OGH 21.05.2003, 9Ob56/03f
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Ablehnungssache betreffend die Richterin des Bezirksgerichtes Fünfhaus ***** über den "außerordentlichen" Revisionsrekurs des Ablehnungswerbers Ing. Gebhard F***** gegen den Beschluss des Landesgerichtes Wien als Rekursgericht vom , GZ 44 R 50/03h-16, mit dem der Beschluss des Vorstehers des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom , GZ 30 Nc 24/02v-4, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird - soweit er sich gegen die Bestätigung der Zurückweisung des Ablehnungsantrages richtet - zurückgewiesen.
Im Übrigen - nämlich insoweit, als sich das Rechtsmittel gegen die Entscheidung über die Ordnungsstrafe wendet - wird über den Revisionsrekurs nach rechtskräftiger Erledigung des Ablehnungsantrages entschieden werden, den der Revisionsrekurswerber gegen die in zweiter Instanz tätig gewordenen Richter eingebracht hat.
Der Akt wird daher an das Erstgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, ihn nach Rechtskraft der Entscheidung über die Ablehnung der in zweiter Instanz tätigen Richter neuerlich dem Obersten Gerichtshof vorzulegen.
Der Antrag, dem Revisionsrekurs aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Der Ablehnungswerber war im Sachwalterschaftsverfahren nach dem mittlerweile verstorbenen Josef P***** (4 P 244/98t des Bezirksgerichtes Fünfhaus) in der Zeit vom bis zum als Sachwalter des Betroffenen tätig.
Mit Beschluss vom , 4 P 244/98t-355, hat das Sachwalterschaftsgericht die Genehmigung der vom Revisionsrekurswerber als Sachwalter gelegten Schlussrechnung versagt.
In seinem gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs lehnte der nunmehrige Revisionsrekurswerber die in erster Instanz entscheidende Richterin als befangen ab.
Mit Beschluss vom wies der Vorsteher des Bezirksgerichtes Fünfhaus den Ablehnungsantrag als unbegründet zurück und verhängte gleichzeitig über den Ablehnungswerber wegen beleidigender Ausfälle gegen die in erster Instanz tätige Richterin "gemäß § 78 Abs 4 GOG" eine Ordnungsstrafe von EUR 1.250,-.
Mit dem angefochtenen Beschluss bestätigte das Rekursgericht (nach inhaltlicher Prüfung der Ablehnungsgründe) die Zurückweisung der Ablehnung; die Entscheidung über die Verhängung der Ordnungsstrafe (die es als Ordnungsstrafe iSd § 85 GOG qualifizierte) änderte es durch Herabsetzung dieser Strafe auf EUR 700,- ab.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der als "außerordentlich" bezeichnete Revisionsrekurs des Ablehnungswerbers mit dem Antrag, ihn aufzuheben. Überdies beantragt er, dem Rechtsmittel aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Ferner beantragt der Revisionsrekurswerber, beim EuGH "den Antrag auf Vorabentscheidung zu stellen, beim VfGH eine Aufhebung der Entscheidungen beider Instanzen zu beantragen und - hilfsweise - seine Anträge, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Rechtsmittel aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, an den VfGH abzutreten.
Nach Erlassung des angefochtenen Beschlusses lehnte der Ablehnungswerber mit beim Oberlandesgericht Wien eingebrachten Schriftsätzen vom 20. und den Präsidenten des Landesgerichtes Wien und jene Richter ab, die in der hier zu beurteilenden Ablehnungssache in zweiter Instanz entschieden haben. Über diesen Ablehnungsantrag ist bislang noch nicht entschieden worden.
1) Zum Rechtsmittel gegen die Zurückweisung der Ablehnung:
Rechtliche Beurteilung
Nach ständiger und völlig einhelliger Rechtsprechung regelt § 24 JN - der auch im außerstreitigen Verfahren zur Anwendung kommt (8 Ob 2/03g uva) - die Zulässigkeit von Rechtsmitteln im Ablehnungsverfahren abschließend: Falls - wie hier - eine inhaltliche Prüfung der geltend gemachten Ablehnungsgründe erfolgte - findet gegen die Zurückweisung der Ablehnung der Rekurs nur an das zunächst übergeordnete Gericht statt, gegen dessen Entscheidung kein weiteres Rechtsmittel mehr zulässig ist (RIS-Justiz RS0074402; RS0098751; zuletzt 6 Ob 35/03w).
