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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.03.2025, RV/2101172/2020

Krankheitskosten ohne Zusammenhang mit einer Behinderung: agB mit Selbstbehalt

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2019,
Steuernummer ***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird im Ausmaß der Beschwerdevorentscheidung vom
teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer (Bf.) beantragte in der elektronisch eingereichten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2019 neben Sonderausgaben auch Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen wegen seiner Behinderung von 50% von 6.620,63 € und für eine Diätverpflegung.

Im Ermittlungsverfahren vor dem Finanzamt legte der Bf. eine Kostenaufstellung der beantragten Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen mit Angabe der Kostenersätze vor. Die angeforderten Rechnungen wurden nicht beigebracht.

Im Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2019 vom wurden das Sonderausgabenviertel, der Freibetrag wegen eigener Behinderung von 401,00 € und der Pauschbetrag wegen der Krankendiätverpflegung von 840,00 € berücksichtigt. In der Begründung wurde ausgeführt, dass nur die nachgewiesenen Aufwendungen berücksichtigt werden konnten, da das Finanzamt trotz Aufforderung nicht alle Unterlagen erhalten habe.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht die Beschwerde und legte ein Konvolut Rechnungen für die beantragten Aufwendungen vor.

In der Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen vor Abzug des Selbstbehaltes iHv 3.323,69 € (bei einem Selbstbehalt von 2.342,43 €), der Freibetrag wegen eigener Behinderung von 401,00 €, der Pauschbetrag wegen der Krankendiätverpflegung von 840,00 € und nachgewiesene Kosten aus der eigenen Behinderung nach der Verordnung über außergewöhnliche Belastungen von 967,38 € berücksichtigt. In der Begründung wurde ausgeführt:
"Unter Krankheit ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung zu verstehen, die eine Heilbehandlung bzw. Heilbetreuung erfordert. Nicht abzugsfähig sind daher Aufwendungen für die Vorbeugung vor Krankheiten sowie für die Erhaltung der Gesundheit.
Werden Medikamente zur Heilung oder Linderung einer Krankheit sowie Heil- oder Pflegebehelfe ärztlich verschrieben, sind die Aufwendungen jedenfalls als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig.
Hat der Steuerpflichtige Anspruch auf einen Behindertenfreibetrag, so ist zu unterscheiden:
- Krankheitskosten, die mit der Behinderung im Zusammenhang stehen. Die Berücksichtigung erfolgt ohne Selbstbehalt.
- Krankheitskosten, die nicht mit der Behinderung im Zusammenhang stehen. Diese können nur nach Abzug des Selbstbehaltes berücksichtigt werden.
Aufwendungen für Behandlungsleistungen durch nicht ärztliches Personal (z.B. Physiotherapeuten) sind grundsätzlich nur dann als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, wenn diese Leistungen ärztlich verschrieben oder die Kosten teilweise von der Sozialversicherung ersetzt werden.
Die Rechnung von
***1*** konnte daher nicht berücksichtigt werden.
Die Kosten für Brille, Zahnarzt und Augenarzt wurden als Krankheitskosten mit Berücksichtigung des Selbstbehaltes angesetzt, da diese Kosten nicht im Zusammenhang mit der Behinderung stehen.
Von den beantragten Kosten für Medikamente wurden folgende Positionen gem. § 34 EStG 1988 nicht anerkannt: Suppe, Widmer-Produkte, Zwischenraumbürstchen, div. Tees, Waschcreme, Sonnencreme, ätherische Öle, Pflaster, Bittersegen, Nahrungsergänzungsmittel, div. Kosmetikartikel, Rasierwasser
."

