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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.03.2025, RV/2100197/2024

Arbeitgebereigenes KFZ - Erhöhung des Sachbezugswertes für nicht beruflich veranlasste Fahrten in ländlichen Gebieten ohne entsprechende Nachweise (z.B Fahrtenbuch, Reisekostenaufzeichnungen, Reiseberichte, etc.), keine Schätzung des SB-Wertes in prozentuellem Verhältnis möglich, bei Naheverhältnis zwischen AG und AN klare Dokumentation notwendig, erhöhte Mitwirkungspflicht, Glaubhaftmachung reicht nicht aus

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Martin C. WITTMANN in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich jeweils vom , Steuernummer ***BF1StNr1***, betreffend Dienstgeberbeitrag 2018 bis 2021, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2018 bis 2021 sowie Haftungsbescheide Lohnsteuer 2018 bis 2021, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden im Sinne der Beschwerdevorentscheidung vom abgeändert.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im Zuge einer bei der Beschwerdeführerin (im Folgenden Bf) durchgeführten Prüfung lohnabhängiger Abgaben und Beiträge (im Folgenden PLAB) für den Zeitraum bis hat die belangte Behörde die LSt-freie Behandlung von Taggeldern nicht anerkannt (Außenprüfungsbericht vom ). Auch erhöhte sie den Sachbezugswert (im Folgenden: SB-Wert) der Dienstnehmerin ***1*** (im Folgenden BM) iHv monatlich 134,- Euro auf 960,- Euro und setzte ihn entsprechend mit Bescheiden jeweils vom fest.

Dagegen erhob die Bf (nach mehrmaligen Fristverlängerungen) mit Schriftsatz vom Beschwerde und führte begründend insb aus, dass in den Jahren 2018 bis 2021 ein SB von BM iHv 134,- Euro monatlich und nicht 960,- Euro monatlich angesetzt worden sei, da das KFZ als einziger Firmen-PKW (abgesehen von Pickups und Baustellenfahrzeugen) primär vom Gf der Bf für betriebliche Fahrten genutzt worden wäre. BM habe das KFZ dementsprechend nur in sehr eingeschränktem Ausmaß überhaupt zur privaten Nutzung zur Verfügung gehabt. Es wäre daher nur ein der anteiligen Nutzungsmöglichkeit entsprechender SB-Wert in der Personalverrechnung berücksichtigt worden. Diese anteilige Berücksichtigung wäre im Zuge der abgabenrechtlichen Prüfung abgelehnt worden, da kein lückenlos geführtes Fahrtenbuch als Nachweis vorgelegen wäre und dies gem § 4 Abs 3 Sachbezugswerteverordnung (im Folgenden SB-Werte-VO) erforderlich sei. § 4 Abs 3 SB-Werte-VO wäre jedoch im vorliegenden Fall nicht einschlägig, da kein Fall vorläge, in dem eine Arbeitnehmerin ein Firmenfahrzeug vollumfänglich zur Nutzung zur Verfügung habe, aber das KFZ tatsächlich nur in sehr geringem Ausmaß nutze. Vielmehr läge der Fall einer eingeschränkten, anteiligen Nutzungsmöglichkeit vor, für die der VwGH (Verweis auf ) die Ermittlung eines Nutzungsanteils bei abwechselnder Fahrzeugnutzung ausdrücklich auch im Schätzungswege zulasse. Dass der SB-Wert entsprechend der Nutzungsmöglichkeit zu ermitteln sei, habe der VwGH auch iZm der Nutzung von Dienstwohnungen durch mehrere Arbeitnehmer bestätigt (Verweis auf ). Aufgrund der betrieblichen Nutzung des KFZ des Gf sei nur ein Ausmaß der Fahrten von BM unter 6.000 km im Jahr möglich gewesen wäre. Des Weiteren legte die Bf eine Aufstellung und Berechnung der vom Bf-Gf mit diesem KFZ betrieblich gefahrenen km und Fahrtstrecken vor. Zum KFZ mit dem Kennzeichen ***2*** führte die Bf aus, dass dieses erst Ende Jänner 2020 repariert worden wäre und bei dieser Reparatur kein Pickerl (§ 57a-KFG-Begutachtung) mehr bekommen hätte und somit nur mehr innerhalb des Firmengeländes benutzt worden wäre. Als Beweismittel wurden Tankabrechnungen sowie Reparaturrechnungen der Beschwerde beigelegt.

