Haftungsbescheid betreffend Kommunalsteuer samt Nebengebühren (u.a. Covid-19-Pandemie eingewendet)
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien Referat Landes- und Gemeindeabgaben vom betreffend Heranziehung zur Haftung für Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen (Säumniszuschlägen) für den Zeitraum Februar 2018 bis August 2021, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin wurde mit Haftungsvorhalt vom aufgefordert, zu ihrer möglichen Haftungsinanspruchnahme Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom nahm sie dazu wie folgt Stellung: Sie sei zwar Geschäftsführerin der Gesellschaft gewesen, habe bei ihrem Austritt aber geordnete Verhältnisse hinterlassen. Die Gesellschaft sei schuldenfrei gewesen, es habe keine Verbindlichkeiten bei Finanzamt, ÖGK oder Magistrat gegeben; die Abgabenerklärungen für Kommunalsteuer und Dienstgeberabgabe seien im Zeitraum 2018 bis August 2021 über den Steuerberater pünktlich gemeldet und auch pünktlich bezahlt worden. An einer allfälligen Nichtzahlung von geschuldeten Abgaben und Steuern treffe sie jedenfalls kein Verschulden. Es werde die Übermittlung einer vollständigen Aktenkopie beantragt.
Mit Schreiben vom wurden der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde Aktenteile übermittelt (Haftungsantrag, Kontoauszüge, Jahreserklärungen 2018-2021 und Prüfungsergebnisse 2018-2021) und ihr neuerlich eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt.
Mit Antwortschreiben vom monierte die Beschwerdeführerin Schwärzungen in den übermittelten Unterlagen sowie ein zu kleines Schriftbild. Sie wiederholte daher ihren Antrag auf Übermittlung lesbarer Aktenkopien. In der Sache selbst gehe aus den Unterlagen hervor, dass diese nicht überprüfbar seien. Die Richtigkeit der Vorschreibungen könne daraus nicht abgeleitet werden. Die Prüfungsergebnisse seien damit auch nicht nachvollziehbar.
Am wurde der gegenständliche Haftungsbescheid erlassen und die Beschwerdeführerin für den Rückstand an Kommunalsteuer samt Nebenansprüchen (Säumniszuschlägen) der ***1*** GmbH iHv € 18.027,24 für den Zeitraum Februar 2018 bis August 2021 haftbar gemacht. Im Haftungsbescheid wurde konkret dargelegt, dass die Rückstände aus der Differenz der Abgabenbeträge laut den von der GmbH eingereichten Jahreserklärungen und den bei der Behörde eingelangten Zahlungen resultierten. Im Übrigen erfolgte eine monatsweise Aufgliederung der nicht entrichteten Beträge.
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Beschwerde wiederholte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und ergänzte, die Tatsache der Insolvenz habe auch zur Überprüfung von Anfechtungstatbeständen geführt. Durch die Coronamaßnahmen im März 2020 sei das Gleichbehandlungsprinzip gesetzlich außer Kraft genommen worden. Der Gesetzgeber habe durch normative Festlegungen im Zusammenhang von Covid-19 den Unternehmen gesetzliche Stundungen für Steuerrückstände eingeräumt. Es seien die verfügbaren Geldmittel der Gesellschaft für andere laufende Zahlungspflichten der Gesellschaft verwendet und Zahlungsobligos bei Finanzamt und ÖGK oder Magistrat gestundet worden. Da der Gesetzgeber das Gleichbehandlungsgebot gegenüber den Gläubigern mit den Covid-Bestimmungen ausgesetzt habe, existiere die vom Magistrat vermeinte Haftungsbestimmung für Geschäftsführer nicht oder nicht mehr. Eine mündliche Beschwerdeverhandlung wurde beantragt.
In der Folge forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin am auf, eine gegliederte Liquiditätsaufstellung für den Zeitraum Februar 2018 bis August 2021 vorzulegen sowie eine Aufstellung der liquiden Mittel zum jeweiligen Fälligkeitstag beizubringen und eine Quotenberechnung durchzuführen. Die Beschwerdeführerin wurde außerdem darauf hingewiesen, dass sie noch keinen Termin für die beantragte Akteneinsicht vereinbart habe.
In ihrer Stellungnahme vom wiederholte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und beantragte die Übermittlung einer vollständigen Aktenkopie. Zur Vorlage eines Liquiditätsplanes brachte sie vor, einen solchen könne nur derjenige erstellen, der über Firmenunterlagen verfüge. Sie sei als Geschäftsführerin ausgeschieden und verfüge nicht über solche Unterlagen. Diese seien vom Masseverwalter anzufordern; eine Vorlagepflicht treffe sie nicht.
Am erging die abweisende Beschwerdevorentscheidung. Aufgrund des fristgerecht gestellten Vorlageantrages langte die Beschwerdevorlage am beim Bundesfinanzgericht ein. Im Rahmen der Ladung für die mündliche Verhandlung am , wurde die Beschwerdeführerin ersucht, telefonisch einen Termin für die Akteneinsicht zu vereinbaren. Eine Kontaktaufnahme mit dem Bundesfinanzgericht erfolgte nicht.
In der mündlichen Verhandlung am war die Beschwerdeführerin nicht persönlich anwesend, sondern ließ sich durch eine bevollmächtigte Person vertreten. Vorgebracht wurde, dass die Beschwerdeführerin eine Erwerbsunfähigkeitspension iHv 725,16 Euro der SVS erhalte, sowie erneut auf die bisher vertretene Rechtsansicht verwiesen, dass die Maßnahmen des Gesetzgebers zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie ein Aussetzen des Gleichbehandlungsgebotes bewirkt habe.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin war von bis Geschäftsführerin der ***1*** GmbH (FN ***2***). Am TT. Oktober 2022 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet. Die Gesellschaft ist infolge Konkurseröffnung aufgelöst.
