Antrag durch den Unterhaltsverpflichteten auf Familienbonus Plus ist rückwirkendes Ereignis gem § 295a BAO
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Einkommensteuerbescheid 2022 vom wurde der ursprünglich erlassene Einkommensteuerbescheid vom gem § 295a BAO abgeändert. Konkret wurde der Familienbonus plus für das Kind der Beschwerdeführerin auf die Hälfte reduziert, da der Vater des Kindes als Unterhaltszahler die andere Hälfte des Familienbonus plus beantragt hat.
Mit Schreiben vom erhob die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den abgeänderten Einkommensteuerbescheid. Als Begründung führte sie Folgendes aus:
"Gegen die mir zugesandte Bescheidänderung der Einkommensteuer 2022 erhebe ich Einspruch, da ich für die Kosten meines Sohnes ***1*** zu 100% alleine aufkomme und sich somit auch Betreuungskosten von EUR 1.025,00 im Jahr 2022 ergeben haben."
In der Anlage übermittelte die Beschwerdeführerin eine Abrechnung des Kindergartenträgers über die getätigten Kosten.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Als Begründung führte das Finanzamt auf das Wesentliche zusammengefasst aus, dass die Erhebungen der Behörde ergeben hätten, dass der Kindesvater seiner monatlichen Unterhaltsverpflichtung nachgekommen sei, so dass der Beschwerdeführerin nur der halbe Familienbonus Plus zustehe. Die zusätzliche Aufteilungsmöglichkeit sei ab der Arbeitnehmerveranlagung 2022 gesetzlich nicht mehr vorgesehen.
Mit Schreiben vom brachte die Beschwerdeführerin ein Schreiben, das als Beschwerde gegen die Abweisung betitelt war, ein. Dieses Schreiben ist als fristgerechter Vorlageantrag zu qualifizieren. In diesem Schreiben führte die Beschwerdeführerin als Begründung aus:
"Zum einen werden die Kinderbetreuungskosten zur Gänze von der Mutter übernommen.
Auch wenn die Aufteilungsmöglichkeit nicht mehr gegeben ist (warum auch immer das so ist, stellt ein großes Ungleichgewicht dar!) werden die Alimentationszahlungen nun vom Gericht überprüft, da der KV die gerichtlich vorgeschriebenen Alimente nicht bezahlt hat.
Da der KV mir seine Gehaltzettel nicht übermittelt, muss die Berechnung über das Gericht erfolgen. Wie erfolgte die Erhebung der Alimentationszahlungen seitens des Finanzamts? Es gibt bis dato keine gerichtliche Vorschreibung für das Jahr 2022.
Sobald ich die Berechnung vom Gericht habe wird sie Ihnen nachgereicht."
Mit Schreiben vom brachte die Beschwerdeführerin folgende Ergänzung zu Ihrem Vorbringen vor:
"Wie in meinem Antrag schon eingebracht, wurden die Unterhaltszahlungen des Vaters ***Vater*** nicht korrekt bezahlt.
Im Jahr 2022 Herr ***Vater NN*** EUR 3.924,00 an unterhalt bezahlen müssen, hat aber tatsächlich einen Betrag von EUR 3.440 bezahlt.
Antrag auf Erhöhung eingebracht. ()
Sie können dem Schreiben vom Gericht die Vorschreibung für das Jahr 2022 entnehmen.
Anbei finden Sie auch die Einzahlungen von Herrn ***Vater NN*** im Jahr 2022."
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
***1*** ist der gemeinsame Sohn von ***Vater*** und ***Bf1***.
***Vater*** ist zu Unterhaltszahlungen betreffend den Sohn an die Beschwerdeführerin verpflichtet.
Im Jahr 2022 hat er viermal einen Betrag von EUR 260,00 und achtmal den Betrag von EUR 300,00 an die Beschwerdeführerin als Unterhaltszahlung überwiesen. In Summe hat er daher EUR 3.440,00 an Unterhaltszahlungen an die Beschwerdeführerin geleistet.
Der Unterhaltszahler ist seinen im Jahr 2022 bestehenden Unterhaltsverpflichtungen vollständig nachgekommen. Dem Unterhaltszahler stand daher der Unterhaltsabsetzbetrag in allen Monaten des Jahr 2022 zu.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen hinsichtlich der Familienverhältnisse ergeben sich unzweifelhaft aus dem vorliegenden Verwaltungsakt.
