Parkometerstrafe parallel zur Bestrafung nach der StVO: keine unzulässige Doppelbestrafung wegen unterschiedlicher Tatbestandsverwirklichung
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag.Dr. Birgitt Koran über die Beschwerde des ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vom , gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde, Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als Abgabenstrafbehörde vom , GZ. MA67/GZ/2024, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, idF. ABl. der Stadt Wien Nr. 20/2020 in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBI. für Wien Nr. 9/2006, in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 71/2018, zu Recht:
I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG i. V. m. § 24 Abs. 1 BFGG und § 5 WAOR hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 12,00 Euro zu leisten.
Der Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens (12,00 Euro) ist gemeinsam mit der Geldstrafe (60,00 Euro) und den Kosten der belangten Behörde (10,00 Euro), insgesamt somit 82,00 Euro, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Erkenntnisses an den Magistrat der Stadt Wien zu entrichten.
III. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.
IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.
Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
Verfahrensgang:
Der Magistrat der Stadt Wien (MA67) lastete dem Beschwerdeführer (Bf.) mit Straferkenntnis vom , GZ. MA67/GZ/2024, an, er habe das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) am um 20:38 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1010 Wien, Doblhoffgasse 3, abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben, da sich im Fahrzeug lediglich der bereits abgelaufene Parkschein Nr. PSNr1, gültig für 15 Minuten mit den Entwertungen 17:55 Uhr befunden habe und die Parkzeit somit überschritten worden sei.
Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 wurde über den Bf. eine Geldstrafe iHv 60,00 Euro verhängt und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden festgesetzt. Zudem wurde gemäß § 64 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) dem Bf. ein (Mindest)Betrag von 10,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
Begründend führte der Magistrat das Folgende aus:
"Aus der dem Verfahren zugrundeliegenden Organstrafverfügung, welche von einem Parkraumüberwachungsorgan der Landespolizeidirektion Wien ausgestellt wurde, geht hervor, dass dasvon Ihnen gelenkte mehrspurige Kraftfahrzeug an der im Spruch bezeichneten Örtlichkeit zurangeführten Zeit im Bereich einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war, ohne dassfür seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt worden ist, da sich im Fahrzeug lediglich der bereits abgelaufenen Parkscheine Nr. PSNr1, gültig für 15 Minuten mit den Entwertungen 17:55 Uhr befand und die Parkzeit somitüberschritten wurde. Demnach wurde die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt. Die Abstellungist auch durch Fotos dokumentiert.
Im Einspruch gegen die an Sie ergangene Strafverfügung bestritten Sie inhaltlichzusammengefasst die Übertretung und gaben an, dass Sie keinen Papier Parkschein ausgefüllthatten sondern sich elektronischer Mittel bedient hätten.
Die Strafe hatten Sie bereits mittels App entrichtet, während die Lichtverhältnisse zur Tatzeitnicht mehr klar die APP-Qualität erkennen ließen. Für das gebührenpflichtige Abstellen einesKfz wäre die StVO heranzuziehen, die ausdrücklich Beschränkungen in zeitlicher Hinsichtregeln würde. Dies wäre bei Anrainerparkplätzen nicht der Fall. Da es sich bei Ihrerunbeabsichtigten ,Übertretung' um eine APP handelt, kann dort eineZeitbeschränkungsmessung bzw. bei einer Überschreitung des Beanstandungszeitpunktes garkeine Strafe erfolgen. Sie hätten daher die Parkometerabgabe weder verringert, vermindert,noch fahrlässig verkürzt. Überdies würden Sie natürlich keinen Parkschein ausfüllen, sondernwürden sich elektronischer Mittel, so auch ohne Schadens- bzw. Übertretungsabsicht imgegenständlichen Anlassfall, bedienen. Weiteres erhoben Sie Einspruch gegen die Höhe undunrichtige Bemessung der Strafe.
Beweis wurde durch Einsichtnahme in den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt erhoben."
Dazu werde Folgendes festgestellt:
Unbestritten sei geblieben, dass sich besagtes Fahrzeug zur Tatzeit am Tatort befunden habe und vom Bf. abgestellt worden sei.
Jeder Lenker eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, müsse gemäß § 5 Abs. 2 der Wiener Parkometerabgabeverordnung bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten.
