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Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 24.03.2025, RV/2100798/2024

Ermessensübung bei der Festsetzung eines Verspätungszuschlages

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden ***R1***, den Richter ***R2*** sowie die fachkundigen Laienrichter ***R3*** und ***R4*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Adresse Bf***, vertreten durch ***stV***, ***Adresse stV***, über die Beschwerden vom gegen

  • den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Verspätungszuschlag hinsichtlich Körperschaftsteuer für das Jahr 2020 und

  • den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Verspätungszuschlag hinsichtlich Umsatzsteuer für das Jahr 2020

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit der Schriftführerin ***SF*** zu Recht erkannt:

I. Der angefochtene Bescheid betreffend Verspätungszuschlag hinsichtlich Körperschaftsteuer für das Jahr 2020 wird gemäß § 279 BAO dahingehend abgeändert, dass der Verspätungszuschlag mit 6.774,16 Euro (d.s. 8% von 84.677,00 Euro) festgesetzt wird.

II. Der angefochtene Bescheid betreffend Verspätungszuschlag hinsichtlich Umsatzsteuer für das Jahr 2020 wird gemäß § 279 BAO dahingehend abgeändert, dass der Verspätungszuschlag mit 2.127,06 Euro (d.s. 3% von 70.901,90 Euro) festgesetzt wird.

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang:

Bei der Beschwerdeführerin (Bf) handelt es sich um eine GmbH, die mit Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft vom ***tt.mm.2018*** errichtet und am ***tt.mm.2018*** im Firmenbuch eingetragen wurde.

Da die Bf ihrer Verpflichtung zur fristgerechten Einreichung der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2020 und der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2020 nicht nachkam, teilte ihr das Finanzamt mit Ergänzungsersuchen vom unter Setzung einer Frist bis zum mit, dass es die Bemessungsgrundlagen im Schätzungswege ermitteln werde.

Am wurden die Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2020 und die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2020 von der steuerlichen Vertreterin der Bf an das Finanzamt übermittelt.

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Körperschaftsteuer für das Jahr 2020 in Höhe von 84.677,00 Euro fest.

Mit weiterem Bescheid vom setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für das Jahr 2020 in Höhe von 70.901,90 Euro fest.

Mit weiterem Bescheid vom setzte das Finanzamt einen Verspätungszuschlag betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2020 in Höhe von 8.467,70 Euro fest, was 10% der festgesetzten Körperschaftsteuer (84.677,00 Euro; siehe oben) entspricht. Begründend wurde ausgeführt, die Festsetzung des Verspätungszuschlages sei aufgrund der Bestimmungen des § 135 BAO erfolgt.

Mit weiterem Bescheid vom setzte das Finanzamt einen Verspätungszuschlag betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2020 in Höhe von 70,90 Euro fest, was 0,10% der festgesetzten Umsatzsteuer (70.901,90 Euro; siehe oben) entspricht. Begründend wurde ausgeführt, die Festsetzung des Verspätungszuschlages sei aufgrund der Bestimmungen des § 135 BAO erfolgt.

Gegen die beiden letztgenannten Bescheide erhob die Bf durch ihre steuerliche Vertreterin mit gesonderten FinanzOnline-Eingaben vom Beschwerden. Begründend wurde ausgeführt, die Bf habe keine Aufforderung zur Abgabe der Steuererklärungen erhalten. Es sei daher völlig unerklärlich, weshalb ein Verspätungszuschlag festgesetzt worden sei. Mit Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom sei die Bf erstmalig davon in Kenntnis gesetzt worden, dass die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen im Schätzungswege erfolge. Die mit diesem Ergänzungsersuchen gesetzte Frist () sei gewahrt worden, indem die Steuererklärungen für das Jahr 2020 am an das Finanzamt übermittelt worden seien. Entsprechend einer Mitteilung des sei von der Festsetzung von Verspätungszuschlägen tunlichst Abstand zu nehmen. Bei der Festsetzung von Verspätungszuschlägen handle es sich um eine Ermessensentscheidung. Dem Parteiengehör sei hier wohl nicht Folge geleistet worden. Die Nichtabgabe der Steuererklärungen sei jedenfalls entschuldbar und rechtfertige keinesfalls die Festsetzung von Verspätungszuschlägen.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerden als unbegründet ab. Es wies ua darauf hin, dass Gegenstand der in den Beschwerden ins Treffen geführten Mitteilung des eine COVID-19-bedingte Fristerstreckung betreffend Abgabenerklärungen für das Jahr 2019 sei.