Die Feststellung hinsichtlich des vollständig geleisteten Unterhalts ergibt sich aus folgenden Gründen:
Auf Basis der Aktenlage ergibt sich, dass der Unterhaltsverpflichtete zum Zahlungszeitpunkt der geltenden Unterhaltsregelung zwischen der Beschwerdeführerin und dem Unterhaltszahler entsprochen hat und die Unterhaltszahlungen vollumfänglich geleistet hat. Laut dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Unterlagen (insbesondere Protokoll des Bezirksgericht Hietzing vom ), war der Unterhaltszahler ab aufgrund von Kurzarbeit verpflichtet EUR 260,00 monatlich zu leisten. Nach Beendigung der Kurzarbeit leistete der Unterhaltsempfänger wieder die ursprünglich vorgesehen EUR 300,00. Diese Zahlungen wurden laut den vorliegenden Bankunterlagen auch zweifelsfrei geleistet.
Mit Vorhalt vom wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert bis zum konkret darzulegen, in welchen Monaten der Unterhaltverpflichtete seinen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist. Dabei wurden ihr auch die entscheidenden Aktenstücke in der Beilage übermittelt. Bis zum ist keine Stellungnahme der Beschwerdeführerin beim Bundesfinanzgericht eingelangt.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Die im Veranlagungsjahr 2022 anwendbare Bestimmung des § 33 Abs 3a EStG über den Familienbonus Plus lautet auszugsweise wie folgt:
"3a) Für ein Kind, für das Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 gewährt wird und das sich ständig in einem Mitgliedstaat der EU oder Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz aufhält, steht auf Antrag ein Familienbonus Plus nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu:
1. Der Familienbonus Plus beträgt
a) bis zum Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 166,68 Euro,
b) nach Ablauf des Monats, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet, für jeden Kalendermonat 54,18 Euro.
[…]
3. Der Familienbonus Plus ist in der Veranlagung entsprechend der Antragstellung durch den Steuerpflichtigen wie folgt zu berücksichtigen:
a) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat kein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
Beim Familienbeihilfenberechtigten oder dessen (Ehe-)Partner der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
beim Familienbeihilfenberechtigten und dessen (Ehe-)Partner jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
b) Für ein Kind, für das im jeweiligen Monat ein Unterhaltsabsetzbetrag nach Abs. 4 Z 3 zusteht:
Beim Familienbeihilfenberechtigten oder vom Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, der nach Z 1 oder Z 2 zustehende Betrag oder
beim Familienbeihilfenberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils die Hälfte des nach Z 1 oder Z 2 zustehenden Betrages.
Für einen Monat, für den kein Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, steht dem Unterhaltsverpflichteten kein Familienbonus Plus zu.
c) Die Aufteilung des Familienbonus Plus gemäß lit. a und b ist bei gleichbleibenden Verhältnissen für das gesamte Kalenderjahr einheitlich zu beantragen. Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das nach Z 1 oder Z 2 zustehende Ausmaß hinausgeht, ist jeweils die Hälfte des monatlich zustehenden Betrages zu berücksichtigen.
[…]"
Gem § 33 Abs 3a Z 3 lit b TS 2 EStG steht der Familienbonus Plus dem Familienbeihilfeberechtigten und dem Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, jeweils zur Hälfte zu.
Wird von den Anspruchsberechtigten die Berücksichtigung in einer Höhe beantragt, die insgesamt über das zustehende Gesamtausmaß des Familienbonus Plus hinausreicht, ist bei den beiden Antragsberechtigten gem § 33 Abs 3a Z 3 lit c EStG die Hälfte des Gesamtbetrages zu berücksichtigen.
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin ursprünglich den gesamten Familienbonus Plus beantragt und dieser wurde ihr mit dem ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 2022 vom auch gewährt.
Der Unterhaltsberechtigte hat später in seiner Arbeitnehmerveranlagung den halben Familienbonus Plus beantragt hat. Aufgrund des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen (vollständige Leistung des Unterhalts und somit Anspruch auf Unterhaltsabsetzbetrag) wurde ihm dieser auch gewährt.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Antrag auf Zuerkennung des Familienbonus Plus eines Steuerpflichtigen, dem für das Kind der Unterhaltsabsetzbetrag zusteht, als rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO betreffend einen bereits an die Familienbeihilfenberechtigte ergangenen Bescheid, mit dem der Familienbonus Plus zur Gänze zuerkannt worden war, zu beurteilen ().
Die Vorgehensweise des Finanzamtes den Familienbonus Plus mit dem gem § 295a BAO berichtigten Einkommensteuerbescheid 2022 vom auf die Hälfte zu reduzieren, entspricht somit der Judikatur des Verwaltungsgerichthofes und ist somit rechtskonform.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Entscheidung beruht auf der eindeutigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 295a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7103727.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
MAAAF-79003