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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 25.03.2025, RV/7103682/2024

Familienbeihilfenanspruch, wenn das Kind nachweislich dem Haushalt der Mutter angehörte

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Regina Vogt in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Helene Klaar Dr. Norbert Marschall Rechtsanwälte OG, Prinz-Eugen-Straße 34, 1040 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für das Kind ***5***, geb. ***6***, für den Zeitraum Mai 2023 bis Juli 2023, ***7***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid vom wurden Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für das Kind ***1***-***2***, geb. am ***8***, für den Zeitraum Mai 2023 bis Juli 2023 von der Beschwerdeführerin (Bf.) mit der Begründung zurückgefordert, die Tochter habe im Rückforderungszeitraum nicht im gemeinsamen Haushalt mit der Bf. gelebt und habe diese nicht die Unterhaltskosten des Kindes überwiegend getragen.

In der Beschwerde vom brachte die nunmehr vertretene Bf. sinngemäß und soweit für den gegenständlichen Fall von Bedeutung vor, der Kindesvater habe im Mai 2019 die vormalige Ehewohnung eigenmächtig und ohne ihre Zustimmung aufgekündigt und sei in seine derzeitige Wohnung übersiedelt. Da ihr von ihm verwehrt worden sei, ebenfalls in diese Wohnung zu ziehen, lebe sie seitdem in der Wohnung ihrer Mutter. Der Kindesvater habe die beiden älteren Kinder an der neuen Adresse angemeldet. ***1*** habe seither überwiegend in ihrem Haushalt gelebt und gehe dies unstrittig aus dem Pflegschaftsakt des BG ***3*** zur GZ ***4*** hervor.

Mit Beschluss des Gerichtes vom ***12*** sei ausgesprochen worden, dass die faktische Betreuung von ***1*** durch beide Elternteile im zeitlich gleichen Ausmaß erfolgen solle (Doppelresidenz), die hauptsächliche Betreuung komme dem Vater zu. Tatsächlich sei dieser Beschluss nicht derart gelebt worden und werde ***1*** nach wie vor überwiegend in ihrem Haushalt betreut. Sie sei auch nach wie vor in ihrem Haushalt gemeldet.

Nach weiteren Ausführungen der Bf. zu den bezughabenden Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes und der dazu ergangenen höchstgerichtlichen Judikatur stellte die Bf. den Antrag, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und den Bescheid aufzuheben. Der Beschwerde war auch der zitierte Beschluss des BG beigelegt.

Mit Vorhalt vom wurde die Bf. ersucht, eine genaue tageweise Aufstellung für den fraglichen Zeitraum vorzulegen, aus der hervorgehe, an welchen Tagen ***1*** bei ihr übernachtet habe.

In der Vorhaltsbeantwortung vom verwies die Bf. erneut darauf, dass ***1*** im Zeitraum Mai bis inklusive Juli 2023 überwiegend in ihrem Haushalt gelebt habe, wie sie dies auch nach wie vor tue. ***1*** habe nach ihrer Erinnerung im Zeitraum Mai bis inklusive Juli 2023 kein einziges Mal beim Kindesvater übernachtet, es haben nur tagsüber Kontakte zu ihm stattgefunden. Lediglich von 5.8. bis habe sie Zuge des Ferienkontaktrechts beim Kindesvater übernachtet. Das Kind habe nur sporadisch, teilweise spontan, Kontakttage beim Kindesvater gehabt und halte sich weit überwiegend, insbesondere über Nacht, bei ihr auf, da sie nicht beim Vater übernachten möchte. Eine konkrete Aufstellung, an welchen Tagen bzw. Nachmittagen im Zeitraum Mai bis inklusive Juli 2023 sich ***1*** beim Vater aufgehalten habe, könne sie daher nicht erstellen. Festzuhalten sei jedoch, dass sie in diesem Zeitraum überhaupt nicht beim Kindesvater genächtigt und sich überwiegend in ihrem Haushalt aufgehalten habe.

