgen einer unzutreffenden rechtlichen Würdigung eines offengelegten Sachverhaltes zu beseitigen (vgl. Stoll, a. a.O. Seite 724). Geht es daher einzig und allein darum, einen bestimmten, der Behörde schon bisher bekannten Sachverhalt anders als bisher rechtlich zu würdigen, so kann dies nicht im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens unter Berufung auf Tatsachen geschehen, die mit diesem Sachverhalt und seiner rechtlichen Würdigung in keinem Zusammenhang stehen (vgl. ).

Im Beschwerdefall war dem Finanzamt das Anwachsen der Werbungskostenüberschüsse anlässlich der Veranlagung zur Umsatz- und Einkommensteuer 2017 bis 2020 bekannt. Die im Rahmen der Außenprüfung neu hervorgekommenen Tatsachen sind zwar geeignet, die Höhe der bekanntgegebenen Werbungskostenüberschüsse zu vermindern, ändern aber nichts an dem Umstand, dass aufgrund der Höhe des inzwischen angewachsenen gesamten Werbungskostenüberschusses davon auszugehen ist, dass die Vermietungstätigkeit des Beschwerdeführers von beiden Liegenschaften nicht geeignet ist, in einem überschaubaren Zeitraum einen Gesamtüberschuss zu erzielen.

Für die Wiederaufnahme des Verfahrens war somit allein entscheidend, daß das Finanzamt in den angefochtenen Bescheiden vom anders als in den ursprünglichen Bescheiden das Vorliegen von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Abrede stellte. Für die Feststellung des Nichtbestehens von Einkunftsquellen waren jedoch weder die Höhe der auszuscheidenden Werbungskosten noch der auszuscheidenden Privatanteile, aus deren Unkenntnis die belangte Behörde einen Wiederaufnahmsgrund ableitet, von irgendeinem Belang, weil die Höhe der Werbungskosten der entsprechenden Jahre nur bei Bejahung des Vorliegens einer Einkunftsquelle und der Erlassung von darauf beruhenden Bescheiden von Bedeutung gewesen wäre.

Dass aber jene Sachverhaltselemente, die die Außenprüfung und ihr folgend das Finanzamt in den Bescheiden vom veranlassten, die Vermietungstätigkeit des Beschwerdeführers als Einkunftsquelle in Abrede zu stellen, dem Finanzamt nicht bereits anlässlich der ursprünglichen Veranlagungen zur Umsatz- und Einkommensteuer 2017 bis 2020 bekannt gewesen wären, wird in den angefochtenen Bescheiden nicht dargelegt. Dem als Begründung der angefochtenen Bescheide heranzuziehenden Bericht über die Außenprüfung ist nicht zu entnehmen, welche Tatsachen neu hervorgekommen sein sollen, die nunmehr zu einer geänderten Beurteilung der Vermietungstätigkeit geführt haben.

Wenn die belangte Behörde unter Berufung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofs vom , Ra 2023/15/0081, meint, das Bundesfinanzgericht könne die Bescheidbegründung der angefochtenen Wiederaufnahmebescheide insofern ergänzen, als es nunmehr darstellen könne, welche Tatsachen neu hervorgekommen seien, die zu einer abweichenden Beurteilung der Vermietungstätigkeit des Beschwerdeführers geführt haben, so ist dem Folgendes entgegenzuhalten:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei einer Beschwerde gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen die Sache, über welche das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 Abs. 2 BAO zu entscheiden hat, nur die Wiederaufnahme aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen. Entscheidend sind also jene wesentlichen Sachverhaltsmomente, die das Finanzamt als Wiederaufnahmegrund beurteilt hat. Unter Sache ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit zu verstehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Abgabenbehörde erster Instanz gebildet hatte. Die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, wird durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde (vgl. u.a. ; , Ra 2023/15/0081).

Das Bundesfinanzgericht hat, sofern die Bescheidausführungen des wiederaufnehmenden Finanzamtes mangelhaft sind, ausgehend von einem vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrund, diesen zu prüfen und zu würdigen und gegebenenfalls erforderliche Ergänzungen vorzunehmen (vgl. , mwN). Die Ergänzung einer mangelhaften Begründung der auf Grund der Feststellungen einer abgabenbehördlichen Prüfung ergangenen Wiederaufnahmebescheide in Richtung der tatsächlich vom Finanzamt herangezogenen Wiederaufnahmegrundlagen stellt kein unzulässiges Auswechseln von Wiederaufnahmegründen dar (vgl. u.a. ; , Ra 2023/15/0081).