Mit FinanzOnline-Eingabe vom beantragte die Bf durch ihre steuerliche Vertreterin die Entscheidung über die Beschwerden durch das Bundesfinanzgericht. In Ergänzung zum Beschwerdevorbringen wurde ausgeführt, die Toleranzfrist für die Einreichung der Abgabenerklärungen für das Jahr 2020 durch steuerliche Vertreter sei laut eines Erlasses des bis zum erstreckt worden. Mit weiterem Erlass des BMF sei die Toleranzfrist bis zum erstreckt worden. Werde eine Abgabenerklärung nicht fristgerecht eingereicht, bestehe die übliche Vorgangsweise darin, dass eine schriftliche Abberufung mit Setzung einer Nachfrist erfolge. Dies sei gegenständlich nicht der Fall gewesen. Die erstmalige Aufforderung zur Erklärungsabgabe sei mit Ergänzungsersuchen des Finanzamtes vom erfolgt. Diesem Ersuchen sei fristgerecht entsprochen worden, indem die Abgabenerklärungen für das Jahr 2020 innerhalb der vom Finanzamt gesetzten Frist () eingereicht worden seien. Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen sei eine Ermessensentscheidung. Die Nichtabgabe der Abgabenerklärungen sei jedenfalls entschuldbar.

In der Folge legte das Finanzamt den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Am ließ das Finanzamt dem Bundesfinanzgericht eine aus dem Abgabeninformationssystem (AIS) stammende Auflistung der gegenüber der Bf in den letzten Jahren festgesetzten Verspätungs- und Säumniszuschläge zukommen.

In der am abgehaltenen mündlichen Verhandlung teilten die Verfahrensparteien zunächst übereinstimmend mit, dass das Finanzamt für den Veranlagungszeitraum 2020 keine Anspruchszinsen (§ 205 BAO) festgesetzt habe. Die steuerliche Vertreterin der Bf gab sodann zu Protokoll, es sei ihr klar, dass die Abgabenerklärungen sehr spät eingereicht worden seien. Dies sei jedoch auf verschiedene Umstände zurückzuführen, wie insbesondere auf die COVID-19-Pandemie und eine starke Fluktuation in der Kanzlei. Diese Umstände hätten es unmöglich gemacht, das Arbeitspensum entsprechend zu bewältigen. Auch anderen Kanzleien sei es so ergangen. Bei den beschwerdegegenständlichen Verspätungszuschlägen handle es sich um die bis dato einzigen gegenüber der Bf festgesetzten Verspätungszuschläge. Hinsichtlich der gegenüber der Bf in den letzten Jahren festgesetzten Säumniszuschläge sei darauf hinzuweisen, dass die verschiedenen Abgaben zwar verspätet, aber im Ergebnis dann doch bezahlt worden seien. Nunmehr sei man sehr darum bemüht, die Erklärungsfristen zu wahren. Was die Quotenregelung anbelange, so sei festzuhalten, dass das BMF die diesbezüglichen Fristen aufgrund der COVID-19-Pandemie erstreckt habe. Die Finanzamtsvertreterin stellte klar, dass gegenständlich ein "Quotenfall" vorliege und die anderslautenden Ausführungen im Vorlagebericht falsch seien.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Festgestellter Sachverhalt:

Bei der Bf handelt es sich um eine GmbH, die mit Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft vom ***tt.mm.2018*** errichtet und am ***tt.mm.2018*** im Firmenbuch eingetragen wurde.

