Kosten einer Schulteroperation in einer Privatklinik als außergewöhnliche Belastung?
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache von Herrn ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2021 zu Steuernummer ***Bf1-StnR*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (im Folgenden abgekürzt mit "Bf") machte im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2021 (er reichte die Erklärung am ein) neben diversen Werbungskosten verschiedene gesundheitsbezogene Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen in der Höhe von 14.060,14 Euro geltend.
Das Finanzamt Österreich erließ in der Folge am einen Einkommensteuerbescheid und anerkannte bis auf eine Werbungskosten-Position (ergonomisch geeignetes Mobiliar für Homeoffice) alle beantragten Aufwendungen des Bf.
Im Zuge einer Nachbescheidkontrolle ersuchte das Finanzamt den Bf mittels Vorhaltes vom ausführlich zu den beantragten Aufwendungen unter Vorlage von Nachweisen Stellung zu nehmen. Diesem Ersuchen kam der Bf durch die Beantwortung des Vorhaltes am sowie durch Vorlage von Unterlagen (Honorarnoten von Arztbesuchen bzw Heilbehelfen, Nachweis der Kosten einer Operation sowie eines damit zusammenhängenden Aufenthaltes in einem Sanatorium und Ausdruck aus dem Pendlerrechner) nach.
Am verfügte das Finanzamt eine Bescheidaufhebung nach § 299 BAO und erließ einen neuen Einkommensteuerbescheid und setzte die Einkommensteuer mit einer Gutschrift in der Höhe von 596,00 Euro fest. In der Begründung führte das Finanzamt zu der beantragten Pendlerpauschale mit Hinweis auf Erhebungen beim Arbeitgeber des Bf aus, dass auf Grund der wechselnden Schichtarbeit nur im April die Benützung eines Massenbeförderungsmittels unzumutbar gewesen sei und sohin nur für diesen Monat das große Pendlerpauschale zustehe. Hinsichtlich der anderen Monate des Jahres 2021 stehe das kleine Pendlerpauschale zu.
Betreffend die beantragten außergewöhnlichen Belastungen fehle es einerseits am Element der Zwangsläufigkeit, zumal in jedem Spital (bei jedem Arzt) in Österreich ein dichtgewebtes medizinisches Netz bestehe, das die gleiche Behandlung nach dem Stand der Wissenschaft dem Patienten zukommen lässt. Es lasse sich aus den Unterlagen auch nicht entnehmen, dass es ohne die Durchführung der privat bezahlten Operation im ***A Privatklink*** zu einem sich konkret abzeichnenden, ernsthaften gesundheitlichen Nachteil gekommen wäre und der durchgeführte Eingriff nicht auch auf Kosten des Krankenversicherungsträgers durchgeführt hätte werden können. Die übrigen Aufwendungen für außergewöhnliche Belastungen wurden nicht berücksichtig, da diese den zu berücksichtigenden Selbstbehalt nicht überstiegen hätten.
Aus einer tabellarischen Aufstellung des Finanzamtes vom (OZ 18 des BFG-Beschwerdeaktes) ist ersichtlich, dass von den insgesamt geltend gemachten Aufwendungen im Jahr 2021 1.521,00 Euro als außergewöhnliche Belastungen grundsätzlich Anerkennung finden konnten (drei Honorarnoten von Herrn ***Wahlarzt 1***, Kosten eines Heilbehelfes sowie Aufwendungen für einen Internisten, eine Psychologin sowie eine Physiotherapeutin). Diese Kosten wirkten sich jedoch im Einkommensteuerbescheid vom nicht aus, da der für den Bf gültige Selbstbehalt für die außergewöhnlichen Belastungen höher war.
Insgesamt kam es zu einer bescheidmäßigen Abgabennachforderung von 4.507,00 Euro.
