OGH 25.01.2001, 8ObS3/01a
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Rohrer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich Stefan und Ernst Boran als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Martin Sch*****, vertreten durch Dr. Thaddäus Schäfer und Mag. Peter Prechtl, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Bundessozialamt Tirol, Herzog-Friedrich-Straße 3, 6010 Innsbruck, wegen S 3.251,-- Insolvenz-Ausfallgeld über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom , GZ 23 Rs 81/00h-9, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Der Kläger musste mit Zahlungsbefehl restliche Entgeltansprüche gegen seinen ehemaligen Dienstgeber geltend machen. Eine Fahrnisexekution blieb erfolglos, weil keine pfändbaren Gegenstände gefunden wurden. Nachdem bereits zuvor zwei andere ehemalige Dienstnehmer Anträge auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen ihres ehemaligen Dienstgebers eingebracht hatten, stellten auch der Kläger und ein weiterer Dienstnehmer, ebenfalls vom Klagevertreter vertreten, Anträge auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen ihres ehemaligen Dienstgebers. Zu diesem Zeitpunkt war über die bereits früher eingebrachten Anträge auf Konkurseröffnung noch nicht entschieden; diese wurden erst einige Zeit nach Einbringung des Antrages des Klägers mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen. In der Folge wurde auch der Antrag des Klägers aus diesem Grund abgewiesen. Das Bundessozialamt sprach dem Kläger Insolvenzausfallgeld für seine offenen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis, Zinsen, Prozess- und Exekutionskosten zu und wies die Kosten für den Konkursantrag samt Einschaltungskosten in Höhe von S 3.251,-- (richtig: S 3.250,44) ab, die der Kläger mit der vorliegenden Klage geltend macht, die in zwei Instanzen erfolglos blieb.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision des Klägers ist mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind Kostenersatzansprüche iSd § 1 Abs 2 Z 4 lit a bis lit g IESG nur dann gesichert, wenn sie ex-ante unter Anlegung eines objektiven Maßstabes als notwendig erkannt werden, somit davon ausgegangen werden kann, dass eine durchschnittlich sorgfältige und informierte Verfahrenspartei bei der gegebenen Sachlage den kostenverursachenden Schritt gesetzt hätte. Dabei wird auf den Standard einer sorgfältigen Verfahrenspartei abgestellt, die sich bei Vorliegen deutlicher Indizien einer materiellen Insolvenz des ehemaligen Arbeitgebers bei Gericht vor der Durchführung weiterer kostenverursachender Verfahrenshandlungen erkundigt hätte, ob ein Tatbestand iSd § 1 Abs 1 IESG vorliegt, etwa ob ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses mangels hinreichenden Vermögens (§ 1 Abs 1 Z 3 IESG) abgelehnt wurde. Zur Ermittlung des Standards an Erkundigungspflichten ist ein Vergleich zwischen einem Kläger, der das Risiko hinsichtlich der Verfahrenskosten trägt und daher sorgfältig vorgeht, mit einem solchen vorzunehmen, der mit einem verminderten Risiko infolge Ersatzes gemäß § 1 Abs 2 Z 4 IESG rechnet. Hätte nämlich jener zusätzliche Erkundigungen angestellt, um das Kostenersatzrisiko zu minimieren, dann muss sich dieser bei Unterbleiben dieser dem Standard entsprechenden Nachforschungen den Einwand gefallen lassen, die Kosten seien zur zweckendsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen (8 ObS 412/97i; 8 ObS 175/99i; 8 ObS 161/99f; 8 ObS 166/99s; zuletzt 8 ObS 305/00m).
Das Berufungsgericht kam unter Darlegung dieser ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof im vorliegenden Fall, in dem der Kläger bereits erfolglos Fahrnisexekution geführt hatte und auch ein weiterer Dienstnehmer, der ebenfalls vom Klagevertreter vertreten wurde, seine Ansprüche nicht befriedigt erhalten hatte, zum Ergebnis, dass sich ein sorgfältiger Kläger, der das Risiko hinsichtlich der Verfahrenskosten zu tragen hat, bei der hier zu vermutenden materiellen Insolvenz seines ehemaligen Dienstgebers auch erkundigt hätte, ob bereits Konkursanträge gegen diesen eingebracht worden seien, was ihm auch möglich und zumutbar gewesen sei. Dann hätte er in Erfahrung gebracht, dass bereits zwei solche Konkursanträge gerichtsanhängig seien, hierüber aber noch nicht entschieden worden sei. In einem solchen Fall wäre ihm das Zuwarten bis zur Erledigung der bereits eingebrachten Anträge auf Konkurseröffnung auch zumutbar gewesen. Der Kläger habe aber nicht einmal behauptet, derartige Erkundigungen bei Gericht einzuholen versucht zu haben, sodass die hier streitgegenständlichen Kosten des Antrags auf Konkurseröffnung und die damit im Zusammenhang stehenden Einschaltungskosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen seien, weshalb für diese Insolvenz-Ausfallgeld nicht zugesprochen werden könne.
Zwar weist der Kläger in seiner außerordentlichen Revision darauf hin, dass der Oberste Gerichtshof in einer derartigen Fallkonstellation einmal in der E 8 ObS 2264/96s (= SSV-NF 10/67 = ZIK 1997,151) derartige Kosten zugesprochen hat, und meint, die Entscheidung des Berufungsgerichtes widerspreche der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, weshalb seine außerordentliche Revision zulässig und auch berechtigt sei.
Es trifft zwar im Ergebnis zu, dass der Oberste Gerichtshof einmal bei einer derartigen Fallkonstellation, in der er sich allerdings mit ganz anderen Problemen sachlich zu beschäftigen hatte, im Rahmen der sonst zuerkannten Beträge auch die von den Vorinstanzen zugesprochenen Kosten für den Konkurseröffnungsantrag, allerdings ohne jede Begründung bestätigt hat. Daraus kann nicht geschlossen werden, dass eine divergierende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliegt. Aus dieser Entscheidung kann nämlich keinesfalls abgeleitet werden, dass dann, wenn zuvor bereits ein anderer Gläubiger einen Antrag auf Konkurseröffnung gestellt hat, über den jedoch noch nicht entschieden wurde, stets Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld besteht. Auch dies hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Da das Berufungsgericht den vorliegenden Einzelfall hinsichtlich der zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten eines Konkurseröffnungsantrages unter Anwendung der Eingangs dargelegten Grundsätze für die Zuerkennung von Insolvenz-Ausfallgeld beurteilt hat und ihm hiebei jedenfalls keine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen ist, ist die außerordentliche Revision des Klägers mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2001:008OBS00003.01A.0125.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAF-78460