Da die Bf ihrer Verpflichtung zur fristgerechten Einreichung der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2020 und der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2020 nicht nachkam, teilte ihr das Finanzamt mit Ergänzungsersuchen vom unter Setzung einer Frist bis zum mit, dass es die Bemessungsgrundlagen im Schätzungswege ermitteln werde.

Daraufhin wurden die Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2020 und die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2020 von der steuerlichen Vertreterin der Bf am beim Finanzamt eingereicht.

Es handelt sich dabei um einen "Quotenfall" iSd Abschnittes 4.2. des Organisationshandbuches der Finanzverwaltung (dazu näher unten).

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Körperschaftsteuer für das Jahr 2020 in Höhe von 84.677,00 Euro fest. Im Bescheid wird weiters ausgeführt, dass die Körperschaftsteuer bisher mit 0,00 Euro vorgeschrieben gewesen sei ("Vorsoll") und sich aufgrund der festgesetzten Abgabe (84.677,00 Euro) und des bisher vorgeschriebenen Betrages (0,00 Euro) eine Abgabennachforderung in Höhe von 84.677,00 Euro ergebe.

Der Nachforderungsbetrag in Höhe von 84.677,00 Euro ist darauf zurückzuführen, dass die Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer für das Jahr 2020 mit Bescheid des Finanzamtes vom antragsgemäß mit 0,00 Euro festgesetzt worden waren.

Anspruchszinsen (§ 205 BAO) wurden vom Finanzamt für den Veranlagungszeitraum 2020 nicht festgesetzt.

Mit weiterem Bescheid vom setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für das Jahr 2020 in Höhe von 70.901,90 Euro fest. Im Bescheid wird weiters ausgeführt, dass die Umsatzsteuer bisher mit 84.980,48 Euro vorgeschrieben gewesen sei ("Vorsoll"), woraus sich eine Abgabengutschrift in Höhe von 14.078,58 Euro ergebe.

Mit weiterem Bescheid vom setzte das Finanzamt einen Verspätungszuschlag betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2020 in Höhe von 8.467,70 Euro fest, was 10% der festgesetzten Körperschaftsteuer (84.677,00 Euro; siehe oben) entspricht. Begründend wurde ausgeführt, die Festsetzung des Verspätungszuschlages sei aufgrund der Bestimmungen des § 135 BAO erfolgt.

Mit weiterem Bescheid vom setzte das Finanzamt einen Verspätungszuschlag betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2020 in Höhe von 70,90 Euro fest, was 0,10% der festgesetzten Umsatzsteuer (70.901,90 Euro; siehe oben) entspricht. Begründend wurde ausgeführt, die Festsetzung des Verspätungszuschlages sei aufgrund der Bestimmungen des § 135 BAO erfolgt.

Bei den beiden beschwerdegegenständlichen Verspätungszuschlägen handelt es sich um die bis dato einzigen der Bf auferlegten Verspätungszuschläge.

Im Zeitraum Jänner 2020 bis Februar 2025 setzte das Finanzamt gegenüber der Bf mehr als 50 Säumniszuschläge gemäß § 217 BAO aufgrund von Säumnissen bei der Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht fest.

Laut Erhebung der Österreichischen Nationalbank lag der Kreditzinssatz für nichtfinanzielle Unternehmen im Jahr 2023 bei durchschnittlich 3,95% und im Jahr 2024 bei durchschnittlich 4,38%.

2. Beweiswürdigung:

Die Daten zum Kreditzinssatz entstammen der Homepage der Österreichischen Nationalbank (vgl https://www.oenb.at/isawebstat/stabfrage/createReport?lang=DE&report=2.8 [abgefragt am ]).

