Werbungskosten eines Polizisten iZm dem Auswahlverfahren zu einem Einsatzkommando.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2022 zu Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert. Die Einkommensteuer 2022 wird für ein Einkommen von EUR 42.467,43 mit EUR 951,00 festgesetzt. Die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen und der festgesetzten Abgabe ist dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bildet einen Bestandteil des Spruchs dieses Erkenntnisses.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Das Finanzamt erließ am den Einkommensteuerbescheid 2022 von Amts wegen, da der Beschwerdeführer keine Abgabenerklärung eingereicht hatte. Es setzte die Einkommensteuer für ein Einkommen von EUR 43.756,22 mit EUR 1.492,00 fest.
Mit seiner Beschwerde vom legte der Beschwerdeführer diverse Belege vor. In Beantwortung des vom Finanzamt erteilten Mängelbehebungsauftrages vom beantragte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom die Berücksichtigung der belegten Ausgaben als Werbungskosten und führte aus, dass er die Munition für sein Schießtraining selbst bezahlen habe müssen.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab. Zunächst wies das Finanzamt darauf hin, dass in Vorjahren getätigte Aufwendungen gemäß § 19 Abs. 2 EStG keine Werbungskosten seien. Hinsichtlich der Versicherungen sei kein unmittelbarer Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit erkennbar. Die berufliche Veranlassung des Erwerbs von Munition und einer Jacke sei nicht nachgewiesen worden. Die berufliche Veranlassung der geltend gemachten Telefon- und Internetkosten sei ebenfalls nicht nachgewiesen worden.
In seinem Vorlageantrag vom brachte der Beschwerdeführer vor, es sei seitens seines Dienstgebers nicht vorgesehen, Bewerber für das Einsatzkommando Cobra bezüglich der Vorbereitung mittels Munition oder der Zurverfügungstellung von Schießmöglichkeiten zu unterstützen. Die Bewerbung zum bzw. Ausbildung beim Einsatzkommando Cobra sei eine Fortbildung. Er nutze sein privates Mobiltelefon ebenso wie seinen Internetanschluss für berufliche Zwecke, da er bei Rufbereitschaft für den Dienstgeber erreichbar sein müsse und Softwareupdates zuhause durchführen müsse.
Das Finanzamt legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht vor und beantragte, ihr teilweise stattzugeben. Für die Internetkosten von EUR 261,79 sei ein Privatanteil von 40 % ausgeschieden und eine Monatsrechnung als Beleg vorgelegt worden. Diese Kosten seien anzuerkennen. Für die Telefonkosten von EUR 201,60 sei kein Beleg übermittelt worden. Es seien Munitionskosten von EUR 679,90 belegt worden. Die Kosten für Zivilarbeitskleidung von EUR 305,00 seien aufgrund vermutlicher Privatnutzung nicht abzugsfähig. Die in einem "Nachweis über nicht ausgeschöpfte steuerfreie Beträge 2022" ausgewiesenen EUR 4,40 seien als Reisekosten abzugsfähig. Ausgaben für Unfall-, Zusatz-, Rechtsschutz- und Haushaltsversicherung seien weder Werbungskosten noch Sonderausgaben.
Die Richterin forderte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom zur Stellungnahme und Belegvorlage zu folgenden Punkten auf: "1) Verfügen Sie über ein vom Dienstgeber zur Verfügung gestelltes Mobiltelefon? Falls dies nicht der Fall ist, legen Sie eine Bestätigung des Dienstgebers vor.
2) Haben Sie das Aufnahmeverfahren für das Einsatzkommando Cobra absolviert? Wann? Legen Sie gegebenenfalls eine Bestätigung des Dienstgebers vor.
3) Legen Sie Belege bzw. Rechnungen für die angeschaffte Munition (Angabe auf Seite 12 der Beschwerde) vor.
4) Warum wurde Munition privat angeschafft?
5) Weshalb ist die Mitgliedschaft als Außerordentliches Mitglied im Sportschützenclub ö_Ort beruflich veranlasst?
6) Aus welchem Grund benötigen Sie im Polizeidienst Zivilkleidung? Belegen Sie Ihre Angaben durch geeignete Beweismittel.
7) Für welche Telekommunikationsgeräte führen Sie zuhause Softwareupdates durch?"