Daraufhin erhob der Beschwerdeführer nochmals eine Beschwerde, die als fristgerechter Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) gewertet wurde. Er ersuchte um Überprüfung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2019. In der Anlage übermittelte er den Bescheid des Bundessozialamtes von 2001, da er aufgrund seiner Krankheiten, unter anderem Diabetes, eine 50% Behinderung habe. Sein Augenlicht verschlechterte sich dadurch, deshalb habe er 2019 eine Augenoperation auf beiden Augen gehabt und deshalb brauche er immer wieder neue Brillen (1.646,-) und einige Besuche beim Augenarzt (verbleibende Kosten von 176,03). Er bittet diese Kosten als außergewöhnliche Belastungen (gemeint ohne Selbstbehalt) einzustufen.
Im beigelegten Gutachten vom ergeben die Gesundheitsschädigungen eines Diabetes mellitus mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 30 v.H., eines arteriellen Hypertonus mit einem GdB von 30 v.H. und von Arthrosen sowie Carpaltunnelsyndrom bds mit einem GdB von 20 v.H. einen Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H..

Nach Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht am wurde der Beschwerdeführer mit Schreiben vom ersucht, einen Nachweis (zB. neues Sozialministerium-Gutachten) über eine Behinderung auch für das Augenleiden vorzulegen, um beurteilen zu können, ob die geltend gemachten Aufwendungen für die Brillen und die Augenärzte tatsächlich außergewöhnliche Belastungen auf Grund einer Behinderung ohne Selbstbehalt darstellen.
Dieses Ersuchen des Bundesfinanzgericht blieb unbeantwortet.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die Aufwendungen des Beschwerdeführers für die Augenärzte und die Brillen auch als außergewöhnliche Belastungen ohne Selbstbehalt zu berücksichtigen sind.

Nach § 34 Abs. 1 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) sind bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2),
2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3),
3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.
Abs. 2: Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.
Abs. 3: Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Abs. 4: Die Belastung beeinträchtigt wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt.
Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen
von höchstens 7 300 Euro ................................. 6%.
mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro ........ ........ 8%.
mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro .............. 10%.
mehr als 36 400 Euro ............................... ...... 12%.
Der Selbstbehalt vermindert sich um je einen Prozentpunkt
- wenn dem Steuerpflichtigen der Alleinverdienerabsetzbetrag oder der Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht
- wenn dem Steuerpflichtigen kein Alleinverdiener- oder Alleinerzieherabsetzbetrag zusteht, er aber mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt
- für jedes Kind (§ 106).
Abs. 5: Sind im Einkommen sonstige Bezüge im Sinne des § 67 enthalten, dann sind als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für Zwecke der Berechnung des Selbstbehaltes die zum laufenden Tarif zu versteuernden Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, erhöht um die sonstigen Bezüge gemäß § 67 Abs. 1 und 2, anzusetzen.
Abs. 6: Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:
[…]
- Aufwendungen im Sinne des § 35, die an Stelle der Pauschbeträge geltend gemacht werden (§ 35 Abs. 5).
- Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung, wenn die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 vorliegen, soweit sie die Summe pflegebedingter Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
Der Bundesminister für Finanzen kann mit Verordnung festlegen, in welchen Fällen und in welcher Höhe Mehraufwendungen aus dem Titel der Behinderung ohne Anrechnung auf einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 und ohne Anrechnung auf eine pflegebedingte Geldleistung zu berücksichtigen sind.

In der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über außergewöhnliche Belastungen, BGBl. 1996/303 idgF, wird Folgendes bestimmt:
§ 1 Abs. 1: Hat der Steuerpflichtige Aufwendungen durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung, so sind die in den §§ 2 bis 4 dieser Verordnung genannten Mehraufwendungen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.
Abs. 2: Eine Behinderung liegt vor, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt.
Abs. 3: Die Mehraufwendungen gemäß §§ 2 bis 4 dieser Verordnung sind nicht um eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage oder Blindenzulage) oder um einen Freibetrag nach § 35 Abs. 3 EStG 1988 zu kürzen.
§ 2 Abs. 1: Als Mehraufwendungen wegen Krankendiätverpflegung sind ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten bei
- Tuberkulose, Zuckerkrankheit, Zöliakie oder Aids 70 Euro
- Gallen-, Leber- oder Nierenkrankheit 51 Euro
- Magenkrankheit oder einer anderen inneren Krankheit 42 Euro
pro Kalendermonat zu berücksichtigen. Bei Zusammentreffen mehrerer Krankheiten ist der höhere Pauschbetrag zu berücksichtigen.
Abs. 2: Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von weniger als 25% sind die angeführten Beträge ohne Nachweis der tatsächlichen Kosten nach Abzug des Selbstbehaltes gemäß § 34 Abs. 4 EStG 1988 zu berücksichtigen.
[…]
§ 4: Nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Hilfsmittel (zB Rollstuhl, Hörgerät, Blindenhilfsmittel) sowie Kosten der Heilbehandlung sind im nachgewiesenen Ausmaß zu berücksichtigen.

