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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 18.03.2025, RV/5100359/2024

Keine Anrechnung einer im Lohnzettel ausgewiesenen Lohnsteuer, wenn diese vom AG nicht abgeführt und an den AN weiterbelastet wurde.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Günter Narat in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** Steuernummer: ***BF1StNr1***, vertreten durch die "Die Steuerei GmbH", Aister Straße 2, 4332 Naarn/Machlande, über die Beschwerden vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2018 - 2020 zu Recht:

I)
Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II)
Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Von der Beschwerdeführerin (in weiterer Folge kurz BF) wurden am vom S ausgestellte Lohnzettel für die bereits veranlagten Jahre 2018 - 2020 an die belangte Behörde übermittelt. Von der belangten Behörde wurden in weiterer Folge mit Bescheiden vom die Verfahren betreffend Einkommensteuer 2018 - 2020 gemäß § 303 BAO wiederaufgenommen und neue Sachbescheide betreffend Einkommensteuer 2018 - 2020 erlassen. Die von der BF vom S erzielten Einkünfte wurden in den Jahren 2018 - 2020 als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erfasst.

Die BF brachte am Beschwerden gegen die Einkommensteuerbescheide 2018 - 2020 bei der belangten Behörde ein. Die BF brachte vor, dass sich im Zuge der Erstellung der Steuererklärungen mit zwei Dienstverhältnissen ohne selbständige Einkünfte geänderte Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen ergeben hätte.

Die belangte Behörde erließ am stattgebende Beschwerdevorentscheidungen betreffend die Einkommensteuerbescheide 2018 - 2020 ohne Ansatz der bislang erklärten Einkünfte aus selbständiger Arbeit und unter Berücksichtigung der von der BF beantragten Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen.

Mit Eingaben vom wurden von der BF Vorlageanträge betreffend Einkommensteuer 2018 - 2020 bei der belangten Behörde eingebracht. Laut den Ausführungen der BF sei die jeweilige Lohnsteuer vom Dienstgeber S einbehalten und abgeführt worden. Dies sei auf den Lohnzetteln der Jahre 2018 bis 2020 ersichtlich.

Von der belangten Behörde wurde daraufhin ein Auskunftsersuchen an den S gerichtet und dieser aufgefordert, Unterlagen vorzulegen, aus denen ersichtlich sei, dass für die BF Lohnsteuer für die Jahre 2018 bis 2020 einbehalten und an das Finanzamt abgeführt worden sei.

Mit Schreiben vom wurde vom S der belangten Behörde mitgeteilt, dass der S am eine Sachverhaltsdarstellung sowie die Jahreslohnzettel für die Jahre 2018 bis 2021 an die belangte Behörde übermittelt habe. Eine Entrichtung der entsprechenden Lohnsteuerbeträge an die belangte Behörde bzw Einforderung bei der BF sei jedoch nicht erfolgt.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerden dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurden der BF das Auskunftsersuchen der belangten Behörde und das Antwortschreiben des S zur Kenntnisnahme übermittelt und die BF ersucht, diesbezüglich Stellung zu nehmen.

Mit Schreiben vom wurde von der BF eine Stellungnahme an das Bundesfinanzgericht übermittelt. Im Wesentlichen wurde von der BF ausgeführt, dass sie neben ihrem Angestelltenverhältnis als Krankenschwester im Jahr 2014 beim S als diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin zu arbeiten begonnen habe. Die belangte Behörde habe im Zuge einer Außenprüfung ihre Tätigkeit beim S als selbständige Einkünfte eingestuft und eine Nachverrechnung an Einkommensteuer 2014 bis 2019 vorgenommen. In weiterer Folge sei über ihre Anregung durch die ÖGK beim S eine Prüfung durchgeführt worden. Die ÖGK habe festgestellt, dass seit Beginn ihrer Tätigkeit beim S im Jahr 2014 ein Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs 2 ASVG vorgelegen sei.

