OGH 26.04.2005, 4Ob44/05g
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, vertreten durch Gugerbauer & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. D*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler, Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2. E*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Harald Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, 3. H*****gesellschaft mbH, und 4. P*****gesellschaft mbH, ***** beide vertreten durch Berger Saurer Zöchbauer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Schadenersatz und Feststellung (Gesamtstreitwert 77.000 EUR), über die „außerordentlichen" Revisionsrekurse sämtlicher beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 1 R 226/04v, 227/04s, 228/04p-47, womit Rekurse der beklagten Parteien gegen die Beschlüsse des Handelsgerichts Wien vom und vom , GZ 34 Cg 12/04b-13 und 37, zurückgewiesen wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Rekursgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, seine Entscheidung durch Aussprüche über den Wert des Entscheidungsgegenstands hinsichtlich der Entscheidung über die Rekurse gegen die Beschlüsse vom und zu ergänzen; sollte das Rekursgericht aussprechen, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands jeweils 4.000 EUR übersteigt, ist weiters auszusprechen, ob jeweils der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht trug mit Beschluss vom der Erstbeklagten auf, die in einem bestimmten Schriftsatz genannten Dokumente jeweils in der ihr zugestellten Originalfassung innerhalb von drei Tagen bei Gericht niederzulegen und den Klagevertreter hievon zu benachrichtigen.
Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs der Erstbeklagten als unzulässig zurück, weshalb sich ein näheres Eingehen auf die von der Rekurswerberin geltend gemachten Rekursgründe erübrige. Weiters trug das Erstgericht mit Beschluss vom der Zweitbeklagten auf, mehrere bestimmt umschriebene Bescheide sowie notariell beglaubigte Abschriften - unter Auslassung oder Unkenntlichmachung für Kunst- oder Geschäftsgeheimnisse relevanter Teile -weiterer Bescheide binnen drei Tagen bei Gericht niederzulegen und den Gegner hievon zu verständigen.
Die von der Zweit-, Dritt- und Viertbeklagten gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurse wies das Rekursgericht gleichfalls als unzulässig zurück ohne näher auf die geltend gemachten Rekursgründe einzugehen. In beiden Fällen unterließ das Rekursgericht sowohl eine Bewertung des Entscheidungsgegenstands als auch einen Ausspruch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses.
Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass Beschlüsse, mit denen das Rekursgericht einen Rekurs gegen eine erstinstanzliche Entscheidung zurückgewiesen hat, nur unter den Voraussetzungen des § 528 ZPO anfechtbar sind, also eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO zu entscheiden ist und nicht eine der in § 528 Abs 2 Z 1 bis 6 ZPO aufgezählten Umstände vorliegt, welcher die Zulässigkeit des Revisionsrekurses jedenfalls ausschließt (RIS-Justiz RS0044501; Kodek in Rechberger², § 526 ZPO Rz 5 und § 528 ZPO Rz 1 mwN).
Da im vorliegenden Fall der Streitgegenstand nicht in Geld besteht, ist für die Beurteilung der Zulässigkeit der von den Beklagten gegen die Entscheidung des Rekursgerichts erhobenen Rechtsmittel ein Ausspruch des Rekursgerichts über den Wert des Entscheidungsgegenstands und, sofern dieser 4.000 EUR übersteigen sollte, auch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses erforderlich. Diese Aussprüche sind daher nachzutragen. Im Falle der Bewertung des Entscheidungsgegenstands mit einem Betrag unter 4.000 EUR wären die Revisionsrekurse der Beklagten gemäß § 528 Abs 2 Z 1 ZPO jedenfalls unzulässig.
Im Falle einer Bewertung mit einem 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteigenden Betrag obliegt es ausschließlich dem Rekursgericht, die Zulässigkeit eines Revisionsrekurses wegen Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO zu beurteilen, weshalb in diesem Fall auch ein diesbezüglicher Ausspruch erforderlich ist. In diesem Falle wäre darüber hinaus auch über die in den Revisionsrekursen der Beklagten allenfalls auch als implizit enthalten anzusehenden Abänderungsanträge für den Fall der Nichtzulassung des ordentlichen Revisionsrekurses zu entscheiden bzw die Akten zur Einleitung eines allenfalls für erforderlich gehaltenen Verbesserungsverfahrens an das Erstgericht zurückzustellen. Im Falle endgültiger Nichtzulassung des Revisionsrekurses wäre dieser vom Rekursgericht zurückzuweisen (§ 508 Abs 4 ZPO iVm § 528 Abs 2a ZPO). Spricht das Rekursgericht aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands über 20.000 EUR liege, hat es die Akten neuerlich dem Obersten Gerichtshof vorzulegen, im Falle des weiteren Ausspruchs, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, unter Anschluss seiner Akten.