Der Bf habe daher ab Februar 2018 nur mehr das im Betriebsvermögen der Bf befindliche KFZ mit dem Kennzeichen ***3*** für betriebliche Fahrten zu Kunden, Lieferanten und Baustellen zur Verfügung gehabt. BM habe zwar die Möglichkeit gehabt, das KFZ privat zu nutzen, wenn es gerade nicht benötigt worden sei, in Anbetracht des vom Gf bewältigten Arbeitspensums sei das jedoch nur mehr in geringem Umfang der Fall gewesen. Der Nutzungsanteil von BM sei im Schätzungsweg mit etwa 10% der Gesamtnutzung ermittelt worden. Der in der Personalverrechnung berücksichtigte SB iHv 134,- Euro monatlich (14%) habe daher bereits einen Sicherheitszuschlag aufgrund der Schätzung berücksichtigt. Die Bf legte betreffend den Gesamt-km-Stand des KFZ ***3*** Serviceberichte vor. Der Bf habe zwar keine Aufzeichnungen in Form eines Fahrtenbuches geführt, müsse aber die Baustellen regelmäßig aufsuchen, um den Projektfortschritt und die Qualität der Arbeiten zu überwachen, Lösungen für Probleme in der Abwicklung zu suchen und entsprechende Anweisungen zu erteilen, als Ansprechpartner für den Auftraggeber zur Verfügung zu stehen udgl. Er sei auch für die Akquise und Angebotslegung für neue Aufträge verantwortlich.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde hinsichtlich dem Beschwerdepunkt der steuerfreien Taggelder statt, wies diese jedoch hinsichtlich des Beschwerdepunktes SB mit folgender Begründung ab: Gem § 15 Abs 1 EStG lägen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs 3 Z 4 bis 7 EStG zuflössen. § 15 Abs 2 EStG normiere, dass geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von KFZ zur Privatnutzung und sonstige SBe) mit den um übliche Preisnachlässe verminderten üblichen Endpreisen des Abgabeortes anzusetzen seien. Betrage die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten iSd § 4 Abs 1 SB-Werte-VO im Jahr nachweislich nicht mehr als 500 km, sei ein SB-Wert im halben Betrag anzusetzen. Unterschiedliche Fahrtstrecken in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen seien unbeachtlich (§ 4 Abs 2 SB-Werte-VO). Die in § 4 Abs 2 SB-Werte-VO erforderliche Nachweisführung könne nicht nur mit einem Fahrtenbuch erfolgen (Verweis zB auf ). Der in § 4 Abs 2 SB-Werte-VO vorgesehene Nachweis setze eine konkrete Behauptung betreffend das Ausmaß der im jeweiligen Jahr zurückgelegten Fahrtstrecken iSd § 4 Abs 1 und die Beibringung geeigneter Beweismittel voraus. Eine bloße Glaubhaftmachung reiche hingegen nicht aus (Verweis auf Jakom/Lenneis, EStG, 2020, § 15 Rz 20 mwN). Bswp sei es zulässig, dass die gesamte jährliche km-Leistung um jene für Dienstfahrten, die durch Reiserechnungen oder Reiseberichte nachgewiesen würden, vermindert werde. Betrage das Ergebnis höchstens 6.000 km im Jahr, stehe der halbe SB-Wert zu. Im ggst Fall sei BM ausdrücklich berechtigt gewesen, das ihr von der Bf zur Verfügung gestellte KFZ auch für private Zwecke zu nutzen. Die Privatnutzung des arbeitgebereigenen KFZ sei auch durch den Ansatz eines SB im Rahmen der Lohnverrechnung dokumentiert worden. Die von der Bf vorgelegte Aufstellung über die angeblichen betrieblichen Fahrten stelle keinen entsprechenden Nachweis über die tatsächlich gefahrenen betrieblichen Fahrten dar. In der Aufstellung würden lediglich betriebliche Fahrten zu Baustellen behauptet. Ein Nachweis über die tatsächlich durchgeführten betrieblichen Fahrten bleibe die Beschwerde schuldig. Wie bereits ausgeführt, reiche jedoch eine Glaubhaftmachung nach der st Rsp nicht aus. Die Festsetzung des vollen SB für die Jahre 2018-2021 unter Anrechnung des bereits angesetzten Teiles sei daher zu Recht erfolgt.

