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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 11.03.2025, RV/7103014/2018

Beurteilung eines BgA einer Gemeinde der keine Gewinne erwarten lässt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden ***Vorsitzender***, den Richter ***Richter*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***Laienrichter1*** und ***Laienreichter2*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BKS Steuerberatung GmbH & Co KG, Handelsstraße 8/2/2, 3130 Herzogenburg, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Umsatzsteuer 2008 - 2012 und Wiederaufnahme zur Umsatzsteuer 2008 - 2012, jeweils ergangen zu Steuernummer ***BF1StNr1***, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***Schriftführerin*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die ***Bf1*** (BF) ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die mit ihren Betrieben gewerblicher Art (BgA) unter der Steuernummer ***BF1StNr1*** beim Finanzamt Österreich, ehem. Finanzamt Wien 1/23, (belangte Behörde) veranlagt ist.

Für die Jahre 2008 - 2012 wurde die Umsatzsteuer (U) zunächst erklärungsgemäß folgendermaßen festgesetzt (Beträge in Euro):


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Zeitraum
Datum Bescheid
Zahllast/Gutschrift
U 2008
-138.773,39
U 2009
-189.593,74
U 2010
-31.578,75
U 2011
-27.204,02
U 2012
-41.235,59

Die belangte Behörde führte bei der BF eine Außenprüfung durch. Der Prüfungsauftrag betreffend Umsatzsteuer 2010 - 2012 stammt vom und wurde der BF am übergeben. Mit Prüfungsauftrag vom , der am selben Tag übergeben wurde, wurde die Prüfung auf die Umsatzsteuer 2008 - 2009 ausgedehnt.

Im Rahmen der Außenprüfung wurden ua. die verfahrensrelevanten Feststellungen getroffen (Niederschrift über die Schlussbesprechung vom , Bericht vom ), der Betrieb der ***Festspiele*** stelle keinen BgA dar, weshalb der erklärte Umsatz nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen sei, sowie die geltend gemachten Vorsteuern nicht anzuerkennen seien. Aus diesen Feststellungen ergeben sich folgende steuerliche Auswirkungen (Beträge in Euro):


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Jahr
2008
2009
2010
2011
2012
Stb. Umsatz [000]
-45.194,30
-35.944,85
-39.134,25
-34.369,80
-50.264,45
20 % Normalsteuersatz [022]
-45.194,30
-35.944,85
-39.134,25
-34.369,80
-50.264,45
Vorsteuern [060]
-45.011,87
-42.247,78
-38.358,20
-38.876,92
-35.552,58
U-Nachforderung
35.973,01
35.058,81
30.531,35
32.002,96
25.499,69

Am erließ die belangte Behörde hinsichtlich der Umsatzsteuer der Jahre 2008 - 2012 Bescheide, mit denen das Verfahren nach § 303 Abs 1 BAO wiederaufgenommen wurde.

Ebenfalls am erließ die belangte Behörde neue Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2008 - 2012. Hierbei wurden, den Feststellungen der Außenprüfung folgend, die Umsätze und die Vorsteuern verringert festgesetzt.

Gegen die Wiederaufnahme- und die neuen Sachbescheide erhob die BF mit Schreiben vom (eingelangt bei der belangten Behörde am ) fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde.

Mit Beschwerdevorentscheidungen vom hat die belangte Behörde die Beschwerde gegen die Sachbescheide als unbegründet abgewiesen, wobei am selben Tag eine gesonderte Begründung zu dieser Entscheidung erging. Die Beschwerdevorentscheidungen, sowie die gesonderte Begründung wurden der BF lt. Rückscheinen am zugestellt.

Mit Schreiben vom beantragte die BF fristgerecht die Vorlage der Beschwerde gegen die Sachbescheide an das Bundesfinanzgericht.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom hat die belangte Behörde die Beschwerden gegen die Wiederaufnahmebescheide als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben vom beantragte die BF fristgerecht die Vorlage der Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide an das Bundesfinanzgericht.

Am wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht vorgelegt.

Mit Vorhalt vom forderte das BFG die BF auf, die Unterlagen, auf die im Rahmen der Beschwerdevorbringen verwiesen wurde, vorzulegen. Die BF übermittelte die angeforderten Unterlagen am .

Nach einem weiteren Vorhalt des übermittelte die BF am ergänzende Informationen zur Kapazität der Tribüne, Auslastung, Ticketpreisen, sowie zur Zusammensetzung und Aufteilung der Einnahmen.

Am brachte die BF mit Schreiben vom eine ergänzende Stellungnahme ein. Die belangte Behörde erstattete am dazu eine Gegenäußerung.

Am wurde die mündliche Verhandlung durchgeführt.

Vorbringen der belangten Behörde:

Aus folgenden Gründen geht die belangte Behörde davon aus, die Durchführung der ***Festspiele*** stelle bei der BF keinen BgA dar:

Es sei einerseits keine wirtschaftlich selbständige Einrichtung gegeben, da sämtliche relevanten Tätigkeiten, insbesondere die Produktion, die Marketingaktivitäten, das Kartenmanagement und die Verwertung der Produktion, nach der Vereinbarung im vorliegenden Festspielvertrag nicht von der BF, sondern von der Produktionsfirma erbracht worden seien. Auch liege laut vertraglicher Vereinbarung das gesamte Veranstalterrisiko bei der Produktionsfirma. Die Tätigkeiten der BF seien lediglich als kleine Nebenleistungen anzusehen, die jedoch für sich betrachtet im Verhältnis zur gesamten Theaterproduktion nicht in der Lage seien, einen BgA zu begründen. Die BF trete zwar nach außen hin als Veranstalterin auf, ihre Leistung bestehe jedoch neben der Weiterleitung der Fördermittel im Wesentlichen in der Zurverfügungstellung eines geeigneten Grundstückes mit Infrastruktur. Der eigentliche Theaterbetrieb werde von der Produktionsfirma durchgeführt, die hierbei nicht lediglich als Werksvertragsnehmerin anzusehen sei.

Es könne auch nicht von der Verpachtung eines BgA ausgegangen werden, da mangels wesentlicher Betriebsgrundlagen für den Betrieb eines Theaters ein solcher bei der Gemeinde nicht vorgelegen sei.

