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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.03.2025, RV/2101481/2016

Einhebungsverjährung, Unterbrechungshabdlungen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Mag. Helfried Schaffer Rechtsanwalt, Grazer Straße 34/6/2, 8200 Gleisdorf, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Haftungsbescheid / Sonstige 2016 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) war vom bis (Datum der Insolvenzeröffnung) Geschäftsführer der W-GmbH. Mit Bescheid vom wurden dem Bf. die für die GmbH aushaftenden Abgabenschulden für Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 2007 - 2011 in Höhe von insgesamt 38.258,33 € zur Haftung vorgeschrieben.

In der ausführlichen Begründung legte das Finanzamt die Stellung des Bf. als Vertreter der Primärschuldnerin dar, weiters das Bestehen der Abgabenforderung gegen die GmbH, die Uneinbringlichkeit der Abgabenforderung durch die Insolvenzeröffnung der Primärschuldnerin, die Verletzung abgabenrechtlicher Pflichten und das Verschulden des Bf. sowie die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und der Uneinbringlichkeit.

In der Beschwerde vom wurde zwar eingestanden, dass dem Bf. die Gleichbehandlung sämtlicher Gläubiger nicht gelingen mag, es wurde jedoch darauf hingewiesen, dass es sich um extrem alte Forderungen für Zeiträume, die im Jahr 2007 beginnen, handelt, sodass diesbezüglich das Verschulden der Bf. äußerst gering sei. In Ausübung des Ermessens nach § 20 BAO sei der Bf. nicht zur Haftung heranzuziehen.
Weiters wurden verfassungswidrige Bedenken hinsichtlich der (Un-)Gleichbehandlung nach Beendigung einer Insolvenz eines Einzelunternehmers und einer GmbH betreffend die Inanspruchnahme des Geschäftsführers zur Haftung noch ausstehender Abgabenverbindlichkeiten der entschuldeten Körperschaft, vorgebracht. Ein weiterer Punkt in der Beschwerde betrifft eine allfällige Einhebungsverjährung dem Bf. gegenüber.
Neben einer mündlichen Senatsverhandlung gem. §§ 272 iVm 274 BAO wurde die Aussetzung der Einhebung beantragt.

In der Beschwerdevorentscheidung (BVE) vom wurde dagegen argumentiert, dass nach § 238 BAO eine Verjährung fälliger Abgaben nicht eingetreten sei, da entsprechende Unterbrechungshandlungen gesetzt worden seien. So sei, nachdem in den Jahren 2007 bis 2010 mehrere Außendiensthandlungen gesetzt worden seien, am ein Antrag auf Insolvenzeröffnung eingebracht und am ein solches eröffnet worden. Dabei seien auch Forderungen gegen die Primärschuldnerin angemeldet worden. Dieses Insolvenzverfahren sei am rechtskräftig beendet, auch sei am ein Vorhalt an den nunmehrigen Bf. gerichtet worden.
Hinsichtlich der lange zurückliegenden Zeiträume legte das Finanzamt dar, dass bei einem laufenden Verfahren die Gesellschaft bzw. deren Vertreter dafür zu sorgen hätten, dass die Unterlagen, zum Beispiel um eine Gläubigergleichbehandlung nachweisen zu können, noch vorhanden seien.

Mit Datum langte ein Vorlageantrag ein, ohne ein neues Vorbringen zu erstatten oder auf die Ausführungen in der BVE einzugehen.

In einer Mitteilung vom wurde der Antrag auf eine Verhandlung vor dem Senat zurückgezogen.