Im Zeitraum Februar 2018 bis August 2022 reichte die GmbH Kommunalsteuererklärungen ein, entrichtete die Beträge aber nicht zur Gänze, sodass bei der belangten Behörde ein Rückstand im Gesamtbetrag von 18.027,24 Euro an nicht entrichteten Kommunalsteuern samt Nebengebühren aushaftet:
Die Kommunalsteuer für das Jahr 2018 wurde mit Jahreserklärung mit einem Abgabenbetrag in Höhe von 2.410,09 Euro festgesetzt, davon wurden 1.184,56 Euro bezahlt.
Die Kommunalsteuer 2019 beträgt laut Jahreserklärung 12.118,72 Euro, davon wurden 1.245,06 Euro bezahlt.
Die Kommunalsteuer für das Jahr 2020 beträgt laut Jahreserklärung 4.665,66 Euro, hiezu langten bei der belangten Behörde Zahlungen in Höhe von 1.210,26 Euro ein.
Die Kommunalsteuer für das Jahr 2021 beträgt laut Jahreserklärung 5.154,27 Euro, davon fällt ein Betrag von 2.320,35 Euro auf den Zeitraum Jänner bis August 2021. Hiezu langte bei der belangten Behörde eine Zahlung in Höhe von 60,51 Euro ein.
Der Rückstand setzte sich laut Abgabenkonto und Haftungsbescheid wie folgt zusammen:
Die darin enthaltenen Säumniszuschläge 01/2019 bis 11/2019 wurden nicht bescheidmäßig festgesetzt.
Von der Primärschuldnerin bzw. der Beschwerdeführerin als deren Geschäftsführerin wurden im Zeitraum Februar 2018 bis August 2021 keine Stundungsansuchen bei der belangten Behörde eingebracht.
Die Beschwerdeführerin verfügt weder über Unterlagen der GmbH noch konnte sie Liquiditätsaufstellungen oder Quotenberechnungen zum Beweis der Gläubigergleichbehandlung vorlegen.
Die belangte Behörde übermittelte der Beschwerdeführerin im Zuge des Haftungsvorhalteverfahrens Kopien des Aktes, die zum Teil geschwärzt, ansonsten aber leserlich waren. Die Schwärzungen bezogen sich auf nicht haftungsrelevante Zeiträume oder Dritte. Die Beschwerdeführerin nahm - trotz entsprechender Aufforderung durch das Bundesfinanzgericht - keine Akteneinsicht vor.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin im angegebenen Zeitraum Geschäftsführerin der Primärschulderin war, ergibt sich unzweifelhaft aus dem Firmenbuchsauszug zur angegebenen Firmenbuchnummer und wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten.
Die Feststellungen zu den Kommunalsteuererklärungen und Höhe der Abgaben resultieren aus Folgendem: Die GmbH wurde gemäß § 14 Abs. 1 Kommunalsteuergesetz im Rahmen der gemeinsamen Prüfung der Lohnabgaben und Beiträge durch Organe der Öko GK einer Kommunalsteuer Prüfung mit dem Ergebnis unterzogen, dass die Abgaben und Bemessungsgrundlagen laut Jahreserklärungen mit denen laut Prüfung übereinstimmten, jedoch nur € 692 der Abgabe des Jahres 2022 entrichtet worden waren. Da keine Lohn- und Buchhaltungsunterlagen vorlagen, wurden die kommunal Steuerbemessungsgrundlage anhand der gespeicherten SV Minusbeitragsgrundlage mithilfe des Art Cl ermittelt. Da die Kommunalsteuergrundlagen höher gemeldet wurden, wurden die gemeldeten Grundlagen belassen, da keine weiteren Unterlagen vorlagen.
Im Zuge des Haftungsverfahrens und im Haftungsbescheid wurde konkret dargelegt, dass die Rückstände aus der Differenz der Abgabenbeträge laut den von der GmbH eingereichten Jahreserklärungen und den bei der Behörde eingelangten Zahlungen resultierten. In der mündlichen Verhandlung wurde dies auch seitens des Vertreters der Beschwerdeführerin anerkannt. Die beischeidmäßige Festsetzung der Säumniszuschläge wurde hingegen bestritten. Die belangte Behörde hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass die Säumniszuschläge nicht bescheidmäßig festgesetzt wurden. Auch im übermittelten Verwaltungsakt gibt es dazu keine Anhaltspunkte.
Dass keine Stundungsansuchen eingebracht wurden, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den Angaben der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung, die vom Vertreter der Beschwerdeführerin auch nicht in Abrede gestellt wurden.
Der Beschwerdeführerin wurden im Haftungsbescheid eine monatsweise Aufgliederung der nicht entrichteten Beträge zur Kenntnis gebracht (vgl. ). Sie konnte keinen Gleichbehandlungsnachweis antreten und hat auch zugegeben, über keinerlei Unterlagen zu verfügen, die zu einer allfälligen Berechnung führen könnten.
Die Ausführungen zur beantragten, aber nicht wahrgenommenen Akteneinsicht ergeben sich aus dem Verfahrensverlauf und decken sich mit dem Akteninhalt. Die Beschwerdeführerin hat auch im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht keine Akteneinsicht wahrgenommen, obwohl sie ersucht wurde, einen Termin zu vereinbaren.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
3.1.1. Rechtslage
Gemäß § 1 des Kommunalsteuergesetzes 1993 (KommStG 1993), BGBl. 819, unterliegen der Kommunalsteuer die Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an die Dienstnehmer einer im Inland (Bundesgebiet) gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind.