Zur Wiederaufnahme verwies die belangte Behörde auf die im Zuge der BP getroffenen Feststellungen.

Es könne nicht mehr rekonstruiert werden, inwieweit sich die Vor-Betriebsprüfung mit der Thematik auseinandergesetzt habe, jedenfalls sei das sich in wesentlichen Punkten geänderte Vertragswerk bei der Vorprüfung nicht bekannt gewesen.

Zu den Umsatzsteuererklärungen seien keine weiteren Beilagen eingereicht worden, sowohl die konkrete Aufteilung der Einnahmen und Vorsteuern, als auch der Inhalt des Festspielvertrages für die gegenständlichen Jahre sei erst im Rahmen der Außenprüfung bekannt geworden.

Vorbringen der BF:

Die BF bringt zusammengefasst folgende Punkte vor:

Es liege eine falsche Bescheidadressierung vor, da anstatt Marktgemeinde die Abkürzung "MGD" benutzt worden sei.

Es habe einen ersten Vertrag zwischen der BF und der Produktionsfirma vom für den Zeitraum bis inkl. 2006 gegeben, der im Wesentlichen die gleichen Rechte und Pflichten, wie der spätere Vertrag beinhaltet habe, wobei die BF darin sogar schlechter gestellt gewesen sei, weil sie keinen Anteil an den Kartenerlösen zugewiesen bekommen habe. Im Zuge einer vorherigen Außenprüfung, bei der die Festspiele überprüft worden seien, seien diesbezüglich jedoch keine Beanstandungen getroffen worden. Der Leiter der Amtshandlung sei sowohl bei der Vorprüfung als auch bei der aktuellen Prüfung ident gewesen. Die BF sei daher davon ausgegangen, dass weiterhin ein BgA vorliege und der Abzug von Vorsteuern zulässig sei. Der Grundsatz von Treu und Glauben stehe somit einer Wiederaufnahme entgegen.

In der Veranstaltung der Festspiele sei ein BgA zu sehen, da die Abwicklung der Festspiele, außer der Produktion, unter Leitung und Verantwortung des Amtsleiters gestanden sei. Die Kosten seien in der Buchhaltung auf eigenen Konten erfasst worden, wodurch ein eigener Verrechnungskreis vorhanden sei. Auch das vom Gesetz geforderte wirtschaftliche Gewicht sei eindeutig nachvollziehbar. Die Gemeinde habe als Veranstalter die Festspiele betrieben und sich der Produktionsfirma als Vertragspartner bzw. Erfüllungsgehilfen bedient. Die Risikoteilung liege im Verantwortungsbereich eines Unternehmers. Der BF seien in Bezug auf die Ausgestaltung der Festspiele Weisungsbefugnisse zugestanden.

Die lange Dauer des Vertrages begründe eine wirtschaftliche Selbständigkeit und deute daher auf das Vorliegen eines BgA hin (Hinweis auf und ).

Die BF habe aufgrund der Beteiligung an den Kartenerlösen ein Verlustrisiko getragen und daher negativen Entwicklungen entgegenzuwirken versucht. Einnahmen seien aus dem Entgelt für die Nutzungsüberlassung der Liegenschaft und der theatertechnischen Ausstattung samt Zelt erzielt worden, außerdem über Spenden und Förderungen.

Der BF seien in sämtlichen Jahren große Verluste entstanden, wohingegen die Produktionsfirma im Jahr 2012 sogar einen Überschuss erzielt habe. Die Gemeinde habe eine hohe finanzielle Belastung von rund 200.000 Euro (ohne Interdantenhonorar) zu tragen gehabt, die unabhängig von der Auslastung zur Verfügung zu stellen gewesen wäre.

Das Honorar des Intendanten sei in einem verkürzten Zahlungsweg über die Produktionsfirma abgerechnet worden, die Aufgabe sei jedoch direkt von der Gemeinde auf die Person selbst übertragen worden. Die Rechte des Markenbesitzes für die Gemeinde seien durch den Intendanten beansprucht worden.

Es liege keine bloße Vermögensverwaltung, sondern eine gewerbliche Nutzungsüberlassung vor, da die BF zahlreiche Nebenleistungen erbracht habe.

Die BF habe sich weitgehend um Sponsoreneinnahmen und die Bewerbung der Festspiele in den Medien gekümmert und sei auch für Zwecke der Landesförderung als Förderungsnehmerin aufgetreten. Die Produktionsfirma sei im Fördervertrag nicht erwähnt.

Durch die Überlassung der wesentlichen Betriebsgrundlagen, nämlich der Liegenschaft, des Zeltes samt Ausstattung und der für den Betrieb notwendigen Infrastruktur, sei eine entgeltliche Überlassung eines BgA iSd § 2 Abs 2 Z 2 KStG zu erblicken.

Unionsrechtlich ergebe sich zudem eine Steuerpflicht aus Art 9 Abs 1 iVm Art 13 Abs 1 MWStSystRL, da die Festspiele nicht in öffentlicher Gewalt ausgeübt würden und eine Behandlung als nicht steuerpflichtig zu Wettbewerbsverzerrungen im Vergleich zu anderen Festspielanbietern führen würde.

Eine konkrete Darstellung, wie die BF aus dem Betrieb der Festspiele einen Überschuss oder zumindest ein ausgeglichenes Ergebnis erwirtschaften hätte wollen, wurde von der BF nicht beigebracht.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am brachte die BF bzw. deren steuerlicher Vertreter darüberhinaus Folgendes vor:

Die Abkürzung "MGD" sei unbekannt, aus dem Zusammenhang sei jedoch erkennbar, dass die gegenständlichen Bescheide sich auf die Marktgemeinde beziehen würden. Es sei kein Einwand dagegen erhoben worden, dass die Abkürzung MGD im Rahmen der Niederschrift über die Schlussbesprechung verwendet wurde.

Aus der Umsatzsteuererklärung sei keine konkrete Aufteilung der Einnahmen und Ausgaben zu den einzelnen BgA möglich gewesen. Ob zu den Umsatzsteuererklärungen Beilagen übermittelt wurden, sei nicht bekannt.