§ 35 Abs. 1 EStG 1988 bestimmt:
Hat der Steuerpflichtige außergewöhnliche Belastungen
- durch eine eigene körperliche oder geistige Behinderung,
- bei Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-) Partners (§ 106 Abs. 3),
- ohne Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag durch eine Behinderung des (Ehe-) Partners, wenn er mehr als sechs Monate im Kalenderjahr verheiratet oder eingetragener Partner ist und vom (Ehe-)Partner nicht dauernd getrennt lebt und der (Ehe-)Partner Einkünfte im Sinne des § 33 Abs. 4 Z 1 von höchstens 6 000 Euro jährlich erzielt,
- durch eine Behinderung eines Kindes (§ 106 Abs. 1 und 2), für das keine erhöhte Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 gewährt wird,
und erhält weder der Steuerpflichtige noch sein (Ehe-)Partner noch sein Kind eine pflegebedingte Geldleistung (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage), so steht ihm jeweils ein Freibetrag (Abs. 3) zu.
Abs. 2: Die Höhe des Freibetrages bestimmt sich nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,
1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,
2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.
Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Den dargestellten gesetzlichen Bestimmungen zufolge hat sich der Gesetzgeber bei der Anerkennung von Aufwendungen infolge von Behinderungen als außergewöhnliche Belastung ohne Selbstbehalt im Verordnungswege für die Einführung einer 25 % Grenze (Grad der Behinderung - GdB) entschieden.

Allgemein ist festzuhalten, dass in der Regel bei Krankheit tatsächliche Gründe für die Begründung der Zwangsläufigkeit bestehen (, ; ; ).

Aufwendungen in Zusammenhang mit der Behandlung einer Krankheit, die von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht übernommen werden oder diese übersteigen, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann zwangsläufig, wenn sie aus medizinisch triftigen Gründen geboten sind.
Triftige Gründe liegen vor, wenn für den Steuerpflichtigen konkrete medizinische Nachteile entstehen würden, welche ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden. Die Beweislast dafür trägt der Steuerpflichtige, der selbst alle Umstände darzulegen hat, auf welche die Berücksichtigung bestimmter Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung gestützt werden kann (vgl. mwN).

Im Erkenntnis vom , Ro 2021/15/0005, hat der VwGH ausgesprochen:
"Die medizinische Notwendigkeit einer Maßnahme wird zB durch eine ärztliche Verordnung, einen ärztlichen Therapieplan oder durch Übernahme der Kosten durch den Sozialversicherungsträger nachgewiesen (vgl. Ra 2017/13/0039; , 2001/15/0164).
Das Merkmal der Zwangsläufigkeit muss auch der Höhe nach gegeben sein (vgl.
Ra 2020/15/0029).
Nicht jede Aufwendung, die einem positiven therapeutischen Zweck dienen, können als Heilbehandlungskosten im Sinne der Verordnung des BMF über außergewöhnliche Belastungen angesehen werden. Kosten der Heilbehandlung umfassen etwa in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung stehende Kosten für Ärzte und Therapien (vgl.
2007/15/0309), mit einer konkreten Heilbehandlung im Zusammenhang stehende ärztlich verordnete Medikamente (vgl. 2013/15/0254), ärztlich angeordnete Therapien oder Kuren (vgl. 99/13/0169), etc. (vgl. 2009/15/0094)."

Im Erkenntnis des wurde ausgeführt:
"Zu den als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen Krankheitskosten zählen nur Aufwendungen für solche Maßnahmen, die zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig sind (vgl. Ra 2019/15/0113, mwN). Zum Nachweis der Notwendigkeit ist ein ärztliches Zeugnis oder ein Gutachten erforderlich (vgl. 2012/15/0136, mwN). Einem ärztlichen Gutachten kann es gleich gehalten werden, wenn ein Teil der angefallenen Aufwendungen von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung übernommen wird (vgl. Ra 2019/15/0159, mwN)."

