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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 26.03.2025, RV/1100037/2021

iPad mit Talkerfunktion für behindertes Kind stellt keine außergewöhnliche Belastung dar.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Roman Galehr in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch, Reichsstraße 154, 6800 Feldkirch (nunmehr Finanzamt Österreich, Postfach 260, 1000 Wien) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die belangte Behörde hat die Bescheidbeschwerde des Beschwerdeführers gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Aufgrund des in diesem Zuge elektronisch übermittelten Beschwerdeaktes der belangten Behörde, stellt sich der Verfahrensgang für das Bundesfinanzgericht wie folgt dar:

Am übermittelte der Beschwerdeführer seine Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2018 in Papierform an die belangte Behörde. Im Formular L 1k machte er für seinen Sohn ***1*** außergewöhnliche Belastungen aufgrund der 100 %igen Behinderung seines Sohnes in der Höhe von € 5.007,12 geltend.

Am richtete die belangte Behörde ein Ersuchen um Ergänzung betreffend Arbeitnehmerveranlagung 2018 an den Beschwerdeführer. Darin wurde der Beschwerdeführer gebeten, eine detaillierte Aufstellung bezüglich der angefallenen außergewöhnlichen Belastungen, samt Rechnungen und Zahlungsnachweisen, an die belangte Behörde zu übermitteln.

Weiters wurde der Beschwerdeführer gebeten darzulegen, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe Ersätze durch die Krankenkasse bzw. eine andere Versicherung geleistet worden seien.

Die Frist zur Beantwortung des Ersuchens um Ergänzung wurde bis zum gewährt.

Mit Schreiben vom beantwortete der Beschwerdeführer das Ersuchen um Ergänzung betreffend seiner Arbeitnehmerveranlagung 2018. Darin schlüsselte er die einzelnen Kategorien der außergewöhnlichen Belastungen für seinen an einer 100%igen Behinderung leidenden Sohn ***1*** wie folgt auf:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Institution
Kosten
Caritas der ***15***
437,96
Stiftung ***16***
602,46
***17*** Bregenz
288,00
***2*** Dornbirn
356,87
Stadt Dornbirn
350,00
***18*** Vorarlberg
40,00
Menschen für Menschen ***19***
37,29
Ampel 24 Flensburg Trampolin und Schutzhülle
601,51
***3***
320,00
Hallenbad ***20***
64,50
Blumen ***4*** Dornbirn
52,80
***5*** Reisen Dornbirn
19,60
Verkehrsverbund Vbg
64,40
***21*** Computer
550,94
Apple
0,99
Lanklifte
341,00
Blumen ***22***
28,80
Kilometergelder
***16*** 176 km
73,92
***6*** 10,2 km
4,28
***18*** Rankweil 1568 km
658,56
***3*** Lindau 150 km
63,00
***23*** 120 km
50,40
Gesamtsumme
5.007,12

Seinem Schreiben vom legte der Beschwerdeführer ein Konvolut von 95 Unterlagen bei.

Die belangte Behörde führte in der Folge die Veranlagung durch und erließ am den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2018. Von den ursprünglich beantragten außergewöhnlichen Belastungen in der Höhe von € 5.007,12 ließ die belangte Behörde € 4.075,52 zum Abzug zu.

In der Bescheidbegründung führte die belangte Behörde aus, dass die Kosten für Blumen nicht als außergewöhnliche Belastung zum Abzug gebracht werden können. Weiters führte die belangte Behörde aus, dass das Pflegegeld für Sohn ***1*** betreffend das Jahr 2018 monatlich € 1.225,20 betrage.

Am erließ die belangte Behörde einen § 299 BAO Bescheid, mit welchem sie den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 vom aufhob.

In der Begründung zum § 299 BAO Bescheid führte die belangte Behörde aus, dass im Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 vom , das beantragte Kilometergeld irrtümlich nicht berücksichtigt worden sei.

Im Zuge dessen erließ die belangte Behörde mit Datum einen Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2018. Darin berücksichtigte sie nunmehr außergewöhnliche Belastungen in Zusammenhang mit dem an einer Behinderung leidenden Sohn des Beschwerdeführers in der Höhe von € 4.925,52. In der Bescheidbegründung führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass im Vorbescheid Kilometergelder nicht berücksichtigt worden seien.

Am erließ die belangte Behörde abermals einen § 299 BAO Bescheid, mit welchem sie den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2018, welcher vom datierte, aufhob.

In der Begründung zum § 299 BAO Bescheid vom gab die belangte Behörde wie folgt an:

"Da die aus der Begründung des Sachbescheides sich ergebende Rechtswidrigkeit keine nicht bloß geringfügige Auswirkung hat, war die Aufhebung des im Spruch bezeichneten Bescheides von Amts wegen zu verfügen. Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist."