Am langte ein vorbereitender Schriftsatz ein, in dem Folgendes vorgebracht wurde:
"Gemäß § 238 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.
Die Verjährung fälliger Abgaben wird durch jede zur Durchsetzung des Anspruchs unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.
Die Verjährung ist unter anderem dann gehemmt, wenn die Einhebung einer Abgabe ausgesetzt ist.
Im gegenständlichen Fall besteht die letzte zur Durchsetzung des Anspruchs unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung in der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung vom , dem damaligen Vertreter zugestellt am .
Ergänzend bleibt auszuführen, dass nach der ständigen Rechtsprechung (vgl. ) bei Vorliegen eines Haftungsbescheids gegen den Haftungsschuldner eine verselbstständig zu denkende Einhebungsverjährungsfrist läuft und nur gegen ihn gesetzte Einhebungsschritte auf die ihm gewährte laufende Frist zur Einhebungsverjährung unterbrechend wirkt.
Die fünfjährige Einhebungsverjährungsfrist ist daher mit Ende 2021 abgelaufen.
Bei der nächsten, nach außen erkennbaren Amtshandlung handelt es sich um die Ladung zur mündlichen Verhandlung im Beschwerdeverfahren vom , welche keine Wirksamkeit mehr entfalten kann, da die Verjährungsfrist bereits längst abgelaufen ist.
Zur allfälligen Hemmung der Verjährung bleibt auszuführen, dass weder dem Beschwerdeführer noch dessen ausgewiesenen Vertretern zwischen der Zustellung der Beschwerdevorentscheidung und der nunmehrigen Zustellung der Ladung irgendein Bescheid oder eine sonstige Entscheidung zugestellt wurde und wurde die Einhebung der Abgabe auch niemals bescheidmäßig oder sonst ausgesetzt.
Der Beschwerdeführer hat zwar in seiner Beschwerde vom die Aussetzung der Einhebung beantragt, ist aber diesbezüglich niemals eine Erledigung bzw. bescheidmäßige Bewilligung ergangen.
Weiters ist darzulegen, dass auch durch die Beschwerdevorentscheidung die Wirkung einer allfällig doch bewilligten Aussetzung der Einhebung geendet hat und wurde diese Aussetzung der Einhebung nicht neuerlich beantragt. Da nach der Rechtsprechung die Aussetzung der Einhebung auch jedenfalls mit Bescheid zu bewilligen ist, könnte man der Ansicht sein, dass bei Unterlassung der Bescheiderlassung aufgrund der Beschwerdevorentscheidung die Aussetzung weiter gilt, würde eine derartige Ansicht aber der Behörde ermöglichen, faktisch durch Nichtentscheidung zu einem Aussetzungsantrag die Einhebungsverjährungsfrist auf ewig zu perpetuieren, welche Ansicht keineswegs tragbar ist.
Voraussetzung wäre aber sowieso eine bescheidmäßige Bewilligung der Aussetzung, die im gegenständlichen Fall nicht erfolgt ist.
Ergänzend bleibt dazu auszuführen, dass nach einem Teil der Judikatur () die Ansicht vertreten wird, dass ab dem Zeitpunkt der Erledigung des Rechtsmittels eine Bewilligung der Aussetzung nicht mehr in Betracht kommt, hat in diesem Fall die Behörde gegenständlich gegen die Pflicht verstoßen, den Antrag infolge Erlassung der Beschwerdevorentscheidung bescheidmäßig abzuweisen, was aber dem Beschwerdeführer natürlich nicht zum Nachteil gereichen kann.
Nach der anderen Judikaturlinie (z.B. ) ist eine positive Erledigung des Aussetzungsantrages auch nach Rechtsmittelerledigung möglich, wobei dies aber dann nur für den Zeitraum zwischen der Antragstellung gemäß § 212a BAO und der Beschwerdevorentscheidung gelten kann.
Zusammengefasst wurde daher niemals eine Aussetzung der Einhebung bewilligt, sodass die Einhebungsverjährung nicht im Sinne des § 238 Abs 3 lit b BAO unterbrochen ist bzw. auch war, weil die letzte verjährungsunterbrechende Amtshandlung die Beschwerdevorentscheidung ist.
Die belangte Behörde hat sich auch durch Nichtbehandlung des Aussetzungsantrages auch nach abweisender Beschwerdevorentscheidung selbst in die Situation gebracht, dass offensichtlich rein aktenmäßig Hemmung der Einbringung eingetreten ist, dies aufgrund der Bestimmung § 230 Abs 6 BAO.
Eine Hemmung gemäß § 230 Abs 6 BAO ist aber aufgrund des klaren Gesetzestextes keineswegs mit einer Aussetzung der Einhebung gemäß § 238 Abs 3 lit b BAO iVm § 212a BAO zu vergleichen.
Diesbezüglich wird auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2019/16/0195 verwiesen, welche klarstellt, dass nur während des Zeitraums einer bescheidmäßig wirksam bewilligten Aussetzung der Einhebung gemäß § 212a BAO die Einhebungsverjährung gehemmt ist, wobei dies keinesfalls der tatsächlichen Hemmung gemäß § 230 Abs 6 BAO gleichzusetzen ist, da auch dort es die Behörde selbst in der Hand hat, durch Bescheiderlassung zu veranlassen, dass die Einhebungsverjährung nicht eintritt."

In der mündlichen Verhandlung am wurde durch die Vertreterin des Finanzamtes auf diesen Schriftsatz repliziert, dass durch § 238 BAO iVm § 209a BAO eine Einhebungsverjährung noch nicht eingetreten sei. Aus einer in der Verhandlung vorgelegten Abfrageliste ergebe sich, dass bis ins Jahr 2024 Abfragen getätigt wurden.