Am und am wurden von der belangten Behörde Auskunftsersuchen an den Kindesvater versendet mit dem Ersuchen, eine tageweise genaue Aufstellung zu übermitteln, wann ***1*** bei ihm übernachtet habe. Eine Beantwortung erfolgte nicht.

Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom mit der Begründung abgewiesen, dass die abverlangten Unterlagen nicht vorgelegt worden seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich der nach dem Antrag auf Zustellung der Beschwerdevorentscheidung an die Vertreterin gestellte Vorlageantrag vom , in dem die Bf. vorbrachte, dass sie dem behördlichen Auskunftsersuchen durch ihre bisherigen Ausführungen ausreichend nachgekommen sei. Eine tageweise bzw. stundenweise Darstellung der Betreuung, könne mangels geführter Aufzeichnungen nicht vorgelegt werden, da sie eine solche nicht geführt und auch nicht für notwendig erachtet habe, da ***1*** ohnehin zu rund 90% in ihrem Haushalt betreut worden sei. Ihrem Beweisantrag auf Einvernahme zu diesem Thema sei nicht Folge geleistet worden.

Im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht wurde der Kindesvater mit Beschluss vom zu einer schriftlichen Zeugenaussage hinsichtlich der Frage aufgefordert, wessen Haushalt das Kind ***1*** im Zeitraum Mai 2023 bis Juli 2023 angehörte. Die Aufforderung blieb bis dato unbeantwortet.

Die Rechtsvertretung der Bf. übermittelte per E-Mail vom den Beschluss des BG ***10*** vom , ***9***, betreffend Festlegung des Aufenthaltes von ***1*** bei der Mutter. Aus diesem Beschluss ergebe sich, dass das Kind im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Mai 2023 bis Juli 2023 fast ausschließlich im Haushalt der Mutter gelebt und von dieser betreut worden sei.

Dieser Beschluss wurde der belangten Behörde zur Kenntnis gebracht, die sich per E-Mail vom dazu wie folgt äußerte:

"Wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung vom ausgeführt, ist das Erziehungsrecht für die Beurteilung der Haushaltszugehörigkeit ohne Bedeutung, entscheidend ist das Zusammenwohnen mit dem Haushaltsvorstand. Wird die Betreuung auf die Eltern aufgeteilt, ist auf das überwiegende Nächtigen des Kindes in einem Haushalt abzustellen. Die Kindesmutter hat diesbezüglich keine genaue Aufstellung vorlegen können und ist es somit zur Abweisung ihrer Beschwerde gekommen.

Im nunmehr vorgelegten Beschluss vom führt ***1*** aus, dass sie nur jedes zweite Wochenende beim Kindesvater verbracht hat und auch der Kindesvater gibt an, dass ***1*** immer seltener zu Besuch und gemeinsame Urlaube überhaupt nicht mehr zustande kämen.

Bereits im Beschwerdeverfahren wurde vom Finanzamt der Kindesvater kontaktiert, wobei dieser keine Reaktion zeigte.

Das Finanzamt schließt sich daher der Meinung des Gerichtes an, wonach ***1*** von 5-9/2023 im Haushalt der Kindesmutter lebte.

Die Stellungnahme wurde der Bf. bzw deren Vertretung am zur Kenntnis gebracht.

Der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde am zurückgezogen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Nach Auflösung des gemeinsamen Haushaltes der Kindeseltern von ***5***, geb. am ***8*** im Mai 2019, lebte ***1*** im Haushalt der Mutter.

Mit Beschluss des BG ***3*** vom ***12***, ***4*** wurde die Betreuung von ***1***

für beide Elternteile im zeitlich gleichen Ausmaß festgelegt.

Dessen Ungeachtet lebte ***1*** abgesehen von kurzfristigen zeitlichen Unterbrechungen auf eigenen Wunsch weiterhin im Haushalt der Mutter, daher auch im Rückforderungszeitraum Mai 2023 bis Juli 2023.