Die übrigen Sachverhaltsfeststellungen sind allesamt aktenkundig und unstrittig.

Vor diesem Hintergrund durfte das Bundesfinanzgericht die Sachverhaltsfeststellungen gemäß § 167 Abs 2 BAO als erwiesen annehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu den Spruchpunkten I. und II. (Abänderung):

Gemäß § 135 BAO kann die Abgabenbehörde Abgabepflichtigen, die die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht wahren, einen Zuschlag bis zu 10 Prozent der festgesetzten Abgabe (Verspätungszuschlag) auferlegen, wenn die Verspätung nicht entschuldbar ist.

Die Festsetzung von Verspätungszuschlägen liegt dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen. Sie setzt voraus, dass ein Steuerpflichtiger die Frist bzw Nachfrist zur Einreichung einer Abgabenerklärung nicht einhält und dass dies nicht entschuldbar ist (vgl ; ).

Fristversäumnis:

Gemäß § 134 Abs 1 BAO sind die Abgabenerklärungen für die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer und die Umsatzsteuer sowie für die Feststellung der Einkünfte (§ 188 BAO) bis zum Ende des Monates April jeden Folgejahres einzureichen. Diese Abgabenerklärungen sind bis Ende des Monates Juni einzureichen, wenn die Übermittlung elektronisch erfolgt. Der Bundesminister für Finanzen kann diese Fristen bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die eine längere Frist rechtfertigen, mit Verordnung erstrecken.

Der mit dem AbgÄG 2023, BGBl I 110/2023, in die BAO eingefügte § 134a, der eine automationsunterstützte Quotenregelung für die Einreichung von Abgabenerklärungen durch steuerliche Vertreter vorsieht, ist gemäß § 323 Abs 77 BAO erstmalig auf Abgabenerklärungen anzuwenden, die einen nach dem endenden Veranlagungszeitraum betreffen. Er ist demnach für den vorliegenden Fall, der den Veranlagungszeitraum 2020 betrifft, nicht maßgeblich.

Vor der mit dem AbgÄG 2023 erfolgten Einfügung des § 134a in die BAO fußte die Quotenregelung (lediglich) auf einem - gesetzlich nicht gedeckten - Erlass des BMF (vgl etwa Ritz/Koran, BAO7 § 134 Rz 3). Das BMF hatte im Organisationshandbuch der Finanzverwaltung (OHB), Abschnitt 4.2., durch den Erlass vom , BMF-280000/0016-IV/2/2010, Ausnahmen von der gesetzlichen Frist zur Einreichung von Abgabenerklärungen festgelegt. Demnach mussten im Rahmen der Quotenregelung für Quotenvertreter (insbesondere Steuerberater) Abgabenerklärungen (U1, E1, K1) in fünf Tranchen zu je 20% Ende Oktober und November des Folgejahres sowie Ende Jänner, Februar und März (bzw spätestens bis zum 30.4.) des auf das Veranlagungsjahr zweitfolgenden Kalenderjahres eingereicht werden.

Speziell für Abgabenerklärungen betreffend den Veranlagungszeitraum 2020 wurde diese Erlassregelung des BMF durch weitere, von der steuerlichen Vertreterin der Bf im Vorlageantrag ins Treffen geführte Erlässe des BMF, die COVID-19-bedingte Fristverlängerungen vorsehen, ergänzt.

Im , 2022-0.191.915, heißt es wie folgt:

"Im Organisationshandbuch der Finanzverwaltung (OHB) werden in Abschnitt 4.2. die Sonderbestimmungen der Quotenregelung beschrieben.

Aufgrund der nach wie vor bestehenden Belastungen infolge der COVID-19-Pandemie wird die im OHB Abschnitt 4.2. genannte Toleranzfrist von einem Monat (30. April) auf drei Monate (bis einschließlich ) für die Einreichung der Abgabenerklärungen durch Quotenvertreter/innen für das Veranlagungsjahr 2020 einmalig erstreckt.

