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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 28.03.2025, RV/7100628/2023

Vorübergehende doppelte Haushaltsführung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Monika Ahorn in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 (Steuernummer ***BF1StNr1*** ) zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (in Folge: Bf.) beantragte in seiner Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 ua ein Pendlerpauschale iHv 1.224,- Euro, einen Pendlereuro iHv 436,- Euro und Kosten für doppelte Haushaltsführung iHv 3.600,- Euro.

Nach durchgeführtem Vorhalteverfahren anerkannte die Abgabenbehörde diese Positionen nicht, da einerseits ein Dienstzimmer am Arbeitsort unentgeltlich zur Verfügung gestellt worden und keine beruflich veranlassten doppelten Kosten entstanden seien und andererseits nicht alle abverlangten Unterlagen vorgelegt worden seien. Dagegen richtet sich die Beschwerde, mit der verschiedene Rechnungen vorgelegt wurden und nunmehr statt ursprünglich 3.600,- Euro nur noch 1.522,15 Euro als Kosten für doppelte Haushaltsführung beantragt wurden.

Nach einem weiteren Vorhalteverfahren erließ die Abgabenbehörde in Folge eine abweisende Beschwerdevorentscheidung mit der Begründung, dass aufgrund der unentgeltlichen Zurverfügungstellung des Dienstzimmers keine Aufwendungen an beiden Wohnsitzen gegeben seien und die Familienheimfahrten mangels Nachweises nicht anerkannt werden.

Nach fristgerecht eingebrachtem Vorlageantrag legte die Abgabenbehörde die Beschwerde samt entsprechender Aktenteile dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Das Bundesfinanzgericht forderte den Bf. mit Beschluss vom auf, binnen einer Frist von drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses zu einigen Fragen Stellung zu nehmen und entsprechende Unterlagen vorzulegen. Dieser Beschluss wurde hinterlegt und lag ab dem bei der Poststelle 1322 zur Abholung bereit. Es wurde bis zum heutigen Tag keine Stellungnahme bei Gericht eingereicht.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Der Familienwohnsitz befindet sich an der Adresse des Bf. in Wien.

Im Jahr 2021 war der Bf. von seinem Arbeitgeber, der ***Arbeitgeber*** AG, zum ***Ort*** als ***Position*** abgeordnet. Diese Vereinbarung über die Abordnung wurde im August 2020 geschlossen und war für 24 Monate, jedoch längstens bis zum befristet. Der ***Ort*** ist vom Familienwohnsitz 631 km und sieben Stunden Fahrzeit mit dem Kfz bzw über acht Stunden Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln entfernt.

Der Bf. konnte im streitgegenständlichen Jahr die Zugverbindungen der ÖBB gegen eine Kostenbeteiligung in Höhe von 2,57 Euro pro Monat nutzen und hat dies überwiegend auch getan.

Der Bf. hatte Ausgaben im Zusammenhang mit der doppelten Haushaltsführung in Höhe von 196,15 Euro.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt, Einsichtnahme in den elektronischen Akt sowie Abfragen von www.google.com/maps.

Strittig ist, ob die geltend gemachten Ausgaben für doppelte Haushaltsführung sowie Familienheimfahrten bzw Pendlerpauschale abzugsfähig sind.

Aufgrund einer Vereinbarung vom wurde der Bf. von seinem Arbeitgeber zeitlich befristet bis längstens an den ***Ort*** abgeordnet. Dieser Vereinbarung ist auch zu entnehmen, dass dem Bf. an seinem temporären Arbeitsplatz ein Dienstzimmer unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde. Zur Beschaffenheit dieses Dienstzimmers hat der Bf., trotz Aufforderung durch das Gericht, keine Stellungnahme abgegeben.

Im Zuge des behördlichen Verfahrens legte der Bf. folgende Rechnungen zum Nachweis der geltend gemachten Ausgaben der doppelten Haushaltsführung vor:

Die Abgabenbehörde hat in der Beschwerdevorentscheidung keine dieser Ausgaben als doppelte Haushaltsführung anerkannt, ohne auf die einzelnen Rechnungen einzugehen. In der Stellungnahme des Vorlageberichtes gab die Behörde an, dass die Aufwendungen nicht anzuerkennen seien, da die Ausstattung des Dienstzimmers nicht bekannt sei - es sei nicht gelungen diesbezügliche Informationen über ***Dienstgeber*** zu erhalten, weshalb von einem einfach eingerichteten Zimmer auszugehen sei, wobei das Vorhandensein einer Küche fraglich sei.
Weil alle Gegenstände in Wien bzw in Parndorf gekauft wurden, sei es für die Abgabenbehörde unglaubwürdig, dass sämtliche Artikel - insbesondere sperrige wie ein TV-Gerät - nach ***Ort*** geliefert worden seien. Ein Leintuch in der Größe 100*200 widerspreche der Annahme des Einzelbettes. Die Utensilien wie diverses Küchenkleinmaterial, Tablett, Zierkissen etc. wirken unglaubwürdig, da der Bf. ausgesagt habe, nach den Schichten häufig auswärts gegessen zu haben oder sich Essen liefern habe lassen. Es mache für die Abgabenbehörde eher den Anschein, dass diese Gegenstände für die 2020 neu bezogene Wohnung angeschafft worden seien.