Mit Datum erließ die belangte Behörde den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 des Beschwerdeführers. Darin ließ sie außergewöhnliche Belastungen in Zusammenhang mit der Behinderung des Sohnes ***1*** in der Höhe von € 1.770,78 zum Abzug zu.

In der Bescheidbegründung führte die belangte Behörde zusammengefasst aus wie folgt:

"Auf Grund der §§ 34 und 35 Einkommensteuergesetz erließ der Bundesminister für Finanzen die Verordnung BGBl. Nr. 303/1996, deren § 4 folgenden Wortlaut hat:

"§ 4.

Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

Alle anderen Kosten iZm der Behinderung von ***7*** sind mit dem Pflegegeld abgegolten und können nicht berücksichtigt werden. Hilfsmittel im Sinn der Verordnung sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Gegenstände oder Vorrichtungen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigungen zu beseitigen. Darunter fallen beispielsweise Badelifte, Blindenführhunde, Bruchbänder, Hörgeräte, Körperersatzstücke, Krankenfahrstühle, Krücken, orthopädische Behelfe, Prothesen, Rollstühle und Stützapparate. Nicht anerkannt wurden daher:

- Trampolin
- iPad und Zubehör

Unter einer Heilbehandlung ist eine ärztliche Behandlung zu verstehen oder zumindest eine Behandlung unter ärztlicher Aufsicht und Begleitung. Nach Lehre und Rechtsprechung sind Kosten einer Heilbehandlung Arztkosten, Spitalskosten, Kurkosten für ärztlich verordnete Kuren, Therapiekosten, Kosten für Medikamente, sofern sie in Zusammenhang mit der Behinderung stehen, allenfalls Krankentransportkosten oder Fahrtkosten; jedenfalls Kosten für ärztlich verordnete Maßnahmen, die der Heilung oder zumindest Linderung oder Stabilisierung einer Krankheit dienen. Aufwendungen für Behandlungsleistungen durch nichtärztliches Personal sind grundsätzlich nur dann als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, wenn diese Leistungen ärztlich verschrieben oder die Kosten teilweise von der Sozialversicherung ersetzt werden. Da Sie für die folgenden Behandlungskosten keine Ersätze bekannt gegeben haben, ist davon auszugehen, dass diese nicht ärztlich verordnet waren.

Nicht anerkannt wurden daher:

- ***18***
-
***3*** (Homöopathie), Lindau (+ Fahrtkosten)

Aus Ihrer Aufstellung ist nicht erkennbar, in welchem Zusammenhang folgende beantragten Fahrtspesen mit der Behinderung Ihres Kindes stehen, daher können die beantragten Fahrtspesen nicht berücksichtigt werden:

- Fahrtspesen "Dornbirn ***23***

Gemäß §299 Abs. 2 BAO ist mit dem aufhebenden Bescheid der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Infolge Aufhebung des Bescheides 2018 vom , war die gegenständliche Bescheiderlassung erforderlich."

Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist in Bezug auf den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 bis zum .

In der Begründung führte er aus, dass es ihm nicht möglich gewesen sei, eine sachliche oder betragsmäßige Zuordnung der einzelnen nicht anerkannten Kosten vorzunehmen. Aus diesem Grunde habe er die belangte Behörde am gebeten, die nicht anerkannten Kosten aufzuschlüsseln. Die belangte Behörde sei diesem Ersuchen am nachgekommen.

Die belangte Behörde stimmte der Verlängerung der Rechtsmittelfrist stillschweigend zu.

Mit Schriftsatz vom erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Bescheidbeschwerde gemäß § 243 BAO gegen den Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2018. Darin führte er begründend im Wesentlichen aus wie folgt:

"Im Behindertenpass vom werde die Behinderung und Minderung der Erwerbstätigkeit von Sohn ***1*** mit 100 % angegeben. Grund dafür sei eine diagnostizierte Autismus-Spektrum-Störung.

***7*** habe einen sehr starken Bewegungsdrang. Es seien deshalb zahlreiche Aktivitäten, insbesondere an der frischen Luft, von Nöten. Nur durch Bewegung könne ***7*** Stress abbauen. Fehle ihm diese Möglichkeit des Stressabbaus, so sei an Schlaf nicht zu denken.

Das Trampolin sei eine andere Möglichkeit, dass sich ***7*** bewege und somit Stress abbaue. Eine Begleitperson sei für ***7*** stets von Nöten. Weiters gefährde sich ***7*** oft selbst, in dem er beispielsweise unverdauliche oder giftige Gegenstände oder Pflanzen schlucke. Es seien in diesem Zusammenhang schon Operationen nötig gewesen.

Aufgrund der notwendigen Rundumbetreuung für ***7***, könne die Gattin des Beschwerdeführers ihrem erlernten Beruf nur noch stundenweise nachgehen.