Nicht gefolgt werden könne der Rechtsansicht der Bf unter Hinweis auf das VwGH-Erkenntnis vom , 94/14/0131, dass im Zuge einer Schätzung der SB-Wert zwischen dem Gf und BM im prozentuellen Verhältnis aufzuteilen wäre. Voraussetzung für den Ansatz eines SB sei, dass für den Arbeitnehmer die Möglichkeit besteht, ein arbeitgebereigenes KFZ für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen. Entscheidend sei daher, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein arbeitgebereigenes KFZ zur Privatnutzung zur Verfügung stelle. Dem Erkenntnis des , liege ein Sachverhalt zugrunde, bei dem mehreren Arbeitnehmern gleichzeitig im Zuge einer Fahrgemeinschaft ein arbeitgebereigenes KFZ zur Verfügung gestellt werde. Für den Fall einer Fahrgemeinschaft oder - wie im VwGH-Erkenntnis 94/14/0131 - einer zeitweisen Fahrgemeinschaft, widerspräche es § 15 Abs 2 EStG, jeden Teilnehmer an der Fahrgemeinschaft derart mit dem ungeteilten, also vollen SB-Wert zu belasten, wie einen Arbeitnehmer, der das KFZ allein benutze. Im ggst Fall benützten eben nicht mehrere Dienstnehmer ein KFZ zur selben Zeit gemeinsam wie bei einer Fahrgemeinschaft, sondern BM sei alleine für gewisse Zeiten das KFZ zur Vornahme privater Fahrten zur Verfügung gestanden. Hier sei nicht ein SB-Wert auf mehrere Dienstnehmer für dieselbe Fahrt aufzuteilen, sondern es liege eine Zurverfügungstellung eines KFZ iSd § 4 Abs 2 SB-Werte-VO vor. Die belangte Behörde merkte zum Vorbringen betreffend das KFZ Mercedes Benz E 200 CDI mit dem Kennzeichen ***2*** an, dass dieses bei der § 57a-KFG-Überprüfung am positiv begutachtet worden und somit das "Pickerl" ausgestellt worden sei. An dem Tag sei ein km-Stand von 225.009 ausgewiesen worden. Bei der nächsten positiven § 57a-KFG-Begutachtung am sei ein km-Stand von 242.233 angeführt worden. Auch die beigelegten Tankauszüge zeigten auf, dass sehr viele Betankungen vorgenommen und das KFZ intensiv benutzt worden sei. Die in dem Zeitraum von ca. 6 Monaten zurückgelegten ca. 17.000 km ließen nicht auf eine alleinige Benutzung am Firmengelände schließen. Noch dazu komme, dass die § 57a-KFG-Begutachtungen positiv verlaufen seien und das KFZ im Straßenverkehr habe verwendet werden können. Auch die Bestimmung des § 4 Abs 3 SB-Werte-VO (Mini-SB) könne schon aufgrund des Nichtführens eines lückenlosen Fahrtenbuches nicht zur Anwendung gelangen.