Der steuerliche Vertreter widersprach dieser Rechtsansicht, da diese Abfragen keine nach außen gerichtete Wirkungen entfalten würden. Auch würden sich diese Abfragen auf den Steuerakt der Primärschuldnerin beziehen und hätten somit für das Verfahren des Bf. keine Relevanz. Dies auch deshalb, da auf Grund des rechtskräftig abgeschlossenen Sanierungsplanes und Zahlung der Quote gegenüber der Primärschuldnerin keinerlei Forderungen mehr offen sein könnten.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. war vom bis Geschäftsführer der W-GmbH. Mit Beschluss des LG f. ZRS Graz vom wurde ein Sanierungsverfahren eröffnet, welches am aufgehoben wurde. Am erfolgte die Löschung der Primärschuldnerin.

Mit Bescheid vom wurden dem Bf. die für die GmbH nach wie vor aushaftenden Abgabenschulden für Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum 2007 - 2011 in Höhe von insgesamt 38.258,33 € zur Haftung vorgeschrieben.

Wie das Finanzamt ausgeführt hat, sieht auch das Bundesfinanzgericht sämtliche vom Gesetz geforderten Tatbestandsmerkmale für die Geltendmachung der Haftung dem Bf. gegenüber als erfüllt an. Auf die zahlreichen angeführten Judikate wird hingewiesen.

In der Beschwerde wird neben dem nach Ansicht des Bf. fehlerhaften Ausüben des Ermessens moniert, dass die Zeiträume der Steuervorschreibung schon längere Zeit zurückliegen, woran den Bf. kein Verschulden trifft. Die verfassungsmäßigen Bedenken wurden bereits oben thematisiert. Im Zusammenhang mit einer allfälligen Einhebungsverjährung blieb der Bf. bisher eine nähere Auseinandersetzung schuldig.

In der BVE wurden sämtliche vom Bf. angesprochenen Punkte rechtskonform erläutert. So wurde dargelegt, dass das Ermessen rechtskonform geübt wurde, die zurückliegenden Zeiträume keinen Grund darstellen, dass keine Unterlagen mehr vorhanden sein sollen und auch durch eindeutig belegbare Unterbrechungshandlungen keine Einhebungsverjährung eingetreten ist.

Dem wurde im Vorlageantrag nichts Substantielles entgegengesetzt. Auf den Vorhaltscharakter einer BVE wird in diesem Zusammenhang hingewiesen.

Auch das BFG sieht durch diesen festgestellten Sachverhalt keine rechtliche Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis als das Finanzamt zu kommen.

Festgestellt wird auch, dass über den in der Beschwerde gestellten Antrag auf Aussetzung der Einhebung nach § 212a BAO nicht abgesprochen wurde. Das Finanzamt setzte auch keine konkreten Einhebungsschritte, sondern entsprach dem Antrag stillschweigend.

Was nun das Vorbringen der steuerlichen Vertretung im Schriftsatz vor und den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung betrifft, so verweist das BFG auf die durch das Finanzamt ausgehändigte Auflistung. Aus dieser geht beispielshaft hervor, dass im Einbringungsakt am die amtswegige Löschung der Primärschuldnerin aus dem Firmenbuch angemerkt wurde. Am erfolgten Vermerke zu Forderungen an den IEF. Am und zuletzt am erfolgten über die Schnittstelle zum BFG Abfragen zum Verfahrensstand. Sämtliche Maßnahmen sind als Unterbrechungshandlung anzusehen, eine Einhebungsverjährung ist somit nicht gegeben.

2. Beweiswürdigung

Der oben geschilderte Sachverhalt ist unstrittig und findet auch im Akteninhalt Deckung.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung/Abänderung/Stattgabe)

Eingangs wird festgehalten, dass der Bf. bzw. sein steuerlicher Vertreter die grundsätzliche Rechtmäßigkeit der Haftungsinanspruchnahme offenbar nicht mehr in Abrede stellen, denn den ausführlichen und rechtsrichtigen Darlegungen des Finanzamtes in der BVE - die im Übrigen vom BFG vollinhaltlich geteilt werden - wurde nicht entgegengetreten.

§ 238 BAO lautet auszugsweise:
"(1) Das Recht eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, verjährt binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.
§ 209a gilt sinngemäß.

(2) Die Verjährung fälliger Abgaben wird durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Haftungsbescheides unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen."

Die ersten beiden Absätze des § 209a lauten:
"(1) Einer Abgabenfestsetzung, die in einer Beschwerdevorentscheidung oder in einem Erkenntnis zu erfolgen hat, steht der Eintritt der Verjährung nicht entgegen.
(2) Hängt eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Beschwerde oder eines in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages (§ 85) ab, so steht der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Beschwerde oder der Antrag vor diesem Zeitpunkt eingebracht wird. Die Verjährung steht der Abgabenfestsetzung auch dann nicht entgegen, wenn eine Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 vor Ablauf der Jahresfrist des § 302 Abs. 1 oder wenn eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 303 Abs. 1 vor Ablauf der Frist des § 304 lit. b beantragt oder durchgeführt wird."