Da ***7*** keine aktive Sprache besitze, sei er auf ein iPad angewiesen. Dieses besitze eine Talkerfunktion, welche es ihm erlaube, die fehlende Sprache zu ersetzen. Es handle sich hierbei nicht um ein Spielgerät, sondern um ein Hilfsmittel. Da ***7*** aufgrund seiner Erkrankung nicht sehr pfleglich mit diesen Gerätschaften umgehen könne, müssen sie immer wieder ersetzt werden.

Das Skifahren sei für ***7*** eine weitere Möglichkeit des Stressabbaus. Da seine Fahrtrichtung nicht antizipierbar sei, werde er mit einem Seil gesichert und werde lediglich am Pistenrand Ski gefahren.

Für die Erkrankung von ***7*** hätten die Ärzte keine plausible Erklärung. Trotz zahlreicher medizinischer Abklärungen sei keine Ursache gefunden worden.

Neben den von den Ärzten empfohlenen Maßnahmen und Therapien, werde ***7*** auch homoöpathisch behandelt. ***7*** reagiere sehr gut auf diese Anwendungen.

Die ***18***gruppe sei für ***7*** eine weitere Möglichkeit, sich zu bewegen und so Stress abzubauen. Zudem sei es für ihn die einzige Möglichkeit, mit Kindern seines Alters einer sportlichen Freizeitbeschäftigung nachzugehen. Das Angebot in Rankweil sei das einzige im Bundesland, welches den Bedürfnissen von ***7*** gerecht werde.

Es werde deshalb beantragt, die folgenden Kosten zu berücksichtigen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Institution/Art
Kosten
Anerkannte Kosten laut Bescheid vom
1.770,78
Trampolin
551,10
IPad und Zubehör
550,94
***3***, Homöopathie Lindau
320,00
Fahrtspesen
***18*** Rankweil 1568 km X 0,42
***3*** Lindau 150 km X 0,42
Skifahren ***23*** 120 km X 0,42
Kilometergelder für 1838 km X 0,42
771,80
Gesamtkosten
3.964,62"

Dem Beschwerdeschriftsatz beigefügt wurde zudem eine Bestätigung von Dr. ***12*** (Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde) vom mit folgendem Inhalt:

"***1***, geb. am ***8***, leidet an einer Autismusstörung. Diese Erkrankung, deren Ursache nach wie vor unklar ist, stellt eine große Herausforderung für die Familie dar. Jede Autismusstörung verläuft individuell. Im Fall von ***7*** hat sich gezeigt, dass ausreichende körperliche Aktivität und Herausforderung insgesamt einen positiven Effekt auf seine Stimmung und seinen Zustand hat. Er ist insgesamt entspannter und zeigt deutlich weniger Stereotypien (zwanghafte Bewegungsabläufe). Aus fachärztlicher Sicht sind alle Dinge, die körperliche Aktivität fördern und ermöglichen, als Therapie einzustufen. Dazu zählen auch Betätigungen wie Trampolinspringen, Schwimmen, Fahrradfahren, Wandern, Skateboard fahren u.a."

Mit Datum erließ die belangte Behörde die Beschwerdevorentscheidung betreffend Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2018. Darin wies sie das Beschwerdebegehren als unbegründet ab.

In der Begründung führte die belangte Behörde aus wie folgt:

"I. Sachverhaltsdarstellung:

Im Jahr 2018 waren Sie, Ihre Ehegattin ***9*** und Ihre Kinder ***10***, ***11*** und ***7*** im gemeinsamen Haushalt wohnhaft, wobei aufgrund der Behinderung Ihres Sohnes ***7*** ganzjährig die erhöhte Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag bezogen wurde. Laut Ihren Angaben vom wurde vom Sozialministeriumsservice im Jahr 2014 bei ***7*** eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100% festgestellt.

Grund dafür war eine tiefgreifende frühkindliche Autismus-Spektrum-Störung. Laut Aktenlage wurde im Jahr 2018 iZm der Behinderung von ***7*** Pflegegeld iHv 14.702,40 € bezogen. Im Zuge der Veranlagung wurden behinderungsbedingte Kosten in Höhe von 1.770,78 € anerkannt, welche nicht strittig sind. In Ihrer Beschwerde beantragen Sie Kosten iZm der Behinderung von ***7*** in Höhe von (zusätzlich) 2.193,84 €.

Der Beschwerde haben Sie ein ärztliches Schreiben von Dr. ***12*** (Kinder- und Jugendfacharzt in Dornbirn) vom beigelegt, aus welchem hervorgeht, dass körperliche Aktivitäten aufgrund der Erkrankung von ***7*** für dessen Gesundheit, für seine Stimmung und für seinen Zustand positive Auswirkungen hat und daher empfohlen werden.

Strittig ist, ob es sich bei den beantragten Ausgaben in Höhe von 2.193,84 € um außergewöhnliche Belastungen im Sinne des Einkommensteuergesetzes handelt und inwieweit diese Ausgaben iZm der Behinderung Ihres Sohnes angefallen sind und somit ohne Abzug eines Selbstbehaltes und ohne Abzug des Pflegegeldes berücksichtigt werden können.