Die Festspiele seien ein Prestigeprojekt gewesen, wobei ein Gewinn weder möglich noch angestrebt worden sei. Dies sei auch vom Land ***Bundesland1*** akzeptiert worden, weshalb das Projekt entsprechend gefördert werde. Zweck der Festspiele sei es gewesen, Leute in die Gemeinde zu bringen, den Tourismus in der Region zu beleben und Betriebe im Ort zu halten. Hierdurch seien der BF auch auf Umwegen, etwa durch Konsumationen in Gasthäusern und Nächtigungen, Einnahmen zugeflossen, wobei hierzu keine Aufzeichnungen bzw. Zahlen existieren. Keinesfalls seien die Festspiele als hoheitlich anzusehen, es müsse somit ein BgA vorliegen.

Im Jahr 2012 habe die BF eine Spende zum Ankauf von Requisiten iHv 48.000 Euro erhalten, wobei vonseiten der BF keine Gegenleistung hierfür erbracht worden sei.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin (BF) ***Bf1*** ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Sie veranstaltete seit zumindest 2002, somit auch in den verfahrensgegenständlichen Jahren 2008 - 2012, jeweils im Sommer jährliche Festspiele. Zur Durchführung dieser Festspiele arbeitete sie mit der Produktionsfirma ***Produktionsfirma*** zusammen, wobei sie mit dieser hinsichtlich der Zusammenarbeit Festspielverträge abgeschlossen hat. Die Zusammenarbeit erfolgte zunächst aufgrund eines Vertrages vom (alter Festspielvertrag). Der für die gegenständlichen Jahre relevante Festspielvertrag wurde am für den Zeitraum - abgeschlossen (Festspielvertrag).

Im Festspielvertrag (OZ 61) wurden detaillierte Leistungen der Parteien festgelegt. Der Produktionsfirma oblag im Wesentlichen die gesamte künstlerische und wirtschaftliche Organisation der Festspiele. Die BF war insbesondere dafür zuständig, Infrastruktur (Grundstück, Strom, WC, Garderoben, etc.) zur Verfügung zu stellen. Die Aufgabe des Aufbaus des Festzeltes wurde der BF zugeteilt, wobei vertraglich vereinbart wurde, dass die Produktionsfirma diese Arbeiten übernehmen werde und hiefür ein Pauschalentgelt von 35.000 erhalte. Für diese Leistungen wurden wechselseitige Zahlungen vereinbart (jeweils netto, Beträge in Euro):


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BF an Produktionsfirma
Produktionsfirma an BF
Posten
Höhe Ausgabe
Posten
Höhe Einnahme
Künstlerische Leitung
-15.000,00
Infrastruktur Pauschalentgelt
24.000,00
Infrastruktur Aufbauarbeiten
-35.000,00
Grundstücksmiete
6.138,00
Pauschalentgelt 2008 u. 2009
-130.000
Beteiligung Kartenverkauf
5 % vom Nettoumsatz
Pauschalentgelt 2010 u. 2011
-132.500
Pauschalentgelt 2012 u. 2013
-135.000

Die oa. von der BF zu leistenden Pauschalentgelte iHv 130.000 - 135.000 Euro wurden durch eine Förderung des Landes ***Bundesland1*** in gleicher Höhe gespeist. (Fördervertrag - OZ 38)

Außerdem war vereinbart, dass die BF einen Anteil von 5 % am Kartenerlös erhalten soll (Festspielvertrag - OZ 61). Bemessungsgrundlage für diese 5 %-Beteiligung war der Bruttokartenerlös abzüglich sämtlicher damit in Zusammenhang stehender Abflüsse, wie Umsatzsteuer, Kartenprovisionen, Systemgebühren für Ö-Ticket, Kartendruckkosten, Kreditkartendisagios und AKM-, LSG-, LiterarMechana und sonstigen karteneinnahmenspezifischen Verlags- und Urheberrechten (Vorhaltsbeantwortung vom - OZ 50).

Im Jahr 2008 wurden 18 Vorstellungen abgehalten. Aufgrund der Kapazität des Festzeltes hätte bei Vollauslastung ein zu verteilender Nettokartenerlös (nach Abzug Umsatzsteuer, vor Abzug Kartenprovisionen, Systemgebühren Ö-Ticket, Kartendruckkosten, Kreditkartendisagios und AKM-, LSG-, LiterarMechana und sonstigen karteneinnahmenspezifischen Verlags- und Urheberrechten) von 38.450 Euro pro Vorstellung, somit insgesamt 692.100 Euro, erzielt werden können. Die tatsächliche Auslastung betrug 70 %, wobei 45 % Verkaufskarten darstellten und der Rest aus Freikarten gespeist wurde. Vom erzielten Nettokartenerlös (nach Abzug Umsatzsteuer, vor Abzug sonstiger Kosten und Gebühren) iHv 259.321 Euro erhielt die BF eine Beteiligung von 11.669,00 Euro, was 4,5 % entspricht (Vorhaltsbeantwortung vom - OZ 46).

Im Jahr 2009 wurden 18 Vorstellungen abgehalten. Aufgrund der Kapazität des Festzeltes hätte bei Vollauslastung ein zu verteilender Nettokartenerlös (nach Abzug Umsatzsteuer, vor Abzug Kartenprovisionen, Systemgebühren Ö-Ticket, Kartendruckkosten, Kreditkartendisagios und AKM-, LSG-, LiterarMechana und sonstigen karteneinnahmenspezifischen Verlags- und Urheberrechten) von 31.737,27 Euro pro Vorstellung, somit insgesamt 571.270,91 Euro erzielt werden können. Die tatsächliche Auslastung betrug 66 %, wobei 48 % Verkaufskarten darstellten und der Rest aus Freikarten gespeist wurde. Vom erzielten Nettokartenerlös (nach Abzug Umsatzsteuer, vor Abzug sonstiger Kosten und Gebühren) iHv 146.329,09 Euro erhielt die BF eine Beteiligung von 5.696,00 Euro, was 3,89 % entspricht (Vorhaltsbeantwortung vom - OZ 46).