Die Beschwerde vom , die von einem Steuerberater mittels FinanzOnline eingereicht wurde, richtete sich nur mehr gegen die Aberkennung der außergewöhnlichen Belastungen 2021. Im Anhang wurde eine Bestätigung vom behandelnden Arzt vom vorgelegt, die darlegen soll, "dass die OP notwendig war und in keinem öffentlichen LKH auf Grund der CORONA-Situation möglich gewesen" sei. Ferner wurde in der Beilage zur Beschwerde eine Aufstellung der außergewöhnlichen Belastungen mit Selbstbehalt (diese ergibt 8.808,58 Euro an Kosten), diverse Honorarnoten sowie Unterlagen zur Schulteroperation in einem Privatklinikum vorgelegt. In den Kosten ausgewiesen waren auch Kilometergelder für die Fahrten zu den Ärzten bzw Einrichtungen.
Am erließ das Finanzamt Österreich eine abweisende Beschwerdevorentscheidung. Nach Zitierung der gesetzlichen Bestimmung (§ 34 EStG 1988) sowie Ausführungen zur Rechtsprechung des VwGH - vor allem im Hinblick auf das Element der Zwangsläufigkeit - führte es aus, dass die vorgelegten Unterlagen (insbesondere der ausgestellte Arztbrief des behandelnden Wahlarztes) nachvollziehbare Gründe für eine Operation im Privatklinikum, jedoch keine medizinisch begründete Notwendigkeit darlegen. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des BFG, wonach kürzere Wartezeiten alleine noch keine triftigen medizinischen Gründe darstellen würden, sei auch nicht dargelegt worden, dass eine umgehende Operation erforderlich gewesen und in einem öffentlichen Krankenhaus kein zeitnaher Termin zur Verfügung gestanden wäre. Letztlich beruhe die Durchführung der Operation im Privatklinikum mangels einer belegten medizinischen Notwendigkeit somit auf einer wenngleich nachvollziehbaren, so doch freiwilligen Entscheidung und könne von einer steuerlichen Berücksichtigung als außergewöhnliche Belastung nach sich ziehenden Zwangsläufigkeit sohin nicht ausgegangen werden und konnte der Beschwerde daher kein Erfolg beschieden sein.
Im gegen die Beschwerdevorentscheidung eingebrachten Vorlageantrag vom führte der Bf zusätzlich aus, dass der ihn behandelnde Arzt selbst Leiter der Orthopädischen Abteilung des ***Öffentliches Krankenhaus*** sei und erklärt habe, dass im allgemeinem ***Öffentliches Krankenhaus*** kein Operationstermin frei sei. Es könne aber auf das ***A Privatklink*** ausgewichen werden, in dem er einen OP anmieten und die Operation zeitnah durchführen könne. So habe der Bf wieder zeitnah in seinem Infrastrukturbetrieb einsatzbereit sein können. Seine private Unfallversicherung habe die Kostenübernahme abgelehnt.
Das Finanzamt Österreich legte in der Folge den Beschwerdeakt am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und verwies auf die Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung. Ergänzend führte es aus, dass Rechnungen, die aus dem Jahr 2022 resultierten, in Abzug gebracht worden seien. Der Selbstbehalt für das Jahr 2021 betrage 2.987,40 Euro und seien die Kosten aus den beantragten außergewöhnlichen Belastungen abzüglich Aufwendungen für die Operation in der Privatklinik sowie abzüglich der Rechnungen aus 2022 geringer als der für den Abgabepflichtigen geltende Selbstbehalt. Es wird die vollinhaltliche Abweisung des Beschwerdebegehrens beantragt.
Mit Vorhalt vom des Gerichts wurde der Bf ergänzend ersucht, Zahlungsnachweise für die Honorarnoten betreffend das Jahr 2021 vorzulegen sowie die Fahrtaufwendungen (Kilometergeld) zu belegen. Im Hinblick auf die Operation in der Privatklinik wurde unter anderem ein Nachweis der Kontaktaufnahme mit einem öffentlichen Krankenhaus verlangt.