Hinsichtlich der Auszahlungsbeträge die sie vom S erhalten habe, habe es sich um Nettoauszahlungsbeträge gehandelt. Somit sei die Lohnsteuer seitens des Arbeitgebers einbehalten, jedoch nicht an die belangte Behörde abgeführt worden. Die unterfertigten Jahreslohnzettel 2018 bis 2021 seien vom Arbeitgeber mit Angabe der einbehaltenen Lohnsteuer an die belangte Behörde übermittelt worden. Die belangte Behörde habe die Lohnsteuer gestrichen, weil diese vom Arbeitgeber nicht abgeführt worden sei. Gründe die für eine Nettolohnvereinbarung sprechen würden seien zB die fehlende Anmeldung bei der Sozialversicherung seitens des Arbeitgebers und die nicht abgeführte Lohnsteuer. Aufgrund des Vorliegens einer Nettolohnvereinbarung seien dem Arbeitgeber von der belangten Behörde die Lohnsteuer vorzuschreiben, so wie dies der Arbeitgeber mehrmals angefordert habe.

Sie habe zusätzlich noch Ansprüche aus ihrem Dienstverhältnis beim S (wie zB Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Überstunden, Zulagen, Anspruch auf Feiertagsentgelt, Krankenstände und Urlaube, zuzüglich Nichtleistungsentgelte für Ausfallszeiten, usw.).

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die BF erzielte in den Beschwerdejahren 2018 - 2020 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von der O GmbH.

Die BF war in den Beschwerdejahren 2018 - 2020 auch für den S als Krankenschwester in Alten- und Pflegeheimen tätig.

Die Österreichische Gesundheitskasse stufte die Tätigkeit der BF beim S als ein Dienstverhältnis gemäß § 4 Abs 2 ASVG ein. Die von der BF in den Jahren 2018 - 2020 erzielten Einkünfte vom S stellen somit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit dar.

Der S übermittelte an die BF Jahreslohnzettel für die Jahre 2018 - 2020, wobei in den jeweiligen Lohnzetteln eine einbehaltene und anrechenbare Lohnsteuer ausgewiesen wurde.

Der S hat die in den Lohnzetteln für die Jahre 2018 - 2020 ausgewiesene Lohnsteuer nicht an die belangte Behörde abgeführt und auch nicht an die BF weiterbelastet.

2. Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs 2 BAO haben die Abgabenbehörde und das Bundesfinanzgericht unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Die Feststellung, dass der S die in den Lohnzetteln für die Jahre 2018 - 2020 ausgewiesene Lohnsteuer nicht an die belangte Behörde abgeführt und somit auch nicht an die BF weiterbelastet hat, ergibt sich zweifelsfrei aus dem Schreiben des S vom . Im Übrigen wird dies auch von der BF nicht behauptet.

Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen können somit nach § 167 Abs 2 BAO als erwiesen angenommen werden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Außer in den Fällen des § 278 BAO hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen (§ 279 Abs 1 BAO).

Strittig ist beschwerdegegenständlich ausschließlich, ob die vom S in den Jahren 2018 - 2020 in den jeweiligen Lohnzetteln ausgewiesene, aber nicht abgeführte Lohnsteuer in den Beschwerdejahren zur Anrechnung gelangen kann.

Die Einkommensteuer wird entsprechend der Vorschrift über die Abgabenfestsetzung nach § 39 Abs 1 EStG 1988 nach Ablauf des Kalenderjahres nach dem Einkommen (vgl § 2 Abs 2 EStG 1988) veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat.

Nach ständiger Rechtsprechung besteht bei der Veranlagung lohnsteuerpflichtiger Einkünfte (vgl § 41 EStG 1988) keine Bindung an die Vornahme des Lohnsteuerabzuges vom Arbeitslohn durch den Arbeitgeber (vgl ).

Bei einem zu Unrecht unterbliebenen Lohnsteuerabzug kommt es zu einer so genannten Nachholwirkung im Veranlagungsverfahren, wobei es auch bedeutungslos ist, ob der Arbeitgeber zur Haftung nach § 82 EStG 1988 herangezogen wurde oder nicht (vgl ; ; Fellner in Hofstätter/Reichel, Einkommensteuer-Kommentar50, § 83 Tz 6, unter Hinweis auf ; , 92/14/0040).