Im Jahr 2010 wurden 6 Vorstellungen abgehalten. Aufgrund der Kapazität des Festzeltes hätte bei Vollauslastung ein zu verteilender Nettokartenerlös (nach Abzug Umsatzsteuer, vor Abzug Kartenprovisionen, Systemgebühren Ö-Ticket, Kartendruckkosten, Kreditkartendisagios und AKM-, LSG-, LiterarMechana und sonstigen karteneinnahmenspezifischen Verlags- und Urheberrechten) von 28.130,00 Euro pro Vorstellung, somit insgesamt 168.780,00 Euro, erzielt werden können. Die tatsächliche Auslastung betrug 85 %, wobei 48 % Verkaufskarten darstellten und der Rest aus Freikarten gespeist wurde. Die Beteiligung der BF an den Kartenerlösen betrug 3.438,61 Euro (Vorhaltsbeantwortung vom - OZ 46).

Im Jahr 2011 wurden 12 Vorstellungen abgehalten. Aufgrund der Kapazität des Festzeltes hätte bei Vollauslastung ein zu verteilender Nettokartenerlös (nach Abzug Umsatzsteuer, vor Abzug Kartenprovisionen, Systemgebühren Ö-Ticket, Kartendruckkosten, Kreditkartendisagios und AKM-, LSG-, LiterarMechana und sonstigen karteneinnahmenspezifischen Verlags- und Urheberrechten) von 30.626,36 Euro, somit insgesamt 367.516,36 Euro, erzielt werden können. Die tatsächliche Auslastung betrug 66 %, wobei 48 % Verkaufskarten darstellten und der Rest aus Freikarten gespeist wurde. Vom erzielten Nettokartenerlös (nach Abzug Umsatzsteuer, vor Abzug sonstiger Kosten und Gebühren) iHv 83.393,65 Euro erhielt die BF eine Beteiligung von 3.327,77 Euro, was 3,99 % entspricht (Vorhaltsbeantwortung vom - OZ 46).

Im Jahr 2012 wurden 6 Vorstellungen abgehalten. Aufgrund der Kapazität des Festzeltes hätte bei Vollauslastung ein zu verteilender Nettokartenerlös (nach Abzug Umsatzsteuer, vor Abzug Kartenprovisionen, Systemgebühren Ö-Ticket, Kartendruckkosten, Kreditkartendisagios und AKM-, LSG-, LiterarMechana und sonstigen karteneinnahmenspezifischen Verlags- und Urheberrechten) von 14.565,45 Euro pro Vorstellung, somit insgesamt 92.022,27 Euro erzielt werden können. Die tatsächliche Auslastung betrug 84 %, wobei 40 % Verkaufskarten darstellten und der Rest aus Freikarten gespeist wurde. Vom erzielten Nettokartenerlös (nach Abzug Umsatzsteuer, vor Abzug sonstiger Kosten und Gebühren) iHv 34.738,61 Euro erhielt die BF eine Beteiligung von 1.579,81 Euro, was 4,5 % entspricht (Vorhaltsbeantwortung vom - OZ 46).

In den gegenständlichen Jahren wurden folgende Ergebnisse aus der Durchführung der Festspiele erzielt (Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom - OZ 25, AS 15 bzw. Vorhaltsbeantwortung vom - OZ 46, Beträge in Euro):


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  • Jahr
  • Ergebnis ohne Förderung
  • Ergebnis mit Förderung
  • 2008
  • -179.864,86
  • -49.864,86
  • 2009
  • -175.294,10
  • -45.294,10
  • 2010
  • -152.793,19
  • -20.293,19
  • 2011
  • -158.484,72
  • -25.964,72
  • 2012
  • -126.646,46
  • 8.353,54

Im Jahr 2012 sind im Ergebnis auch Spenden von dritter Seite iHv 48.200,00 Euro enthalten (Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom - OZ 25, AS 15; Vorhaltsbeantwortung vom - OZ 46). Zumindest der Spende von 48.000 Euro stand keine Gegenleistung der BF gegenüber (Niederschrift mündliche Verhandlung - OZ 67).

In den Ergebnissen sind folgende Einnahmen aus Sponsoring und Werbung enthalten (Vorhaltsbeantwortung vom - OZ 46, Beträge in Euro):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
  • Jahr
  • Sponsoring/Werbung
  • 2008
  • 5.000,00
  • 2009
  • 3.500,00
  • 2010
  • 2.500,00
  • 2011
  • 2.500,00
  • 2012
  • 0,00

In den Ergebnissen sind folgende Einnahmen aus dem Verkauf von CDs enthalten (Vorhaltsbeantwortung vom - OZ 46, Beträge in Euro):


Tabelle in neuem Fenster öffnen
  • Jahr
  • Sponsoring/Werbung
  • 2008
  • 188,48
  • 2009
  • 110,84
  • 2010
  • 87,56
  • 2011
  • 67,89
  • 2012
  • 37,37

Ansonsten sind keine variablen Einnahmen in den Ergebnissen enthalten (Vorhaltsbeantwortung vom - OZ 46).

Das Interesse der BF an der Durchführung der Festspiele war vor allem künstlerischer, nicht jedoch wirtschaftlicher Natur. Die Erzielung eines unmittelbaren Überschusses aus der Veranstaltung der Festspiele war weder erwünscht, noch möglich (Niederschrift mündliche Verhandlung - OZ 67).

Die entstandenen Verluste wurden aus dem ordentlichen Haushalt der Gemeinde quersubventioniert (Niederschrift mündliche Verhandlung - OZ 67).

Neben den beschwerdegegenständlichen Feststellungen zum Festspielbetrieb wurden im Zuge der genannten Außenprüfung noch weitere, unstrittige, Feststellungen getroffen (Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom - OZ 25): Hinsichtlich eines Freibades (TZ 2) und eines Heimatmuseums (TZ 3) seien keine Betriebe gewerblicher Art anzunehmen, da die erzielten Einnahmen den Betrag von 2.900 Euro nicht erreicht hätten. Zudem seien in Zusammenhang mit dem Bauhof (TZ 4) und Hydranten (TZ 5) aufgrund einer falschen Aufteilung zwischen betrieblichem und hoheitlichem Bereich zu hohe Vorsteuern geltend gemacht worden. Hieraus ergeben sich folgende steuerlichen Auswirkungen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
2008
2009
2010
2011
2012
Nachforderung Freibad (TZ 2)
1.968,05
1.442,25
1.167,59
910,33
Nachforderung Heimatmuseum (TZ 3)
321,62
183,61
113,43
160,00
-108,93
Nachforderung Bauhof (TZ 4)
774,62
750,48
587,98
575,31
369,52
Nachforderung Hydranten (TZ 5)
739,27
USt-Nachforderung
1.096,24
2.902,14
2143,66
1.902,90
1.910,19

Zu den Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2008 - 2012 wurden vonseiten der BF keine zusätzlichen Unterlagen eingereicht, aufgrund derer die belangte Behörde bis zur Erlassung der Umsatzsteuerbescheide eine Zuordnung der Einnahmen und Ausgaben zu den einzelnen BgA vornehmen hätte können (Vorbringen der belangten Behörde vom - OZ 65; vom BF nicht bestritten).