Die Abgabe sei mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung bei Verwendung eines elektronischen Parkscheines entrichtet (§ 5 Abs. 1 Parkometerabgabeverordnung kundgemacht im Amtsblatt der Stadt Wien vom , Heft Nr. 51).
Aufgrund der Aktenlage sei festzustellen, dass der Bf. seiner Verpflichtung zur Entrichtung der Parkometerabgabe nicht nachgekommen sei, da im Fahrzeug lediglich der Parkschein Nr. PSNr1, gültig für 15 Minuten, mit den Entwertungen 17:55 Uhr hinterlegt gewesen sei.
Wie dem Kontoauszug bei M-Parking habe entnommen werden können, sei am um 18:30 Uhr der Parkschein Nummer PSNr2 für 60 Minuten (gültig von 18:30 Uhr bis 19:30 Uhr) und um 21:30 Uhr der Parkschein Nummer PSNr3 für 30 Minuten (gültig von 21:30 Uhr - 22:00 Uhr) gebucht worden.
Das Fahrzeug sei aber um 20:38 Uhr beanstandet worden, zum Beanstandungszeitpunkt habe daher kein gültiger Parknachweis existiert und habe lediglich ein 15 Minuten-Gratis-Parkschein mit der Nr. PSNr1 mit den Entwertungen 17:55 Uhr im Fahrzeug gelegen.
Das Fahrzeug sei um 20:38 Uhr beanstandet worden. Zu diesem Zeitpunkt habe somit kein gültiger Parknachweis vorgelegen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen habe, sei die Behörde in keiner Weise daran gebunden, im Verwaltungsstrafverfahren die gleiche oder ungefähr eine gleich hohe Strafe zu verhängen, wie sie für die Einhebung durch Organe der öffentlichen Aufsicht nach § 50 VStG im Vorhinein festgesetzt sei [Anmerkung BFG: vgl. mit Hinweis auf ].
Im gegenständlichen Fall sei das Fahrzeug sowohl wegen einer Übertretung der Parkometerabgabeverordnung 2005 (gegenständliches Verfahren) als auch der Straßenverkehrsordnung 1960 (GZ: MA67/GZ1/2024 fristgerechte Anonymverfügungszahlung) beanstandet worden.
Gemäß § 22 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) seien, falls jemand mehrere Verwaltungsübertretungen begangen habe (Deliktkonkurrenz), die für diese Delikte vorgesehenen Strafen nebeneinander zu verhängen. Dieses Kumulationsprinzip gilt sowohl dann, wenn jemand durch verschiedene Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen habe (Realkonkurrenz) als auch in dem Fall, dass eine begangene Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafandrohungen falle (Idealkonkurrenz).
Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaube bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liege im gegenständlichen Fall nicht vor.
Nach § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 genüge zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit. Fahrlässig handle, wer die Sorgfalt außeracht lasse, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten sei, und deshalb nicht erkenne, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspreche (§ 6 StGB).
Mangels Glaubhaftmachung fehlenden Verschuldens sei Fahrlässigkeit anzunehmen gewesen.
Somit seien sowohl die objektiven als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.
Weiters enthält das Straferkenntnis die maßgeblichen Bestimmungen für die Strafbemessung (§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, § 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991), erläutert diese näher und führt die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Strafzumessungsgründe an.
Der Bf. erhob mit Schreiben (E-Mail) vom fristgerecht Beschwerde gegen das Straferkenntnis und führte begründend das Folgende aus:
"Laut ÖAMTC-Rechtsabteilung ist das Dilemma einer behaupteten Deliktkonkurrenz Kurzparkzone/Nachbarzonezwischen Bund und Land bekannt und vom VGH akademisch und pharisäisch angesehen. Es ändert nicht an derunbestrittetenen Tatsache, daß das angezogene Landesgessetz unaussgereift und damit ungesetzlich ist. EineNachbarzone ist eben keine allgemeine Kurzparkzone zur zeitlichen KURZ- Beschränkung gem. STVO,und kannsomit auch nicht als solche behandelt werden: sie ist eine spezifische Ordnungs - und Beruhigungsszone, nichteine Zone zur Verminderung der Fahrzeuge - sie schließt daher die ,mechanische' Anwendung der kurzzeitigenP.- Abgabe aus. Wer die Anrainerzone als Nichtanrainer benützt, kann sie (und sich) auch mit einer zuusätzlichenParkometerkarte nicht legalisieren, d.h. die Parkometerkarte ist systemfremd.Über die Höhe der von Ihnen verhängten Strafe moniere ich nicht nur, daß sie ungesetzlich erfolgte, sondern auch, daß sie empfindlich, als eine Art Sekundärstrafe, höher als die gegenwärtig in Wien für Verletzung derParkometerabgabe üblichen Höhe ausgesprochen wurde und eine unverdiente besondere Härte darstellt..Ich ersuche Sie daher um eine Behandlung, wie sie für einen nicht hoch juridisch gebildeten Straßenbenützerrecht und billig ist."
