OGH 29.05.1979, 9Os49/79
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Friedrich, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Maukner als Schriftführerin in der Strafsache gegen Edwin A wegen des Vergehens nach § 1 Abs 1 lit. a und lit. c PornG über die von dem Angeklagten gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom , GZ 1 b Vr 735/78-12, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Wagner und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im Schuldspruch hinsichtlich der Magazine 'Week-end sex', 'International man' und 'Picture sex' sowie im Verfallsausspruch hinsichtlich der beiden erstbezeichneten Magazine aufrecht bleibt, im Schuldspruch und im Verfallsausspruch hinsichtlich der Magazine 'Players Pictorial' und 'Ninfomania' sowie im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in diesem Umfang unter Ausschaltung des zuletzt bezeichneten Verfallsausspruchs in der Sache selbst erkannt:
Edwin A wird von der weiteren Anklage, er habe in der Zeit vom April bis zum in Wien in gewinnsüchtiger Absicht unzüchtige Schriften und Abbildungen, und zwar je ein Exemplar der Magazine 'Players Pictorial' und 'Ninfomania' zum Zwecke der Verbreitung vorrätig gehalten sowie anderen angeboten und er habe auch hiedurch das Vergehen nach § 1 Abs 1 lit. a und lit. c PornG begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.
Für das ihm nach dem aufrecht bleibenden Teil des Schuldspruchs zur Last fallende Vergehen nach § 1 Abs 1
lit. a und lit. c PornG wird Edwin A nach § 1 Abs 2 dieses Gesetzes unter Anwendung des § 37 Abs 1 StGB zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen, für den Fall der Uneinbringlichkeit zu 10 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe, verurteilt; der Tagessatz wird mit S 250,-- festgesetzt.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Zeitschriftenhändler Edwin A des Vergehens nach § 1 Abs 1 lit. a und lit. c PornG schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er vom April bis zum in Wien in gewinnsüchtiger Absicht unzüchtige Schriften und Abbildungen, und zwar je ein Exemplar der Magazine 'Week-end sex' (Nr. 34/6. Jahrgang), 'Players Pictorial', 'Ninfomania', 'International man' (Nr. 10) und 'Picture sex' (Nr. 2), zum Zweck der Verbreitung vorrätig hielt, anderen anbot und zum Teil auch überließ.
Nach den hier wesentlichen Urteilsfeststellungen betreibt der Angeklagte eine auch Kindern und Jugendlichen frei zugängliche sogenannte 'Romanschwemme', in der er in einer Schachtel auf dem Regal die vorerwähnten Magazine, die in ununterbrochener Aneinanderreihung Darstellungen geschlechtlicher Betätigungen aller Art, zum Teil auch homosexuellen (lesbischen) Umgangs, in exzessiv aufdringlicher und abstoßender Weise enthalten, in Kenntnis ihres Inhalts zum gewinnbringenden Verkauf und Tausch vorrätig hielt; er bot sie auf diese Weise interessierten erwachsenen Kunden, denen der Verwahrungsort bekannt war, an und verkaufte solcherart am das Magazin 'Picture sex'. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß auch die Präsentation der nicht als absolut unzüchtig (im Sinn der neueren Rechtsprechung) zu qualifizierenden pornographischen Druckwerke in dem nicht ordnungsgemäß als Sex-Shop adaptierten Geschäft den Tatbestand des in Rede stehenden Vergehens begründe.
Rechtliche Beurteilung
Der auf Z 5 und Z 9 lit. a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil kommt teilweise Berechtigung zu.
Die damit behaupteten Begründungs- und Feststellungsmängel liegen allerdings nicht vor, weil sich aus den Entscheidungsgründen ohnedies ergibt, daß die inkriminierten Magazine faktisch nur bestimmten interessierten Erwachsenen zur Verfügung standen. Mit seiner Rechtsrüge reklamiert der Beschwerdeführer aber zudem eine Straflosigkeit seines Tatverhaltens deshalb, weil bei der Präsentation jener Druckwerke, die auch Darstellungen von Unzucht mit Personen des gleichen Geschlechts enthalten, das sind die Magazine 'Weekend sex', 'International man' und 'Picture sex', nicht von einer öffentlichen Propagierung dieser Unzucht im Sinn des § 220 StGB gesprochen werden könne und weil bei den übrigen Magazinen nicht die Gefahr ihrer Kenntnisnahme durch Jugendliche oder ihrer ungewollten Konfrontation mit einem daran nicht interessierten Personenkreis bestanden habe.
Nur der zweite Einwand ist stichhältig.
