Verspätung Zurückweisung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Andrea Ebner in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Zurückweisungsbescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom , GZ. MA67/GZ/2024, mit dem der Einspruch vom gegen die Strafverfügung vom mit derselben Geschäftszahl gemäß § 49 Abs. 1 VStG als verspätet zurückgewiesen wurde, zu Recht:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Zurückweisungsbescheid bestätigt.
II. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, lastete dem Beschwerdeführer (Bf.) mit Strafverfügung vom , GZ. MA67/GZ/2024, an, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) am um 10:45 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1060 Wien, Wallgasse 15, abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben, weil die Wochenpauschalkarte mit der Nummer Nr Spuren von entfernten Entwertungen aufgewiesen habe. Der Bf. habe demnach die Parkometerabgabe hinterzogen.
Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung iVm § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe von 175,00 Euro verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 17 Stunden festgesetzt.
Gegen die Strafverfügung erhob der Bf. mit E-Mail vom Einspruch und ersuchte um Übermittlung aller Unterlagen inklusive allfälligen Fotos zu diesem Fall . Nach Erhalt werde der Bf. dann weiter Stellung nehmen.
Mit Verspätungsvorhalt vom forderte die belangte Behörde den Bf. nach Darstellung der Rechtslage hinsichtlich einer allfälligen verspäteten Erhebung eines Rechtsmittels auf, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens Gründe, die die nach der Aktenlage verspätet erscheinende Rechtsmittelerhebung beseitigen könnten, bekannt zu geben und mit geeigneten Bescheinigungsmitteln zu belegen.
Mit E-Mail vom machte der Bf. eine Ortsabwesenheit geltend, die Abholung sei durch einen Kollegen erfolgt. Geeignete Bescheinigungsmittel, welche geeignet gewesen wären die behauptete Ortsabwesenheit glaubhaft zu machen - wie im Verspätungsvorhalt vom explizit gefordert (Buchstaben in fett gedruckt) - wurden jedoch nicht vorgelegt.
Der Magistrat der Stadt Wien wies in der Folge den Einspruch des Bf. vom gegen die Strafverfügung vom mit Bescheid vom , GZ. MA67/GZ/2024, gemäß § 49 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) als verspätet zurück.
Zur Begründung verwies die Behörde auf § 49 Abs. 1 VStG, wonach der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen könne.
Die gegenständliche Strafverfügung sei nach einem erfolglosen Zustellversuch gemäß § 17 Abs. 1 ZustG bei der Poststelle hinterlegt und ab dem zur Abholung bereitgehalten worden.
Mit dem Tag der Bereithaltung zur Abholung gelte gem. § 17 Abs. 3 ZustG eine hinterlegte Sendung als zugestellt, wenn ein Zustellmangel nicht unterlaufen sei und sich auch nicht ergeben habe, dass der Empfänger wegen Abwesenheit von der Abgabestelle vom Zustellvorgang nicht rechtzeitig Kenntnis erlangen habe können.
Die Einspruchsfrist habe daher am begonnen und am geendet.
Der Einspruch sei trotz richtiger und vollständiger Rechtsmittelbelehrung erst am , somit nach Ablauf der im § 49 Abs. 1 festgesetzten zweiwöchigen Einspruchsfrist, mittels E-Mail eingebracht worden.
Anlässlich des Verspätungsvorhaltes vom 24. Jänner habe der Bf. eine Ortsabwesenheit geltend gemacht, jedoch seien von ihm keine entsprechende Bescheinigungsmittel vorgebracht worden, welche geeignet gewesen wären, die behauptete Ortsabwesenheit glaubhaft zu machen.
Hinsichtlich der amtswegig vorzunehmenden Klärung der Frage der Ortsabwesenheit sei die Partei aber verpflichtet, einer Aufforderung zur Mitwirkung an der Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes nachzukommen. Mit der bloßen Behauptung einer Ortsabwesenheit ohne nähere Angaben und ohne Anbot entsprechender Bescheinigungsmittels könne das Vorliegen einer unwirksamen Zustellung durch Hinterlegung nicht dargetan werden.