Der alte Festspielvertrag vom (OZ 38) war nicht deckungsgleich mit dem neuen Festspielvertrag vom (OZ 61). Die Gemeinde war zwar sowohl nach dem alten als auch nach dem neuen Vertrag dafür verantwortlich, die Kosten des Intendanten zu übernehmen und ein jährliches Pauschalentgelt, welches durch eine Landesförderung gespeist wurde, an die Produktionsfirma zu entrichten. Allerdings war daneben keine weitere Pauschalzahlung der BF an die Produktionsfirma vereinbart. Insbesondere sah der alte Vertrag vor, dass die Produktionsfirma das Theaterzelt und die Nebenzelte, zB Gastrozelt, Foyerzelte, etc. auf eigene Kosten errichten musste. Nach dem neuen Festspielvertrag stand dieser Bereich im Aufgabengebiet der BF, wurde jedoch an die Produktionsfirma weitergegeben, wofür diese von der BF einen Pauschalbetrag von 35.000 Euro erhielt. Dafür erhielt die BF nach dem alten Vertrag keine Umsatzbeteiligung aus dem Kartenverkauf. Insgesamt sind die beiden Festspielverträge nicht vergleichbar.

Die angefochtenen Bescheide vom sind adressiert an "MGD ***Name Marktgemeinde***, ***Bf1-Adr***". Auf der rechten oberen Ecke ist jeweils nach der Abkürzung "St.Nr." die Steuernummer ***BF1StNr1*** angemerkt. (OZ 4 - 13)

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus den im Akt erliegenden Unterlagen, insbes. den in Klammer angeführten Beweismitteln.

Der Umstand, dass das Interesse der BF an der Durchführung der Festspiele vor allem künstlerischer, nicht jedoch wirtschaftlicher Natur, war, ist einerseits daraus ersichtlich, dass schon aufgrund der Verrechnung der Pauschalbeträge zwischen der BF und der Produktionsfirma die BF mit einer Unterdeckung von 19.862 Euro benachteiligt war. Der ihr zugewiesene variable Anteil von 5 % der Nettokartenverkäufe war zu gering bemessen, um realistisch betrachtet den Negativsaldo zu begleichen. Selbst bei Vollauslastung hätten die zusätzlichen Anteile aus den Kartenverkäufen zu keinem ausgeglichenen Ergebnis führen können. Dies ist auch aus dem Umstand abzuleiten, dass in der Gemeinderatssitzung vom der Bürgermeister den neuen Vertrag darstellt und hierbei als Ziel die Ausgabenersparnis anführt, und nicht von Möglichkeiten spricht, positive Ergebnisse für die Gemeinde zu erzielen. Selbst wenn der Bürgermeister hier einen Saldo aus Einnahmen und Ausgaben gemeint haben sollte, wie von der BF behauptet, so hat er doch die Betonung auf die Verlustseite gelegt, und nicht auf die Gewinnseite. Zudem wurde bereits im Vorfeld mit Verlusten für die Gemeinde kalkuliert (vgl. Budget 2011 (OZ 56 AS 4f) und 2012 (OZ 57 AS 1f)). Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde ebenfalls eingestanden, dass ein Gewinn weder geplant noch möglich war.

Trotz der laufend erzielten Verluste, wurden keine nennenswerten Anstrengungen unternommen, die Deckungslücke zu schließen. Es wurde sogar die Anzahl der Vorstellungen in den Jahren 2010 - 2012 im Vergleich zu den Vorstellungen in den Jahren 2008 - 2009 um 1/3 - 2/3 reduziert. Im Hinblick darauf, dass die Kartenumsatzbeteiligung eine der wenigen Variablen darstellt, aus der die BF zusätzliche Einnahmen lukrieren hätte können, konnte diese Maßnahme nicht von dem Gedanken getragen sein, kostendeckend zu arbeiten. Da die BF in den "Sanierungsjahren" die Pauschalbeträge weiterhin in voller Höhe zahlen musste, konnten diese aus Sicht der BF auch keine Sanierung bringen, was im Rahmen der mündlichen Verhandlung eingestanden wurde. Dass der BF dieser Umstand bereits in den betreffenden Jahren bewusst war, ist aus dem Schreiben des Bürgermeisters vom (OZ 38, AS 33ff) erkennbar, in dem dieser der Veranstaltungsfirma vorwirft, Kosten zu sparen, um sich durch die Förderungszahlungen zu sanieren. Dennoch wurde diesem Vorhaben ohne erkennbaren Vorteil zugestimmt. Auch die Einnahmen aus Werbung und Sponsoring gingen jährlich zurück, was ebenfalls dem Umstand der geringeren Anzahl von Vorführungen geschuldet ist, da sich hierdurch ein geringerer Werbewert ergibt. Aus diesem Verhalten ist zu schließen, dass die Gemeinde nicht wie ein wirtschaftlich denkender Unternehmer vorgegangen ist.

Im genannten Schreiben vom (OZ 38, AS 33ff) moniert der Bürgermeister zudem, dass in den vorgelegten Plänen der Produktionsfirma kaum künstlerische, sondern lediglich wirtschaftliche Ansätze erkennbar seien, was wiederum ausdrückt, dass für die BF vor allem die künstlerische Ausgestaltung wichtig war.