Der Bf meldete sich am telefonisch bei Gericht und gab an, alle Unterlagen an das Finanzamt übermittelt zu haben und über keine weiteren Unterlagen zu verfügen. Der Konsultation des Internisten sowie der Psychologin seien konkrete Krankheiten zu Grunde gelegen. Fahrtaufzeichnungen zu den Ärzten habe der Bf keine geführt, aber er sei faktisch immer mit dem Auto zu den Arztbesuchen gefahren, da er an seinem Wohnort auf ein Auto angewiesen sei.
Hinsichtlich seiner Schulterverletzung führte er aus, dass er nach dem Unfall starke Schmerzen gehabt habe. Seine private Unfallversicherung sowie auch die Sozialversicherung haben die Übernahme der Operationskosten abgelehnt. Der Bf ging davon aus, dass ein Teil der Operationskosten von der Finanz refundiert würde. Mit einem öffentlichen Krankenhaus habe er keinen Kontakt gehabt. Bei seinem Wahlarzt war er der Auffassung, dass dieser am ***Öffentliches Krankenhaus*** ein "chirurgisches Team" leite.
Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Der Bf verletzte sich am bei einem Fitnesstraining im Bereich der Schulter (vgl OZ 15 des BFG-Beschwerdeaktes, Unfall-Schadensanzeige vom ). Er suchte in der Folge am einen Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie auf und diagnostizierte dieser eine "traumatische ant.-inf. Schulterluxation links" (vgl OZ 15 des BFG-Beschwerdeaktes, Arztbrief vom ). Als weiteres Procedere stellte der Arzt fest, dass die Indikation zur "diagnostischen Arthroskopie, arthroskopischen Kapsel-Labrum-Rekonstruktion" besteht. Bei OP-Wunsch ersuchte der Arzt um erneute Vorstellung zur OP-Aufklärung. "Auf Grund der geringen Beschwerdesymptomatik wird auf eine temporäre Ruhigstellung mittels Gilchristverbandes bewusst verzichtet."
Der Bf befand sich von bis in stationärer Behandlung im ***A Privatklinik*** (vgl OZ 14 des BFG-Beschwerdeaktes, Aufenthaltsbestätigung ***A Privatklinik***). Für die Leistungen stellte das Privatklinikum am 5.118,84 Euro in Rechnung (vgl OZ 17 des BFG-Beschwerdeaktes, Kostenaufstellung ***A Privatklink***).
Er war von bis arbeitsunfähig (siehe die Arbeitsunfähigkeitsmeldung vom , OZ 15 des BFG-Beschwerdeaktes).
Im Arztbrief vom wurde ausgeführt, dass auf Grund der damals aktuellen COVID-Situation mit mangelnder OP-Kapazität in allen öffentlichen Häusern die zeitliche operative Versorgung nicht möglich war und sich der Bf für eine Operation im privaten Klinikum entschieden hat, um auch wieder schneller arbeitsfähig zu sein und um "weitere Luxationen" zu vermeiden (vgl OZ 2 des BFG-Beschwerdeaktes, Arztbrief vom ).
Eine tatsächliche Anfrage betreffend die konkrete Wartezeit einer Schulteroperation an eine öffentliche Krankeneinrichtung wurde vom Bf nicht gestellt (Ausführungen im Rahmen des Telefonats am ).
Orthopädisch chirurgische Eingriffe wurden auch während der COVID-19-Pandemie an öffentlichen Krankenanstalten wie beispielsweise der ***Öffentliches Krankenhaus*** durchgeführt (vgl Jahresbericht 2021 der ***Abteilung O*** des ***Öffentliches Krankenhaus***, ***Internetadresse 1***, abgefragt am ).