Komme der Einspruchswerber, wie im gegenständlichen Fall, trotz Aufforderung durch die Behörde seiner Mitwirkungspflicht nicht nach, so könne die Behörde von der Ortsanwesenheit des Einspruchswerbers zum fraglichen Zeitpunkt ausgehen.
Eine Abwesenheit von der Abgabestelle sei demnach gegenständlich nicht glaubhaft gemacht worden.
Bemerkt werde, dass es sich bei der Einspruchsfrist des § 49 Abs. 1 VStG um eine gesetzlich festgelegte Frist handle, die von der Behörde nicht erstreckt werden dürfe.
Der Behörde sei es deshalb durch die verspätete Einbringung des Einspruches rechtlich verwehrt eine Sachentscheidung zu treffen und könne aus diesem Grund auch nicht auf allfällige diesbezügliche Einwände eingegangen werden.
Der Einspruch sei daher als verspätet zurückzuweisen gewesen.
Die Bf. erhob gegen den angeführten Zurückweisungsbescheid mit E-Mail vom fristgerecht Beschwerde und brachte vor, die Zustellung sei von Beginn an unkorrekt gewesen. Das Schriftstück sei am Postamt in Post Wien hinterlegt worden, obwohl es einen Nachsendeauftrag nach Ort gegeben habe. Daher sei die Hinterlegung komplett falsch und daher nichtig, somit sei sein Einspruch sehr wohl gültig und er ersuche diesen nun auch so zu behandeln oder die Causa sofort einzustellen.
Der Bf. hat bis dato keinerlei Unterlagen zur behaupteten Ortsabwesenheit vorgelegt.
Die Magistratsabteilung 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsstrafakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Folgender Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsstrafakt und wird der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Die Versendung der Strafverfügung vom erfolgte mit Rückscheinbrief RSb.
Aus diesem aktenkundigen Rückschein RSb ergibt sich, dass die Strafverfügung vom bei der Post-Geschäftsstelle Post Wien hinterlegt am wurde.
In der Folge wurde sie dem Überbringer der Hinterlegungsanzeige, dessen Identität geprüft wurde, am ausgefolgt.
Der aktenkundigen Hinterlegungsanzeige ist ein Nachsendeauftrag nach Ort nicht zu entnehmen (Beschwerdevorbringen). Entsprechende Beweismittel, die über die bloße Behauptung hinausgehen, wurden zu keinem Zeitpunkt angeboten oder übermittelt.
Die Strafverfügung enthielt eine rechtsrichtige Rechtsmittelbelehrung über eine zweiwöchige Rechtsmittelfrist.
Der Bf. erhob gegen die Strafverfügung am (per E-Mail) Einspruch.
Rechtsgrundlagen und Würdigung:
Gemäß § 49 Abs. 1 VStG 1991 kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.
Gemäß § 32 Abs. 2 AVG 1991 enden nach Wochen bestimmte Fristen mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, der durch die Benennung dem Tag entspricht, an dem das fristauslösende Ereignis stattgefunden hat.
Gemäß § 33 Abs. 4 AVG 1991 können durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.
§ 17 Zustellgesetz normiert:
"(1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.
(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."
Bei der Einspruchsfrist gemäß § 49 VStG handelt es sich um eine gesetzliche Frist (Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahren Rz 864), die von der Behörde nicht erstreckt werden darf (vgl. ). Der Einspruch ist - wie den gesetzlichen Bestimmungen des § 49 VStG zu entnehmen ist - innerhalb dieser Frist zu erheben (vgl. ). Die Frist beginnt mit der (ordnungsgemäßen) Zustellung des Bescheides an den Empfänger zu laufen, dh, wenn diesem die Strafverfügung tatsächlich zugekommen ist (vgl. ).