Eine derartige Präzisierung der Wiederaufnahmegründe ist aber nur dann möglich, wenn aus der Bescheidbegründung zumindest hervorgeht, welche neu hervorgekommen Tatsachen zur Beurteilung der Vermietung als Liebhaberei geführt haben. Ein derartiger Hinweis muss aber schon deswegen fehlen, weil anknüpfend an zwei vorherige Außenprüfungen der Umstand, dass bislang mit nur wenigen, geringfügigen Ausnahmen nur Werbungskostenüberschüsse erzielt wurden, die die Erzielung eines Gesamtüberschusses der Einnahmen über die Werbungskosten innerhalb des gesetzlichen Beobachtungszeitraumes keinesfalls mehr zulassen, bereits anlässlich der Veranlagung der einzelnen Jahre zu erkennen war.

Zum Einwand der belangten Behörde unter Berufung auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs in Rz 11 und 12 des Erkenntnisses vom , Ra 2023/13/0159, es komme auf den Wissensstand des jeweiligen Veranlagungsjahres des jeweiligen Veranlagungsteams an, ist Folgendes auszuführen:

Das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofs verweist zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln nur aus der Sicht der jeweiligen Verfahren derart zu beurteilen ist, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wiederaufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können. Dabei ist das Hervorkommen neuer Tatsachen oder Beweismittel aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens und nicht aus anderen Verfahren, bei denen diese Tatsachen möglicherweise erkennbar waren, zu beurteilen. Das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln im Sinne des § 303 BAO bezieht sich damit auf den Wissensstand (insbesondere auf Grund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen) des jeweiligen Veranlagungsjahres. Entscheidend ist, ob der abgabenfestsetzenden Stelle alle rechtserheblichen Sachverhaltselemente bekannt waren. Dass die Prüfungsabteilung in einem ein anderes Prüfungsjahr betreffenden Prüfungsverfahren von den maßgeblichen Tatsachen Kenntnis hatte, steht der Wiederaufnahme nicht entgegen (vgl. , Rz 11).

Die abgabenfestsetzende Stelle ist das zuständige Betriebsveranlagungsteam (vgl. ; sowie , Ra 2023/13/0159, Rz 12). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es auf die Kenntnis der abgabenfestsetzenden Stelle im wiederaufzunehmenden Verfahren an.

Dass aber der abgabenfestsetzende Stelle bereits bei der Veranlagung der Umsatz- und Einkommensteuer der einzelnen Jahre die Entwicklung der Werbungskostenüberschüsse und der Umstand, dass die Erzielung eines Gesamtüberschusses der Einnahmen über die Werbungskosten innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes nicht möglich sein wird, und ihr daher bereits alle nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren als rechtserheblich beurteilten Sachverhaltselemente bekannt waren, sodass sie schon in diesem Verfahren zu der nunmehr im wiederaufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können, ergibt sich schon daraus, dass auch im Bericht über die Außenprüfung nur die anlässlich der jeweiligen Veranlagung bekannten Zahlen wiedergegeben und keine weiteren Umstände (wie insbesondere eine auf den zur Verfügung stehenden Daten aufbauende Prognoserechnung) für die Beurteilung als Liebhaberei herangewogen werden.

Als neu hervorgekommene Tatsachen wurden lediglich geltend gemachte Werbungskosten herangezogen, die tatsächlich Kosten der privaten Lebensführung darstellen. Da aber die von der belangten Behörde als Wiederaufnahmsgründe herangezogenen neu hervorgekommenen Tatsachen der überhöhten Werbungskosten, nicht geeignet waren, zu den im Spruch anderslautenden Bescheiden zu führen, waren die angefochtenen Wiederaufnahmsbescheide aufzuheben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Gegenstandsloserklärung)

Wird einer Bescheidbeschwerde gegen einen die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligenden oder verfügenden Bescheid (§ 307 Abs. 1 BAO) entsprochen, so ist eine gegen die Sachentscheidung (§ 307 Abs. 1 BAO gerichtete Bescheidbeschwerde gemäß § 261 Abs. 2 BAO mit Beschluss (§ 278 BAO) als gegenstandslos zu erklären.

Die Gegenstandsloserklärung der Bescheidbeschwerde liegt nicht im Ermessen. Sie hat durch das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu erfolgen (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 261 BAO Rz 6).

Im Hinblick darauf, dass die Wiederaufnahmebescheide aufzuheben waren, war die Beschwerde gegen die gleichzeitig neu erlassenen Sachbescheide vom als gegenstandslos zu erklären.

3.3. Zu Spruchpunkt III. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis sowie gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die rechtliche Beurteilung der von der belangten Behörde als Wiederaufnahmsgründe herangezogenen neu hervorgekommen Tatsachen im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorgenommen wurde und sich die Gegenstandsloserklärung der Beschwerde bereits aus dem Gesetz ergibt, war die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision auszusprechen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7103743.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
ZAAAF-79671