II. Rechtliche Grundlagen:

Bei der Ermittlung des Einkommens ist eine Belastung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen, wenn sie außergewöhnlich ist, zwangsläufig erwachsen ist und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt (§ 34 Abs 1 Einkommensteuergesetz).Alle Voraussetzungen müssen zugleich gegeben sein.

Liegt beispielsweise das Merkmal der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht vor, so erübrigt sich eine Prüfung der Außergewöhnlichkeit bzw. Zwangsläufigkeit. Die Belastung ist außergewöhnlich, wenn sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes entspricht.

Um einen Aufwand als außergewöhnlich bezeichnen zu können, muss dieser größer sein als die Aufwendungen bei der überwiegenden Mehrzahl vergleichbarer Steuerpflichtiger, wobei als Maßstab die oben genannten Einkommensverhältnisse, Vermögensverhältnisse und der Familienstand heranzuziehen sind. Außergewöhnlich ist nämlich ein Aufwand dann, wenn er über die regelmäßig wiederkehrenden Kosten der Lebensführung hinausgeht.

Die Belastung entsteht dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Die Belastung muss nicht nur dem Grunde nach, sondern auch der Höhe nach vom Begriff der Zwangsläufigkeit umfasst sein. Nach § 34 Abs. 4 Einkommensteuergesetz beeinträchtigt die Belastung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen selbst zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

Der Gesetzgeber versteht unter Selbstbehalt bei bestimmten außergewöhnlichen Belastungen jenen Betrag, der vom Steuerpflichtigen aus eigenen Mitteln getragen werden muss. Dieser Betrag ist abhängig

a) von der Höhe des Einkommens im Kalenderjahr, in dem die außergewöhnliche Belastung erfolgt,

b) vom zustehenden Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag,

c) von der Höhe der Einkünfte der (Ehe-)Partnerin und

d) von der Anzahl der Kinder im Sinne des § 106 Einkommensteuergesetz.

Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Selbstbehaltes ist das Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastung selbst und unter Hinzurechnung der Sonderzahlungen gemäß § 67 Einkommensteuergesetz (z.B. 13./14. Monatslohn).

Die Höhe des Selbstbehaltes wird durch Anwendung des jeweils zutreffenden Prozentsatzes nach § 34 Abs. 4 Einkommensteuergesetz auf die Bemessungsgrundlage ermittelt. Gemäß § 34 Abs. 4 Einkommensteuergesetz beträgt der anzusetzende Selbstbehalt bei einem Einkommen ab 36.400 € 12% und vermindert sich um je einen Prozentpunkt

- wenn der Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht;
- wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und von der (Ehe-)Partnerin nicht dauernd getrennt lebt und die (Ehe-)Partnerin Einkünfte von höchstens 6.000 € jährlich erzielt;
- für jedes Kind im Sinne des § 106 Einkommensteuergesetz.

Nach § 34 Abs. 6 letzter Satz Einkommensteuergesetz kann der Bundesminister für Finanzen mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 Einkommensteuergesetz und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen zu den §§ 34 und 35 Einkommensteuergesetz wurde mit BGBl. 303/1996 veröffentlicht und zuletzt mit BGBl vom (Nr. 430/2010) geändert.

Diese Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen (BGBl. 303/1996 idF BGBl. 430/2010) legt in § 5 Abs. 1 fest, dass Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten mit monatlich 262 € vermindert um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) zu berücksichtigen sind.

Zusätzlich zum (gegebenenfalls verminderten) Pauschbetrag nach Abs. 1 sind auch Aufwendungen gemäß § 4 sowie das Entgelt für die Unterrichtserteilung in einer Sonder- oder Pflegeschule oder für die Tätigkeit in einer Behindertenwerkstätte im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 3 der zitierten Verordnung).

Diese Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen (BGBl. 303/1996 idF BGBl. 430/2010) legt in § 4 fest, dass nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel sowie Kosten der Heilbehandlung im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen sind.

Hilfsmittel im Sinn der Verordnung sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Gegenstände oder Vorrichtungen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigungen zu beseitigen. Darunter fallen beispielsweise Badelifte, Blindenführhunde, Bruchbänder, Hörgeräte, Körperersatzstücke, Krankenfahrstühle, Krücken, orthopädische Behelfe, Prothesen, Rollstühle und Stützapparate. Unter einer Heilbehandlung ist eine ärztliche Behandlung zu verstehen, zumindest aber eine Behandlung unter ärztlicher Aufsicht und Begleitung.

Nach Lehre und Rechtsprechung sind Kosten einer Heilbehandlung Arztkosten, Spitalskosten, Kurkosten für ärztlich verordnete Kuren, Therapiekosten, Kosten für Medikamente, sofern sie in Zusammenhang mit der Behinderung stehen, allenfalls Krankentransportkosten oder Fahrtkosten; jedenfalls Kosten für ärztlich verordnete Maßnahmen, die der Heilung oder zumindest Linderung oder Stabilisierung einer Krankheit dienen. Nach § 1 Abs. 3 dieser Verordnung sind die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 Einkommensteuergesetz zu kürzen.