Die Rechtsfrage, ob ein Einspruch rechtzeitig oder verspätet eingebracht wurde, ist auf Grund von Tatsachen zu entscheiden, die die Behörde gemäß § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen festzustellen hat (vgl. 2583, 2623/76; , 0068; , 0059).
Die Behörde hat, bevor sie die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet ausspricht, entweder von Amts wegen (§ 39 Abs. 2 AVG) zu prüfen, ob ein Zustellmangel unterlaufen ist oder dem Rechtsmittelwerber die Verspätung seines Rechtsmittels vorzuhalten. Unterlässt sie dies, trägt sie das Risiko der Aufhebung des Bescheides wegen unterlaufener Verfahrensmängel (vgl. , , , , , vgl. weiters die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2, § 66 AVG E 82 bis E 88, zitierte hg. Rechtsprechung).
Nach dem in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhalt ergibt sich vor dem rechtlich dargestellten Hintergrund, dass der Lauf der Rechtsmittelfrist gemäß § 17 Abs. 3 Zustellgesetz mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wurde, begonnen hat. Das hinterlegte Dokument galt mit dem ersten Tag dieser Frist, gegenständlich somit mit , als zugestellt.
Die zweiwöchige Frist zur Einbringung des Einspruches begann daher am (Mittwoch) zu laufen und endete mit Ablauf des (Donnerstag), weil der ein Feiertag war.
Der Bf. erhob gegen die Strafverfügung am (per E-Mail), und damit nach Ablauf der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist, Einspruch.
Die Behörde hat dem Bf. - entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - mit Verspätungsvorhalt vom unter näheren Ausführungen zur Kenntnis gebracht, dass sein am mittels E-Mail eingebrachtes Rechtsmittel nach der Aktenlage verspätet erscheine und ihn aufgefordert, für den Fall einer nicht nur vorübergehenden Abwesenheit von der Abgabestelle zum Zeitpunkt der Zustellung der Strafverfügung entsprechende Bescheinigungsmittel vorzulegen.
Der Bf. beantwortete den Verspätungsvorhalt der belangten Behörde mit E-Mail vom und machte seine Ortsabwesenheit geltend, die Abholung der Strafverfügung sei durch einen Kollegen erfolgt. Entsprechende Bescheinigungsmittel, wie mit Verspätungsvorhalt vom ausdrücklich gefordert, hat der Bf. nicht beigebracht.
Die Behörde konnte somit von einer rechtswirksamen Zustellung der Strafverfügung ausgehen.
Langt der Einspruch bei der Verwaltungsstrafbehörde, die die Strafverfügung erlassen hat, zu spät ein, ist die Behörde verpflichtet, den Einspruch mit Bescheid als unzulässig zurückzuweisen (Raschauer/Wessely, VStG2, § 49 VStG, unter Verweis auf ; , , vgl. auch Hauer/Leukauf, Handbuch des österr Verwaltungsverfahrens6, Anm. 11 zu § 49 VStG, vgl. weiters Thienel/Zeleny, Verwaltungsverfahrensgesetze19, § 49 Anm 10; Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 49 Rz 3).
Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist "Sache" eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung (vgl. , 0003).
Das Vorbringen, wonach sich der Bf. bis frühmorgens am in Serbien aufgehalten gehabt habe, wurde von ihm, trotz expliziter Aufforderung durch die belangte Behörde im Verspätungsvorhalt vom (entsprechende Bescheinigungsmittel beizubringen), nicht glaubhaft gemacht. Das Vorbringen kann daher der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Zur Unzulässigkeit der Revision
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nicht zulässig, da das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu verneinen, weil sich die Frist zur Erhebung eines Einspruches und die Rechtsfolgen der Versäumung dieser Frist unmittelbar aus dem Gesetz ergeben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7500124.2025 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
MAAAF-79645