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OGH 10.12.2008, 7Ob263/08i

OGH 10.12.2008, 7Ob263/08i

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen Marlies K*****, geboren am *****, Mutter Petra K*****, vertreten durch Mag. Stefan Gaug, Rechtsanwalt in Wien, dieser vertreten durch Dr. Günther Neuhuber und Dr. Christoph Neuhuber, Rechtsanwälte in Wien, Vater Christian K***** über den „außerordentlichen" Revisionsrekurs der Minderjährigen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 44 R 350/08h-U-97, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Donaustadt vom , GZ 3 P 1/03a-U-77, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Der Vater ist bereits rechtskräftig zur Unterhaltszahlung von monatlich 120 EUR verpflichtet. Die Minderjährige beantragt die Erhöhung der Leistungen.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater antragsgemäß zu einer monatlichen Unterhaltszahlung statt von 120 EUR vom bis von 390 EUR, für August 2006 von 260 EUR und ab von 180 EUR.

Der Vater bekämpfte nur die Erhöhung der Unterhaltsbeiträge für den Zeitraum vom  bis , nicht jedoch die laufende Unterhaltsverpflichtung ab .

Das Rekursgericht gab dem Rekurs teilweise Folge und verpflichtete den Vater zur monatlichen Zahlung vom bis von 200 EUR, vom bis von 250 EUR und vom  bis  von 360 EUR. Die Unterhaltsverpflichtung für August 2006 wurde bestätigt. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nach § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.

Die Minderjährige erhob nun den „außerordentlichen" Revisionsrekurs, den das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorlegte.

Rechtliche Beurteilung

Diese Vorgangsweise entspricht nicht der Rechtslage.

Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs - außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG - jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 20.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat.

Im vorliegenden Fall übersteigt der Entscheidungsgegenstand 20.000 EUR nicht. Entscheidungsgegenstand im Rekursverfahren (RIS-Justiz RS0122735) war lediglich die Unterhaltserhöhung vom bis .

Nach ständiger Rechtsprechung bildet nicht der Gesamtbetrag des begehrten Unterhalts den Streitwert, sondern nur der Betrag, um den die Unterhaltsleistung erhöht oder herabgesetzt werden soll (RIS-Justiz RS0046543). Grundsätzlich ist für Unterhaltsansprüche gemäß § 58 Abs 1 JN der Streitwert mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten (RIS-Justiz RS0042366). Eine Bewertung nach dieser Bestimmung findet aber nur statt, wenn es sich um Streitigkeiten über das Recht zum Bezug der dort genannten Leistungen oder Nutzungen handelt. Die Bewertungsvorschrift ist daher nur anzuwenden, wenn es um die wiederkehrende Leistung als Ganzes geht. Bilden jedoch - wie hier - nur bereits fällige Unterhaltsbeträge den Entscheidungsgegenstand des Rekursverfahrens, sind diese für den Streitwert maßgebend. Für eine Bewertung nach § 58 JN bleibt hier kein Raum (7 Ob 257/08g; RIS-Justiz RS0046547; RS0111964 = 5 Ob 152/99k mwN; Zechner in Fasching/Konecny2 § 502 ZPO, Rn 185, Gitschthaler in Fasching/Konecny§ 58 JN Rz 3; Mayr in Rechberger³ § 58 JN Rz 1).

Der Entscheidungsgegenstand errechnet sich daher mit 11 x 270 EUR + 140 EUR = 3.110 EUR. Abgesehen davon ergibt selbst das 36-Fache der maximalen Erhöhung keinen 20.000 EUR übersteigenden Betrag.

Es kann die Revisionsrekurswerberin hier nur gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen - binnen 14 Tagen nach der Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts - beim Erstgericht einzubringenden Antrag (Zulassungsvorstellung) an das Rekursgericht stellen, den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Die Zulassungsvorstellung ist mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden und muss hinreichend erkennen lassen, warum der ordentliche Revisionsrekurs - entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts - für zulässig erachtet wird.

Erhebt nun eine Partei - wie hier - dennoch ein Rechtsmittel, so empfiehlt sich dessen Vorlage an das Gericht zweiter Instanz, auch wenn der Revisionsrekurs als „außerordentlich" bezeichnet wird (RIS-Justiz RS0109623). Der Oberste Gerichtshof darf nämlich darüber erst dann entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz nach § 63 Abs 3 AußStrG ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Revisionsrekurswerber in dem Schriftsatz nicht ausdrücklich den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs nach § 63 Abs 1 AußStrG gestellt hat, weil dieser Mangel grundsätzlich verbesserungsfähig ist (§ 10 Abs 4 AußStrG). Das Erstgericht wird daher das Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen haben. Ob der Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (7 Ob 64/07y ua).

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2008:0070OB00263.08I.1210.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAF-75848