Gemäß § 9 KommStG 1993, BGBl. 819/1993 idF 144/2001, beträgt die Steuer 3% der Bemessungsgrundlage. Übersteigt bei einem Unternehmen die Bemessungsgrundlage im Kalendermonat nicht 1.460 Euro, wird von ihr 1.095 Euro abgezogen.
Gemäß § 6a Abs. 1 KommStG 1993, BGBl. 819/1993 idF BGBl. I 111/2010, haften die in den §§ 80 ff. der Bundesabgabenordnung (BAO) bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffende Kommunalsteuer insoweit, als diese Abgabe infolge schuldhafter Verletzung der ihnen auferlegten abgabenrechtlichen oder sonstigen Pflichten nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, insbesondere im Fall der Konkurseröffnung.
Die Kommunalsteuer wird für jeden Kalendermonat am 15. des darauffolgenden Kalendermonats fällig (§ 11 Abs. 2 KommStG 1993, BGBl. 819/1993 idF BGBl. I 163/2015). Für jedes abgelaufene Kalenderjahr hat der Unternehmer gemäß § 11 Abs. 2 KommStG bis Ende März des folgenden Kalenderjahres der Gemeinde eine Kommunalsteuererklärung abzugeben.
Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Gemäß § 224 Abs. 1 BAO werden die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten.
Gemäß § 7 Abs. 2 BAO erstrecken sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche (§ 3 Abs. 1 und 2 BAO).
Gemäß § 217 Abs. 1 BAO sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen Säumniszuschläge zu entrichten, wenn eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren (§ 3 Abs. 2 lit. d), nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet wird. Der erste Säumniszuschlag beträgt 2% des nicht zeitgerecht entrichteten Abgabenbetrages (Abs.2).
Gemäß § 217a Z 2 BAO werden Säumniszuschläge für Landes- und Gemeindeabgaben im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig. Säumniszuschläge, die den Betrag von fünf Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen (Z 3).
3.1.2.Geltendmachung der Haftung
Nach der im Folgenden näher dargestellten, ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Geltendmachung der Haftung nach § 6a KommStG 1993 iVm §§ 80 ff. BAO voraus, dass
1. eine Abgabenforderung gegen die vertretene Gesellschaft besteht (Abgabenforderung),
2. die als haftungspflichtige in Frage kommende Person zum Personenkreis der §§ 80 ff. BAO gehört (Vertreterstellung),
3. eine zumindest erschwerte Einbringlichkeit Abgabenforderung gegen den Vertretenen besteht (erschwerte Einbringlichkeit),
4. ein Verschulden des Vertreters an der Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten des Vertretenen vorliegt (Verschulden) und
5. die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (Kausalität).
3.1.2.1. Zum Bestehen einer Abgabenforderung bzw Festsetzung der Abgabe
Die Geltendmachung einer abgabenrechtlichen Haftung setzt zwar das Bestehen eines Abgabenschuldverhältnisses, also das Bestehen einer Abgabenschuld (§ 4 BAO) voraus, nicht jedoch, dass diese Schuld dem Abgabenschuldner gegenüber auch bereits geltend gemacht wurde. Gemäß § 4 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft, somit unabhängig von einer behördlichen Tätigkeit und auch unabhängig von einer diesbezüglichen Bescheiderlassung.
Geht einem Haftungsbescheid ein Abgabenbescheid voran, so ist die Behörde nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (zB ), daran gebunden und hat sich in der Entscheidung über die Heranziehung zur Haftung grundsätzlich an diesen Abgabenbescheid zu halten. Durch § 248 BAO ist dem Haftenden ein Rechtszug gegen den Abgabenbescheid eingeräumt.
Erweist sich die Selbstberechnung der Kommunalsteuer des Unternehmers als nicht richtig oder wird die selbstberechnete Kommunalsteuer nicht oder nicht vollständig entrichtet, hat die Gemeinde nach § 11 Abs. 3 KommStG 1993 einen Kommunalsteuerbescheid zu erlassen. Von der Erlassung eines solchen Bescheides ist abzusehen, wenn der Steuerschuldner nachträglich die Selbstberechnung berichtigt. Erfolgt die Abgabenfestsetzung durch Selbstbemessung, kommt der Einreichung der Erklärung insofern dieselbe Rechtswirkung wie einer bescheidmäßigen Festsetzung zu, als damit die Abgabe als festgesetzt gilt (vgl. ).
Im Zuge der Kommunalsteuerprüfung durch die Österreichische Gesundheitskasse wurde festgestellt, dass sich die Höhe der von der Primärschuldnerin erklärten Abgabenbeträge als richtig erwiesen hat. Die haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern wurden daher durch das Einreichen der jeweiligen Jahreserklärungen festgesetzt.
3.1.2.2. Zur Vertreterstellung
Die Beschwerdeführerin war im haftungsrelevanten Zeitraum alleinige handelsrechtliche Geschäftsführerin der genannten Primärschuldnerin und gehörte damit zumPersonenkreis der §§ 80 ff. BAO. Zu den abgabenrechtlichen Pflichten des Vertreters gehört es, dafür zu sorgen, dass die Abgaben entrichtet werden. Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen ist, ob den Vertreter diese Pflicht getroffen hat, bestimmt sich danach, wann die Abgabe nach den abgabenrechtlichen Vorschriften zu entrichten gewesen wäre.