Will ein Steuerpflichtiger Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt wissen, hat er selbst alle Umstände darzulegen, auf welche die abgabenrechtliche Begünstigung gestützt werden kann. Gemäß § 34 Abs. 7 Z 1 Einkommensteuergesetz sind Unterhaltsleistungen für ein Kind durch die Familienbeihilfe, den Familienbonus Plus gemäß § 33 Abs. 3a Einkommensteuergesetz, den Kindermehrbetrag gemäß § 33 Abs. 7 Einkommensteuergesetz sowie gegebenenfalls den Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 3 Einkommensteuergesetz abgegolten, und zwar auch dann, wenn nicht der Steuerpflichtige selbst, sondern seine mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebende Ehepartnerin Anspruch auf diese Beträge hat.

III. Rechtliche Würdigung:

Umgelegt auf die von Ihnen beantragten Aufwendungen bedeuten die unter Punkt II. angeführten rechtlichen Grundlagen folgendes:

a) Ausgaben für ein iPad (550,94 €):

Als Hilfsmittel im Sinne des § 154 Abs. 1 ASVG sind Gegenstände oder Vorrichtungen anzusehen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Verstümmelung, Verunstaltung oder einem Gebrechen verbundene körperliche oder psychische Beeinträchtigung zu mildern oder zu beseitigen. Sollen Hilfsmittel im Sinne des § 154 Abs. 1 ASVG die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile übernehmen oder Beeinträchtigung mildern oder beseitigen, ist die Frage, welche Gegenstände oder Vorrichtungen derartige Hilfsmittel sind, nach der jeweils vorliegenden Behinderung zu beantworten ().

Das im Jahr 2018 erworbene iPad ist ohne die dafür vorgesehene Hard- und Software nicht geeignet, Sprachbeeinträchtigungen zu mildern oder zu beseitigen. Erst der in der Beschwerde erwähntenTalkerfunktion kommt eine solche Funktion zu. Es kann nur die Software für die Sprachfunktion als nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel gemäß § 4 der zitierten Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen darstellen.

Die Kosten für diese Software wurden jedoch weder bekannt gegeben, noch nachgewiesen. Auf der Rechnung der Firma Apple vom scheinen diese Kosten jedenfalls nicht auf (siehe ; und , RV/1449-L/02).

Unter Belastungen im Sinne des § 34 Einkommensteuergesetz sind zudem nur vermögensmindernde Ausgaben zu verstehen, also solche zu verstehen, die mit einem endgültigen Verbrauch, Verschleiß oder sonstigen Wertverzehr verknüpft sind. Ihnen stehen Ausgaben gegenüber, die nicht zu einer Vermögensminderung, sondern zu einer bloßen Vermögensumschichtung führen und die deshalb nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden. Aufwendungen für den Erwerb von Wirtschaftsgütern stellen dann keine außergewöhnliche Belastung dar, wenn bloß eine Vermögensumschichtung und keine Vermögensminderung eintritt (vgl. Hofstätter/Reichel, § 34 Abs. 1 EStG 1988, Tz 2 und die dort zitierte Rechtsprechung). Ausgaben für den Erwerb eines Wirtschaftsgutes sind daher im Hinblick auf den damit geschaffenen Gegenwert in der Regel von einer Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen (siehe z.B. ).

Eine andere Beurteilung kann dann geboten sein, wenn Wirtschaftsgüter beschafft werden müssen, die infolge Verwendbarkeit für nur bestimmte individuelle Personen (z.B. deren Prothesen, Seh- und Hörhilfen) oder wegen ihrer spezifisch nur für Behinderte geeigneten Beschaffenheit (z.B. Rollstühle) keinen oder nur einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert haben ().

Dies ist jedoch bei einem iPad nicht der Fall, weshalb die Anschaffung sowie die Kosten für das Zubehör nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden kann.

b) Ausgaben für ein Trampolin (551,10 €):

Bezüglich der Anschaffung eines Trampolins gelten die Ausführungen unter Punkt a) iZm der Anschaffung des iPads sinngemäß. Bei einem Trampolin fehlt es in der heutigen Zeit am Merkmal der Außergewöhnlichkeit. Auch bei nicht beeinträchtigten Kindern werden idR solche Geräte angeschafft. Die Anschaffungskosten für das Trampolin sind aufgrund der fehlenden Außergewöhnlichkeit und der Schaffung eines Gegenwertes nicht absetzbar.

c) Ausgaben (inkl. Fahrtkosten) für Homöopathie-Behandlungen bei ***3*** in Lindau (320 € und 63 €):

Kosten für alternative Behandlungstherapien stellen dann eine außergewöhnliche Belastung dar, wenn ihre durch die Krankheit bzw. Behinderung bedingte Zwangsläufigkeit und Notwendigkeit mittels ärztlicher Verordnung nachgewiesen wird (siehe dazu Doralt, EStG, Tz. 78 zu § 34, Stichwort "Alternativmedizinische Behandlung"), d.h. es muss sich dabei um eine Maßnahme im Rahmen eines ärztlichen Behandlungsplans handeln (). Für die steuerliche Anerkennung der Kosten einer alternativen Therapie muss sohin deren Zwangsläufigkeit (= medizinisch unbedingte Erforderlichkeit) gegeben sein, deren Nachweis mittels Vorlage einer ärztlichen Verordnung zu erbringen ist.