Der Bf suchte im Jahr 2021 weiters folgende Ärzte auf bzw nahm folgende Leistungen, die er als außergewöhnliche Belastungen im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung in Abzug brachte, in Anspruch:
***Wahlarzt 1***, Honorarnoten ***1*** (250,00 Euro), , ***2*** (100,00 Euro) vom , ***3*** (60,00 Euro) vom ;
Facharzt für Innere Medizin, Rechnung Nr. ***4*** vom (240,00 Euro);
Heilbehelf, ***Einrichtung 1***, Rechnung vom (37,00 Euro);
Physiotherapie, Honorarnote ***5*** (für Leistungen im September 2021), , 546,00 Euro;
Physiotherapie, Honorarnote ***6*** (für Leistungen im Oktober 2021), , 492 Euro;
Psychologin, Rechnung ***7*** vom (288,00 Euro).
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zum Behandlungsverlauf der Verletzung des Bf ergeben sich unmittelbar aus dem vom Bf vorgelegten Unterlagen (Aufenthaltsbestätigung Privatklinikum, OZ 14 des BFG-Beschwerdeaktes sowie Honorarnoten des behandelnden Wahlarztes), deren sachliche Richtigkeit weder die belangte Behörde noch das erkennende Gericht bezweifeln. Die Feststellungen zur Höhe der in Rechnung gestellten Beträge ergeben sich in gleicher Art und Weise unmittelbar aus den vorgelegten Rechnungen.
Für die Beurteilung der Zwangsläufigkeit des operativen Eingriffes legte der Bf fast 2 Jahre später einen Arztbrief vom vor. Der Arztbrief weist keine Unterschrift auf. Aus dem zeitlichen Zusammenhang kann geschlossen werden, dass dieses Dokument allein zur Vorlage an die Abgabenbehörde angefertigt wurde. Es geht aus diesem Schreiben nicht hervor, welcher konkrete gesundheitliche Nachteil durch eine Operation - deren prinzipielle Möglichkeit in einem öffentlichen Krankenhaus vom Bf gar nicht konkret angefragt wurde - im öffentlichen Gesundheitssystem entstanden wäre. Der Hinweis auf "weitere Luxationen" und das Argument der schnellen Arbeitsfähigkeit können nach Meinung des Gerichts die Zwangsläufigkeit des Eingriffes nicht belegen.
Weitere Indizien für die fehlende Zwangsläufigkeit sind der Umstand, dass der behandelnde Arzt bei Erstkonsultation selbst von einer "geringen Beschwerdesymptomatik" spricht (Arztbrief vom , OZ 15 des BFG-Beschwerdeaktes) und weder die private Unfallversicherung noch die gesetzliche Sozialversicherung die Kosten der Privatoperation übernommen haben (Ausführungen des Bf im Rahmen zweier Telefonate mit der Richterin vom sowie ).
Dass der den Bf auf Grund seiner Verletzung behandelnde Arzt ein Wahlarzt ist, ist auf der Homepage der Ordination ersichtlich. Einträge, dass der Wahlarzt - so wie vom Bf behauptet - 2021 auch im ***Öffentliches Krankenhaus*** tätig gewesen sei, konnte das Gericht nicht finden (vgl Abfrage des Gerichts vom auf der Homepage der Ordination zum Lebenslauf des Arztes; ***Internetadresse 2***).
Dass der streitgegenständliche Eingriff insbesondere auch an der ***Öffentliches Krankenhaus*** durchgeführt wird, ergibt sich für das Gericht aus den von der ***Öffentliches Krankenhaus*** im Internet bereitgestellten Informationen (***Internetadresse 3***, abgerufen am ). Chirurgisch orthopädische Eingriffe fanden auch während der COVID-19-Pandemie an der ***Öffentliches Krankenhaus*** statt, was aus dem im Internet veröffentlichten Jahresbericht 2021 der ***Abteilung O*** ersichtlich ist (***Internetadresse 1***, abgefragt am ).
Nach Auffassung des Gerichtes - insbesondere auf Grund der vorgelegten Unterlagen sowie der zusätzlichen Ermittlungen des Gerichts - konnte der Nachweis eines triftigen medizinischen Grundes für die Durchführung des Eingriffes im ***A Privatklink*** nicht erbracht werden.