Am legte die belangte Behörde die Beschwerde dem BFG zur Entscheidung vor, ohne neues Vorbringen zu erstatten.

II. Über die Beschwerde wurde erwogen:

1. Sachverhalt und Beweiswürdigung

Das Finanzamt hat im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung vom dem Beschwerdepunkt betreffend der steuerfreien Taggelder bereits stattgeben, weswegen darauf im ggst Beschwerdeverfahren vor dem BFG nicht mehr einzugehen war.

Strittig ist noch, ob die belangte Behörde zu Recht den SB-Wert der Dienstnehmerin BM iHv 134,- Euro auf 960,- Euro für die Jahre 2018-2021 erhöht und entsprechend festgesetzt hat.

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass im streitggst Zeitraum tatsächlich eine Privatnutzung des der Arbeitnehmerin BM von ihrer Arbeitgeberin (Bf) kostenlos überlassenen arbeitgebereigenen KFZ stattgefunden hat und daher ein SB anzusetzen ist. Unstrittig ist auch, dass das arbeitgebereigene KFZ jene CO2-Emissionswerte überschritten hat, die für die Bewertung des SB mit dem Prozentsatz von 1,5% erforderlich wäre. Streit besteht darüber, ob es beim Ansatz eines anteiligen SB - wie von der Bf im Rahmen der Lohnabrechnung vorgenommen - zu bleiben hat oder dieser auf den vollen SB-Wert gem § 4 Abs 1 SB-Werte-VO zu erhöhen ist (Ansicht des Finanzamtes).

Den aktenkundigen Unterlagen (insb Aufstellung der "wichtigsten" Bauprojekte der Bf in den Jahren 2018 bis 2021, Tankauszüge zum KFZ ***2*** 2012-2023, Serviceberichte zum KFZ ***3*** etc) lässt sich nicht entnehmen, welche privaten Fahrten tatsächlich unternommen wurden, da gar keine privaten Fahrten angeführt sind.

Die aktenkundigen von der Bf vorgelegten Unterlagen bzw Aufstellungen weisen folgende Mängel auf:

  • keine Angabe von An- und Abfahrtszeiten

  • keine Angabe von privat zurückgelegten Strecken

  • teilweise Erfassung von Fahrten ohne klar definiertes Reiseziel (zB "***4***, "***5***")

BM war im Streitzeitraum bei der Bf angestellt und ihr war unstrittig von der Bf ein Firmen-KFZ auch zur Privatnutzung überlassen. Für die mit dem Gf der Bf verheirateten BM war im Zeitraum 2018 bis 2021 ein KFZ nicht zum Verkehr zugelassen (Abfrage KFZ-Zentralregister).

Die Sachverhaltsfeststellungen beruhen auf den jeweils angeführten Grundlagen des Verwaltungsaktes, den von der Bf selbst gemachten Angaben sowie den angegebenen Datenbankabfragen und sind unstrittig.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gem § 15 Abs 1 EStG liegen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs 3 Z 4 bis 7 EStG zufließen. § 15 Abs 2 EStG normiert, dass geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von KFZ zur Privatnutzung und sonstige SBe) mit den um übliche Preisnachlässe verminderten üblichen Endpreisen des Abgabeortes anzusetzen sind.

Die SB-Werte-VO dient der Sicherstellung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (§ 114 BAO) und stellt eine erhebliche Vereinfachung der Verwaltungspraxis (insb bei der Lohnverrechnung) dar (BFH, BStBl 1987 II 355).

Gem § 4 Abs 1 Z 1 SB-Werte-VO ist ein SB von 2% der tatsächlichen Anschaffungskosten des KFZ (einschließlich USt und NoVA), maximal 960 Euro monatlich, anzusetzen, wenn für den Arbeitnehmer die Möglichkeit besteht, ein arbeitgebereigenes KFZ für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen. Die Anschaffungskosten umfassen auch Kosten für Sonderausstattungen.