Für die Behauptung, der BF seien auf Umwegen Vorteile, zB in Form von Kommunalsteuer, zugeflossen, konnte diese einerseits keine Unterlagen vorlegen, aus denen ersichtlich wäre, dass diese die Verluste ausgleichen würden. Andererseits ist aus dem Umstand, dass über diese Mehrzuflüsse keine Aufzeichnungen geführt wurden, zu schließen, dass die hiedurch allenfalls erzielten Mehreinnahmen keine nennenswerte Höhe erreicht haben. Außerdem sind solche Steuereinnahmen mangels Leistungsaustausches nicht umsatzsteuerbar.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Zum Einwand der falschen Adressatenbezeichnung in den angefochtenen Bescheiden:

Nach § 92 Abs 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

Wenn sich die Behörde bloß in der Bezeichnung des Adressaten vergreift, aber aus der Erledigung insgesamt offenkundig ist, wer gemeint war, schadet die fehlerhafte Bezeichnung nicht; in diesem Fall liegt ein berichtigungsfähiger Fehler vor, bei dem, solange eine Berichtigung nicht erfolgt ist, durch Auslegung des Bescheides zu klären ist, an wen er gerichtet ist ( Ra 2015/15/0081).

Ein an den Magistrat einer Stadtgemeinde gerichteter Bescheid kann als an die Stadtgemeinde selbst gerichtet betrachtet werden ( 91/15/0085).

Die gegenständlichen Bescheide sind nicht an die ***Bf1***, sondern an "MGD ***Name Marktgemeinde***" ergangen. Wenn man durch Verwendung der Abkürzung eine fehlerhafte Adressatenbezeichnung erblicken möchte, so wäre durch Auslegung des Bescheides zu klären, an wen er gerichtet ist. In sämtlichen betroffenen Bescheiden ist auch die Steuernummer ***BF1StNr1*** angeführt, die die Steuernummer der ***Bf1*** darstellt. Zudem wird auf den BP-Bericht vom verwiesen, welcher zur ***Bf1*** ergangen ist und es ist die Adresse der BF genannt. Auch in der vom damaligen Bürgermeister, Amtsleiter und steuerlichen Vertreter der BF unterzeichneten Niederschrift über die Schlussbesprechung (OZ 25, AS 19ff) ist diese als "MGD ***Name Marktgemeinde***" bezeichnet. Aus diesem Grund steht für das Bundesfinanzgericht fest, dass die Bescheide eindeutig an die BF als Bescheidadressatin gerichtet waren, zumal erkennbar ist, dass "MGD" hier, auch wenn es eine unübliche Abkürzung darstellen mag, offenbar als Abkürzung für Marktgemeinde stehen soll. Eine andere Deutung ergibt in diesem Zusammenhang keinen Sinn.

Entgegen dem Vorbringen der BF bewirkt die Verwendung "MGD" statt Marktgemeinde somit nicht, dass die betreffenden Bescheide als Nichtbescheide anzusehen wären, da durch Auslegung eindeutig klar ist, dass sie an die BF gerichtet waren.

Zu den angefochtenen Wiederaufnahmebescheiden hinsichtlich Umsatzsteuer 2008 - 2012:

Nach § 303 Abs 1 lit b BAO kann ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Bei einer Wiederaufnahme von Amts wegen ist für die Beurteilung der Frage, ob ein Beweismittel oder eine Tatsache neu hervorgekommen ist, auf den Kenntnisstand der abgabenfestsetzenden Stelle abzustellen (vgl. Ra 2023/15/0079). Bei der Wiederaufnahme von Amts wegen bestimmt die Behörde, welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe herangezogen werden ( 2023/13/0142 mwN).

Zur Auslegung eines unklaren Spruchs kann auch die Begründung herangezogen werden (vgl. 92/13/0127 mwN), wobei das Finanzamt zur Begründung des Wiederaufnahmebescheides auf andere Dokumente verweisen kann ( Ra 2023/13/0142 mwN). Die Begründung eines Bescheides kann auch gesondert ergehen (vgl. 95/15/0171).

Bei einer Beschwerde gegen eine Wiederaufnahme von Amts wegen ist die Sache, über welche das Bundesfinanzgericht gemäß § 279 Abs 1 BAO zu entscheiden hat, nur die Wiederaufnahme aus den vom Finanzamt herangezogenen Gründen, also jene wesentlichen Sachverhaltsmomente, die das Finanzamt als Wiederaufnahmegrund beurteilt hat. Unter Sache ist in diesem Zusammenhang die Angelegenheit zu verstehen, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Abgabenbehörde erster Instanz gebildet hatte. Die Identität der Sache, über die abgesprochen wurde, wird durch den Tatsachenkomplex begrenzt, der als neu hervorgekommen von der für die Wiederaufnahme zuständigen Behörde zur Unterstellung unter den von ihr gebrauchten Wiederaufnahmetatbestand herangezogen wurde. Aufgabe des Bundesfinanzgerichts bei Entscheidungen über ein Rechtsmittel gegen die amtswegige Wiederaufnahme durch ein Finanzamt ist es daher, zu prüfen, ob dieses Verfahren aus den vom Finanzamt gebrauchten Gründen wiederaufgenommen werden durfte, nicht jedoch, ob die Wiederaufnahme auch aus anderen Wiederaufnahmegründen zulässig gewesen wäre. Liegt der vom Finanzamt angenommene Wiederaufnahmegrund nicht vor oder hat das Finanzamt die Wiederaufnahme tatsächlich auf keinen Wiederaufnahmegrund gestützt, muss das Bundesfinanzgericht den vor ihm bekämpften Wiederaufnahmebescheid des Finanzamtes ersatzlos beheben ( Ra 2023/13/0142 mwN).

Die Ergänzung einer mangelhaften Begründung stellt dabei kein unzulässiges Auswechseln von Wiederaufnahmegründen dar ( Ra 2023/13/0142 mwN)

Im gegenständlichen Fall ist aus dem Spruch des Wiederaufnahmebescheides in Zusammenschau mit der ergänzenden Begründung in den jeweiligen Sachbescheiden bzw. dem Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung, auf die der Wiederaufnahmebescheid verweist, erkennbar, dass die belangte Behörde die Wiederaufnahme auf neu hervorgekommene Tatsachen stützt, die in TZ 1 - 4 des Außenprüfungsberichtes geschildert sind.

