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OGH 03.06.2009, 7Ob66/09w

OGH 03.06.2009, 7Ob66/09w

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen Sandra R*****, geboren am *****, und der Julia R*****, geboren am *****, Mutter Michaela R*****, alle: *****, die Mutter vertreten durch Mag. Axel Bauer, Rechtsanwalt in Wien, Vater Albert S*****, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 42 R 405/08g-U-27, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom , GZ 17 P 122/03y-U-20, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Das Verfahren wird bis zur Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über den Antrag des Obersten Gerichtshofs vom , 7 Ob 223/08g, eine Wortfolge in § 42 sowie § 43 Abs 1 KBGG idF BGBl I 2007/76 (in eventu nur in § 42 KBGG) als verfassungswidrig aufzuheben, unterbrochen.

Die Fortsetzung des Verfahrens findet von Amts wegen statt.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht setzte unter teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses den Unterhalt für die Minderjährigen im Zeitraum ab neu fest. Dabei ging es davon aus, dass der Vater unter anderem für seine nunmehrige Ehegattin sorgepflichtig sei, die nicht berufstätig sei und nur das Kinderbetreuungsgeld beziehe. Gemäß § 42 KBGG sei das Kinderbetreuungsgeld jedoch seit nicht mehr als anrechenbares Einkommen anzusehen, weshalb eine Unterhaltsreduktion unter Berücksichtigung auch dieser Sorgepflicht vorzunehmen sei.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, da noch keine gesicherte oberstgerichtliche Rechtsprechung darüber vorliege, ob und in welcher Form allenfalls verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 42 KBGG bestünden. Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Kinder mit einem Abänderungsantrag im Sinn einer Unterhaltsfestsetzung ohne Berücksichtigung der Unterhaltspflicht für die nunmehrige Ehefrau des Vaters.

Das Verfahren über den Revisionsrekurs wird von Amts wegen unterbrochen.

Die einschlägigen Bestimmungen des KBGG idF BGBl I 2007/76 lauten wie folgt:

„§ 42 Das Kinderbetreuungsgeld und der Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld gelten weder als eigenes Einkommen des Kindes noch des beziehenden Elternteils und mindern nicht deren Unterhaltsansprüche.

§ 43 (1) Der Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld und der Anspruch auf Zuschuss zum Kinderbetreuungsgeld sind gemäß § 290 der Exekutionsordnung (EO), RGBl Nr 79/1896, nicht pfändbar."

Nachdem der 6. Senat in zwei Entscheidungen jeweils vom (6 Ob 200/08t und 6 Ob 219/08m) gegen die genannten Bestimmungen in der dort (und auch hier) vorliegenden Fallkonstellation keine verfassungsrechtlichen Bedenken hatte, hat der erkennende Senat am zu 7 Ob 223/08g in einer anderen Fallkonstellation den Antrag an den Verfassungsgerichtshof gestellt, in § 42 KBGG die Wortfolge „noch des beziehenden Elternteils" und § 43 Abs 1 KBGG, jeweils idF BGBl I 2007/76, in eventu nur die genannte Wortfolge in § 42 KBGG als verfassungswidrig aufzuheben (G 9/09).

Der Bestand der angefochtenen Wortfolge in § 42 KBGG ist auch im vorliegenden Fall präjudiziell, wäre doch im Fall deren Aufhebung das von der Ehefrau des Antragsgegners bezogene Kinderbetreuungsgeld als deren Einkommen anzusehen, was die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber den Kindern erhöhen würde. Gemäß § 25 Abs 2 Z 1 AußStrG kann das Verfahren ganz oder zum Teil von Amts wegen oder auf Antrag unterbrochen werden, wenn eine Vorfrage über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses den Gegenstand eines anderen anhängigen oder eines von Amts wegen einzuleitenden Verfahrens vor einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde bildet, die Lösung der Vorfrage im anhängigen Verfahren nicht ohne einen erheblichen Verfahrensaufwand möglich und mit der Unterbrechung keine unzumutbare Verzögerung verbunden ist.

Eine derartige Unterbrechungsmöglichkeit ist bei einem vor dem Verfassungsgerichtshof anhängigen präjudiziellen Verfahren nicht vorgesehen. Diese planwidrige Gesetzeslücke ist durch analoge Anwendung des § 25 Abs 2 Z 1 AußStrG zu schließen, weil der Zweck der Bestimmung - widersprechende Entscheidungen im Sinn der Einheit der Rechtsordnung zu verhindern - auch im vorliegenden Fall zutrifft (2 Ob 240/08w, 1 Ob 22/09f ua).

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Grohmann als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen S***** R*****, geboren am *****, und J***** R*****, geboren am *****, Mutter M***** R*****, alle: *****, die Mutter vertreten durch Mag. Axel Bauer, Rechtsanwalt in Wien, Vater A***** S*****, vertreten durch Mag. Gernot Faber und Mag. Christian Kühteubl, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, über den Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 42 R 405/08g-U-27, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom , GZ 17 P 122/03y-U-20, teilweise abgeändert wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil noch keine gesicherte oberstgerichtliche Rechtsprechung dazu vorliege, ob und in welcher Form allenfalls verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 42 KBGG bestünden. Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichts ist der ordentliche Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig. Die Begründung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Der Verfassungsgerichtshof wies den Antrag des Obersten Gerichtshofs zu 7 Ob 223/08g, in § 42 KBGG idF BGBl I 76/2007 die Wortfolge „noch des beziehenden Elternteils" aufzuheben, ab. In seinem Erkenntnis vom , G 9/09-12 und G 42/09-8, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass es dahingestellt sein könne, ob § 42 KBGG nur Unterhaltsansprüche betreffe oder auch eine Aussage zur Unterhaltsbemessungsgrundlage des Inhalts treffe, dass das Kinderbetreuungsgeld beim beziehenden Elternteil aus der Bemessungsgrundlage für Unterhaltsverpflichtungen auszuscheiden sei. Auch wenn man § 42 KBGG im zuletzt genannten Sinn interpretiere, bestünden dagegen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Sei aber keine von zwei Interpretationen mit Verfassungswidrigkeit behaftet, dann sei es Sache des Zivilgerichts zu entscheiden, welcher Inhalt der Vorschrift beizulegen sei.

Im Hinblick auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs und die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs 6 Ob 200/08t, 6 Ob 219/08m, 6 Ob 72/09w, 2 Ob 230/09a, 5 Ob 53/09v betreffend die hier vorliegende Fallgestaltung - bei der der geldunterhaltspflichtige Vater eine Herabsetzung seiner Unterhaltsverpflichtung mit der Begründung begehrt, seine nunmehrige Ehegattin beziehe Kinderbetreuungsgeld gemäß § 42 KBGG, sei damit einkommenslos und ihm gegenüber voll unterhaltsberechtigt - liegt ausreichend Judikatur vor. Die Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass von einer vollen Unterhaltspflicht das Vaters gegenüber der das Kinderbetreuungsgeld beziehenden Ehefrau auszugehen sei, was bei der Bemessung des Geldunterhalts der Kinder Berücksichtigung zu finden habe, hält sich an diese Judikatur. Erhebliche Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG liegen nicht vor.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2009:0070OB00066.09W.0603.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAF-76099