§ 4 Abs 1 Z 2 SB-Werte-VO bestimmt, dass abweichend von Z 1 für KFZ, die einen bestimmten C02-Emissionswert nicht überschreiten, ein SB von 1,5% der tatsächlichen Anschaffungskosten des KFZ (einschließlich USt und NoVA), maximal 720 Euro monatlich, anzusetzen ist.

Beträgt die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten iSd § 4 Abs 1 SB-Werte-VO im Jahr nachweislich nicht mehr als 500 km, ist ein SB-Wert im halben Betrag anzusetzen. Unterschiedliche Fahrtstrecken in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen sind unbeachtlich (§ 4 Abs 2 SB-Werte-VO).

Um Missbräuche in einer nachträglich von externer Seite kaum nachprüfbaren Sachverhaltslage hintan zu halten, sieht § 4 Abs 2 SB-Werte-VO explizit einen Nachweis vor. Da es um die Erwirkung einer abgabenrechtlichen Begünstigung geht, trifft die Nachweispflicht den Steuerpflichtigen, der den Ansatz des halben SB-Wertes begehrt.

Der verminderte SB nach § 4 Abs 2 SB-Werte-VO hängt vom Nachweis ab, dass die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten iSd Abs 1 im Jahr nicht mehr als 500 km beträgt. Hiefür ist die Bf beweispflichtig (vgl nur ; , 2001/08/0076). Erforderlich ist daher ein Nachweis der untergeordneten privaten Nutzung. Der in § 4 Abs 2 SB-Werte-VO vorgesehene Nachweis setzt eine konkrete Behauptung betreffend das Ausmaß der im jeweiligen Jahr zurückgelegten Fahrtstrecken iSd § 4 Abs 1 der angeführten VO und die Beibringung geeigneter Beweismittel voraus (vgl nur ; , 99/15/0193). Eine bloße Glaubhaftmachungreicht hingegen nicht aus (vgl nur ; , RV/4100302/2010).

Im Hinblick auf die besondere Nähe der Bf zum Sachverhalt bzw iZm der Ermöglichung eines Nachvollzuges der getätigten Fahrten trifft die Bf als Abgabepflichtige eine erhöhte Mitwirkungspflicht zur Sachverhaltsfeststellung (vgl nur ; , 99/15/0193).

Besteht zwischen der Arbeitgeberin (in casu die Bf, deren Alleingesellschafter-Gf der Ehemann von BM ist) und BM als Arbeitnehmerin ein Naheverhältnis, wird eine klare Dokumentation der - von der Bf im Beschwerdefall behaupteten - überwiegenden beruflichen Nutzung geboten sein (; , 99/13/0186).

Außer dem Fahrtenbuch kommen auch andere Beweismittel zur Führung des in Rede stehenden Nachweises in Betracht (zB ; , 2011/13/0074). Bspw ist es zulässig, dass die gesamte jährliche km-Leistung um jene für Dienstfahrten, die durch Reiserechnungen oder Reiseberichte nachgewiesen werden, vermindert wird.

Im Beschwerdefall hat die Bf jedoch auch solche Reiserechnungen oder Reiseberichte nicht vorgelegt.

Die Bf bringt diesbzgl vor, dass aufgrund der betrieblichen Nutzung des KFZ des Gf nur ein Ausmaß der Fahrten von BM unter 6.000 km im Jahr möglich gewesen wäre.

In Fällen, in denen Unterlagen vorliegen, aus denen hervorgeht, dass die Differenz zwischen der Gesamtzahl der gefahrenen km und der nachgewiesenen beruflich veranlassten Fahrten (zB durch Reisekostenaufzeichnungen, Dokumentation von Dienstreisen etc) den in der SB-Werte-VO genannten Wert nicht überschreitet (dh 500 km pro Kalendermonat bzw 6.000 km pro Jahr an Privatfahrten), reicht dies als Nachweis aus.