Von der Bewertung wird somit abhängen, wie weiter vorzugehen ist, kann diese doch einerseits entweder unmittelbar oder in der Folge wegen Zurückweisung eines allfälligen Abänderungsantrags an das Rekursgericht zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung, andererseits aber auch zur Wiedervorlage an den Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den (außer-)ordentlichen Revisionsrekurs führen.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Gitschthaler als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Verein *****, vertreten durch Gugerbauer & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. D*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Onz Onz Kraemmer Hüttler Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2. E*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Harald Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, 3. H*****gesellschaft mbH, und 4. P*****sgesellschaft mbH, *****, beide vertreten durch Berger Saurer Zöchbauer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung, Schadenersatz und Feststellung (Gesamtstreitwert 77.000 EUR), über die außerordentlichen Revisionsrekurse sämtlicher beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 1 R 226/04v, 227/04s, 228/04p-47, idF des Beschlusses vom , womit Rekurse der beklagten Parteien gegen die Beschlüsse des Handelsgerichts Wien vom und vom , GZ 34 Cg 12/04b-13 und 37, zurückgewiesen wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Das Erstgericht trug mit Beschluss vom der Erstbeklagten auf, die in einem bestimmten Schriftsatz genannten Dokumente jeweils in der ihr zugestellten Originalfassung innerhalb von drei Tagen bei Gericht niederzulegen und den Klagevertreter hievon zu benachrichtigen.
Das Rekursgericht wies den dagegen erhobenen Rekurs der Erstbeklagten als unzulässig zurück, weshalb sich ein näheres Eingehen auf die von der Rekurswerberin geltend gemachten Rekursgründe erübrige.
Weiters trug das Erstgericht mit Beschluss vom der Zweitbeklagten auf, mehrere bestimmt umschriebene Bescheide sowie notariell beglaubigte Abschriften - unter Auslassung oder Unkenntlichmachung von für Kunst- oder Geschäftsgeheimnisse relevanter Teile - weiterer Bescheide binnen drei Tagen bei Gericht niederzulegen und den Gegner hievon zu verständigen.
Die von der Zweit-, Dritt- und Viertbeklagten gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurse wies das Rekursgericht gleichfalls als unzulässig zurück, ohne näher auf die geltend gemachten Rekursgründe einzugehen.
Sämtliche Revisionsrekurse vermögen keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.
Der Oberste Gerichtshof hat bereits zu 1 Ob 953/25 = SZ 7/372 ausgesprochen, dass gegen den über einen Antrag nach § 82 Abs 1 ZPO ergehenden Beschluss ein Rechtsmittel nicht stattfindet, und an dieser Rechtsansicht, die Billigung in der Lehre fand (Neumann, Kommentar4 I 628; Fasching II 546; Gitschthaler in Rechberger2 § 82 ZPO Rz 2) für den - auch hier vorliegenden - Fall der Antragstattgebung festgehalten (5 Ob 131/91 = EvBl 1992/84). Die von den Beklagten ins Treffen geführte Entscheidung 5 Ob 131/91 erachtet lediglich das gegen die Abweisung des Vorlageantrags nach § 82 Abs 1 ZPO gerichtete Rechtsmittel für zulässig.
Die Urkundenvorlagepflicht nach § 82 Abs 1 ZPO dient der Information des Gegners und - anders als die Vorlagepflicht im Rahmen eines Urkundenbeweises - nicht der Beweisführung gegenüber dem Gericht (5 Ob 131/91 mwN). Die von den Revisionsrekurswerbern aufgeworfene Frage nach einem allenfalls zu beachtetenden Beweisthemenverbot stellt sich daher nicht.
Die von Konecny in Fasching/Konecny2 II/2 § 82 ZPO Rz 4 vertretene Auffassung, gegen den über einen Vorlageantrag entscheidenden Beschluss sei der Rekurs stets statthaft, bildet im Hinblick auf zu wahrende Prozessökonomie (Vermeidung von den Prozessfortgang verzögernden Zwischenstreitigkeiten über die - zumindest zunächst - sanktionslose Erfüllung von Informationspflichten) keinen Anlass, von der bisherigen Rechtsprechung abzugehen. Die mögliche Verletzung von sie schützenden Geheimhaltungspflichten hat jene Prozesspartei zu überlegen, die durch ihren Vortrag und Berufung auf bestimmte Urkunden die Informationsmöglichkeit für den Prozessgegner nach § 82 Abs 1 ZPO eröffnet.
Die Revisionsrekurse sind daher zurückzuweisen.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2005:0040OB00044.05G.0426.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAF-74475