Die Inanspruchnahme des Arbeitgebers steht im Ermessen der Behörde (Doralt in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn, EStG21a, § 82 Tz 2). Demnach wäre der Arbeitgeber insbesondere dann nicht zur Haftung heranzuziehen, wenn - wie oben ausgeführt - der Arbeitnehmer zur Einkommensteuer veranlagt wird, denn es wäre nicht verfahrensökonomisch, einen fehlerhaften Lohnsteuerabzug beim Arbeitgeber zu korrigieren, wenn der Arbeitnehmer ohnedies zur Einkommensteuer veranlagt wird (Doralt, aaO, unter Hinweis auf B 2/96).

Aus der Bestimmung des § 46 Abs 1 EStG 1988 ergibt sich, dass eine im Haftungswege (§ 82 EStG 1988) beim Arbeitgeber nachgeforderte Lohnsteuer nur insoweit anzurechnen ist, als sie dem Arbeitgeber vom Arbeitnehmer ersetzt wurde. Daraus folgt, dass bei der Veranlagung Lohnbezüge auch dann zu erfassen sind, wenn von ihnen zu Unrecht keine Lohnsteuer einbehalten und abgeführt und der Arbeitgeber zur Haftung herangezogen wurde. Wäre eine Erfassung von Löhnen, hinsichtlich derer der Arbeitgeber zur Haftung gemäß § 82 EStG 1988 herangezogen werden kann, nur im Wege dieser Haftung, nicht jedoch (auch) im Rahmen der Veranlagung des betreffenden Lohnsteuerpflichtigen möglich, so wäre diese Lohnsteueranrechnungsvorschrift widersinnig (vgl ).

Aus den getroffenen Feststellungen ergibt sich unzweifelhaft, dass die strittigen Lohnsteuerbeträge der Jahre 2018 - 2020 vom Arbeitgeber S nicht an die belangte Behörde abgeführt und in weiterer Folge auch nicht an die BF weiterbelastet wurden.

Im Hinblick auf das Vorbringen, man möge doch dem S die Lohnsteuer vorschreiben, ist festzuhalten, dass auch die Haftungsinanspruchnahme des Dienstgebers nichts daran ändern würde, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung in tatsächlich festgestellter Höhe (also unter Einbeziehung der Einkünfte des S) anzusetzen sind.

Im Übrigen könnten allfällige Lohnsteuernachforderungen auf Grund der Haftung des Arbeitgebers, für die er seine Arbeitnehmer nicht in Anspruch nimmt, wie bereits oben angeführt gemäß § 46 Abs 1 Z 3 EStG 1988 nicht auf die Einkommensteuerschuld der veranlagten Arbeitnehmerin angerechnet werden, weil sie die Arbeitnehmerin nicht selbst getragen hat (vgl ).

Zur von der BF ins Treffen geführten "Nettolohnvereinbarung" ist auszuführen, dass selbst bei Vorliegen einer solchen dies keine Änderung hinsichtlich des Ansatzes der vom S erzielten Einkünfte laut ausgestelltem Lohnzettel bewirken und auch zu keiner Anrechnung der strittigen Lohnsteuer führen würde (vgl ).

Hinsichtlich der von der BF erwähnten zusätzlichen Ansprüche, die sie aus ihrem Dienstverhältnis beim S habe (wie zB Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, Überstunden, Zulagen, Anspruch auf Feiertagsentgelt, Krankenstände und Urlaube, zuzüglich Nichtleistungsentgelte für Ausfallszeiten, usw.), bzw aus einer allfälligen Nettolohnvereinbarung, wird darauf hingewiesen, dass diese Ansprüche seitens der BF gegenüber ihrem Arbeitgeber auf dem Zivilrechtsweg geltend gemacht werden müssten.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (§ 25a Abs 1 VwGG).

Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist eine Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Art. 133 Abs 4 B-VG).

Dies trifft nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu, wenn die in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig sind (vgl. mit vielen weiteren Nachweisen).

Die Entscheidung folgt dem klaren Gesetzeswortlaut des § 46 EStG 1988 bzw den zitierten VwGH-Erkenntnissen, weshalb gemäß § 25a VwGG spruchgemäß zu entscheiden ist.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 39 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 2 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 46 Abs. 1 Z 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 41 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 82 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
Art. 133 Abs. 4 B-VG, Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930
§ 25a Abs. 1 VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
§ 46 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 25a VwGG, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.5100359.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
JAAAF-72968