Die von der Bf vorgelegte Aufstellung über die angeblichen betrieblichen Fahrten stellt keinen entsprechenden Nachweis über die tatsächlich gefahrenen betrieblichen Fahrten dar. In der Aufstellung werden lediglich betriebliche Fahrten zu den "wichtigsten Bauprojekten" (s Beschwerde vom , Seite 14) behauptet.

Ein Nachweis über die tatsächlich durchgeführten betrieblichen Fahrten bleibt die Bf schuldig. Eine derartige Aufstellung könnte allenfalls im Rahmen einer Glaubhaftmachung Berücksichtigung finden. Wie bereits zuvor ausgeführt, reicht jedoch eine Glaubhaftmachung nach der st Rsp nicht aus.

Dieser Nachweis, der in Hinblick auf eine die Bf iZm der Grenze des § 4 Abs 2 SB-Werte-VO treffende "erhöhte Mitwirkungspflicht" (vgl nur ; , 99/15/0193) von der Bf gefordert ist, kann auch nicht durch unbewiesene Vorbringen der Bf - wie in casu concreto die Aufstellung der wichtigsten Bauprojekte ohne Nachweise wie zB Verträge mit Geschäftspartnern wie ***6*** etc oder die Serviceberichtelediglich des KFZ ***3*** und nicht auch jene des KFZ ***2*** - ersetzt werden, selbst wenn sie plausibel erschienen oder auch glaubhaft sein mögen (so auch mwN).

Die Anforderungen an die Qualität der Aufzeichnungen steigen mit der Anzahl der dienstlich oder privat gefahrenen km ()

Können keine tauglichen bzw unwiderlegbaren Beweismittel (zB Fahrtenbuch) vorgewiesen werden, ist der Ansatz des vollen SB möglich (vgl etwa ; , RV/7101731/2020; mwN).

Eine vom BFG durchgeführte KFZ-Zentralregister-Auskunft hat zum Ergebnis geführt, dass auf BM in den verfahrensggst Jahren 2018 bis 2021 kein KFZ zum Verkehr zugelassen war. Es ist nach allgemeiner Lebenserfahrung auszuschließen, dass ein zur Verfügung gestellter arbeitgebereigener PKW in einem Jahr von der Nutzerin, auf die kein privater PKW zum Verkehr zugelassen ist, nahezu ausschließlich für beruflich veranlasste Fahrten verwendet wird (so auch ).

Gerade in ländlichen Gebieten, in denen BM wohnt und wo sich ihr Dienstort befindet, ist eine zumindest fallweise privateNutzung des Firmen-KFZ viel eher anzunehmen, als zB in einem Ballungsgebiet (da hier bessere Möglichkeiten für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bestehen; vgl nur ; , RV/7102383/2016 mwN).

Das BFG kann auch der Rechtsansicht der Bf unter Hinweis auf das VwGH-Erk vom , 94/14/0131, dass im Zuge einer Schätzung der SB-Wert zwischen dem Gf und BM im prozentuellen Verhältnis aufzuteilen wäre, nicht folgen. Voraussetzung für den Ansatz eines SB ist, dass für den Arbeitnehmer die Möglichkeit besteht, ein arbeitgebereigenes KFZ für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen. Entscheidend ist daher, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein arbeitgebereigenes KFZ zur Privatnutzung zur Verfügung stellt. Dem VwGH-Erk 94/14/0131 liegt ein Sachverhalt zugrunde, bei dem mehreren Arbeitnehmerngleichzeitig im Zuge einer Fahrgemeinschaft ein arbeitgebereigenes Fahrzeugzur Verfügung gestellt wird. Für den Fall einer Fahrgemeinschaft oder - wie im VwGH-Erk 94/14/0131 - einer zeitweisen Fahrgemeinschaft, widerspräche es § 15 Abs 2 EStG, jeden Teilnehmer an der Fahrgemeinschaft derart mit dem ungeteilten, also vollen SB-Wert zu belasten, wie einen Arbeitnehmer, der das Fahrzeug allein benützt. Nur in einem solchen Fall müssen die jeweiligen Fahrgemeinschaftszeiträume - wenn es nicht anders möglich ist - auch durch Schätzung ermittelt werden. Der SB-Wert für ein KFZ müsste dann nach Maßgabe des Ausmaßes der Teilnahme an der Fahrgemeinschaft zwischen den teilnehmenden Arbeitnehmern aufgeteilt und jedem nur der auf ihn entfallende Anteil des SB-Wertes als Lohn zugerechnet werden.

