Mietvertrag auf unbestimmte Dauer mit beidseitigem Kündigungsverzicht für eine bestimmte Dauer
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***USt*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich zur ErfNr.: ***123*** vom betreffend Gebühr gemäß § 33 TP 5 GebG Gebühren Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang, Parteienvorbringen und Sachverhalt
1. Der gegenständliche Mietvertrag wurden unter den Erfassungsnummer ***123*** zum Zwecke der Gebührenbemessung beim Finanzamt Österreich, Dienststelle für Sonderzuständigkeiten aufgenommen.
Für den Mietvertrag zwischen der ***I-GmbH*** (in weiterer Folge Beschwerdeführerin) als Vermieterin und der ***T-GmbH***, FN ***125***, als Mieterin, über den Mietgegenstand EZ ***1***, KG ***126*** ***K***, mit der Liegenschaftsadresse ***Adr.Liegenschaft***, wurde eine Gebühr in Höhe von 1.533,60 € berechnet.
Im Zuge einer Außenprüfung gemäß § 147 BAO kam es zur Überprüfung der Vergebührung des gegenständlichen Bestandvertrages.
Laut Punkt zwei des Vertrages begann das Mietverhältnis am und wurde unbefristet abgeschlossen. Die Vertragsteile können das geschlossene Mietverhältnis, unter Einhaltung einer 3-monatigen Kündigungsfirst, jeweils zum Monatsletzten aufkündigen.
Erstmalige Möglichkeit zur Kündigung ab Juni 2020 zum .
Auszug aus dem Bestandvertrag:
Die belangte Behörde zog für die Bemessungsgrundlage 59 Monate heran (36 Monate für den unbefristeten Teil + 23 Monate für den befristeten Teil des Bestandvertrages). Der monatliche Hauptmietzins zzgl. Nebenkosten beträgt 4.260 € und war ab November 2018 erstmals zu entrichten.
Die belangte Behörde berechnete gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 Z 1 GebG 1% von 251.340 € Bemessungsgrundlage = 2.513,40 €. Es ergab sich daher eine Nachforderung von 979,80 €.
2. Mit Bescheid gem. § 201 BAO vom wurde der Beschwerdeführerin die Differenz in Höhe von 979,80€ vorgeschrieben
3. Mit Beschwerde vom (eingelangt am ) wurde der Bescheid zur Gänze angefochten und dessen ersatzlose Aufhebung beantragt. Die Beschwerde wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Rechtsansicht des Finanzamtes unrichtig sei, insbesondere, weil gleichheitswidrig und weil der befristete Teil des Mietvertrages (23 Monate) bereits im unbefristeten Teil des Mietvertrages enthalten sei und es daher zu einer Doppelbesteuerung käme.
4. Die Beschwerde wurde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen.
5. Mit Schreiben vom (eingegangen am ) beantragte die Beschwerdeführerin die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht.
6. Mit Vorlagebericht vom wurde der Akt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Rechtliche Beurteilung:
2.1. Rechtsgrundlage
§ 33 TP 5 Abs. 1 GebG 1957: Bestandverträge (§§ 1090 ff. ABGB) und sonstige Verträge, wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis erhält, nach dem Wert
1. im allgemeinen 1 v.H.;
2.beim Jagdpachtvertrag 2 v.H.[…]
§ 33 TP 5 Abs. 3 GebG 1957: Bei unbestimmter Vertragsdauer sind die wiederkehrenden Leistungen mit dem Dreifachen des Jahreswertes zu bewerten, bei bestimmter Vertragsdauer mit dem dieser Vertragsdauer entsprechend vervielfachten Jahreswert, höchstens jedoch dem Achtzehnfachen des Jahreswertes. Ist die Vertragsdauer bestimmt, aber der Vorbehalt des Rechtes einer früheren Aufkündigung gemacht, so bleibt dieser Vorbehalt für die Gebührenermittlung außer Betracht.
2.2. Erwägungen
Nach dem unbestrittenen Sachverhalt ist der gegenständliche Mietvertrag auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden. Im Punkt II.2. des Mietvertrages verzichten die beiden Vertragsparteien auf eine Kündigung des Vertrages für die Dauer von 23 Monaten. Nach Punkt II.3. des Mietvertrages könnte die Vermieterin das Vertragsverhältnis auflösen, wenn ein wichtiger, in der Person des Mieters gelegener Grund nach § 1118 ABGB vorliegt. Es stand ihr somit nur eine eingeschränkte Kündigungsmöglichkeit zu.
Ob die Vertragsdauer bestimmt oder unbestimmt ist, wird nicht nach der Form, sondern nach dem Inhalt des Vertrags beurteilt (vgl. ). Ob beide Vertragsteile auf eine bestimmte Zeit gebunden sind, ist danach zu beurteilen, welche Möglichkeiten eine oder beide Parteien haben, den Vertrag (vorzeitig) zu beenden (vgl. ). Dabei steht allerdings die Möglichkeit, den Vertrag aus bestimmt bezeichneten Gründen schon vorzeitig einseitig aufzulösen, der Beurteilung des Vertrags als eines auf bestimmte Zeit abgeschlossenen nicht im Wege (vgl. 143/63).
Ausnahmsweise bestehende Kündigungsmöglichkeiten vermögen die grundsätzliche Bindung einer Vertragspartei an ein nach dem Vertragsinhalt auf bestimmte Dauer abgeschlossenes Bestandverhältnis nicht aufzuheben ().
Dies umso mehr, als die vorzeitige Kündigung nach § 1118 ABGB schon deshalb außer Acht zu lassen ist, da die dort normierten Kündigungsmöglichkeiten ein schuldhaftes Verhalten des jeweils anderen Vertragspartners, hier also der Mieterin, voraussetzen. Es kann daher nicht davon die Rede sein, dass die Möglichkeit einer vorzeitigen einseitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses für die Vermieterin aus diesen Gründen gewährleistet ist (so auch )
Ein solcher Vertrag ist daher zunächst auf bestimmte Zeit (das ist zum zunächst vereinbarten Ende der beiderseitigen Bindung) und danach als auf unbestimmte Zeit abgeschlossen zu werten (vgl 143/63, bestätigt durch ; , 1826/65; , 729/66; , 797/69; , 2266/71; , 1228/72; , 1102/73; , 1832/73; , 703 ff/76 und , 114 und 454/77). Für diese zweite Phase der vertraglichen Regelung (Vertrag von unbestimmter Dauer) erfolgt die Bewertung erneut nach § 33 TP 5 Abs 3 (Bewertung mit dem dreifachen Jahreswert) (vgl. auch 15/3182/80, ). Somit sind - wie die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung zutreffend ausführt - auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Bestandverträge, bei denen aber zunächst für eine bestimmte Zeit ein beiderseitiger Kündigungsverzicht vereinbart wurde, für die Zeit des Kündigungsverzichtes als Verträge mit bestimmter Dauer und für die anschließende, unbestimmte Zeit also solche von unbestimmter Vertragsdauer zu vergebühren (vgl. ).
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtmäßig.
1.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall sind die zu klärenden Rechtsfragen durch die zitierte ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschieden, sodass eine Revision nicht zulässig ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 33 TP 5 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100087.2022 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
VAAAF-72964