Zu den gegenständlichen Feststellungen iZm den Festspielen führt die belangte Behörde insbesondere den Festspielvertrag vom an, aufgrund dessen Inhaltes sich ergebe, dass bei der BF kein Betrieb gewerblicher Art vorliege. Die letzte durchgeführte Betriebsprüfung fand im Jahr 2006 statt. Der Festspielvertrag hat somit zum Zeitpunkt des Abschlusses der Betriebsprüfung noch nicht bestanden, konnte also der Behörde noch nicht bekannt gewesen sein. Es gibt weder einen Hinweis darauf, dass bis zur Erlassung des letzten Umsatzsteuerbescheides am eine Ausfertigung des Vertrages an das Finanzamt übermittelt worden sei, noch wird das von der BF behauptet. Dieser Vertrag stellt somit aus Sicht des Finanzamtes ein neues Beweismittel dar.

Die konkrete Höhe der von der BF erzielten Einnahmen und die Vorsteuern aus der Durchführung der Festspiele, insbesondere der Umstand, dass die Einnahmen im Vergleich zu den Vorsteuern sehr gering sind, wird ebenfalls begründend für die Wiederaufnahme herangezogen. Die hohen Vorsteuerbeträge waren zwar, wie die BF richtig anführt, in den Umsatzsteuererklärungen ersichtlich, jedoch konnte die belangte Behörde, mangels konkreter Aufteilung der Einnahmen und Vorsteuern zu den einzelnen BgA, zum Zeitpunkt der Erlassung der ursprünglichen Umsatzsteuerbescheide weder erkennen, aus welcher Tätigkeit diese hohen Vorsteuerbeträge stammen, noch, ob diesen Einnahmen gegenüberstehen, die die Höhe der Vorsteuern rechtfertigen. Diese Umstände stellen somit aus Sicht des Finanzamtes neue Tatsachen dar.

Im Zuge der Außenprüfung wurden zudem (wie bereits oben dargestellt) noch weitere, unbekämpfte, Feststellungen getroffen, nämlich dass die aus BgA erzielten Einnahmen unter der Grenze von € 2.900 liegen, weshalb die betriebliche Sphäre aberkannt, die Vorsteuer gekürzt und die Umsatzsteuer rückgerechnet wurde und Anpassungen bei der Aufteilung von Vorsteuern zwischen hoheitlichem und betrieblichem Bereich notwendig waren. Wiederum konnte die belangte Behörde im Zeitpunkt der Erlassung der Erstbescheide mangels konkreter Zuordnung der Einnahmen und Vorsteuern keine Kenntnis von diesen Tatsachen haben, weshalb diese als neu hervorgekommen anzusehen sind.

Sämtliche genannten Wiederaufnahmegründe sind dazu geeignet, im Spruch anderslautende Bescheide herbeizuführen, da die Umsätze und die Vorsteuern zu reduzieren waren, weshalb der Wiederaufnahmegrund des § 303 Abs 1 lit b BAO gegeben ist.

Nach § 20 BAO müssen sich Entscheidungen, die die Abgabenbehörden nach ihrem Ermessen zu treffen haben (Ermessensentscheidungen), in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Bei der Ermessensübung ist primär der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu berücksichtigen ( Ra 2022/15/0090).

Dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit ist gegenüber jenem der Rechtsbeständigkeit der Vorrang einzuräumen ( 2007/15/0285).

Bei Geringfügigkeit der neu hervorgekommenen Tatsachen ist aufgrund der Interessensabwägung in der Regel von einer Wiederaufnahme abzusehen. Die Geringfügigkeit ist dabei an Hand der steuerlichen Auswirkungen der konkreten Wiederaufnahmegründe und nicht auf Grund der steuerlichen Gesamtauswirkungen zu beurteilen, die infolge Änderungen auf Grund anderer rechtlicher Beurteilungen im Sachbescheid vorzunehmen wären. Steuerliche Auswirkungen iHv 746 Euro sind nicht mehr als geringfügig anzusehen (vgl. Ra 2019/15/0125).

Insgesamt trat durch die Erlassung der neuen Sachbescheide durch die Korrektur der Umsätze und der Vorsteuern jährliche Abgabennachforderungen zwischen 27.409,88 Euro (2012) und 37.960,95 Euro (2009) ein, was weder in absoluter noch - in Hinblick darauf, dass die von der BF erklärten Umsatzsteuerguthaben zwischen -27.204,02 Euro (2011) und -189.593,74 Euro (2009) lagen - in relativer Hinsicht als geringfügig zu qualifizieren ist.

Es stellt keine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben dar, wenn die Abgabenbehörde bisher übersehene oder aus anderen Gründen nicht aufgegriffene Unrichtigkeiten im Zuge späterer Abgabenverfahren wahrnimmt ( 86/13/0047 mwN).

Selbst, wenn die BF im gegenständlichen Fall im Rahmen der Vorprüfung den Betrieb der Festspiele ausdrücklich als BgA anerkannt hätte, ist anzumerken, dass die vertraglichen Grundlagen, aufgrund derer die Zusammenarbeit stattgefunden hat, nicht unverändert geblieben sind. Die Zusammenarbeit hat sich wesentlich geändert, beispielsweise aufgrund des Umstandes, dass die BF für den Bühnenaufbau, der nach dem alten Festspielvertrag im Aufgabenbereich der Produktionsfirma gelegen ist, nach der neuen Vereinbarung nunmehr einen Pauschalbetrag von 35.000 Euro bezahlen musste. Aufgrund der nicht unwesentlichen Änderungen der Zusammenarbeit, konnte die BF nicht davon ausgehen, dass die Geschäftsbeziehung von der belangten Behörde unverändert beurteilt werden wird, weshalb die BF sich nicht mit Erfolg auf Treu und Glauben berufen kann.

Aber sogar unter der Annahme gleichbleibender Umstände zu den Festspielen, könnte sich die BF nicht mit Erfolg auf Treu und Glauben berufen, da neben den Feststellungen zu den Festspielen auch noch weitere, nicht geringfügige, Feststellungen zu Betrieben gewerblicher Art getroffen wurden, die im Vorfeld von der Abgabenbehörde nicht ausdrücklich anerkannt wurden. Es ist daher keinesfalls von einer Unbilligkeit der Wiederaufnahme auszugehen, selbst wenn die Feststellungen zu den Festspielen für sich allein betrachtet keine Wiederaufnahme rechtfertigen würden.