Die Magistratsabteilung 67 legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor (Datum des Einlangens: ).
Über die Beschwerde wurde erwogen:
Anzumerken ist zunächst, dass das Bundesfinanzgericht über Beschwerden in Verwaltungsstrafsachen betreffend Parkometerabgabe, jedoch nicht über Beschwerden betreffend Verwaltungsübertretungen nach der Straßenverkehrsordnung entscheidet (Art. 130 Abs. 1 Z. 1 bis 3 B-VG). Hinsichtlich (der nicht gegenständlichen) Übertretung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 zu GZ. MA67/GZ1/2024, Anonymverfügung, die gem. E-Mail der belangten Behörde vom fristgerecht einbezahlt wurde, wird auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde verwiesen. Übertretungen nach der Straßenverkehrsordnung 1960 sind nicht durch das Wiener Parkometergesetz geregelt.
Sachverhalt:
Das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen 123 (A) war am (Freitag) um 20:38 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1010 Wien, Doblhoffgasse 3, abgestellt.
Der Bf. war der Lenker des auf ihn zugelassenen tatgegenständlichen Kraftfahrzeuges.
Zum Beanstandungszeitpunkt (20:38 Uhr) befand sich im Fahrzeug kein gültiger Parkschein und es war auch kein elektronischer Parkschein gebucht. Im Fahrzeug war hinter der Windschutzscheibe der bereits abgelaufene 15 Minuten Gratisparkschein (Nummer PSNr1) mit den Entwertungen 17:55 Uhr hinterlegt.
Gemäß Auszug Handyparken buchte der Bf. am Beanstandungstag für das in Rede stehende Kfz folgende zwei Parkscheine elektronisch:
1) 60-Minuten-Gebührenparkschein mit der Nummer PSNr2, gültig von 18:30-19:30 und
2) 30-Minuten-Gebührenparkschein mit der Nummer PSNr3, gültig von 21:30 bis 22:00.
Für den Beanstandungszeitpunkt (Freitag) um 20:38 Uhr lag somit für das in Rede stehende Kfz kein gültiger Parkschein vor.
Für diesen Bereich galt eine ordnungsgemäß kundgemachte flächendeckende Kurzparkzone für die Zeit von Montag bis Freitag (werktags) von 09:00 bis 22:00 Uhr. Der Abstellort des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges befand sich somit in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, in der zum Beanstandungszeitpunkt am (Freitag) um 20:38 Uhr Gebührenpflicht bestand.
Der Abstellort, die Lenkereigenschaft des Bf. und der Beanstandungszeitpunkt wurden vom Bf. nicht bestritten.
Beweiswürdigung:
Die Beanstandung durch den Meldungsleger, das Datum und die Uhrzeit sowie der Ort der Beanstandung sind aktenkundig.
Dass zum Beanstandungszeitpunkt am (Freitag) um 20:38 Uhr kein elektronischer Parkschein gebucht war ergibt sich aus dem aktenkundigen Auszug von Handyparken Wien (Akt S 20) und wurde zudem auch nicht behauptet.
Für das Bundesfinanzgericht haben sich - in Wahrnehmung der amtswegigen Ermittlungspflicht - keine Anhaltspunkte ergeben, an der Richtigkeit des festgestellten Sachverhaltes zu zweifeln.
Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die obigen Sachverhaltsfeststellungen in freier Beweiswürdigung gemäß § 45 Abs. 2 AVG als erwiesen annehmen.
Rechtsgrundlage und rechtliche Würdigung:
Nach § 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) eine Abgabe zu entrichten.
Nach § 5 Abs. 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung gilt die Abgabe mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheines (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.
Nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung sind zur Entrichtung der Abgabe der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken.
Gemäß § 1 Kontrolleinrichtungenverordnung sind als Hilfsmittel zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften der Verordnung des Wiener Gemeinderates, mit der für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen die Entrichtung einer Abgabe vorgeschrieben wird (Parkometerabgabeverordnung), Parkscheine nach dem Muster der Anlagen oder elektronische Parkscheine zu verwenden.
Gemäß § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006 sind Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen.
In Ansehung der oben dargelegten Sachverhaltsfeststellungen ist die objektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretung zweifelsfrei gegeben.
Der Beschwerdeführer argumentiert, dass hinsichtlich der gegenständlichen Abstellfläche eine Deliktkonkurrenz hinsichtlich ,Kurzparkzone/Nachbarzone' bestünde. Diese Argumentation ist Folgendermaßen zu würdigen:
Gemäß § 22 Abs. 2 VStG sind im Fall, dass jemand durch mehrere selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt, die Strafen nebeneinander zu verhängen.
Wer hält oder parkt, ohne die Abgabe entrichtet zu haben, ist wegen Hinterziehung oder fahrlässiger Verkürzung der Abgabe zu bestrafen, gleichgültig, ob gleichzeitig auch eine Übertretung der Straßenverkehrsordnung vorliegt oder nicht. So vertritt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, es sei für die Abgabenpflicht nach dem (jeweiligen landesrechtlichen) Parkometergesetz ohne rechtliche Relevanz, ob nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung das Halten oder Parken innerhalb des Bereiches einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone erlaubt sei oder nicht, weil auch Straßenstücke, auf denen ein diesbezügliches Verbot bestehe, von der Gebührenpflicht in der Kurzparkzone nicht ausgenommen seien (vgl mwN).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt in einer Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung wegen eines danach unter Strafe stehenden Verhaltens und in einer weiteren Bestrafung nach dem Parkgebührengesetz wegen der Nichtentrichtung von Parkgebühren keine unzulässige Doppelbestrafung. Es wurden in einem solchen Fall zwei voneinander unabhängige Strafnormen mit unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen, die unterschiedliche Rechtsgüter (im Fall des Parkometergesetzes das Recht der Gemeinde auf Entrichtung einer Abgabe) schützen, verletzt (vgl ).
Daher hätte der Bf. auch einen Parkschein ausfüllen (oder elektronisch buchen) müssen, was er erwiesener Weise verabsäumt hatte.
Die Einwendungen des Bf. samt seinen Ausführungen zur ,Nachbarzone' waren daher nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.
Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten.
Die den Straftatbestand normierende relevante Verwaltungsvorschrift findet sich in § 4 Abs. 1
Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl Wien 2006/09 idF LGBl. Wien 2012/45, die keine besonderen Schuldvoraussetzungen fordert. Es genügt für die Strafbarkeit daher fahrlässiges Verhalten.
Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet, nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbestand entspricht (§ 6 Abs. 1 StGB).
§ 5 Abs. 2 VStG normiert, dass Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, nur dann entschuldigt, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann die Unkenntnis eines Gesetzes nach den vorgenannten Bestimmungen nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist (vgl. ; , vgl. auch Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze2 E 166 zu § 5 VStG, zitierte Judikatur).
Die Unkenntnis u.a. von straßenpolizeilichen Bestimmungen oder Parkgebührenvorschriften stellt zufolge der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keinen entschuldigenden Rechtsirrtum dar, da von einem Kfz-Lenker verlangt werden muss und ihm auch zumutbar ist, dass er sich hierzu ausreichend informiert (vgl. ; ; ).
Ist eine gebührenpflichtige Kurzparkzone, wie im gegenständlichen Fall, gesetzmäßig kundgemacht, so darf einer am öffentlichen Verkehr teilnehmenden Person beim Vorbeifahren an einem solchen Verkehrszeichen die Gebührenpflicht bei Aufwendung der im Straßenverkehr erforderlichen Sorgfalt nicht entgehen (vgl. zB ).
Der Akteninhalt und die Beschwerdevorbringen bieten keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Bf. nach seinen persönlichen Verhältnissen zum gegenständlichen Zeitpunkt nicht fähig gewesen wäre, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten oder dass ihm ein rechtmäßiges Verhalten (Entwertung eines für die Abstelldauer vorgesehenen Parkscheines) in der konkreten Situation nicht zumutbar gewesen wäre.