Im vorliegenden Beschwerdefall ist strittig, ob seit dem Ergehen der BVE im September 2016 mit Ablauf des Jahres 2021 die 5-jährige Einhebungsverjährung abgelaufen ist. Für den Bf. stellt das Zustelldatum der BVE, , die letzte für ihn erkennbare Amtshandlung im Zusammenhang mit der Durchsetzung des Abgabenanspruches ihm gegenüber dar. Die Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem entfalte, so die Argumentation der steuerlichen Vertretung, keine Wirksamkeit mehr, da die Verjährungsfrist bereites abgelaufen sei.

Für die Unterbrechungswirkung einer Amtshandlung genügt es, dass sie nach außen in Erscheinung tritt und erkennbar den Zweck verfolgt, den Anspruch gegen einen bestimmten Abgabenschuldner durchzusetzen, ohne dass es darauf ankommt, ob die Amtshandlung zur Erreichung des angestrebten Erfolges konkret geeignet ist und ob der Abgabenschuldner von der Amtshandlung Kenntnis erlangte (; ).
Auch nicht notwendige Verwaltungsakte haben verjährungsunterbrechende Wirkung (vgl. , zu § 209 BAO).
Auf die Unterbrechung der Verjährung kann sich die Behörde dann mit Recht berufen, wenn die behauptete Unterbrechungshandlung aus dem Amtsbereich der Behörde hinausgetreten und irgendwie nach außen wirksam geworden und wenn ferner diese Unterbrechungshandlung einwandfrei aus den Verwaltungsakten nachweisbar ist ().
Dazu ist festzustellen, dass zum Beispiel ZMR-Abfragen keinen internen Vorgang darstellen, da die Anfragen an eine andere, nicht mit der anfragenden Behörde identen Dienststelle gerichtet waren.
Zwar erfolgen diese Abfragen (wie auch zB beim Grundbuch oder beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger) im Unterschied zu präelektronischen Zeiten nicht mehr im Postweg, werden jedoch im EDV-System der jeweils zuständigen Dienststelle registriert und protokolliert, weshalb es keinen Unterschied machen kann, ob die Anfrage die anfragende Behörde wie früher in Papierform tatsächlich physisch verlässt oder wie heute - durch den technischen Fortschritt gar nicht mehr anders möglich - auf elektronischem Weg.
Da nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Amtshilfeersuchen, wie an die Meldebehörde (; ) oder das Grundbuchsgericht (vgl. , zu § 209 BAO) verjährungsfristunterbrechend wirken, sind die gegenständlichen Abfragen nach außen in Erscheinung getreten. Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof eine Firmenbuchabfrage in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2006/16/0041, als verjährungsunterbrechend angesehen (vgl. auch ).

Umgelegt auf diesen Beschwerdefall bedeutet das, dass sowohl die Abfragen des Finanzamtes im Firmenbuch vom als auch die Anmerkungen im EB-Akt im Zusammenhang mit dem Insolvenz-Entgelt-Fonds vom als auch die Fragen nach dem Verfahrensstand über die BFG-Schnittstelle (zuletzt am ) als Unterbrechungshandlungen im Zusammenhang mit der Einhebungsverjährung anzusehen sind, da diese Handlungen des Finanzamtes die eigene Behördensphäre verlassen haben, somit nach außen gewirkt haben. Auch sind diese Schritte in der vorliegenden Liste dokumentiert.

Dabei ist es auch unerheblich, ob - wie hier der Bf. - ein weiterer Personenkreis von diesen Verfahrensschritten Kenntnis hat.

Darüber hinaus schließt sich das BFG dem Argument des Finanzamtes an, dass aus § 238 BAO in Zusammenschau mit § 209a BAO eine (Einhebungs-)Verjährung noch nicht eingetreten ist

Was die vom Bf. angesprochenen verfassungsrechtlichen Bedenken betrifft, so kann das BFG diese nicht erkennen, denn es ist Ausfluss der rechtlichen Gestaltung des Gesetzgebers von zwei unterschiedlichen Sachverhalten auszugehen, wenn einerseits ein Einzelunternehmer nach Abschluss eines Insolvenzverfahrens entschuldet ist, bei einer Körperschaft es aber nach der Beendigung ihrer Insolvenz zu einem Haftungsverfahren für noch aushaftende Abgabenverbindlichkeiten ihrem Geschäftsführer gegenüber kommt.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, auf die zahlreiche angeführte Judikatur wird verwiesen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 238 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.2101481.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
IAAAF-72990