Der Beschwerdeführer übermittelte am eine Stellungnahme, in der er den Besitz eines dienstlichen Mobiltelefons bestätigte. Er legte ein E-Mail des Einsatzkommando Cobra/Direktion für Spezialeinheiten vom mit folgendem Wortlaut vor: "…wir gratulieren Ihnen herzlich zum bestandenen EKO Cobra Auswahlverfahren und teilen gleichzeitig mit, dass Sie für die Einberufung zur Ausbildung vorgesehen sind…". Vorgelegt wurden Rechnungen vom über EUR 339,95 und vom über EUR 339,95 für Munition. Der Beschwerdeführer brachte vor, dass das Schießtraining im Rahmen beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen und der Vorbereitung für die Aufnahmeverfahren zu Spezialkommandos von den Teilnehmern selbst zu finanzieren sei. Ebenso würden vom Dienstgeber keine geeigneten Örtlichkeiten für das Schießtraining zur Verfügung gestellt und hätten Kandidaten sich um geeignete Trainingsstätten selbst zu kümmern. Die Mitgliedschaft in einem Sportschützenverein oder Schießclub eröffne den Zugang zu geeigneten Trainingsstätten. Im Jahr 2022 seien EUR 40,- pro Monat an Mitgliedsbeiträgen angefallen. Vor seinem Wechsel zum Einsatzkommando Cobra sei der Beschwerdeführer im Bereich des Fremden- und Asylwesens und im Suchtmittelbereich tätig gewesen, wo häufig das Arbeiten in Zivilkleidung erforderlich war. Die verwendete Kleidung sei im privaten Alltag nicht verwendbar, da im Einsatz häufig Kontakt mit Blut, Speichel, Injektionsnadeln und Personen entstehe, die ansteckende Krankheiten haben. Nach jedem Einsatz müsse die Kleidung mit speziellem Desinfektionsmittel gewaschen werden und werde daher nur dienstlich verwendet. Auch in seiner neuen Verwendung beim Einsatzkommando Cobra werde Zivilkleidung für verdeckte Einsätze benötigt. Die Internetkosten würden für mehrmals im Monat erforderliche Softwareupdates beim dienstlichen wie beim privaten Mobiltelefon anfallen, zumal beide Geräte dienstlich genützt würden.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Beschwerdeführer ist Polizeibediensteter. Er war im Jahr 2022 nichtselbständig bei der Landespolizeidirektion X beschäftigt. Er hat im Jahr 2022 am Auswahlverfahren zum Einsatzkommando Cobra teilgenommen und dieses erfolgreich absolviert (vgl. das mit Schreiben vom vorgelegte E-Mail des Einsatzkommando Cobra/Direktion für Spezialeinheiten). Der Beschwerdeführer verrichtet seit März 2023 seinen Dienst beim Einsatzkommando Cobra (vgl. die in der elektronischen Verfahrensdokumentation "Jahresveranlagung Privat" hinterlegten Lohnzettel für das Jahr 2023).
Der Beschwerdeführer erwarb im Jahr 2022 Munition für seine Dienstwaffe und wendete dafür insgesamt EUR 679,00 auf (vgl. die mit Schreiben vom vorgelegten Belege). Er verwendete diese Munition für Schießübungen als Vorbereitung für das Aufnahmeverfahren zum Einsatzkommando Cobra.
Der Beschwerdeführer wurde im Jahr 2021 Mitglied des Sportschützenclub ö_Ort und bezahlte im Jahr 2022 EUR 480,- an Mitgliedsbeitrag.
Der Beschwerdeführer erwarb im Jahr 2022 eine Winterjacke für EUR 305,00 (vgl. die mit der Beschwerde vorgelegte Bestellbestätigung).
Der Beschwerdeführer hat im Jahr 2022 monatlich EUR 36,36 an Internet- und Telefonkosten bezahlt (vgl. die mit der Beschwerde vorgelegte Rechnung für "Internet und Telefonie Leistungen" von T Telekom). Weitere Telefonkosten wurden nicht belegt.
Nicht nachgewiesen hat der Beschwerdeführer, dass er im Jahr 2022 Versicherungsprämien für eine Haushaltsversicherung, eine Krankenversicherung oder eine Unfallversicherung geleistet hätte. Vorgelegt wurden lediglich Anbote über den Abschluss einer Krankenversicherung und einer Unfallversicherung.
Nicht nachgewiesen hat der Beschwerdeführer, dass und aus welchem Titel ihm im Jahr 2022 EUR 4,40 an (Differenz-)Werbungskosten für eine Dienstreise erwachsen wären.
2. Beweiswürdigung
Das Bundesfinanzgericht erachtet es als glaubwürdig, dass der Beschwerdeführer, der im Jahr 2022 die Aufnahme in das Einsatzkommando Cobra angestrebt hat, sich aus eigener Initiative und (zumindest teilweise) auf eigene Kosten auf das Auswahlverfahren vorbereiten musste. Glaubwürdig ist angesichts des zeitlichen Ablaufes auch, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Vorbereitung auf das Auswahlverfahren Mitglied im Sportschützenclub ö_Ort wurde, um dadurch Zugang zu einer geeigneten Trainingsstätte für seine Schießübungen zu bekommen. Es sind keine Hinweise dahin zutage getreten, dass der Beschwerdeführer aus privatem oder sportlichem Interesse Schießübungen durchführen würde. (zu einem ähnlichen Sachverhalt ).