Bei Selbstbemessungsabgaben ist maßgebend, wann die Abgabe bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung zu entrichten oder abzuführen gewesen wäre (vgl. , mwN).
Im vorliegenden Fall lagen die Fälligkeiten der haftungsgegenständlichen Kommunalsteuern im Rahmen der aufrechten Geschäftsführertätigkeit der Beschwerdeführerin.
3.1.2.3. Zur erschwerten Einbringlichkeit der Abgaben
Im Falle des § 6a KommStG 1993 reicht nach dem Gesetzeswortlaut schon eine erschwerte Einbringlichkeit der Abgaben. Als typischen Anwendungsfall nennt das Gesetz die Konkurseröffnung. Eine Beendigung des Konkursverfahrens ist für die Haftungsinanspruchnahme daher nicht notwendig.
Im vorliegenden Fall steht aber sogar die objektive Uneinbringlichkeit der verfahrensgegenständlichen Abgaben zweifelsfrei fest, da die Primärschuldnerin auf Grund der Eröffnung des Konkursverfahrens mittlerweile aufgelöst ist. Eine (auch nur teilweise) Einbringlichmachung ist daher bei ihr nicht möglich.
3.1.2.4. Zum Verschulden
Gemäß § 11 Abs. 1 KommStG 1993 entsteht die Steuerschuld mit Ablauf des Monats, in dem die Lohnzahlungen gewährt worden sind. Die Kommunalsteuer ist sodann vom Unternehmer selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monats an die Gemeinde zu entrichten.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der/die Vertreter/in darzutun, aus welchen Gründen ihm/ihr die Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten unmöglich gewesen sei, widrigenfalls die Abgabenbehörde eine schuldhafte Verletzung im Sinn des § 6a KommStG 1993 annehmen darf. Hat der Vertreter/die Vertreterin schuldhaft seine/ihre Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit ursächlich war (vgl. zB ).
a) Zur Verjährungseinrede
Der Vertreter der Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung (Einhebungs)Verjährung hinsichtlich der Kommunalsteuer 2018 und 2019 eingewendet. Diesem Einwand kann aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden:
Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.
Gemäß § 238 Abs. 2 BAO wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.
Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 207 Abs. 2 BAO (…) bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre, sohin auch bei der Kommunalsteuer. Gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist.
Der Abgabenanspruch entsteht gemäß § 4 Abs. 1 BAO, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
Dem Einwand der Beschwerdeführerin, dass die haftungsgegenständlichen Abgaben an Kommunalsteuer 2018 und 2019 verjährt seien, ist insbesondere entgegenzuhalten, dass die Einhebungsverjährung gemäß § 238 Abs. 1 BAO nicht früher als das Recht, die Abgabe festzusetzen, eintreten hätte können: Die Kommunalsteuer 2018 wäre mit Ablauf des Jahres 2023 verjährt, die Kommunalsteuer 2019 mit Ablauf des Jahres 2024. Die Lohnsteuerprüfung betreffend Kommunalsteuer 2018 und 2019 (aber auch die Folgejahre 2020 und 2021) wurde am beendet und stellt eine Verlängerungshandlung dar, sodass keine Verjährung eintreten konnte und jedenfalls eine Verlängerung der Verjährungsfrist um ein Jahr erfolgt ist, sohin jedenfalls bis Ablauf des Jahres 2024, in dem der gegenständliche Haftungsbescheid erlassen wurde.
b) Zur Einrede der nicht bescheidmäßigen Festsetzung der Säumniszuschläge
Im beschwerdegegenständlichen Sachverhalt gibt es keine Säumniszuschlagsbescheide, weshalb der Vertreter der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung das Verschulden für Haftungsinanspruchnahme für die Nichtentrichtung der Säumniszuschläge bestritt, während die belangte Behörde ausführte, dass diese auch ohne bescheidmäßige Festsetzung als Nebengebühren Teil der Haftungsinanspruchnahme sein können. Dazu ist wie folgt auszuführen:
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 bzw. Z 5 F-VG sind ausschließliche Landesabgaben solche, deren Ertrag ganz den Ländern zufließt und ausschließliche Gemeindeabgaben solche, deren Ertrag ganz den Gemeinden zufließt. Gemäß § 16 Abs. 1 Z 2 Finanzausgleichsgesetz 2017 ist die Kommunalsteuer eine ausschließliche Landes(Gemeinde)abgabe.
Gemäß § 217a Z 2 BAO, eine Sondervorschrift für Landes- und Gemeindeabgeben, werden Säumniszuschläge im Zeitpunkt der Zustellung des sie festsetzenden Bescheides fällig.
Ein Vertreter haftet gemäß § 6a KommStG 1993 für die Kommunalsteuer. Wird bei nicht zeitgerechter Zahlung ein Säumniszuschlag verhängt, so handelt es sich hierbei um einen Nebenanspruch (siehe § 3 Abs. 2 lit. d BAO). Gemäß § 7 Abs. 2 BAO erstreckt sich die persönliche Haftung des Vertreters wie eingangs dargelegt auch auf Nebenansprüche.
Der Säumniszuschlag ist eine objektive Säumnisfolge und soll die pünktliche Tilgung von Abgabenschulden sicherstellen (siehe Ritz/Koran, BAO7 § 217 Rz 2). Säumniszuschläge sind grs mit Abgabenbescheid (§ 198 BAO) geltend zu machen (vgl. ). Die Geltendmachung kann jedoch auch erst im Haftungsverfahren gegenüber dem/der Haftpflichtigen erfolgen. Nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Geltendmachung einer abgabenrechtlichen Haftung nämlich lediglich voraus, dass die Abgabenschuld entstanden ist. Keine Voraussetzung ist hingegen, dass die Schuld gegenüber dem Primärschuldner bereits geltend gemacht wurde (vgl. ).