Abgabenerklärungen 2020 von vertretenen Fällen, welche nicht bis zum eingereicht wurden und bei denen noch keine Fristsetzung erfolgt ist, gelten dennoch als rechtzeitig, wenn sie bis zum eingebracht werden."

Im , 2022-0.422.071, heißt es wie folgt:

"Im Organisationshandbuch der Finanzverwaltung (OHB) werden in Abschnitt 4.2. die Sonderbestimmungen der Quotenregelung beschrieben.

Aufgrund der nach wie vor bestehenden Belastungen infolge der COVID-19-Pandemie wird die im OHB Abschnitt 4.2. genannte Toleranzfrist von einem Monat (30. April) auf sechs Monate (bis einschließlich ) für die Einreichung der Abgabenerklärungen durch Quotenvertreter/innen für das Veranlagungsjahr 2020 einmalig erstreckt.

Abgabenerklärungen 2020 von vertretenen Fällen, welche nicht bis zum eingereicht wurden und bei denen noch keine Fristsetzung erfolgt ist, gelten dennoch als rechtzeitig, wenn sie bis zum eingebracht werden."

Im , 2022-0.698.580, heißt es wie folgt:

"Im OHB der Finanzverwaltung (OHB) werden in Abschnitt 4.2. die Sonderbestimmungen der Quotenregelung beschrieben.

Aufgrund der nach wie vor bestehenden Belastungen infolge der COVID-19-Pandemie wird die im OHB Abschnitt 4.2. genannte Toleranzfrist von einem Monat (30. April) auf neun Monate (bis einschließlich ) für die Einreichung der Abgabenerklärungen durch Quotenvertreter/innen für das Veranlagungsjahr 2020 einmalig erstreckt.

Abgabenerklärungen 2020 von vertretenen Fällen, welche nicht bis zum eingereicht wurden und bei denen noch keine Fristsetzung erfolgt ist, gelten dennoch als rechtzeitig, wenn sie bis zum eingebracht werden."

Dazu ist Folgendes zu bemerken:

Zufristungen aufgrund von Erlässen des BMF führen nicht zu einer Änderung der gesetzlichen Erklärungsfrist (vgl etwa ; ; siehe auch Ritz/Koran, BAO7 § 134 Rz 3). Sie schützen allerdings den auf den Erlass vertrauenden Abgabepflichtigen vor der Auferlegung eines Verspätungszuschlages (vgl Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO3 § 134 Anm 3; Ritz/Koran, BAO7 § 134 Rz 3).

Im vorliegenden Fall ließ die steuerliche Vertreterin der Bf die erlassmäßig erstreckte Frist zur Einreichung der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2020 und der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2020 () verstreichen. Sie reichte die Abgabenerklärungen erst am - also mehr als eineinhalb Jahre nach Ablauf der erlassmäßig erstreckten Frist - beim Finanzamt ein, nachdem das Finanzamt mit Ergänzungsersuchen vom Schätzungen angedroht hatte.

Es ist daher festzuhalten, dass die Einreichung der Abgabenerklärungen nicht fristgerecht erfolgte.

Wenn die steuerliche Vertreterin der Bf ins Treffen führt, dass die Abgabenerklärungen innerhalb der vom Finanzamt im Ergänzungsersuchen vom gesetzten Frist () eingereicht worden seien, so genügt der Hinweis darauf, dass die nach eingetretener Säumnis in der Aufforderung der Abgabenbehörde zur Abgabe der Steuererklärungen gesetzte und gegebenenfalls erstreckte Frist der Auferlegung eines Verspätungszuschlages nicht entgegensteht (vgl ).

Keine Entschuldbarkeit:

Die Festsetzung eines Verspätungszuschlages setzt gemäß § 135 BAO neben dem im Beschwerdefall unstrittig erfüllten objektiven Kriterium der nicht fristgerecht erfolgten Einreichung einer Abgabenerklärung voraus, dass die Verspätung nicht entschuldbar ist.