Pornographische, also auf sich selbst reduzierte und vom Zusammenhang mit anderen Lebensäußerungen gelöste, anreißerisch verzerrte Darstellungen gleichgeschlechtlicher Unzucht sind, wie der Oberste Gerichtshof in der vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidung eines verstärkten Senates (vom , 13 Os
39/77 = EvBl. 1977/186
= RZ 1977/95), erkannt hat, entsprechend der heterosexuellen
Orientierung der rechtlich geordneten Gesellschaft generell als unzüchtig anzusehen. Dies folgt zwar unter anderem auch aus dem vom Angeklagten relevierten Propagierungsverbot, welches erkennen läßt, daß pornographische Darstellungen homosexueller Unzucht ohne Rücksicht darauf, ob die Unzuchtshandlungen selbst im Einzelfall strafbar sind oder nicht, dem Schutzzweck des Pornographiegesetzes gleichermaßen ganz allgemein zuwiderlaufen und deswegen von der Rechtsordnung absolut perhorresziert werden; daraus kann aber rechtsrichtig keineswegs abgeleitet werden, die Annahme absoluter Unzüchtigkeit homosexueller Darstellungen setze voraus, daß darin im konkreten Fall, gleichsam idealkonkurrierend, jeweils zudem eine Aufforderung zu oder ein Gutheißen von gleichgeschlechtlicher Unzucht im Sinn des § 220 StGB liege (10 Os 30/78, 13 Os 35/79 u. a.).
Der vom Beschwerdeführer bekämpften Auffassung des Jugendschöffengerichts, daß das in gewinnsüchtiger Absicht erfolgte Vorrätighalten, Anbieten und Überlassen der inkriminierten Druckwerke den Tatbestand des Vergehens nach § 1 Abs 1 lit. a und lit. c PornG verwirkliche, haftet daher hinsichtlich jenes Teiles der Magazine, in dem auch pornographische Darstellungen homosexuellen (lesbischen) Umgangs enthalten sind, unabhängig von der Art ihrer Präsentation ein Rechtsirrtum nicht an. Insoweit war die Nichtigkeitsbeschwerde demnach zu verwerfen.
Nicht schon ihres Inhalts wegen absolut perhorreszierte pornographische Darstellungen dagegen sind dann nicht Gegenstand des in Rede stehenden Vergehenstatbestandes, wenn sie lediglich einem bestimmt angesprochenen Interessentenkreis erwachsener Personen angeboten und überlassen werden (sollen) und bloß zu diesem Zweck vorrätig gehalten werden, sofern nur durch die Art ihrer Präsentation selbst die abstrakte Möglichkeit der Erregung öffentlichen Ärgernisses oder einer Gefährdung Jugendlicher ausgeschlossen ist (vgl. abermals EvBl. 1977/186 u.a.). Daß Druckwerke letzterer Art in nicht als 'Sex-Shops' besonders adaptierten Geschäften mit fluktuierendem Kundenkreis verbreitet werden (sollen), schließt aber nicht aus, daß sie auch dort nicht jedermann zugänglich sind und daß daher auch dort ihre Verbreitung auf einen bestimmt angesprochenen Interessentenkreis Erwachsener ohne die Möglichkeit einer Erregung öffentlichen Ärgernisses oder einer Gefährdung Jugendlicher beschränkt sein kann (vgl. 9 Os 79/78 und 12 Os 140/78). Ebendies trifft nach den Urteilsfeststellungen im vorliegenden Fall hinsichtlich der Magazine 'Players Pictorial' und 'Ninfomania', deren Inhalt nicht generell (d. h. unabhängig von der Art ihrer Präsentation) als unzüchtig zu beurteilen ist, zu.
Insoweit war daher der Nichtigkeitsbeschwerde Folge zu geben und das angefochtene Urteil im Schuldspruch sowie im bezüglichen Verfallsausspruch und im Ausspruch über die Strafe aufzuheben. Im Umfang der Aufhebung war unter Ausschaltung dieses Teiles des Verfallserkenntnisses sofort ein (Teil-)Freispruch zu fällen. Bei der erforderlichen Strafneubemessung für den aufrecht bleibenden Teil des Schuldspruchs war die Sicherstellung zweier davon betroffener Druckwerke als mildernd, hingegen kein Umstand als erschwerend zu werten. Die Anwendung des § 37 Abs 1 StGB war schon durch das Verschlimmerungsverbot (§§ 295 Abs 2, 296 Abs 1 StPO) bedingt. Die einer Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Tagen entsprechende (§ 19 Abs 3 StGB) Zahl von zwanzig Tagessätzen wird der tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld des Angeklagten (§ 32 StGB) gerecht, die Höhe des Tagessatzes von 250 S entspricht seinen persönlichen Verhältnissen (keine Sorgepflicht) und seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Monatseinkommen 10.000 S), wie sie vom Erstgericht angenommen wurden (§ 19 Abs 2 StGB). Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Strafrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:1979:0090OS00049.79.0529.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAF-78908