Damit erweist sich - wie schon im angefochtenen Beschluss richtig ausgeführt wurde - das Rechtsmittel des Ablehnungswerbers gegen die Zurückweisung der Ablehnung durch die zweite Instanz als absolut unzulässig. Es ist daher zurückzuweisen.
Auch der Umstand, dass über die nachträgliche Ablehnung der über den Rekurs erkennenden Richter noch nicht rechtskräftig entschieden wurde, steht der Zurückweisung nicht entgegen. Selbst eine sich aus der Stattgebung dieser Ablehnung ergebende allfällige Nichtigkeit des Beschlusses des Rekursgerichtes wäre wegen dessen Unanfechtbarkeit vom Obersten Gerichtshof nicht aufzugreifen (6 Ob 35/03w).
2) Zur Entscheidung über die Ordnungsstrafe:
Ungeachtet des Standpunktes des Rechtsmittelwerbers, dass es sich bei der vom Vorsteher des BG Fünfhaus verhängten Ordnungsstrafe um eine solche nach § 78 GOG handle, stellt die Entscheidung der zweiten Instanz, die die erstinstanzliche Entscheidung als Verhängung einer Ordnungsstrafe iSd § 85 GOG gedeutet und als solche behandelt hat, jedenfalls eine im außerstreitigen Verfahren ergangene Entscheidung über eine Ordnungsstrafe nach § 85 GOG dar. Der Entscheidung über den Standpunkt des Rekurswerbers, dass das Rekursgericht zu dieser Entscheidung gar nicht berechtigt gewesen wäre, weil die erstinstanzliche Entscheidung inhaltlich als im Verwaltungsverfahren zu bekämpfender Bescheid anzusehen sei, wird mit dieser Beurteilung der zweitinstanzlichen Entscheidung nicht vorgegriffen.
Die Zulässigkeit eines Revisionsrekurses im Verfahren über die Verhängung einer Ordnungsstrafe nach § 85 GOG ist nach den Bestimmungen des AußStrG zu beurteilen (RIS-Justiz RS0084496; 6 Ob 626/90). Da Beschwerdegegenstand bei Verhängung einer Geldstrafe nicht die der Höhe der Strafe entsprechende Geldstrafe, sondern die Tatsache der Bestrafung an sich ist (RIS-Justiz RS0004785), ist daher der Revisionsrekurs gegen die zweitinstanzliche Entscheidung über die Ordnungsstrafe unter den Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG - also bei Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage - zulässig.
Damit erweist es sich aber als notwendig, mit der Entscheidung über dieses Rechtsmittel bis zur rechtskräftigen Erledigung der vom Revisionsrekurswerber erklärten Ablehnung der in zweiter Instanz tätigen Richter zuzuwarten.
Die Anträge auf Befassung des EuGH und des VfGH beziehen sich nach ihrer Begründung unzweifelhaft auf die Entscheidung über die Ordnungsstrafe. Über diese Anträge wird daher anlässlich der Entscheidung über das Rechtsmittel gegen die Ordnungsstrafe entschieden werden.
Obzwar sich auch der Antrag, dem Rechtsmittel aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, auf die Entscheidung über die Ordnungsstrafe bezieht, ist über diesen (ausdrücklich an den Obersten Gerichtshof gerichteten) Antrag schon jetzt zu entscheiden. Der Antrag ist zurückzuweisen, weil ein außerordentlicher Revisionsrekurs die Vollstreckbarkeit außerstreitiger Verfügungen nach Maßgabe des § 12 AußStrG hemmt (RIS-Justiz RS0007001; 5 Ob 558/94) und die Entscheidung über die Ordnungsstrafe daher vor der Entscheidung über das Rechtsmittel des Revisionsrekurswerbers ohnedies nicht vollstreckt werden kann.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Ablehnungssache betreffend die Richterin des Bezirksgerichtes Fünfhaus ***** über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Ablehnungswerbers Ing. Gebhard F***** gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 44 R 50/03h-16, den Beschluss
gefasst:
Spruch
1) Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).
2) Der Antrag, ein Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art 234 EGV beim Europäischen Gerichtshof einzuleiten, wird zurückgewiesen.
3) Der Antrag, beim Verfassungsgericht eine "Überprüfung des Falles hinsichtlich dessen verfassungsmäßiger Rechtsbeständigkeit und die Aufhebung des vorangegangenen erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsverfahren und (die) Aufhebung der Gerichtsbeschlüsse" der Vorinstanzen zu beantragen, wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Mit Beschluss vom wies der Vorsteher des Bezirksgerichtes Fünfhaus einen Ablehnungsantrag des Einschreiters gegen die in erster Instanz entscheidende Richterin als unbegründet zurück und verhängte gleichzeitig über den Ablehnungswerber wegen beleidigender Ausfälle gegen die Richterin "gemäß § 78 Abs 4 GOG" eine Ordnungsstrafe von EUR 1.250,-.