Entschuldbar ist eine Verspätung iSd § 135 Abs 1 BAO dann, wenn der Abgabepflichtige die Versäumung der Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärung weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeigeführt hat. Bereits leichte Fahrlässigkeit schließt die Entschuldbarkeit aus. (vgl etwa ; ).

Dem Verschulden des Abgabepflichtigen an der verspäteten Einreichung der Abgabenerklärung ist das Verschulden seines steuerlichen Vertreters gleichzuhalten (vgl etwa ). Der Verspätungszuschlag ist dem Vertretenen gegenüber festzusetzen (vgl etwa ).

Die steuerliche Vertreterin der Bf verwies in der mündlichen Verhandlung darauf, dass die verspätete Einreichung der Abgabenerklärungen ua auf die durch die COVID-19-Pandemie hervorgerufenen besonderen Umstände zurückzuführen sei.

Dazu ist zu bemerken, dass das BMF den besonderen Belastungen infolge der COVID-19-Pandemie mit der oben dargestellten erlassmäßigen Fristerstreckung (bis zum ), die die steuerliche Vertreterin der Bf verstreichen ließ, in großzügiger Weise Rechnung trug.

Als weiteren Grund für die verspätete Einreichung der Abgabenerklärungen führte die steuerliche Vertreterin der Bf in der mündlichen Verhandlung die "starke Fluktuation in der Kanzlei" ins Treffen, die es unmöglich gemacht habe, das Arbeitspensum zu bewältigen.

Dem ist entgegenzuhalten, dass es nach hA zur Sorgfaltspflicht eines berufsmäßigen Parteienvertreters gehört, organisatorisch dafür vorzusorgen, dass Abgabenerklärungen rechtzeitig erstellt und eingereicht werden können (vgl Stoll, BAO-Kommentar 1530 f mwN; ; ).

Allenfalls könnten Fristversäumnisse eines berufsmäßigen Parteienvertreters infolge unvorhergesehener, unabwendbarer Ereignisse, denen durch übliche und zumutbare organisatorische Maßnahmen nicht entgegengewirkt werden kann, als entschuldbar iSd § 135 BAO beurteilt werden (vgl Stoll, BAO-Kommentar 1531). Der Ersatz ausgeschiedenen Personals durch neues Personal zur Bewältigung des Arbeitsanfalls in einer Steuerberatungskanzlei stellt unzweifelhaft eine übliche und zumutbare organisatorische Maßnahme dar.

Zum Vorliegen personeller Engpässe hat das Bundesfinanzgericht zudem bereits im Erkenntnis vom , RV/7104782/2016 (ebenso ), die Ansicht vertreten, dass diese keine Entschuldbarkeit von Fristversäumnissen des berufsmäßigen Parteienvertreters begründen. Wenn die personellen (und technischen) Kapazitäten eines berufsmäßigen Parteienvertreters regelmäßig die rechtzeitige Erstellung von Steuererklärungen nicht zulassen, habe der Parteienvertreter diesem Erkenntnis zufolge "entweder die personellen und technischen Ressourcen hierfür bereitzustellen oder die Zahl seiner Klienten den vorhandenen personellen und technischen Ressourcen anzupassen" (vgl zur Nichtanerkennung einer Arbeitsüberlastung der Kanzlei als Entschuldigungsgrund auch ).

Vor diesem Hintergrund stellt die von der steuerlichen Vertreterin der Bf vorgebrachte, nicht näher beschriebene "starke Fluktuation in der Kanzlei" keinen Entschuldigungsgrund iSd § 135 BAO dar.

Es ist daher festzuhalten, dass kein Umstand ersichtlich ist, der die Fristversäumnis iSd § 135 BAO entschuldbar machen würde.