Weshalb ein Leintuch in der Größe 100*200 der Annahme eines Einzelbettes widersprechen soll, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, da diese Maße einem gewöhnlichen Einzelbett entsprechen. Auch ist es für das Gericht durchaus denkbar, dass eine Kaffeemaschine oder ein TV-Gerät mit dem PKW von Wien nach ***Ort*** transportiert werden.

Dem Bf. wurde im Zuge des Beschlusses vom die Möglichkeit eingeräumt, hinsichtlich der vorgelegten Rechnungen noch Folgendes zu ergänzen:
- Rechnungen, die in der bisher vorgelegten Form nicht vollständig ersichtlich waren, da Teile davon abgedeckt waren (Media Markt, , Espresso- und Kaffeevollautomat, 501,99 Euro; Media Markt, , Handmixer, 29,00 Euro) sowie
- Zahlungsnachweise jener Rechnungen, die den Hinweis enthielten, dass der Rechnungsbetrag zu überweisen war bzw die Ware per Nachnahme zugestellt wurde (Media Markt, , Handmixer, 29,00 Euro; Media Markt, , LG Electronics, 699,00 Euro).

Dem Gericht wurden keine weiteren Unterlagen übermittelt.

Hinsichtlich des beantragten Pendlerpauschales (samt Pendlereuro) gab der Bf. in seinem Schreiben vom an, dass ihm ein Werkverkehr zur Verfügung stehe und er für die Fahrten zwischen dem Arbeitsort und dem Familienwohnsitz die Bahn benutzt habe.
In der Vorhaltsbeantwortung vom gab der Bf. diesbezüglich allerdings an, diese Familienheimfahrten oft mit dem eigenen PKW gemacht zu haben. Aufgrund der Zugverbindungen sei er oft gezwungen gewesen, einen Tag früher an- bzw abzureisen, weshalb er den PKW benutzt habe. Die Häufigkeit der Fahrten wisse er nicht und könne dies auch nur schwer nachvollziehen.
Trotz Aufforderung in beiden Ergänzungsersuchen, legte der Bf. keinerlei Nachweise der tatsächlich durchgeführten Familienheimfahrten vor.
Im Vorlageantrag gab der Bf. hinsichtlich der Familienheimfahrten an, meist zweimal pro Monat mit dem eigenen PKW die Strecke Wien-***Ort*** / ***Ort***-Wien und den Rest mit dem Werkverkehrsticket gefahren zu sein.

Anhand dieser Schriftstücke ist ersichtlich, dass der Bf. widersprüchliche Aussagen hinsichtlich seiner Transportmittel gemacht hat. Nachweise, dass und wie oft er die Strecke mit dem PKW zurückgelegt hat, liegen keine vor. Fest steht lediglich, dass der Bf. die Strecke der ÖBB gegen ein geringes Entgelt nutzen konnte. Es ist für das Gericht einerseits nachvollziehbar, dass trotz der Möglichkeit der Nutzung des Werkverkehrs aufgrund schlechter Zugverbindungen und dadurch längerer Reisebewegungen, teilweise auch die kostspielige Eigenanreise in Kauf genommen wird. Allerdings konnte der Bf., trotz Aufforderung durch die Abgabenbehörde keinerlei Aufzeichnungen oder sonstige Nachweise über die mit dem PKW durchgeführten Fahrten vorlegen.
Aufgrund der widersprüchlichen Ausführungen des Bf., keinerlei vorgelegter Nachweise hinsichtlich der Reisebewegungen und aufgrund der Möglichkeit die weite Entfernung gegen die geringe Kostenbeteiligung zurückzulegen, geht das Bundesfinanzgericht in freier Beweiswürdigung davon aus, dass der Bf. die Strecken überwiegend im Werkverkehr zurückgelegt hat.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Der Steuerpflichtige muss die als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen über Verlangen der Abgabenbehörden gemäß §§ 138, 161 BAO nach Art und Umfang nachweisen oder, wenn dies nicht möglich ist, wenigstens glaubhaft machen (vgl. ).

Gemäß § 20 Abs. 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden (Z 1). Ebenso wenig Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen (Z 2).

Unter bestimmten Voraussetzungen können Aufwendungen oder Ausgaben für eine doppelte Haushaltsführung und für Familienheimfahrten dennoch als Werbungskosten berücksichtigt werden. Von einer doppelten Haushaltsführung wird gesprochen, wenn aus beruflichen Gründen zwei Wohnsitze geführt werden, und zwar einer am Familienwohnort (Familienwohnsitz) und einer am Beschäftigungsort (Berufswohnsitz) - wobei zwischen einer vorübergehenden und einer auf Dauer angelegten doppelten Haushaltsführung unterschieden wird.