Eine Behandlung wird dann "ärztlich verordnet", wenn diese Behandlung durch einen Vertrags- oder Wahlarzt verschrieben wird; eine "ärztliche Empfehlung" stellt hingegen keine die Zwangsläufigkeit der Behandlung bescheinigende ärztliche Verordnung dar (vgl. dazu auch RV/0203-G/08). Im Übrigen müssen die Behandlungsleistungen jedenfalls vor Beginn der Behandlung (Therapie) verordnet worden sein, weil eine Behandlung ja nicht nach ihrer Durchführung ("nachträglich") verordnet werden kann (siehe ). Die (vom Steuerpflichtigen zu tragenden) Aufwendungen für eine Therapie, die durch nichtärztliches Personal (z.B. durch einen Physiotherapeuten) durchgeführt wird, ist als außergewöhnliche Belastung also nur dann abzugsfähig, wenn diese Behandlungsleistung entweder ärztlich verschrieben worden ist oder die Kosten (zumindest teilweise) von der Sozialversicherung ersetzt werden.

Weiters können im Fall einer Behandlung durch eine Person, die nach den jeweiligen (nationalen) Rechtsvorschriften nicht zur Heilbehandlung befugt ist, die Kosten einer solchen nur dann als außergewöhnliche Belastung anerkannt werden, wenn durch ein ärztlichesGutachten nachgewiesen wird, dass diese Behandlung aus medizinischer Sicht zur Heilung oder Linderung der Krankheit erforderlich ist.

Im gegenständlichen Fall wurde dem Finanzamt keine vor Antritt der Behandlung ausgestellte Verordnung (Überweisung) oder ein ärztliches Gutachten vorgelegt, aus welchen die Zwangsläufigkeit der Behandlungen bei der Homöopathin ***3*** und bei der Kinesiologin ***13*** hervorgehen.

Weiters wurden keine Kostenerstattungen von der gesetzlichen Krankenversicherung geleistet. Die beantragten Kosten können daher nicht berücksichtigt werden.

d) Fahrtspesen iZm sportlichen Betätigungen, wie Skifahren am ***23*** (50,40 €) und dem Besuch der ***18***gruppe in Rankweil (658,56 €):

Die Fahrtkosten zu diversen Freizeitaktivitäten sind nur dann ohne Kürzung um das Pflegegeld absetzbar, wenn es dort gezielte therapeutische Maßnahmen gegeben hat (vereinzelte Maßnahmen reichen nicht). Nicht absetzbar sind jedoch gewöhnliche, nicht mit der Behinderung zusammenhängende Aufwendungen, da diese - wie bei nicht behinderten Kindern - mit der Familienbeihilfe und dem Kinderabsetzbetrag abgegolten sind.

Aus der ärztlichen Bestätigung von Dr. ***12*** geht hervor, dass körperliche Aktivitäten auf den gesundheitlichen Zustand bzw. die Stimmung von ***7*** eine positive Auswirkung hat und daher empfohlen werden. Dennoch fehlt es dabei an der Außergewöhnlichkeit. Bewegung und sportliche Aktivitäten (wie das in der Bestätigung erwähnte Trampolinspringen, Schwimmen, Fahrrad fahren, Wandern, Skateboard fahren oder auch Ski fahren bzw. Handball spielen) haben für alle Menschen positive Auswirkungen auf deren Gesundheit und fördern den Stressabbau.

Es wird nicht bestritten, dass sportliche Aktivität auf die Krankheit von ***7*** eine positive Auswirkung hat. Dennoch ist zu berücksichtigen, dass es sich dabei nicht um Aufwendungen der Heilbehandlung (Therapie) handelt. Die Fahrten zu den Sport- und Freizeitveranstaltungen sind nicht gesondert absetzbar bzw. bereits durch den Pauschbetrag gemäß § 5 Abs. 1 der Verordnung zu den außergewöhnlichen Belastungen (BGBl. 303/1996 idgF BGBl. 430/2010) und dem Bezug der erhöhten Familienbeihilfe abgegolten."

Mit Schriftsatz vom brachte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag betreffend Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2018 ein. Darin beantragte er, die Kosten für das iPad samt Zubehör in der Höhe von € 550,94 zum Abzug zuzulassen.