Es ist auch das Vorbringen zur beruflichen Nutzung des privaten Telefons und des privaten Internetanschlusses schlüssig und nachvollziehbar. Dem Finanzamt kann daher dahin gefolgt werden, dass Telefon- und Internetkosten von EUR 261,79 (EUR 36,36 pro Monat unter Berücksichtigung eines vierzigprozentigen Privatanteiles) die berufliche Sphäre des Beschwerdeführers betreffen.
Der als Nachweis für Werbungskosten von EUR 4,40 vorgelegte Screenshot "Nachweis über nicht ausgeschöpfte steuerfreie Beträge" gibt keinen Aufschluss darüber, weshalb dieser Betrag dem Beschwerdeführer als Werbungskosten - augenscheinlich im Zusammenhang mit einem Einsatz bzw. einer Dienstreise - zustehen sollte.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe)
Werbungskosten sind die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen (§ 16 Abs. 1 EStG 1988). Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, dürfen bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden (§ 20 Abs. 1 Z 2 lit a EStG 1988).
Werden in berufsspezifischer Weise jene Fähigkeiten geübt und trainiert, die für die Berufsausübung erforderlich sind, dann sind die daraus entstehenden Aufwendungen zur Gänze Werbungskosten ( zu Aufwendungen einer Tänzerin für Training in einem Fitnessstudio, das jenes Maß überschritten hat, das ohne Bezug auf eine bestimmte Berufstätigkeit zur Erhaltung der körperlichen Leistungsfähigkeit üblicherweise absolviert wird). Auf Sachverhaltsebene steht fest, dass der Beschwerdeführer genau jene Fähigkeiten (das Schießen mit der Dienstwaffe) trainiert hat, die in seiner beruflichen Tätigkeit - zunächst im Auswahlverfahren für das Einsatzkommando Cobra und in der Folge bei seinen Einsätzen als Mitglied dieser Einheit - von vorrangiger Wichtigkeit sind (siehe auch ). Eine private Motivation für das Schießtraining konnte nicht festgestellt werden. Daher sind die Kosten für Munition (EUR 679,00) und die Mitgliedschaft im Sportschützenclub ö_Ort (EUR 480,00) als Werbungskosten zu berücksichtigen.
Ebenfalls zu berücksichtigen sind die anteiligen Internet- und Telefonkosten (EUR 261,79). Deren berufliche Veranlassung besteht zweifelsfrei.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ( mwN) sind Aufwendungen für Bekleidung nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 auch dann nicht als Werbungskosten abziehbar, wenn die Kleidung tatsächlich nur in der Arbeitszeit getragen wird, wenn es sich dabei um bürgerliche Kleidung und nicht um typische Berufskleidung handelt. Die vom Beschwerdeführer angeschaffte Jacke ist ihrem Erscheinungsbild nach keine typische Berufskleidung, sondern eignet sich auch für eine Nutzung im privaten Bereich. An dieser Beurteilung vermag auch die - schlüssige und nachvollziehbare - Argumentation des Beschwerdeführers, er habe bei Einsätzen in den Bereichen Asyl- und Fremdenwesen bzw. Suchtmittelgebrauch regelmäßig Zivilkleidung tragen müssen und würde diese aus hygienischen Gründen nicht privat verwenden, nichts zu ändern.
Die vom Beschwerdeführer als Werbungskosten beanspruchten Versicherungsprämien sind schon mangels des Nachweises, dass und in welcher Höhe sie tatsächlich im Jahr 2022 bezahlt wurden, keine Werbungskosten. Auch wurde deren berufliche Veranlassung nicht dargetan.
Insgesamt ergeben sich Werbungskosten in Höhe von EUR 1.420,79. Die Einkommensteuer 2022 wird festgesetzt wie folgt:
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Einkommensteuer 2022 | |
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit | |
Y | 3.724,62 |
Landespolizeidirektion X | 40.423,72 |
Werbungskosten | -1.420,79 |
42.727,55 | |
Sonderausgaben | |
Kirchenbeitrag | -260,12 |
Einkommen | 42.467,43 |
Die Einkommensteuer beträgt: | |
0 % für die ersten 11.000,00 | 0,00 |
20 % für die weiteren 7.000,00 | 1.400,00 |
32,5 % für die weiteren 13.000,00 | 4.225,00 |
42 % für die restlichen 11.467,43 | 4.816,32 |
Verkehrsabsetzbetrag | -400,00 |
Steuer für die sonstigen Bezüge | |
0 % für ersten 620,00 | 0,00 |
6 % für die restlichen 4.016,63 | 241,00 |
anrechenbare Lohnsteuer | -9.331,41 |
Rundung gem. § 39 Abs. 3 | 0,09 |
festgesetzte Einkommensteuer | 951,00 |
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revisionszulässigkeit)
Die Revision ist nicht zulässig, da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen war. Die Würdigung des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.3100019.2025 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
GAAAF-78996