Ermessensübung:

Bei Zutreffen der in § 135 BAO normierten Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlages (nicht oder verspätet eingereichte Abgabenerklärung und Nichtentschuldbarkeit der Verspätung) kann im Rahmen des Ermessens ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Wie der VwGH ausgesprochen hat, liegt die Festsetzung von Verspätungszuschlägen dem Grunde und der Höhe nach im Ermessen (vgl etwa ).

Gemäß § 20 BAO müssen sich Ermessensentscheidungen in den Grenzen halten, die das Gesetz dem Ermessen zieht. Innerhalb dieser Grenzen sind Ermessensentscheidungen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Bei der Handhabung des Ermessens ist der Sinn der das Ermessen einräumenden Rechtsvorschrift zu beachten (vgl Stoll, BAO-Kommentar 204 f mwN).

Der gesetzliche Zweck der Festsetzung von Verspätungszuschlägen besteht darin, den rechtzeitigen Eingang der Abgabenerklärungen und damit die zeitgerechte Festsetzung und Entrichtung der Abgabe sicherzustellen (vgl ). Zudem soll der Verspätungszuschlag nach der Rechtsprechung des VfGH "offenbar auch den mit der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen verbundenen zusätzlichen Verwaltungsaufwand abdecken" (vgl ).

Vor diesem Hintergrund kann dem Finanzamt nicht entgegengetreten werden, wenn es im vorliegenden Fall die Verhängung von Verspätungszuschlägen dem Grunde nach als angemessen erachtete.

Als Kriterien für die Ermessensübung zur Festlegung der Höhe des Verspätungszuschlages von höchstens 10 Prozent der festgesetzten Abgabe sind nach der Rechtsprechung des VwGH vor allem das Ausmaß der Fristüberschreitung, die Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils, das bisherige steuerliche Verhalten des Abgabepflichtigen sowie der Grad des Verschuldens zu berücksichtigen (vgl ; siehe auch Ritz/Koran, BAO7 § 135 Rz 13).

Zum Verspätungszuschlag betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2020 ist im Hinblick auf die Ermessensübung der Höhe nach Folgendes zu bemerken:

Die steuerliche Vertreterin der Bf reichte die Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2020 am beim Finanzamt ein. Die Einreichung erfolgte demnach mehr als drei Jahre nach Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (). Ausgehend von der erlassmäßigen Fristerstreckung in Quotenfällen (; siehe oben) beträgt die Fristüberschreitung mehr als eineinhalb Jahre. Von einer bloß geringfügigen Fristüberschreitung kann daher nicht die Rede sein.

Umstände, die dafür sprechen würden, den Grad des Verschuldens als gering zu beurteilen, sind nicht ersichtlich. Insbesondere stellt der Hinweis der steuerlichen Vertreterin der Bf einerseits auf die COVID-19-Pandemie und andererseits auf eine starke Personalfluktuation in der Steuerberatungskanzlei keinen Milderungsgrund dar (siehe oben).

Was das bisherige steuerliche Verhalten der Bf anbelangt, so ist zunächst mildernd zu berücksichtigen, dass es sich bei den beiden beschwerdegegenständlichen Verspätungszuschlägen um die bis dato einzigen der Bf auferlegten Verspätungszuschläge handelt. Erschwerend anzulasten ist der Bf jedoch, dass das Finanzamt ihr gegenüber im Zeitraum Jänner 2020 bis Februar 2025 mehr als 50 Säumniszuschläge gemäß § 217 BAO aufgrund von Säumnissen bei der Erfüllung der Abgabenentrichtungspflicht festsetzte. Die Säumigkeit bei der Wahrnehmung abgabenrechtlicher Pflichten ist damit bereits wiederholt aufgetreten.