Die Feststellungen zu den übrigen Krankheitskosten ergeben sich aus den vorgelegten Honorarnoten bzw Rechnungen für das Jahr 2021. Die für das Jahr 2022 vorgelegten Unterlagen (zB Honorarnoten Zahnarzt und Urologe) können vorliegend nicht als Beweis für Aufwendungen im Jahr 2021 herangezogen werden und sind daher unbeachtlich.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
In gegenständlichem Verfahren strittig ist die Anerkennung von Krankheitskosten (insbesondere Operationskosten sowie Kosten für den damit verbundenen Aufenthalt in einem Privatklinikum) als außergewöhnliche Belastungen.
Gemäß § 34 EStG 1988 sind außergewöhnliche Belastungen bei der Ermittlung des Einkommens in Abzug zu bringen. Für die Abzugsfähigkeit müssen nach dieser Bestimmung kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Die Belastung muss außergewöhnlich sein, also höher als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse erwachsen;
der Steuerpflichtige kann sich der Belastung aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen (Zwangsläufigkeit);
die Belastung beeinträchtigt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, das heißt, sie übersteigt den nach der Höhe des Einkommens gestaffelten Selbstbehalt.
Nach § 34 Abs 3 EStG 1988 erwächst die Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Gem § 34 Abs 4 EStG 1988 beeinträchtigt die Belastung wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soweit sie einen vom Steuerpflichtigen von seinem Einkommen (§ 2 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5) vor Abzug der außergewöhnlichen Belastungen zu berechnenden Selbstbehalt übersteigt. Der Selbstbehalt beträgt bei einem Einkommen
von höchstens 7 300 Euro 6%.
mehr als 7 300 Euro bis 14 600 Euro 8%.
mehr als 14 600 Euro bis 36 400 Euro 10%.
mehr als 36 400 Euro 12%.
[…].
Nicht jede auf ärztliches Anraten und aus medizinischen Gründen durchgeführte Gesundheitsmaßnahme führt zu einer außergewöhnlichen Belastung. Die Aufwendungen müssen vielmehr zwangsläufig erwachsen, wobei es erforderlich ist, dass die Maßnahme zur Heilung oder Linderung einer Krankheit nachweislich notwendig ist (, ua).
Das Merkmal der Zwangsläufigkeit muss auch der Höhe nach gegeben sein ().
Im Rahmen der Krankenbehandlung ist das Recht auf freie Arztwahl grundsätzlich anzuerkennen. Liegen triftige medizinische Gründe vor, sind auch höhere Aufwendungen als die von der Sozialversicherung finanzierten, als zwangsläufig zu beurteilen (, ua). Dies jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die triftigen medizinischen Gründe in feststehenden oder sich konkret abzeichnenden ernsthaften gesundheitlichen Nachteilen bestehen müssen, die ohne die mit höheren Kosten verbundene medizinische Betreuung eintreten würden (; ).
Bloße Wünsche und Vorstellungen, sowie Befürchtungen oder Standesrücksichten der Betroffenen reichen nicht, um die Zwangsläufigkeit zu rechtfertigen (zB ; siehe auch die in Jakom/Peyerl EStG (2021) § 34 Rz 90 zitierte Judikatur).
Bei der Angemessenheitsprüfung ist nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Abgabepflichtigen, sondern allein nach objektiven Umständen zu beurteilen, inwieweit eine Aufwendung notwendig und angemessen ist (, ua). Freiwillig getätigte Aufwendungen können nach § 34 EStG keine Berücksichtigung finden ().
Die Beweislast für die Zwangsläufigkeit (dem Grunde und der Höhe nach) trägt der Steuerpflichtige, der selbst alle Umstände darzulegen hat, auf welche die Berücksichtigung bestimmter Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung gestützt werden kann (, ua).