Der Säumniszuschlag entsteht gemäß § 4 Abs. 1 BAO mit Tatbestandsverwirklichung (vgl. Ritz/Koran, BAO7 § 4 Rz 6; Stoll, BAO, 2319); im Falle des Säumniszuschlages ist dies das Versäumen der fristgerechten Entrichtung der Abgabe (vgl. Stoll, BAO, 2321).
Zum Zeitpunkt der Entstehung der Abgabenschuld - in Zusammenhang mit den hier gegenständlichen Säumniszuschlägen betrifft dies die Monate Jänner bis Dezember 2019 - ist die Beschwerdeführerin noch zur Führung der Geschäfte zuständig gewesen und hat somit auch die Nichtentrichtung der Säumniszuschläge zu verantworten: So wäre zum Bespiel die Kommunalsteuer für Jänner 2019 den gesetzlichen Vorgaben folgend am zu entrichten gewesen. Hätte der Magistrat an den Fälligkeitstagen der Kommunalsteuer für Jänner 2019 Kenntnis von der Entstehung des Abgabenanspruches gehabt, hätte er einen Säumniszuschlag zur Kommunalsteuer Jänner 2019 festsetzen können (zu einer ähnlichen Konstellation vgl die Ausführungen in Schmutzer, BFGJournal, , mit Hinweis auf ).
Es bestehen daher keine Bedenken gegen die Miteinbeziehung der Säumniszuschläge in die Haftung.
c) Fehlende Unterlagen und Gläubigergleichbehandlungsnachweis
Der/die Geschäftsführer/in haftet vor allem für Abgaben, deren Zahlungstermin (zB Fälligkeitszeitpunkt) in die Zeit der Vertretertätigkeit fällt. Für Abgabenforderungen die nach Beendigung der Vertretertätigkeit zu entrichten sind, kann der/die Geschäftsführer/in nicht zur Haftung herangezogen werden, da er/sie keine abgabenrechtlichen Pflichten verletzt.
Die schuldhafte Pflichtverletzung liegt jeweils in der nicht vollständigen Entrichtung der monatlich selbst zu bemessenden Abgabe (Kommunalsteuer) bei deren Fälligkeit am 15. des nächstfolgenden Monats und der damit zusammenhängenden Säumniszuschläge.
Der/die Vertreter/in haftet für die nicht entrichteten Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er/sie weist nach, dass er/sie die Abgabenschulden im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als bei anteiliger Verwendung der vorhandenen Mittel für die Begleichung aller Verbindlichkeiten. Nicht die Abgabenbehörde hat das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen, sondern der/die zur Haftung herangezogene Geschäftsführer/in das Fehlen ausreichender Mittel. Auf dem/der Vertreter/in lastet auch die Verpflichtung zur Errechnung einer entsprechenden Quote und des Betrages, der bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen der Abgabenbehörde zu entrichten gewesen wäre. Eine Betrachtung der Gläubigergleichbehandlung hat zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt zu erfolgen (vgl. ).
Soweit die Beschwerdeführerin wiederholend vorgebracht hat, dass sie über keine Unterlagen verfüge, um dieser Aufforderung nachkommen zu können, ist ihr Folgendes entgegenzuhalten:
Dem/der Vertreter/in obliegt es auch, entsprechende Beweisvorsorgen - etwa durch Erstellung und Aufbewahrung von Ausdrucken - zu treffen. Es ist dem/der Vertreter/in, der/die fällige Abgaben der Gesellschaft nicht oder nicht zur Gänze entrichten kann, schon im Hinblick auf seine/ihre mögliche Inanspruchnahme als Haftungspflichtige/r sohin zumutbar, sich - spätestens dann, wenn im Zeitpunkt der Beendigung der Vertretungstätigkeit fällige Abgabenschulden unberichtigt aushaften - jene Informationen zu sichern, die ihm/ihr im Falle der Inanspruchnahme als Haftungspflichtige/r die Erfüllung der Darlegungspflicht im oben beschriebenen Sinn ermöglichen (vgl. ).
Einen Gleichbehandlungsnachweis hat die Beschwerdeführerin nicht vorgelegt, obwohl ihr die Aufschlüsselung der haftungsgegenständlichen Abgaben bekanntgegeben wurde. Dass die Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin der GmbH keinerlei Mittel mehr zur Verfügung gehabt hätte, behauptet selbst sie nicht und ergaben sich dazu auch keinerlei Hinweise.
Da die Beschwerdeführerin den Nachweis der Gleichbehandlung in Bezug auf die Entrichtung der Abgabenforderungen bei Fälligkeit nicht angetreten hat, kommt eine quotenmäßige Einschränkung der Haftung nicht in Betracht. Mangels weiterer Entlastungsbehauptungen und mangels Vorlage eines Gleichbehandlungsnachweises ist daher von einer schuldhaften Pflichtverletzung der Beschwerdeführerin auszugehen.
d) Zur Einrede, dass die Covid-19-Gesetzgebung das Gleichbehandlungsgebot außer Kraft gesetzt hätte
Soweit die Beschwerdeführerin im Verfahren mehrfach einwendet, dass die Covid-19-Gesetzgebung das Gleichbehandlungsgebot außer Kraft gesetzt hätten, weshalb eine Haftungsinanspruchnahme unmöglich sei, sind ihr zunächst die rechtlichen Sonderregelungen aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung von COVID-19 in Erinnerung zu rufen:
"§ 323c. BAO: (1) In anhängigen behördlichen Verfahren der Abgabenbehörden werden alle im ordentlichen Rechtsmittelverfahren (7. Abschnitt Unterabschnitt A) vorgesehenen Fristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach dem fällt, sowie Fristen, die bis zum 16. März noch nicht abgelaufen sind, bis zum Ablauf des unterbrochen. Sie beginnen mit neu zu laufen.
