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OGH 18.10.2001, 6Ob242/01h

OGH 18.10.2001, 6Ob242/01h

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der beim Bezirksgericht Meidling zu 1 P 28/00m geführten Sachwalterschaftssache des Peter E*****, über den Rekurs des Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 45 R 200/01x-6, womit der Antrag des Betroffenen, das vorangegangene Verfahren 1 P 28/00m des Bezirksgerichtes Meidling für nichtig zu erklären und dies sowie die Nichtigkeit des Beschlusses des Bezirksgerichtes Meidling vom , GZ 1 P 28/00m-44, und des Beschlusses des Rekursgerichtes vom , GZ 45 R 200/01x-3 (= 1 P 28/00m-62) mit Beschluss festzustellen, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit Beschluss des Pflegschaftsgerichtes vom (ON 44) wurde eine Rechtsanwältin für den Betroffenen als einstweilige Sachwalterin zur Vertretung im Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters (§ 238 Abs 1 AußStrG) sowie zur Vertretung vor Gerichten (§ 238 Abs 2 AußStrG) bestellt. Das Rekursgericht wies mit seiner Entscheidung vom den dagegen erhobenen Rekurs des Betroffenen teils zurück, teils gab es dem Rechtsmittel nicht Folge (ON 62). Der Betroffene hat gegen die Rekursentscheidung Revisionsrekurs erhoben, der dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung noch nicht vorgelegt wurde.

Am beantragte der Betroffene, das erstinstanzliche Verfahren für nichtig zu erklären und die Nichtigkeit der Entscheidungen des Erstgerichtes (vom ) und des Rekursgerichtes (vom ) festzustellen. Er begründete seinen Antrag mit einer Entscheidung des Landesgerichtes für ZRS Wien vom , AZ 36 Nc 6/00h. Mit dieser Entscheidung wurde für ein anhängiges Zivilverfahren, in dem der Betroffene einen Richter des Pflegschaftsgerichtes auf Unterlassung geklagt hatte, die Befangenheit mehrerer Richter des Bezirksgerichtes Meidling, darunter auch des Pflegschaftsrichters, der über die Sachwalterbestellung entschieden hatte, festgestellt. Der Antragsteller releviert nun die Befangenheit des Pflegschaftsrichters, der seine schon festgestellte Befangenheit nicht verschweigen hätte dürfen. Sein Beschluss sei nichtig. Dies mache auch den Beschluss des Rekursgerichtes und das gesamte Sachwalterschaftsverfahren nichtig.

