Kein SZ für eine USt-VZ, wenn gemeldete VZ-Gutschriften nicht verbucht wurden und der Jahresbescheid zu einer Gutschrift geführt hat
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** - nunmehr ***FA1a*** vom betreffend Säumniszuschlag 2016 zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird - ersatzlos - aufgehoben.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Bescheid vom wurde der Beschwerdeführerin (Bf.), einer in Deutschland ansässigen GmbH, ein erster Säumniszuschlag (SZ) in Höhe von 662,64 € vorgeschrieben. Die Festsetzung sei erforderlich gewesen, so das Finanzamt in seiner Begründung, weil die Umsatzsteuer 12/2015 nicht bis entrichtet worden sei.
In der dagegen am eingebrachten Beschwerde wurde vorgebracht, dass das Finanzamt nur gemeldete Zahllasten verbuche, USt-Gutschriften jedoch nicht. Vor der Voranmeldung der USt 12/2015 bestünde ein Guthaben, sodass die Vorschreibung eines SZ zu Unrecht erfolgt sei.
Am erließ das Finanzamt eine abweisende Beschwerdevorentscheidung (BVE) mit der Begründung, dass aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Umsatzsteuerprüfung, welche mehrere Jahre umfasse, einige Voranmeldungsgutschriften noch nicht freigegeben werden konnten. Daher lägen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anpassung oder Aufhebung der Nebengebühren noch nicht zur Gänze vor. Wenn die Prüfung abgeschlossen sei und die Gutschriften entsprechend zur Verfügung stünden, erfolge diese Anpassung oder Aufhebung von Amts wegen.
Im Vorlageantrag vom wurde auf das Vorbringen in der Beschwerde verwiesen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Festgestellt wird, dass die Bf. die USt 12/2015 nicht bis zum entrichtet hat. Weiters steht fest, dass das Finanzamt eingereichte USt-Voranmeldungen mit gemeldeten Gutschriften nicht verbucht hat. Bei erklärungsgemäßer Verbuchung wäre ein SZ nicht angefallen.
Im Zuge von Ermittlungsschritten durch das BFG kam hervor, dass am ein USt-Jahresbescheid 2015 mit einer Abgabengutschrift von 0,01 € erlassen wurde.
Entgegen den Ausführungen in der BVE wurde der SZ nicht von Amts wegen angepasst.
2. Beweiswürdigung
Die im Verfahrensgang und Sachverhalt festgehalten unstrittigen Abläufe finden im Akteninhalt Deckung.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)
Wird eine Abgabe, ausgenommen Nebengebühren, nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet, so sind Säumniszuschläge zu entrichten (§ 217 Abs. 1 BAO).
Die Festsetzung von Säumniszuschlägen, welche eine objektive Säumnisfolge und ein "Druckmittel" zur rechtzeitigen Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht sind, setzt (lediglich) den Bestand einer formellen Zahlungsverpflichtung voraus (vgl. ). Ein allfälliges geringes oder fehlendes Verschulden an der Nichtentrichtung ändert nichts am Entstehen des Säumniszuschlages (vgl. ).
Aufgrund des in freier Beweiswürdigung festgestellten Sachverhaltes steht fest, dass die Umsatzsteuervorauszahlung 12/2015 nicht bis zum Fälligkeitstag am entrichtet wurde.
§ 217 Abs. 8 BAO lautet:
Im Fall der nachträglichen Herabsetzung der Abgabenschuld hat die Berechnung der Säumniszuschläge unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen; dies gilt sinngemäß
a) für bei Veranlagung durch Anrechnung von Vorauszahlungen entstehende Gutschriften ...
Eine Herabsetzung der für die Verwirkung des Säumniszuschlags maßgebenden Abgabenschuldigkeit ist nachträglich, wenn sie nach Verwirkung des Säumniszuschlags erfolgt. In Betracht kommen Änderungen (§ 295 BAO), Berichtigungen (§§ 293, 293b BAO), neue Sachbescheide nach Aufhebungen (§§ 299, 300 BAO) oder Wiederaufnahme des Verfahrens, Beschwerdevorentscheidungen, sowie Erkenntnisse von Verwaltungsgerichten oder in der Sache entscheidende Erkenntnisse des VwGH. Es ist auf die Minderung jener Abgaben Bedacht zu nehmen, welche die Bemessungsgrundlagen für die Festsetzung des Säumniszuschlags gebildet haben (Fischerlehner in Fischerlehner/Brennsteiner, Abgabenverfahren I3, § 217 Rz 22). Erfolgt eine Herabsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung etwa erst im Zuge des Umsatzsteuerjahresbescheids, liegt eine nachträgliche Herabsetzung einer Abgabenschuld iSd § 217 Abs. 8 BAO vor, die zu einer rückwirkenden Herabsetzung des von der Umsatzsteuervorauszahlung festgesetzten Säumniszuschlags führt (vgl ).
Im gegenständlichen Fall liegt unzweifelhaft eine die zwingende Rechtsfolge nach § 217 Abs. 8 BAO auslösende nachträgliche Herabsetzung der Abgabenschuld vor. Durch die gänzliche Herabsetzung der Abgabenschuld entfiel der Säumniszuschlagsanspruch, sodass der Beschwerde schon aus diesem Grund vollinhaltlich stattzugeben war.
Die Umsatzsteuer 2015 wurde mit Bescheid vom in Höhe von 491,98 € festgesetzt. Die daraus resultierende Gutschrift (resultierend aus der bisher festgesetzten Vorauszahlungen in der Höhe 491,99 €) betrug 0,01 €.
Aufgrund der Bestimmung des § 217 Abs. 8 BAO ist der angefochtene Säumniszuschlagsbescheid vom daher ersatzlos aufzuheben (vgl. ).
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Aufhebung der strittigen Säumniszuschlagsfestsetzung ergibt sich unmittelbar aus § 217 Abs. 8 BAO, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 217 Abs. 8 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.2101255.2016 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
PAAAF-72966