(Anm.: Abs. 2 und 3 aufgehoben durch Art. 3 Z 3 lit. a, BGBl. I Nr. 96/2020)
(4) Unter Berücksichtigung der jeweiligen Gefährdungslage kann der Leiter der Amtshandlung gegenüber den an der Amtshandlung teilnehmenden Personen Maßnahmen zum Zweck der Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 anordnen. Der Leiter der Amtshandlung hat für die Einhaltung dieser Maßnahmen zu sorgen. Ein Verstoß gegen diese Maßnahmen gilt als Störung der Amtshandlung gemäß § 112 Abs. 2. Wird gegen diese Maßnahmen im Zuge einer mündlichen Verhandlung verstoßen, hat der Ausschluss der betreffenden Person unter sinngemäßer Anwendung des § 274 Abs. 4 zweiter Satz zu erfolgen.
(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch Art. 3 Z 3 lit. a, BGBl. I Nr. 96/2020)
(6) Bis sowie von bis erfüllt eine sonstige Gutschrift oder ein Teil einer sonstigen Gutschrift keinen Tilgungstatbestand gemäß § 211 BAO, wenn diese Gutschrift auf einem Abgabenkonto zu verbuchen ist, auf dem
1. ein Abgabenrückstand besteht, für den ein Ansuchen nach § 212 BAO im Verfahren FinanzOnline eingebracht oder eine Zahlungserleichterung mit Bescheid zuerkannt und
2. innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe des die sonstige Gutschrift auslösenden Bescheides oder Erkenntnisses, bei Selbstberechnung einer Abgabe gleichzeitig mit der Selbstberechnung und Bekanntgabe des negativen Abgabenzahlungsanspruches oder im Zusammenhang mit Prämien, Vergütungen oder Erstattungen gleichzeitig mit deren Beantragung ein Antrag auf Rückzahlung gemäß Abs. 9 im Verfahren FinanzOnline eingebracht wurde.
(7) Abs. 6 kommt nicht zur Anwendung, wenn die sonstige Gutschrift gemäß § 214 Abs. 8 zu verrechnen oder eine Abschreibung von Abgaben (§§ 235, 236) erfolgt. In den Fällen des § 26 Abs. 3 und 5 UStG 1994 kommt Abs. 6 insoweit nicht zur Anwendung, als eine Einfuhrumsatzsteuer auf dem Abgabenkonto verbucht ist.
(8) Für sonstige Gutschriften im Sinne des Abs. 6 ist § 215 Abs. 1 bis 3 BAO sinngemäß anzuwenden, es sei denn, dass dadurch eine Tilgung von Abgaben erfolgen würde, für die ein Ansuchen nach § 212 BAO im Verfahren FinanzOnline eingebracht oder eine Zahlungserleichterung mit Bescheid zuerkannt wurde.
(9) Für Anträge auf Rückzahlung sonstiger Gutschriften im Sinne des Abs. 6 ist § 239 BAO sinngemäß anzuwenden. Die Anwendung des § 239a BAO bleibt unberührt.
(10) Die Abs. 6 bis 9 finden auf sonstige Gutschriften Anwendung, die
1. vor dem verbucht wurden und aus Bescheiden oder Erkenntnissen resultieren, welche nach dem bekanntgegeben werden oder im Zusammenhang mit einer Selbstberechnung nach dem bekanntgegeben werden;
2. vor dem verbucht wurden und aus Bescheiden oder Erkenntnissen resultieren, welche nach dem bekanntgegeben werden oder im Zusammenhang mit einer Selbstberechnung nach dem bekanntgegeben werden.
(11) Stundungen gemäß § 212 Abs. 1, die nach dem bewilligt worden sind und deren Stundungsfrist am 30. September oder am endet, bleiben bis unter Einbeziehung jener Abgaben aufrecht, welche bis spätestens , im Falle von Vorauszahlungen gemäß § 45 EStG 1988 bis spätestens , auf dem Abgabenkonto verbucht wurden.
(11a) Stundungen gemäß Abs. 11 bleiben bis aufrecht. Abgaben, die auf dem selben Abgabenkonto gebucht werden und die zwischen dem und dem 2021 fällig werden, sind bis zum zu entrichten. Die Stundung sowie die gesetzliche Zahlungsfrist enden mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Abgabenschuldners.
(11b) Stundungen, die zwischen dem und dem beantragt werden, sind abweichend von den Voraussetzungen des § 212 Abs. 1 bis zu bewilligen. Abgaben, die zwischen dem und dem 2021 fällig werden, sind bis zum zu entrichten. Die Stundung sowie die gesetzliche Zahlungsfrist enden mit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Abgabenschuldners.
(11c) Stundungen, die zwischen dem und dem beantragt werden, sind abweichend von den Voraussetzungen des § 212 Abs. 1 bis zu bewilligen.
(12) Die Abgabenbehörde hat auf Antrag des Abgabepflichtigen die Entrichtung von Abgaben im Sinne des § 212 Abs. 1 in zwölf angemessenen Monatsraten zu bewilligen, wenn vor der Antragstellung kein Terminverlust (§ 230 Abs. 5) hinsichtlich einer bereits zuvor bewilligten Ratenzahlung nach diesem Absatz eingetreten ist und der Antrag bis zum Ende der Stundungsfrist, spätestens jedoch am , eingebracht wird. Sofern hinsichtlich dieser Ratenbewilligung kein Terminverlust eintritt, hat die Abgabenbehörde, wenn die sofortige oder sofortige volle Entrichtung des verbleibenden Abgabenbetrages für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre, auf Antrag die Entrichtung in angemessenen Raten für weitere sechs Monate zu gewähren.