Dem vom Revisionsrekurswerber erhobenen Einwand, der Vorsteher des Bezirksgerichtes Fünfhaus habe bei Verhängung der Ordnungsstrafe als Justizverwaltungsorgan gehandelt und hätte daher in Form eines Bescheides entscheiden müssen, ist das Rekursgericht nicht gefolgt. Es ging davon aus, dass der Vorsteher des Bezirksgerichtes bei der Erledigung des Ablehnungsantrages nicht als Justizverwaltungsorgan sondern als Organ der Rechtsprechung tätig geworden sei und in dieser Funktion auch die Ordnungsstrafe verhängt habe. Die Zitierung des § 78 Abs 4 GOG sei zwar missverständlich, ändere aber nichts daran, dass der Vorsteher des Bezirksgerichts als im Ablehnungsverfahren tätiges richterliches Organ eine Ordnungsstrafe nach § 85 GOG erlassen habe.
Rechtliche Beurteilung
Wie die Entscheidung des Erstgerichtes über die Verhängung der Ordnungsstrafe auszulegen bzw zu qualifizieren ist, ist eine Frage des Einzelfalls, die nur dann die Zulässigkeit des Revisionsrekurses rechtfertigen könnte, wenn die Beurteilung durch die zweite Instanz krass unvertretbar wäre. Davon kann aber hier nicht die Rede sein. Ordnungsstrafen nach § 78 Abs 4 GOG sind vom Vorsteher des Bezirksgerichtes als Justizverwaltungsorgan aus Anlass einer Aufsichtsbeschwerde zu erlassen. Hingegen stellt die Verhängung einer Ordnungsstrafe nach § 85 Abs 1 GOG - diese ist über Parteien zu verhängen, die im Außerstreitverfahren in schriftlichen Eingaben die dem Gericht schuldige Achtung durch beleidigende Ausfälle verletzen - eine Maßnahme der Rechtsprechung dar. Da der Vorsteher des Bezirksgerichtes hier - wie Form und Inhalt seiner Entscheidung deutlich machen - nicht aus Anlass einer (gar nicht erhobenen) Aufsichtsbeschwerde sondern im Rahmen des Ablehnungsverfahrens als Organ der Rechtsprechung tätig wurde, ist die Rechtsauffassung der zweiten Instanz, dass die Zitierung der Bestimmung des § 78 Abs 4 GOG ein Versehen sei, das nichts daran ändere, dass im Rahmen des außerstreitigen Verfahrens eine Ordnungsstrafe nach § 85 GOG verhängt werden sollte und die Entscheidung daher auch in diesem Sinn zu werten sei, jedenfalls vertretbar. Insofern kann daher von einer erheblichen Rechtsfrage nicht gesprochen werden.
Zur Frage, ob die Ordnungsstrafe zu Recht und in zutreffender Höhe verhängt wurde, zeigt der Revisionsrekurswerber keinerlei erhebliche Rechtsfrage - auch nicht im Sinne einer unvertretbaren Fehlbeurteilung durch die zweite Instanz - auf.
Ob die Voraussetzungen für die Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH vorliegen, hat allein das Gericht von Amts wegen zu befinden; die Parteien können ein entsprechendes Ersuchen nur anregen (SZ 69/5, SZ 69/274; SZ 70/171; SZ 71/186 uva). Der ausdrückliche Antrag des Revisionsrekurswerbers ist unzulässig und war daher zurückzuweisen. Im Übrigen besteht schon deshalb keinerlei Anlass für die Einholung einer Vorabentscheidung, weil die dazu erstatteten Ausführungen des Revisionsrekurswerbers von einem Handeln des Vorstehers des Bezirksgerichtes als Organ der Justizverwaltung ausgehen. Gerade diese Auffassung wurde aber von der zweiten Instanz in vertretbarer und daher nicht bekämpfbaren Weise verneint.
Für einen Antrag des Obersten Gerichtshofs auf Überprüfung "des vorangegangenen erst- und zweitinstanzlichen Gerichtsverfahrens" fehlt jede Rechtsgrundlage.
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2003:0090OB00056.03F.0521.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAF-78525