Begründend wurde im Vorlageantrag im Wesentlichen ausgeführt wie folgt:

"In der Begründung der Berufungsentscheidung vom wurden die Kosten für ein iPad wegen fehlender Software abgelehnt. Die Software (MetaTalk DE) wurde schon am angeschafft.

Da bei meinem Sohn ***7*** die Sprachentwicklung und das Sprachverständnis nicht vorhanden sind, braucht er diese Hilfe zur Kommunikation. Bereits im Jahr 2013 wurde ein iPad (Hardware, Software und Schutzhülle) angeschafft.

Die am gekaufte Software, MetaTalk DE, € 199,99, war mit dem am von der Firma Apple gekauften iPad in Verwendung. Von unserem Sohn kann nicht erwartet werden, dass er ein iPad sorgsam bedient, daher ist die Lebensdauer des Gerätes sehr verkürzt. Immer wieder, so wie auch im Jahr 2020, sind Ersatzanschaffungen notwendig.

Die App MetaTalk DE ermöglicht Menschen ohne bez. mit eingeschränkter Lautsprache zu kommunizieren. Die App basiert auf den METACOM-Symbolen, die besonders klar sind und in Vorarlberg von allen Therapeuten empfohlen werden."

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Beschwerdeführer ist der Vater von ***1*** (geb. ***8***). Der Sohn des Beschwerdeführers leidet an einer Behinderung (Autismus-Spektrum-Störung). Er ist im Besitz eines Behindertenausweises des Bundessozialamtes Landesstelle Vorarlberg mit der Nummer ***14***. Das Ausmaß seiner Behinderung und Erwerbsminderung beträgt 100 %. Für den Sohn des Beschwerdeführers wird erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs 4 FLAG gewährt.

Der Sohn des Beschwerdeführers besitzt keine aktive Sprache. Er kommuniziert mit Hilfe des iPads, aktiver Talkerfunktion und der Applikation Meta Talk DE, welche auf dem iPad installiert ist. Die Anschaffung der Applikation Meta Talk DE erfolgte im Jahr 2016 und belief sich auf € 199,99.

Im Jahr 2018 hat der Beschwerdeführer für seinen Sohn ein iPad samt Zubehör in der Höhe von € 550,94 angeschafft. Der Betrag von € 550,94 gliedert sich wie folgt auf:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Bezeichnung
Betrag
iPad Wi-Fi 128 GB - Silber (6. Gen.)
347,54
AppleCare+ iPad / iPad mini
79,00
eSTUFF TitanShield for iPad 9,7 2017/2018
29,08
DEVIA Light Grace
16,66
Gesamtbetrag netto
472,28
20 % Umsatzsteuer von € 393,30
78,66
Gesamtbetrag brutto
550,94

Der Beschwerdeführer macht die Aufwendungen für das iPad samt Zubehör in der Höhe von € 550,94 als außergewöhnliche Belastungen das Jahr 2018 geltend.

Strittig ist, ob die Aufwendungen für das iPad samt Zubehör, für seinen an einer Behinderung leidenden Sohn ***1***, außergewöhnliche Belastungen im Sinne der §§ 34 ff EStG 1988 darstellen.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen in Bezug auf die Behinderung und Erwerbsminderung des Sohnes des Beschwerdeführers leitet das Bundesfinanzgericht aus einer Einsicht in den bei der belangten Behörde geführten elektronischen Akt von ***1*** ab. Darin sind sowohl der Grad der Behinderung bzw. Erwerbsminderung, als auch die Nummer des Behindertenausweises ersichtlich.

Die Feststellungen in Bezug auf die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe leitet das Bundesfinanzgericht aus einer Einsicht in den bei der belangten Behörde geführten elektronischen Akt und die Ausführungen der belangten Behörde ab.

Die Feststellungen betreffend der Autismuserkrankung von ***1*** erschließen sich dem Bundesfinanzgericht aus der ärztlichen Bestätigung von Dr. ***12***, welche vom datiert.

Das Fehlen einer aktiven Sprache beim Sohn des Beschwerdeführers ergeben sich für das Bundesfinanzgericht aus den Ausführungen des Beschwerdeführers in der Bescheidbeschwerde vom .

Die Feststellungen bezüglich der Ausgaben im Streitjahr für das iPad samt Zubehör erschließen sich dem Bundesfinanzgericht aus der Rechnung der Firma ***21*** vom , welche im Zuge der Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht übermittelt wurde.

Das Bundesfinanzgericht hegt keinerlei Zweifel an der Echtheit und Glaubwürdigkeit der oben angeführten Beweismittel.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 34 Abs. 1 EStG 1988 sind bei der Ermittlung des Einkommens eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss außergewöhnlich sein, sie muss zwangsläufig erwachsen und sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen.

Die Belastung ist nach § 34 Abs. 2 EStG 1988 außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse und gleicher Vermögensverhältnisse erwächst. Nach § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.