(13) Unbeschadet aller sonstigen Vorschriften des § 212 Abs. 2 sind ab bis sowie ab bis keine Stundungszinsen vorzuschreiben. Ab bis sowie ab bis betragen die Stundungszinsen zwei Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr.
(14) Hinsichtlich
1. vor dem bewilligter Zahlungserleichterungen, für die gemäß § 212 Abs. 2 nach dem bis zum Stundungszinsen festzusetzen wären sowie
2. Anspruchszinsen betreffend Nachforderungen (§ 205), die für den Veranlagungszeitraum 2019 oder 2020 festzusetzen wären,
ist von der Vorschreibung abzusehen. Insoweit Nachforderungszinsen nach Z 2 nicht vorgeschrieben wurden, sind Anspruchszinsen betreffend Gutschriften (§ 205) nicht festzusetzen.
(15) Für Abgaben mit Fälligkeit zwischen dem und sind abweichend von § 217 Abs. 2 und 3 keine Säumniszuschläge zu entrichten.
(16) Die Abs. 11 bis 15 gelten nicht für Landes- und Gemeindeabgaben.
(Anm.: Abs. 17 aufgehoben durch Art. 3 Z 1b, BGBl. I Nr. 52/2021)
(Anm.: Abs. 18 mit Ablauf des außer Kraft getreten)."
Das COVID-19-Ratenzahlungsmodell wurde wie folgt geregelt:
"§ 323 Abs. 1 BAO: Abweichend von § 212 Abs. 1 besteht nach Maßgabe der Abs. 2 bis 3 die Möglichkeit zur Entrichtung eines überwiegend COVID-19-bedingten Abgabenrückstandes (Abs. 2 Z 1) in angemessenen Raten in zwei Phasen über die Dauer von längstens sechsunddreißig Monaten. Für die Berechnung der Zinsen ist § 323c Abs. 13 anzuwenden. Die gleichzeitige Gewährung einer Zahlungserleichterung gemäß § 212 ist ausgeschlossen."
Die von der Haftung umfassten Abgaben an Kommunalsteuer betreffend den Zeitraum Februar 2018 - sohin deutlich vor Beginn der Covid-19-Pandemie - sowie bis August 2021. Im Beschwerdefall sind keine Ratenzahlungsanträge der Primärschuldnerin ab dem Beginn der Covid-19-Pandemie (März 2020) aktenkundig, sodass nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes diese Bestimmungen hier nicht zur Anwendung kommen. Abgesehen davon ist aus den zitierten Bestimmungen nicht ableitbar, dass der Gesetzgeber damit das Gleichbehandlungsgebot aufgehoben hätte.
Der Beschwerde kann daher auch nicht gefolgt werden, wenn sie das Vorliegen des Verschuldens der Beschwerdeführerin mit dem Hinweis auf die Covid-19-Gesetzgebung bestreitet. Mit diesem Vorbringen gesteht die Beschwerdeführerin im Übrigen zu, andere Gläubiger bevorzugt zu haben, während die verfahrensgegenständlichen Abgabenschuldigkeiten an Kommunalsteuer nicht zur Gänze entrichtet wurden.
e) Zur beantragten Akteneinsicht und Zeugeneinvernahme
Sowohl die belangte Behörde als auch das Bundesfinanzgericht haben die beantragte Akteneinsicht der Beschwerdeführerin nicht abgelehnt: Die belangte Behörde hat ihr Aktenteile übermittelt und darin enthaltene Angaben Dritter aus Datenschutzgründen geschwärzt übermittelt, während das Bundesfinanzgericht die Beschwerdeführerin ersucht hat, einen Termin für die Akteneinsicht zu vereinbaren.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes zu § 90 Abs. 1 BAO ist die Akteneinsicht "zu gestatten"; die Gestattung ist ein Realakt, der nicht einer besonderen Genehmigung bedarf. Wird ein Antrag auf Akteneinsicht gestellt, der nicht abgewiesen wird, dann liegt es bei der Partei, diese Möglichkeit zu nutzen. Aus dem Recht auf Akteneinsicht ist kein Rechtsanspruch der Partei auf Herstellung von Abschriften bzw. Ablichtungen durch die Behörde oder das Verwaltungsgericht ableitbar (vgl. mwN).
Es lag daher im gesamten Verfahren an der Beschwerdeführerin, die ihr eingeräumte Möglichkeit der Terminvereinbarung zu nutzen.
Soweit in der Beschwerde wiederholt darauf hingewiesen wurde, dass dem Beweisantrag der Beschwerdeführerin auf Zeugeneinvernahme des Prüforgans nicht entsprochen worden sei, ist dem - wie dies bereits die belangte Behörde getan hat - zu entgegnen, dass Beweisanträge ausreichend erkennen lassen müssen, welche konkrete Tatsachenbehauptung im Einzelnen durch das angebotene Beweismittel erwiesen werden soll.
Kann ein Zeuge nach der Aktenlage zu den entscheidungswesentlichen Fragen keine Aussage machen oder ist bereits auf Grund des Beweisthemas ersichtlich, dass die Aussage entbehrlich erscheint, so liegt in der Unterlassung der beantragten Einvernahme eines solchen Zeugen kein Verstoß gegen Verfahrensvorschriften (vgl. ).
