OGH 28.09.2004, 4Ob194/04i
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** GmbH, G*****, vertreten durch Dr. Gerald Wildfellner und andere Rechtsanwälte in Grieskirchen, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, T*****, Haslinger/Nagele & Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 39.970,06 EUR), über die außerordentliche Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 6 R 50/04x-45, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Klägerin macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass die angefochtene Entscheidung der Rechtsprechung widerspreche, wonach der Kläger keinen Rechtsgrund zu nennen und das Gericht das Klagebegehren nach allen möglichen rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen habe. Das Berufungsgericht hätte auch prüfen müssen, ob die Beklagte die Leistungen der Klägerin unmittelbar übernommen und ein Arbeitsergebnis erschlichen habe.
Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, die Erzeugung, das Anbieten und den Vertrieb von Heizkesseln (Holzvergaserkessel für Scheithölzer), die den von der Klägerin
entwickelten und hergestellten Heizkesseln der Type ... ohne
technische Notwendigkeit sklavisch nachgeahmt sind, ... zu
unterlassen. Gegenstand des Unterlassungsbegehrens ist daher nicht nur die wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung sittenwidrige sklavische Nachahmung, sondern jede sklavische Nachahmung, mag ihr die unmittelbare Übernahme eines Leistungsergebnisses oder das Erschleichen eines Arbeitsergebnisses zugrunde liegen. Es trifft daher zu, dass im Sinne des Klagevorbringens auch zu prüfen war, ob die Beklagte die Leistungen der Klägerin unmittelbar übernommen und ein Arbeitsergebnis erschlichen hat.
Zur behaupteten unmittelbaren Übernahme eines Arbeitsergebnisses weist das Berufungsgericht zu Recht auf die völlig unterschiedliche Gestaltung der Brennkammer, der Bedieneinheit und der weitestgehend andersartigen Gestaltung der Kesselverkleidung hin. Nach dem festgestellten Sachverhalt ist kein einziger Bauteil des Kessels wirklich maßgleich; die Beklagte hat durch ihre Entwicklungsarbeiten eine Fülle von Detailveränderungen vorgenommen, die zu einer Verbesserung der Abgaswerte und des Wirkungsgrades gegenüber dem Kessel der Klägerin geführt haben (AS 330).
Das schließt eine unmittelbare Leistungsübernahme unabhängig davon aus, dass es für deren Vorliegen auf das Mittel der Vervielfältigung nicht ankommt. Ein Widerspruch zu der von der Klägerin in diesem Zusammenhang zitierten Rechtsprechung (4 Ob 237/98a = ÖBl 1999, 176 - Alternative zu Kreditkartenunternehmen; 4 Ob 89/02w = ÖBL-LS 2002/117 - Pensionsvorsorge) kann schon aus diesem Grund nicht vorliegen. Was das Erschleichen eines Arbeitsergebnisses betrifft, so hat die Klägerin in erster Instanz nicht behauptet, dass sich der nunmehrige Geschäftsführer der Beklagten auch für die Zeit nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin zur Wahrung von deren Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen verpflichtet hätte. Das Fehlen von Feststellungen über eine derartige Geheimhaltungsverpflichtung vermag daher keinen Feststellungsmangel zu begründen. Im Übrigen steht gar nicht fest, dass und welche Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse der Klägerin beim Nachbau des Heizkessels verwertet worden sind. Eine einem anderen Erzeugnis ähnliche Konstruktion, wie sie hier vorliegt, ist nicht nur dann möglich, wenn Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse verwertet werden. Dass der Oberste Gerichtshof bisher noch niemals Heizkessel unter dem Gesichtspunkt "Ausbeutung fremder Leistung" zu beurteilen hatte, vermag eine erhebliche Rechtsfrage nicht zu begründen. Um die von der Klägerin behauptete Sittenwidrigkeit zu beurteilen, sind die von der Rechtsprechung erarbeiteten - und von den Vorinstanzen auch angewandten - Grundsätze heranzuziehen. Für Heizkessel gilt insoweit nichts Besonderes.
Als erhebliche Rechtsfrage macht die Klägerin schließlich noch geltend, dass Rechtsprechung zur Frage fehle, ob einzelne Kategorien von Verkaufsgütern bereits ihrer Natur nach vom Nachahmungsschutz ausgenommen seien und in welchem Zeitpunkt die Gefahr einer Herkunftstäuschung vorliegen müsse, um Sittenwidrigkeit im Sinne des § 1 UWG zu begründen. Das Berufungsgericht habe die Verwechslungsgefahr bereits deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei Heizkesseln um langlebige hochpreisige Investitionsgüter handle. Herkunftsvorstellungen entstünden auch bei der Installation des Heizkesseln und könnten zukünftige Kaufentscheidungen des Installateurs beeinflussen.
Bei beiden Fragen geht die Klägerin nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Eine Gefahr der Verwechslung durch Konsumenten ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die beiden Heizkessel in verkleidetem Zustand unverwechselbar sind und Konsumenten Heizkessel regelmäßig nur in diesem Zustand zu Gesicht bekommen. Die bei Investitionsgütern übliche eingehende Prüfung vor der Anschaffung ist ein weiterer Umstand, der die Verwechslungsgefahr ausschließt. Eine - für künftige Kaufentscheidungen maßgebliche - Gefahr der Verwechslung der beiden Kessel durch Installateure setzte voraus, dass sich die Installateure allein am Erscheinungsbild des unverkleideten Kessels orientierten und sowohl die von ihnen anzubringende Verkleidung als auch die unverkennbar abweichende Gestaltung der Brennkammer ignorierten. Im Übrigen läge auch in diesem Fall eine Herkunftstäuschung vor der (künftigen) Kaufentscheidung, so dass sich die Frage, ob verschiedene Zeitpunkte maßgebend sein können, in Wahrheit gar nicht stellt.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2004:0040OB00194.04I.0928.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
ZAAAF-74120