Im Hinblick auf das Ermessenskriterium der Höhe des durch die verspätete Einreichung der Abgabenerklärung erzielten finanziellen Vorteils stellt sich die Situation wie folgt dar: Der dem Verspätungszuschlag zugrundeliegende Körperschaftsteuerbescheid 2020 vom weist eine festgesetzte Körperschaftsteuer in Höhe von 84.677,00 Euro aus. Im Bescheid wird weiters ausgeführt, dass die Körperschaftsteuer bisher mit 0,00 Euro vorgeschrieben gewesen sei ("Vorsoll") und sich aufgrund der festgesetzten Abgabe (84.677,00 Euro) und des bisher vorgeschriebenen Betrages (0,00 Euro) eine Abgabennachforderung in Höhe von 84.677,00 Euro ergebe. Der Nachforderungsbetrag in Höhe von 84.677,00 Euro ist darauf zurückzuführen, dass die Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer für das Jahr 2020 mit Bescheid des Finanzamtes vom antragsgemäß mit 0,00 Euro festgesetzt worden waren, von der Bf somit keine Vorauszahlungen an Körperschaftsteuer für das Jahr 2020 zu entrichten waren. Vor diesem Hintergrund ist der Bf durch die verspätete Einreichung der Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2020 ein finanzieller Vorteil erwachsen, der einerseits in einem Liquiditätsvorteil und andererseits - insbesondere angesichts des hohen Kreditzinsniveaus in den Jahren 2023 und 2024 (siehe die diesbezügliche Feststellung unter Punkt II.1.) und des Umstandes, dass Nachforderungszinsen iSd § 205 BAO vom Finanzamt nicht festgesetzt wurden - in einem Zinsvorteil zum Ausdruck kommt.

Unter Berücksichtigung aller oben angeführten Umstände wird der Verspätungszuschlag betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2020 mit 8% von 84.677,00 Euro, somit mit 6.774,16 Euro festgesetzt.

Zum Verspätungszuschlag betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2020 ist im Hinblick auf die Ermessensübung der Höhe nach Folgendes zu bemerken:

Hinsichtlich der Ermessenskriterien des Ausmaßes der Fristüberschreitung, des bisherigen steuerlichen Verhaltens des Abgabepflichtigen und des Grades des Verschuldens wird auf die obigen Ausführungen zum Verspätungszuschlag betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2020 verwiesen.

Anders als bei der Festsetzung des Verspätungszuschlages betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 2020 ist jedoch mildernd zu berücksichtigen, dass der Bf durch die verspätete Einreichung der Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2020 kein finanzieller Vorteil erwachsen ist. Dies deshalb, weil der dem Verspätungszuschlag zugrundeliegende Umsatzsteuerbescheid 2020 vom nach Gegenüberstellung der festgesetzten Umsatzsteuer (70.901,90 Euro) und des "Vorsolls" (84.980,48 Euro) eine Abgabengutschrift in Höhe von 14.078,58 Euro - und keine Abgabennachforderung - ausweist.

Unter Berücksichtigung aller oben angeführten Umstände, insbesondere auch der Ermessenskriterien des Ausmaßes der Fristüberschreitung, des bisherigen steuerlichen Verhaltens der Bf und des Grades des Verschuldens erscheint der vom Finanzamt mit lediglich 0,10% von 70.901,90 Euro festgesetzte Verspätungszuschlag - der angefochtene Bescheid, die Beschwerdevorentscheidung und der Vorlagebericht lassen diesbezüglich jegliche Ermessensübung vermissen - als zu niedrig.

Das Bundesfinanzgericht hält vor diesem Hintergrund einen Verspätungszuschlag betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2020 in Höhe von 2.127,06 Euro(3% von 70.901,90 Euro) für angemessen.

3.2. Zu Spruchpunkt III. (Revision):

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Mit dem vorliegenden Erkenntnis folgt das Bundesfinanzgericht der oben zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Die Voraussetzungen für die Revisionszulassung sind demnach nicht erfüllt.

Graz, am

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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
HAAAF-72960