Weil hier vorliegend die Abordnung mit maximal 24 Monaten zeitlich befristet war, handelt es sich um eine vorübergehend angelegte doppelte Haushaltsführung und war daher die Aufgabe bzw Verlagerung des Familienwohnsitzes nicht zumutbar. Eine tägliche Rückkehr zum Familienwohnsitz war aufgrund der großen Distanz weder zumutbar noch möglich, weshalb grundsätzlich die Voraussetzungen für die doppelte Haushaltsführung im Jahr 2021 vorlagen.

Als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung kommen unvermeidbare Mehraufwendungen in Betracht, die dem Abgabepflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss (; , 95/14/0096).
Dazu zählen Aufwendungen für eine zweckentsprechende Wohnung, für Einrichtungsgegenstände des gewöhnlichen Haushaltsbedarfs sowie für Familienheimfahrten.

Kosten für eine zweckentsprechende Wohnung am Arbeitsort liegen hier gegenständlich nicht vor, da dem Bf. von seinem Arbeitgeber gemäß der Vereinbarung vom ein Dienstzimmer unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurde. Wie dieses Dienstzimmer beschaffen war (Größe, Inventar, Gemeinschaftsbad/-küche) konnte nicht ermittelt werden, da der Bf. der Aufforderung zur diesbezüglichen Stellungnahme nicht nachgekommen ist.

Hinsichtlich der unvermeidbaren Mehraufwendungen, die dem Abgabepflichtigen dadurch erwachsen, dass er am Beschäftigungsort wohnen muss, ist zu den vorgelegten Rechnungen und geltend gemachten Kosten für doppelte Haushaltsführung folgendes auszuführen:

Grundsätzlich gilt, dass Kosten des täglichen Bedarfs (zB Lebensmittel, Putzutensilien und Hygienartikel) keine unvermeidbaren Mehraufwendungen darstellen, weshalb die in den vorgelegten Rechnungen enthaltenen diesbezüglichen Ausgaben keinesfalls Berücksichtigung finden können (11,99+7,89+46,54). Die Ausgaben der Rechnung "Jysk" vom (40,-) können keine Berücksichtigung finden, da sie nicht das Jahr 2021 betreffen. Ebensowenig die Rechnung von "Tedi" über 27,15 Euro, da kein Datum ausgewiesen ist. Bei Nintendo Switch handelt es sich um eine Spielkonsole, deren Kosten (299,-+39,99) keine unvermeidbaren Mehraufwendungen im Hinblick auf doppelte Haushaltsführung darstellen. Die Rechnung von XXXLutz, (39,96) ist auf ***Name*** ausgestellt - ein Abzug beim Bf. ist daher nicht möglich.

Weil bei den Rechnungen über den Kauf eines Handmixers (29,00) und des TV-Gerätes (699,00) die Zahlung nicht nachgewiesen wurde, war eine Berücksichtigung als Werbungskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung nicht möglich. Die Kosten für den Kaffeevollautomaten samt Netzwerkkabel (490,00 + 12,99) konnten keine Berücksichtigung finden, da die Rechnung nicht komplett sichtbar vorgelegt wurde.

Unabhängig davon, wie das Dienstzimmer tatsächlich beschaffen war, ist es für das Gericht glaubhaft und nachvollziehbar, dass jedenfalls Bettwäsche, Handtücher und kleinere Haushaltsgegenstände für die Zeit der Abordnung angeschafft wurden. Die restlichen nachgewiesenen Ausgaben für Bettwäsche (Jysk, , 52,00), diverse Haushaltsgegenstände (Action, , 25,39; Hofer, , 12,99; Home&Cook, , 10,00) sowie Bademantel und Handtücher (Vossen, , 95,77) - in Summe somit 196,15 Euro waren daher anzuerkennen.

Der Bf. hat ursprünglich das Pendlerpauschale und den Pendlereuro beantragt, im Schreiben vom klargestellt, dass es sich dabei um Familienheimfahrten handle.

Als Familienheimfahrten abzugsfähige Fahrtkosten müssen tatsächlich angefallen sein, sind nachzuweisen (Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG24 § 4, Rz 366 mVa ) und sind gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. e EStG 1988 der Höhe nach mit dem Betrag des höchsten (großen) Pendlerpauschales begrenzt (§ 16 Abs. 1 Z 6 lit. d EStG 1988).

Mangels vorliegender Nachweise oder Aufzeichnungen über die Anzahl der tatsächlich mit dem eigenen PKW zurückgelegten Fahrten und aufgrund der in der Beweiswürdigung dargestellten Möglichkeit der kostengünstigen Nutzung der Zugverbindung sowie der widersprüchlichen Aussagen hinsichtlich der Familienheimfahrten, konnten die geltend gemachten Aufwendungen für Familienheimfahrten nicht glaubhaft gemacht werden und waren diese daher nicht zu berücksichtigen. Lediglich der Kostenbeitrag für den Werkverkehr iHv 30,84 Euro (12 * 2,57) war gemäß § 16 Abs. 1 Z 6 i) sublit. aa) EStG 1988 als Werbungskosten abzuziehen.

Die anzuerkennenden Werbungskosten betragen somit in Summe 226,99 Euro.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Da eine solche Rechtsfrage im vorliegenden Fall nicht gegeben ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100628.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
KAAAF-72998