Fakt ist, dass der Bf. für das Abstellen des Fahrzeuges die Möglichkeit eines 15-Minuten-Gratisparkscheines hätte nützen können, was er jedoch verabsäumt hat (ob er jedoch dadurch gegen die StVO 1960 verstoßen hätte, war in diesem Verfahren, wie eingangs festgehalten, nicht zu klären).
Da vom Bf. keine besonderen oder außergewöhnlichen Umstände behauptet wurden, die eine mangelnde Aufmerksamkeit entschuldigen könnten, kann die Unkenntnis der Gebührenpflicht nicht als entschuldigt angesehen werden und hätte er daher bei der für Fahrzeuglenker im Straßenverkehr erforderlichen Aufmerksamkeit erkennen müssen, dass sich der Abstellort seines Fahrzeuges innerhalb einer flächendeckenden Kurzparkzone befand.
Da somit neben der objektiven auch die subjektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretung verwirklicht ist, war das angefochtene Straferkenntnis in seinem Schuldspruch zu bestätigen.
Zur Strafbemessung:
§ 4 Wiener Parkometergesetz 2006 lautet auszugsweise:
"(1) Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen".
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist die Grundlage der Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen.
Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Bemessung der Strafe ist eine Ermessensentscheidung der Behörde, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist, allerdings muss die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheinen (vgl. ; ).
Bei der Strafbemessung war gemäß § 19 VStG zu berücksichtigen, dass ein öffentliches Interesse an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Abgabenentrichtung besteht. Werden die hiefür vorgesehenen Kontrolleinrichtungen nicht richtig entwertet, entgehen der Gemeinde Wien unter Umständen die entsprechenden Abgaben.
Der Bf. hat das öffentliche Interesse dadurch geschädigt, dass er das in Rede stehende Fahrzeug ohne einen für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein in einer zur Beanstandungszeit gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt hat.
Milderungs- und Erschwernisgründe wurden von der belangten Behörde berücksichtigt.
Das Bundesfinanzgericht erachtet die von der belangten Behörde nach den Regeln der Strafbemessung mit 60,00 Euro verhängte Geldstrafe und die für den Fall der Uneinbringlichkeit mit 14 Stunden festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe als schuld- und tatangemessen, schöpft sie doch den bis zu 365 Euro reichenden Strafrahmen mit lediglich 16,43% aus. Eine besondere ,Härte', wie in der Beschwerde vorgebracht, konnte bei der festgesetzten Strafhöhe nicht erkannt werden.
Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung ist festzuhalten, dass der Bf. im Straferkenntnis über die Möglichkeit der Beantragung einer solchen belehrt wurde.
Im Urteil EGMR , Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle-Liechtenstein) hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte festgestellt, dass es Verfahren gibt, in denen eine Verhandlung nicht geboten ist, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten oder die Tatsachenfeststellung nicht bestritten ist, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist, und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden kann (vgl. ; ).
Im gegenständlichen Beschwerdefall ist der entscheidungsrelevante Sachverhalt unstrittig. Da das Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht ausschließlich rechtliche Fragen betrifft, zu deren Lösung eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, war im Sinne der Judikatur des EGMR zweckmäßigerweise und unter Berücksichtigung der gebotenen Verfahrensökonomie von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen. Auch wurde im Beschwerdefall ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht gestellt.
Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.
Kostenentscheidung
Da die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 VStG in Höhe von 10% der Strafen festzusetzen sind (mindestens jedoch mit zehn Euro), wurden sie somit in Höhe von 10,00 Euro korrekt festgesetzt.
Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.
Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere 12,00 Euro als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.
Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.
Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.
Hier erweist sich der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).
Zur Unzulässigkeit der Revision
Eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof ist auf der Grundlage des § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes unzulässig, da bei Verwaltungsstrafsachen, bei denen eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro verhängt werden darf und im Erkenntnis eine Geldstrafe von nicht mehr als 400 Euro verhängt wird, eine Verletzung in subjektiven Rechten ausgeschlossen ist.
Eine ordentliche Revision der belangten Behörde ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da dieses Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Verwaltungsstrafsachen Wien |
betroffene Normen | § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005 § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7500613.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
XAAAF-78986