Im beschwerdeggst Fall benützen eben nicht mehrere Dienstnehmer ein Fahrzeug zur selben Zeit gemeinsam wie bei einer Fahrgemeinschaft, sondern BM stand alleine für gewisse Zeiten das KFZ zur Vornahme privater Fahrten zur Verfügung. Hier ist eben nicht der SB-Wert auf mehrere Dienstnehmer für dieselbe Fahrt aufzuteilen, sondern es liegt eine Zurverfügungstellung eines KFZ iSd § 4 Abs 2 SB-Werte-VO vor.

Anders als die Bf behauptet, wurde das KFZ Mercedes Benz E 200 CDI mit dem Kennzeichen ***2*** bei der § 57a-KFG-Begutachtung am positiv begutachtet. Im an diesem Tag ausgestellten "Pickerl"-Gutachten ist ein km-Stand von 225.009 ausgewiesen. Der nächsten positiv absolvierten § 57a-KFG-Begutachtung am ist ein Kilometerstand von 242.233 zu entnehmen. Auch die beigelegten Tankauszüge zeigen auf, dass sehr viele Betankungen vorgenommen wurden und das KFZ intensiv benutzt wurde. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist es auszuschließen, dass die in dem Zeitraum von ca 6 Monaten zurückgelegten ca 17.000 km auf eine alleinige Benutzung am Firmengelände zurückzuführen sind. Noch dazu kommt, dass die § 57a-KFG-Begutachtungen positiv verlaufen waren und das Fahrzeug im Straßenverkehr verwendet werden konnte.

Auch die Bestimmung des § 4 Abs 3 der SB-Werte-VO (Mini-SB) kann schon aufgrund des Nichtführens eines lückenlosen Fahrtenbuches nicht zur Anwendung gelangen (vgl nur ).

Der VwGH judiziert in st Rsp, dass einer Beschwerdevorentscheidung sowie einem Vorlagebericht Vorhaltscharakter zukommt (vgl nur jüngst ; , 2003/13/0156 mwN). Die Bf hat es unterlassen, trotz der diesbzgl Feststellungen des Finanzamtes in der Begründung des Bescheides bzw des Vorlageberichtes an das BFG, die zur Nachweisführung geeigneten Belege und Unterlagenvorzulegen bzw eine Stellungnahme zur positiven Begutachten des Mercedes E 200, zur auszuschließenden alleinigen Benutzung für Fahrten auf dem Firmengelände iHv 17.000 km pro Jahr, etc, abzugeben.

Die Festsetzung des vollen SB für die Jahre 2018 bis 2021 unter Anrechnung des bereits angesetzten Teiles erfolgte daher zu Recht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Bundesfinanzgericht ist von der Rechtsprechung des VwGH nicht abgewichen, sondern hat sich auf diese und auf die einschlägigen Bestimmungen und auf die Rsp des VwGH gestützt. Im ggst Beschwerdeverfahren sind keine Rechtsfragen aufgeworfen worden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zudem unterliegt die Beweiswürdigung des BFG der Kontrolle des VwGH nur insoweit, als das Ausreichen der Sachverhaltsermittlungen und die Übereinstimmung der Überlegungen zur Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut zu prüfen ist (vgl zB , mwN).

Eine Revision ist daher nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.2100197.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
RAAAF-72961

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