Die beantragte zeugenschaftliche Einvernahme des damaligen Prüforgans konnte daher unterlassen werden.
3.1.2.5. Zur Kausalität
Im Fall des Vorliegens einer schuldhaften Pflichtverletzung spricht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Vermutung für die Verursachung der Uneinbringlichkeit der Abgaben durch die Pflichtverletzung und den Rechtswidrigkeitszusammenhang. Die Pflichtverletzung ist demnach kausal für die Uneinbringlichkeit ().
Im vorliegenden Fall war die pflichtwidrige Nichtentrichtung der im Haftungsbescheid angeführten Abgaben kausal für deren Uneinbringlichkeit. Dieses pflichtwidrige Verhalten ist der Beschwerdeführerin als verantwortlicher Geschäftsführerin der Gesellschaft zuzurechnen.
3.1.2.6. Ermessen
Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung im Sinne des § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände zu treffen.
Dem Gesetzesbegriff Billigkeit ist dabei die Bedeutung des berechtigten Interesses des Berufungswerbers beizumessen, nicht zur Haftung für Abgaben herangezogen zu werden, deren Uneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin feststeht und deren Nichtentrichtung durch ihn versursacht worden ist. Dem Gesetzesbegriff Zweckmäßigkeit kommt die Bedeutung öffentliches Interesse an der Einhebung der Abgabe zu. Die Zweckmäßigkeit der Geltendmachung der Haftung liegt darin, dass nur durch diese Maßnahme eine Einbringlichkeit der angeführten Abgaben gegeben ist und nur so dem öffentlichen Interesse an der Erhebung der Abgaben nachgekommen werden kann.
Die Geltendmachung der Haftung entspricht verfahrensgegenständlich auch den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit und Billigkeit. Bei Abstandnahme von der Haftungsinanspruchnahme würde die Abgabengläubigerin ihres Anspruches verlustig gehen. Im Übrigen spricht nichts dafür, dass es unbillig ist, eine Geschäftsführerin, der ihre abgabenrechtlichen Pflichten verletzt, zur Haftung heranzuziehen, anderenfalls würden nämlich jene Abgabepflichtigen, die ihre Pflichten erfüllen, im wirtschaftlichen Wettbewerb benachteiligt.
Die Beschwerdeführerin hat vorgebracht, lediglich eine Erwerbsunfähigkeitspension iHv rund 725 Euro zu beziehen. Vermögens- und Arbeitslosigkeit des/der Haftenden stehen nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedoch in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung, zumal es eine allfällige (zur Zeit der Erlassung des Haftungsbescheides bestehende) Uneinbringlichkeit beim Haftenden auch nicht ausschließt, dass künftig neu hervorkommendes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben führen können (vgl. zB mwN sowie mwN). Dass die belangte Behörde die gegenständliche Forderung im Insolvenzverfahren nicht angemeldet hat, ist für die Geltendmachung der Haftung ebenso unerheblich.
Ein langer Zeitabstand zwischen dem Entstehen der Abgabenschuld oder der Feststellung der Uneinbringlichkeit der Abgaben bei der Primärschuldnerin einerseits und der bescheidmäßigen Inanspruchnahme zur Haftung andererseits wäre ein Umstand, der bei der Inanspruchnahme zur Haftung im Sinne des Ermessens nicht außer Betracht gelassen werden darf. Inwieweit dieser Gesichtspunkt beim Ermessen Berücksichtigung findet, hängt aber vom Einzelfall ab (vgl. ). Im vorliegenden Fall ist ein solch langer Zeitabstand nicht erkennbar, wurde doch das Haftungsvorhalteverfahren binnen rund 16 Monaten ab Konkurseröffnung begonnen und der Haftungsbescheid kurze Zeit später erlassen.
Eine Betroffenheit der Beschwerdeführerin durch SARS-CoV-2 (Covid-19), die dazu geführt habe, dass diese ihren Pflichten insbesondere im Zeitraum März 2020 bis August 2021 nicht nachkommen konnte, ist ebenso wenig aktenkundig und wurde auch nicht behauptet, sodass im Rahmen der Ermessensübung auf den Zeitraum, in welchem die Maßnahmen der Bundesregierung (Verordnung betreffend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, BGBl. II Nr. 96/2020 iVm VO BGBl. II Nr. 110/2020) in Kraft waren, ebenso wenig Rücksicht zu nehmen ist. Von einer Haftungsinanspruchnahme für diesen Zeitraum kann daher nicht Abstand genommen werden.
Weitere Gründe, die das Bundesfinanzgericht zu einer Ermessensübung im Sinne der Beschwerdeführerin veranlassen würden, sind nicht evident.
Obwohl die Frage der Einbringlichkeit der Haftungssumme nicht in diesem Verfahren zu klären ist, wird abschließend darauf hingewiesen, dass eine Vollstreckung von Geldforderungen der Haftungspflichtigen nur für ein monatliches Einkommen über dem Existenzminimum möglich ist.
3.1.3. Ergebnis
Zusammengefasst liegen die Voraussetzungen für eine Haftungsinanspruchnahme der Beschwerdeführerin wie oben beschrieben vor. Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung (vgl. die unter 3.1. zitierte Rechtsprechung). Die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Im Übrigen liegen keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der hier zu lösenden Rechtsfrage, ob die Beschwerdeführerin zu Recht zur Haftung herangezogen wurde, vor.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Landesabgaben Wien |
betroffene Normen | § 9 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993 § 6a Abs. 1 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993 § 217a Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 1 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993 § 323c BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7400076.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
QAAAF-78997