Mit Beschluss des BG ***10*** ***9*** vom ***11*** wurde der Aufenthalt von ***1*** nach deren Anhörung in Zusammenhang mit der bis dahin geltenden Regelung bei der Kindesmutter und damit bei der Bf. festgelegt.

2. Beweiswürdigung

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt sowie weitere Ermittlungen des Bundesfinanzgerichtes.

Gemäß § 167 Abs 2 BAO hat die Abgabenbehörde bzw. das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist oder nicht.

Die Tatsache, dass ***1*** im Zeitraum Mai 2023 bis Juli 2023 im Haushalt der Mutter lebte ergibt sich aus dem im Zuge des Beschwerdeverfahrens beim Bundesfinanzgericht vorgelegten Beschluss des BG ***10***, ***9***, vom ***11***, und dem dortigen Verweis auf den Beschluss des BG ***3***, ***4*** vom ***12***. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf die rechtlichen Würdigung zu verweisen, in der die Richterin zu folgendem Schluss kommt.

"……Im vorliegenden Fall äußerte die 12-jährige ***1*** ausdrücklich den Wunsch bei der Mutter zu leben……..

………Die im Jahr 2023 ergangene Entscheidung wurde von den Eltern nie mit Leben erfüllt.

Die Feststellungen in den Gerichtsbeschlüssen decken sich mit dem Vorbringen der Bf. in der Beschwerde und im Vorlageantrag.

Eine Einvernahme der Beschwerdeführerin zum Sachverhalt, wie beantragt, konnte auf Grund des glaubwürdigen Vorbringens unterbleiben.

Weitere Versuche über die bisher erfolglosen hinaus eine Äußerung des Kindesvaters zum gegenständlichen Sachverhalt zu erlangen waren daher nicht geboten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob das Kind ***1*** im Zeitraum Mai 2023 bis Juli 2023 im Haushalt der Bf.-ihrer Mutter- lebte und diese damit Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge hatte.

Gemäß § 2 Abs. 2 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist. Zum Haushalt einer Person gehört nach § 2 Abs 5 FLAG 1967 ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt.

Einem Anspruch auf Familienbeihilfe im Sinne des zweiten Satzes des § 2 Abs. 2 FLAG 1967 steht der ausschließliche Anspruch einer Person, bei der das Kind im strittigen Zeitraum haushaltszugehörig war, zwingend entgegen ().

Gemäß § 2 Abs. 5 lit. a FLAG 1967 ist die Haushaltszugehörigkeit dann nicht aufgehoben, wenn sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält.

Gem. § 33 Abs. 3 EStG 1988 steht Steuerpflichtigen, denen auf Grund des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 Familienbeihilfe gewährt wird, im Wege der gemeinsamen Auszahlung mit der Familienbeihilfe ein Kinderabsetzbetrag von monatlich 58,40 Euro für jedes Kind zu.

Nach dem vorliegenden Sachverhalt steht unzweifelhaft fest, dass sich ***1*** in dem von der Rückforderung umfassten Zeitraum Mai 2023 bis Juli 2023 im Haushalt der Bf. aufgehalten hat.

Gelegentliche Aufenthalte beim Vater, etwa tageweise oder während der Ferien, ändern daran nichts, selbst wenn dem Kind im Haushalt des Vaters ein Zimmer zur Verfügung steht ().

Der Bf. stehen daher Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den beschwerdegegenständlichen Zeitraum zu und der Bescheid vom war aufzuheben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Der Anspruch der Bf. auf Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für den Zeitraum Mai 2023 bis Juli 2023 ergibt sich unmittelbar aus den zitierten gesetzlichen Bestimmungen des Familienlastenausgleichsgesetzes und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt daher nicht vor. Bei der hier maßgeblichen Frage, in wessen Haushalt sich das Kind der Bf. im Rückforderungszeitraum aufgehalten hat, handelt es sich um eine der Revision nicht zugängliche Tatfrage.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7103682.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
BAAAF-78989