An die Nachweisführung werden strenge Voraussetzungen geknüpft (vgl zB zu einem über ein Jahr nach der Operation ausgestellten ärztlichen Attest). Zum Nachweis der Notwendigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein ärztliches Zeugnis oder ein Gutachten erforderlich (vgl mwN). Aus diesem müsste hervorgehen, dass die Behandlung in einer öffentlichen Krankenanstalt bzw in der Allgemeinklasse gegenüber der gewählten Behandlung in einer privaten Krankenanstalt zu konkreten Nachteilen für den Bf. führen würde. Einem ärztlichen Gutachten kann es gleich gehalten werden, wenn ein Teil der angefallenen Aufwendungen von einem Träger der gesetzlichen Sozialversicherung übernommen werden (vgl mwN).
Wie bereits angeführt, können Aufwendungen auch dann zwangsläufig sein, wenn sie die durch die gesetzliche Sozialversicherung gedeckten Kosten übersteigen, sofern sie aus triftigen medizinischen Gründen anfallen, zB bei erwarteten Komplikationen () oder bei einer im Einzelfall gebotenen Behandlung in einem besonders spezialisierten Krankenhaus ().
Der Bf führte ins Treffen, dass auf Grund der damals aktuellen COVID-Situation mit mangelnder OP-Kapazität in allen öffentlichen Häusern die zeitliche operative Versorgung nicht möglich war und sich der Bf für eine Operation im privaten Klinikum entschied, um auch wieder schneller arbeitsfähig zu sein und um weitere Luxationen zu vermeiden (vgl Arztbrief vom ).
Mit diesem - zum Teil sehr allgemein gehaltenen - Vorbringen ist für den Standpunkt des Bf nichts gewonnen. Eine längere Wartezeit auf einen Operationstermin in einem öffentlichen Krankenhaus sowie der Wunsch nach einem besonderen Arzt rechtfertigen nicht die geforderte Zwangsläufigkeit der Belastung (siehe Endfellner, Die Operation in einer Privatklinik als (k)eine außergewöhnliche Belastung, SWK 31/2024, 1286).
Vorliegend stellt das BFG nicht in Abrede, dass die Schulterverletzung für den Bf mit Schmerzen verbunden war und dieser an einer schnellen Operation und Heilung interessiert war. Allerdings hat der Bf keine geeigneten Nachweise vorgelegt, aus denen abzuleiten wäre, dass die konkret angefallenen Kosten unvermeidbar gewesen sind. Im Arztbrief vom wird ausgeführt, dass der Bf sich auf Grund der damals vorherrschenden COVID-Situation und mangelnder OP-Kapazität in allen öffentlichen Häsuern für eine Operation in einem privaten Klinikum entschied. Eine Anfrage an ein öffentliches Krankenhaus betreffend die konkrete Wartezeit wurde nicht gestellt. Auch der konkrete gesundheitliche Nachteil wurde nur rudimentär mit der "Vermeidung weiterer Luxationen" beschrieben. Auch eine spezielle Operationsmethode bzw ein ausgewiesener Spezialist, der die Operation in einem Privatspital erforderlich machten, wurde nicht dargelegt.
Die Entscheidung, sich der Operation auf privatem Wege zu unterziehen, wurde somit von dem Bf freiwillig getroffen, weshalb die damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen nach § 34 EStG 1988 keine Berücksichtigung finden können (vgl. ).
Ohne die Anerkennung der Operations- und Aufenthaltskosten im Privatklinikum (in der Höhe von 5.118,84 Euro) als außergewöhnliche Belastung übersteigen auch die sonstigen gesundheitsbezogenen Aufwendungen des Jahres 2021 nicht den Selbstbehalt des Bf (der 2.987,40 Euro beträgt), weshalb es zu keiner geänderten Einkommensteuerfestsetzung kommt.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Nichtzulässigkeit der Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall waren zunächst im Wege der freien Beweiswürdigung Tatfragen zu beurteilen, die einer Revision nicht zugänglich sind. In der rechtlichen Beurteilung weicht das Erkenntnis nicht von der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ab. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Graz, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.2100104.2024 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
KAAAF-72959