Aufgrund des Prinzips der Gleichmäßigkeit der Besteuerung war somit das Ermessen dahingehend zu üben, dass der Rechtsrichtigkeit der Vorrang vor der Billigkeit zu geben und das gesetzlich vorgesehene Ergebnis herbeizuführen war.

Daher war die Beschwerde gegen die Wiederaufnahmebescheide spruchgemäß abzuweisen.

Zur Beschwerde gegen die Umsatzsteuersachbescheide 2008 - 2012:

Nach § 2 Abs 1 UStG 1994 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfa[ss]t die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

Nach § 2 Abs 3 UStG 1994 sind die Körperschaften des öffentlichen Rechts nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 2 des Körperschaftsteuergesetzes 1988), ausgenommen solche, die gemäß § 5 Z 12 des Körperschaftsteuergesetzes 1988 von der Körperschaftsteuer befreit sind, und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig. Als Betriebe gewerblicher Art im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten jedoch stets

  • Wasserwerke,

  • Schlachthöfe,

  • Anstalten zur Müllbeseitigung und

  • zur Abfuhr von Spülwasser und Abfällen sowie

  • die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch öffentlich-rechtliche Körperschaften.

§ 2 Abs 3 UStG 1994 ist vor dem Hintergrund der EuGH-Rspr zur wirtschaftlichen Tätigkeit unionsrechtskonform auszulegen (vgl. Windsteig in Melhardt/Tumpel, UStG³ § 2 Rz 301).

Nach Art 9 Abs 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (Mehrwertsteuersystemrichtlinie - MWStSystRL) gilt als "Steuerpflichtiger" eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt. Als "wirtschaftliche Tätigkeit" gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.

Nach Art 13 Abs 1 MWStSystRL gelten Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Umsätzen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.

Falls sie solche Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, gelten sie für diese Tätigkeiten oder Umsätze jedoch als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

Die Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten in Bezug auf die in Anhang I genannten Tätigkeiten in jedem Fall als Steuerpflichtige, sofern der Umfang dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist.

Nach der Rspr ( C-616/21, Gmina L; C-612/21, Gmina O) ist bei der Beurteilung, ob eine Körperschaft öffentlichen Rechts gewerblich oder beruflich tätig ist, darauf abzustellen, ob ihr Verhalten wie das eines, auf nachhaltige Einnahmenserzielung gerichteten, Unternehmers zu sehen ist, wobei der Umstand, dass keine volle Kostendeckung und Gewinnerzielung angestrebt ist, die Körperschaft nur ein Verlustrisiko ohne Gewinnchance trägt und eine ungewisse Abhängigkeit von der Entscheidung eines Dritten bzw. der Höhe des Ersatzes vorliegt, nicht dem Verhalten eines solchen Unternehmers entspreche. Eine Entgeltlichkeit ist unter Verweis auf C-520/14, Gemeente Borsele und Staatssecretaris van Financiën, ausgeschlossen, wenn eine Gemeinde nur einen kleinen Teil der ihr entstehenden Kosten einzieht, während der verbleibende Teil mit öffentlichen Mitteln finanziert wird.

Im gegenständlichen Fall stellt sich die Zusammenarbeit zwischen der BF und der Produktionsfirma so dar, dass wechselseitige Pauschalbeträge verrechnet wurden, wobei die BF an die Produktionsfirma einen höheren Fixbetrag leisten musste, als sie von dieser erhalten hat. Die Beteiligung iHv 5 % an den Nettoeinnahmen, die die BF erhalten hat, war nicht annähernd ausreichend, um wenigstens ausgeglichen bilanzieren zu können. Nicht einmal bei einer theoretisch angenommenen Vollauslastung, die jedoch praktisch nicht annähernd erreicht wurde, hätte die BF kostendeckend arbeiten können. Um diese Deckungslücke zu schließen, wäre die BF darauf angewiesen gewesen, sonstige Einnahmen, zB aus Sponsoring oder dem Verkauf von CDs, Programmheften, etc. zu erzielen. Diese Einnahmen sind jedoch, trotz jährlicher negativer Ergebnisse, zurückgegangen. Lediglich im Jahr 2012 konnte ein positives Ergebnis erzielt werden, allerdings nur unter Berücksichtigung einer außergewöhnlich hohen Spende, die mangels Gegenleistung nicht als steuerbar anzusehen ist. Somit trug die BF, aufgrund der hohen Pauschalzahlungen, zwar das Verlustrisiko, hatte jedoch faktisch keine Chance, die Verluste auszugleichen. Selbst das vom Bürgermeister als "Sanierungsjahr" bezeichnete Jahr 2010 konnte der BF - wie bereits ausgeführt - keinen wirtschaftlichen Vorteil bringen. Der entstandene Verlust wurde mit Mitteln aus dem ordentlichen Haushalt, somit mit öffentlichen Geldern finanziert.

Da das Verhalten der BF somit nicht dem eines Unternehmers entsprach, insbesondere aufgrund des hohen Verlustrisikos und der mangelnden Gewinnchance nicht auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtet war, ist diese Tätigkeit iSd obgenannten Rspr. des EuGH nicht als unternehmerisch anzusehen. Es ist auch - im Vergleich zu einem privaten Festspielveranstalter - nicht von Wettbewerbsverzerrungen iSd Art 13 Abs 1 2. UAbs MWStSystRL auszugehen, da ein privater Festspielveranstalter eben gerade darauf achten müsste, kostendeckend zu agieren, um am Markt bestehen zu können.

Dies hat zur Folge, dass die durch die Gemeinde erbrachte Tätigkeit nicht als wirtschaftlich anzusehen ist, weshalb kein BgA vorliegen kann und die daraus erzielten Einnahmen nicht umsatzsteuerbar sind, die ihr in diesem Zusammenhang in Rechnung gestellte Umsatzsteuer jedoch auch nicht als Vorsteuer berücksichtigt werden kann.

Daher war die Beschwerde spruchgemäß abzuweisen.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die zu lösenden Rechtsfragen anhand der angeführten Rechtsnormen und Rechtsprechung zu lösen waren, kommt ihnen keine grundsätzliche Bedeutung zu, weshalb eine Revision nicht zulässig ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7103014.2018

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
SAAAF-72991