Das angerufene Rekursgericht wies den Antrag auf Nichtigerklärung der Beschlüsse im Sachwalterschaftsverfahren und Nichtigerklärung des vorangegangenen Verfahrens zurück. Es sei dem Rekursgericht verwehrt, neuerlich über den Beschluss des Sachwalterschaftsgerichtes und das vorangegangene Verfahren abzusprechen oder die eigene Rekursentscheidung aufzuheben.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Antragstellers mit dem erkennbaren Antrag, dass seinem Antrag auf Nichtigerklärungen stattgegeben werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Gemäß § 477 Abs 1 Z 1 ZPO ist eine Gerichtsentscheidung nichtig, wenn an der Entscheidung ein Richter teilnahm, der kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramtes in dieser Rechtssache ausgeschlossen war, oder dessen Ablehnung vom Gericht als berechtigt erkannt worden ist. Vor der Rechtskraft der Entscheidung kann diese Nichtigkeit auch vom Rechtsmittelgericht wahrgenommen werden. Nach eingetretener Rechtskraft können Nichtigkeitsgründe im Zivilprozess nur unter den Voraussetzungen der §§ 529 ff ZPO mit Nichtigkeitsklage oder Wiederaufnahmsklage geltend gemacht werden. Diese Rechtsinstitute stehen nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung im außerstreitigen Verfahren nicht zur Verfügung. Selbst wenn man aber die Zulässigkeit von Wiederaufnahmsklagen und Nichtigkeitsklagen im außerstreitigen Verfahren in analoger Anwendung der Bestimmungen der ZPO bejahte, müssten jedenfalls auch die dort normierten Voraussetzungen vorliegen. Ein Nichtigkeitsantrag analog der Nichtigkeitsklage scheiterte an der noch nicht eingetretenen Rechtskraft (wenn der erhobene Revisionsrekurs rechtzeitig und zulässig sein sollte), jedenfalls aber daran, dass mit der Nichtigkeitsklage nur der Nichtigkeitsgrund des ausgeschlossenen Richters geltend gemacht werden kann. § 529 Abs 1 Z 1 ZPO ist bewusst enger gefasst als § 477 Abs 1 Z 1 ZPO. Eine Entscheidung durch einen schon rechtskräftig abgelehnten Richter kann nicht mit Nichtigkeitsklage bekämpft werden. Das Gesetz sieht Eingriffe in die Rechtskraft nur für als besonders schwerwiegend erachtete formelle und materielle Mängel in einer taxativen Aufzählung vor. Die angefochtene Entscheidung entspricht der oberstgerichtlichen Rechtsprechung, die die Zulässigkeit von Nichtigkeitsanträgen und Wiederaufnahmsanträgen im außerstreitigen Verfahren ablehnt. Im Übrigen fehlen die für eine Stattgebung der Anträge auf Nichtigerklärung erforderlichen Voraussetzungen der §§ 529 ff ZPO. Der relevierte formelle Nichtigkeitsgrund ist auch in der Aufzählung des § 530 ZPO nicht enthalten. Die in Z 7 leg cit angeführten neuen Tatsachen und Beweismittel beziehen sich auf die Sammlung des Prozessstoffes und nicht auf eine Verletzung der gesetzlichen Befangenheitsbestimmungen.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der beim Bezirksgericht Meidling zu 1 P 28/00m geführten Sachwalterschaftssache des Peter E*****, über die an den Obersten Gerichtshof gerichteten, am eingelangten Anträge 1. den Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom , AZ 6 Ob 242/901h, gemäß § 419 ZPO zu berichtigen, und 2. diesen Beschluss aufzuheben und in der Sache neuerlich zu entscheiden, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

1.

Der Berichtigungsantrag wird abgewiesen.

2.

Der Aufhebungsantrag wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Pflegschaftsgericht hatte für den Betroffenen eine Rechtsanwältin zur einstweiligen Sachwalterin bestellt. Der vom Betroffenen erhobene Rekurs blieb erfolglos. Dies bekämpfte der Betroffene mit Revisionsrekurs und weiters auch mit einem an das Rekursgericht gerichteten Antrag auf Nichtigerklärung des erstinstanzlichen Verfahrens und Feststellung der Nichtigkeit der Entscheidungen der Vorinstanzen. Das Rekursgericht wies diesen Antrag zurück. Über Rekurs des Betroffenen wurde dieser Beschluss des Rekursgerichtes mit der Entscheidung vom bestätigt. Dagegen richten sich der Berichtigungsantrag und der Aufhebungsantrag des Betroffenen.

Rechtliche Beurteilung

Der Berichtigungsantrag wendet sich gegen die inhaltliche Begründung der oberstgerichtlichen Entscheidung. Der Antragsteller unterscheidet offenkundig nicht zwischen den beiden Verfahren (Revisionsrekursverfahren und Rekursverfahren). Eine berichtigungsfähige offenbare Unrichtigkeit liegt nicht vor. Der Aufhebungsantrag ist unzulässig. Im außerstreitigen Verfahren wird nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung die analoge Anwendung der Bestimmungen der ZPO über die Nichtigkeitsklage und Wiederaufnahmsklage abgelehnt. Die Bindung des Gerichtes an seine eigene Entscheidung und deren Rechtskraft stehen einer neuerlichen Sachentscheidung entgegen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2001:0060OB00242.01H.1018.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAF-75364

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