Die Belastung beeinträchtigt nach § 34 Abs. 4 EStG 1988 wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen in der dort näher geregelten Weise zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.

Gemäß § 34 Abs. 6 EStG 1988 können ua. Aufwendungen im Sinne des § 35, die anstelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5) sowie Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen, ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden.

Nach dem letzten Absatz dieser Bestimmung kann der Bundesminister für Finanzen mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

Für das Beschwerdejahr ist die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBI Nr. 303/1996 idF BGBI II Nr. 430/2010 (in der Folge VO genannt), maßgeblich. Mit dieser VO wurden weiterführende Regelungen hinsichtlich der Anerkennung von außergewöhnlichen Belastungen getroffen.

Nach § 5 Abs. 1 der VO sind Mehraufwendungen des Steuerpflichtigen für unterhaltsberechtigte Personen, für die gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 erhöhte Familienbeihilfe gewährt wird, ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten mit monatlich 262 Euro vermindert um die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) zu berücksichtigen.

Zusätzlich zum (gegebenenfalls verminderten) Pauschbetrag nach Abs. 1 sind auch Aufwendungen gemäß § 4 sowie das Entgelt für die Unterrichtserteilung in einer Sonder- oder Pflegeschule oder für die Tätigkeit in einer Behindertenwerkstätte im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen (§ 5 Abs. 3).

Nach § 4 der VO sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (Hilfsmittel im Sinne der VO sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Gegenstände oder Vorrichtungen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigungen zu beseitigen; zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel; normale Gebrauchsgegenstände, die für jedermann nutzbar sind, sind als solche idR keine "Hilfsmittel") sowie Kosten der Heilbehandlung [als Kosten der Heilbehandlung gelten Arztkosten, Spitalskosten, Kurkosten für ärztlich verordnete Kuren, Therapiekosten, Kosten für Medikamente, sofern sie im Zusammenhang mit der Behinderung stehen; ebenso stellen die in diesem Zusammenhang anfallenden Fahrtkosten bzw. Kosten des Krankentransportes im Ausmaß der tatsächlichen Kosten oder des amtlichen Kilometergeldes bei Verwendung des (familien-)eigenen Kraftfahrzeuges Kosten der Heilbehandlung dar] im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

Im nachgewiesenen Ausmaß gesondert absetzbare Kosten sind jedoch nur dann unter § 4 der VO zu subsumieren, sofern diese Kosten mit der Behinderung in (unmittelbarem, ursächlichem) Zusammenhang stehen (vgl hierzu Jakom EStG, 2022, RZ 25 und 27 zu § 35). Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 der VO sind nach § 1 Abs. 3 der VO ohne Kürzung um pflegebedingte Geldleistungen oder den Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 abzugsfähig.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellen Aufwendungen für den Erwerb von Wirtschaftsgütern dann keine außergewöhnliche Belastung dar, wenn durch sie ein entsprechender Gegenwert erlangt wird, wenn somit bloß eine Vermögensumschichtung und keine Vermögensminderung eintritt ().

Bei der Anschaffung des iPads samt Zubehör handelt es sich im Lichte der erwähnten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes um den Erwerb eines Wirtschaftsgutes, wodurch ein entsprechender Gegenwert erlangt wird. Es tritt in diesem Zusammenhang keine Vermögensminderung, sondern lediglich eine Vermögensumschichtung ein. Da durch die Anschaffung des iPads samt Zubehör eine Vermögensumschichtung aber keine Vermögensminderung eintritt, liegt eine steuerlich zu beachtende außergewöhnliche Belastung nicht vor.

Das Bundesfinanzgericht gibt in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass ein iPad auch von Kindern, welche an keiner Behinderung leiden, benutzt werden kann und somit zahllose Einsatzmöglichkeiten gegeben sind.

Die Anschaffung der Applikation Meta Talk DE im Jahre 2016 zum Preis von € 199,99 stellt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ein Wirtschaftsgut dar, welches aufgrund der Verwendbarkeit nur für bestimmte individuelle Personen und wegen ihrer nur für behinderte Personen geeigneten Beschaffenheit keinen oder lediglich einen sehr eingeschränkten allgemeinen Verkehrswert besitzt ().

Die Anschaffung der Applikation Meta Talk DE im Jahre 2016 stellt nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes eine außergewöhnliche Belastung im Sinne der §§ 34 ff EStG dar. Aufgrund der Zufluss- Abflussregel des § 19 EStG sind diese Ausgaben im Zuge der Veranlagung für das Jahr 2016 geltend zu machen.

Im Übrigen ist auf die ausführlichen Ausführungen der Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom zu verweisen.

Die Beschwerde war aus den oben dargelegten Gründen als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis ist im Einklang mit den klaren und eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen der §§ 34 ff EStG ergangen. Ein Abweichen von der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (welche im obigen Erkenntnis angeführt wurde) liegt ebenso nicht vor. Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision war somit zu versagen.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.1100037.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
GAAAF-72995