Im Erkenntnis vom , Ra 2023/13/0016, hat der VwGH festgestellt:
"Bei Mehraufwendungen "aus dem Titel der Behinderung" muss es sich um Kosten handeln, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung stehen. Betreffen die Kosten hingegen etwa die Behandlung von Krankheiten, die mit der Behinderung nicht in Zusammenhang stehen, so können sie nur nach Abzug des Selbstbehaltes berücksichtigt werden (vgl. 99/13/0169; Ro 2016/13/0010, mwN; vgl. auch Ro 2018/13/0013)."

Lt. dem Gutachten des Bundessozialamtes vom wurden die Gesundheitsschädigungen eines Diabetes mellitus mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 30 v.H., eines arteriellen Hypertonus mit einem GdB von 30 v.H. und von Arthrosen sowie Carpaltunnelsyndrom bds mit einem GdB von 20 v.H. und somit ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. festgestellt.

Da nach der VO über außergewöhnliche Belastungen eine Behinderung nur vorliegt, wenn das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) mindestens 25% beträgt, können nur die Kosten der Heilbehandlung, die im ursächlichen Zusammenhang mit den vorhin genannten Gesundheitsschädigungen über 25 v.H. stehen ohne Selbstbehalt Berücksichtigung finden.

Sofern Krankheitskosten nicht im Zusammenhang mit einer Behinderung im Ausmaß von mindestens 25 v.H. stehen, unterliegen sie den allgemeinen Bestimmungen des § 34 EStG 1988, sodass der vom Steuerpflichtigen zu tragende Selbstbehalt abzuziehen ist.

Im vorliegenden Fall hat das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung vom die vom Bf. ohne Selbstbehalt beantragten Aufwendungen über außergewöhnliche Belastungen von 6.620,63 € iHv 967,38 € ohne Selbstbehalt und iHv 3.323,69 € mit Selbstbehalt berücksichtigt.

Ein Teil der beantragten Kosten wurde überhaupt ausgeschieden, wie zB Suppe, Zwischenraumbürstchen, Nahrungsergänzungsmittel, Kosmetikartikel, usw.. Nicht jeder Einkauf in einer Apotheke stellt eine außergewöhnliche Belastung iSd Einkommensteuerrechts dar.

Da der Beschwerdeführer auch Krankheitskosten beantragte, die nicht im ursächlichem Zusammenhang mit den Gesundheitsschädigungen mit einem GdB von mindestens 25 v.H. stehen (wie zB die Kosten für die Augenärzte und die Brillen), sieht es das Bundesfinanzgericht als erwiesen an, dass die in der Beschwerdevorentscheidung vorgenommene Aufteilung in Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen mit und ohne Selbstbehalt zu Recht vorgenommen wurde. Dass die Kosten für die Augenärzte und die Brillen die Behandlung von Krankheiten betreffen, die mit der Behinderung in Zusammenhang stehen, wurde vom Beschwerdeführer weder glaubhaft gemacht noch nachgewiesen. Das Ergänzungsersuchen des Bundesfinanzgerichtes vom wurde nicht beantwortet.

Um Wiederholungen zu vermeiden wird zur Aufteilung der Aufwendungen über außergewöhnliche Belastungen mit und ohne Selbstbehalt bzw. der ausgeschiedenen Kosten auf die ausführliche Begründung der Beschwerdevorentscheidung vom und die detaillierte Stellungnahme des Finanzamtes zum Vorlagebericht vom verwiesen.

Auf Grund des im gegenständlichen Fall vorliegenden Sachverhaltes, der gesetzlichen Bestimmungen und der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes war über die Beschwerde wie im Spruch zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht vorliegt, sondern der als erwiesen anzunehmende Sachverhalt in freier Beweiswürdigung festgestellt wurde und das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abweicht, ist eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
BAAAF-72962