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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.02.2025, RV/5100815/2024

Kein Anspruch auf Familienbeihilfe mangels Haushaltszugehörigkeit und Tragung der Unterhaltskosten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Monika Fingernagel in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Familienbeihilfe 09.2023-09.2024 zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit dem angefochtenen Bescheid vom forderte das Finanzamt unter Verweis auf die Bestimmungen des § 26 Abs 1 FLAG und § 33 Abs 3 EStG Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge in Höhe von insgesamt 3.488,20 Euro zurück, welche die Beschwerdeführerin (Bf) für ihre Tochter ***1*** für die Zeiträume September 2023 bis September 2024 bezogen hatte, zurück. Da für ***1*** keine abgelegten Prüfungen nachgewiesen worden seien, sei die Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit in Bezug auf ihr Studium nicht gegeben.

Dagegen richtet sich die Beschwerde vom im Zuge derer die Bf Prüfungszeugnisse der ***2*** in Budapest über das Studium Veterinärmedizin ihrer Tochter vorlegte.

Das Finanzamt wies in der Folge die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom
als unbegründet ab. Zur Begründung führte die Behörde an, dass die anfallenden Kosten für die Wohngemeinschaft in Budapest sowie die Kosten der Lebensführung nach eigenen Angaben vom Vater getragen werden würden. Laut Aktenlage bestehe keine Haushaltszugehörigkeit zum Haushalt der Bf und die Bf leiste auch nicht überwiegend die anfallenden Unterhaltskosten (monatlich anfallende Kosten der Lebensführung).

Mit Schriftsatz vom beantragte die Bf die Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag). Zur Begründung brachte sie vor, dass ihre Tochter seit der Scheidung 2011 laufend bei ihr gemeldet gewesen und somit ihrem Haushalt zugehörig sei. Die freien Tage verbringe sie gern zu Hause. In Budapest habe sie eine 2. Unterkunft am Studienort, da sie aufgrund der Entfernung nicht öfter als angegeben heimkommen könne.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:

Die Tochter der Bf, geb am ***3***, studiert seit dem Wintersemester 2023/2024 an der ***2*** in Budapest Veterinärmedizin. Bei dem Studium handelt es sich um ein Präsenzstudium.

Die Tochter legte im Zuge eines Vorhalteverfahrens beim Finanzamt ein handschriftliches Schreiben vom vor, aus dem hervorgeht, dass sie gemeinsam mit einer anderen Studentin in einer Wohnung in Budapest lebt. Sie ist an selben Adresse wie die Bf in Steyr mit Hauptwohnsitz gemeldet und kommt ca. alle 4 Wochen zu Besuch nach Österreich.

Die Bf und der Kindesvater leben seit 2011 getrennt. Die Kosten für die Wohnung in Budapest, die Lebenskosten und die Studienkosten werden vom Kindesvater getragen.

2. Beweiswürdigung

Die obigen Sachverhaltsfeststellungen sind aktenkundig und ergeben sich insbesondere aus der Vorhaltsbeantwortung vom , in der die Tochter der Bf selbst ausführte, dass sie in der Wohngemeinschaft mit einer anderen Studentin wohne, ca. alle 4 Wochen nach Steyr fahre und dass ihr Vater den Lebensunterhalt und das Studium finanziere. Dagegen sprechende Umstände sind nicht ersichtlich.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Anspruch auf Familienbeihilfe haben nach § 2 Abs 1 Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für minderjährige und für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.

Nach § 2 Abs 2 FLAG hat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs 1 genanntes Kind die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 2 Abs 5 FLAG gehört zum Haushalt einer Person ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a) sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b) das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt.

Haushaltszugehörigkeit:

Der Anspruch auf Familienbeihilfe knüpft primär an die Haushaltszugehörigkeit des Kindes an (zB VwGH, , 2008/15/0325).

Die Bedingungen einer Haushaltszugehörigkeit sind in § 2 Abs 5 FLAG näher umschrieben; demgemäß kommt es ausschließlich auf die einheitliche Wirtschaftsführung mit dem Kind im Rahmen einer Wohngemeinschaft (Wohn-und Wirtschaftsgemeinschaft) an. Dabei geht das Gesetz erkennbar auch davon aus, dass ein Kind nur einem Haushalt angehören kann. Nicht von Bedeutung sind bspw das Erziehungsrecht (vgl 336/70) oder polizeiliche Meldebestätigungen (vgl 17/1388/80).

Fest steht, dass die Bf im Beschwerdezeitraum in Steyr und ihre Tochter in Budapest wohnten. Ein regelmäßiger, etwa monatlich erfolgter, Besuch bei der Bf führt in dieser Fallkonstellation zu keiner Haushaltszugehörigkeit. Die Tochter hatte in Budapest eine eigene Wohnung. Ein häufigerer Besuch war aufgrund der Entfernung - nach eigenen Angaben der Bf - nicht möglich. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass die Tochter in Ungarn einen eigenen Haushalt gehabt haben muss (Kochen, Wäschewaschen und dergleichen). Es bestand daher keine einheitliche Wirtschaftsführung im Haushalt der Mutter.

Um ein Kind, das sich außerhalb der gemeinsamen Wohnung der Familie aufhält, noch als haushaltszugehörig ansehen zu können, darf der anderweitige Aufenthalt des Kindes nur ein "vorübergehender" sein (§ 2 Abs 5 lit a FLAG). Die Ausdrucksweise des Gesetzes lässt erkennen, dass die Abwesenheit von der entstandenen Wohnungsgemeinschaft nur eine zeitlich beschränkte sein darf, und diese zeitliche Beschränkung, damit sie nicht zur Auflösung der Wohnungsgemeinschaft führt, nicht lange Zeit, sondern nur einen vorübergehenden Zeitraum dauern darf, wie etwa Krankenhaus- oder Erholungsaufenthalte (vgl Wanke/Lenneis, FLAG2, § 2 Rz 146; ).

Die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 5 lit b FLAG bezieht sich ausschließlich auf zum Zwecke der Berufsausübung bewohnte Zweitunterkünfte. Eine analoge Anwendung der lit b auch auf in Berufsausbildung befindliche Personen ist durch den klaren und eindeutigen Gesetzeswortlaut ausgeschlossen; dies insbesondere auch deshalb, weil das FLAG durchgängig klar zwischen Berufsausübung und Berufsausbildung unterscheidet (vgl Wanke/Lenneis, FLAG2, § 2 Rz 147).

Aufgrund der Tatsache, dass sich die Tochter der Bf durchgehend seit Beginn ihres Studiums ab September 2023 zu Studienzwecken in Ungarn aufhält, greift weder die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 5 lit a FLAG (vorübergehender Aufenthalt außerhalb des Haushaltes), noch die in lit b (auswärtige Berufsausübung) normierte Ausnahme.

Mangels Haushaltszugehörigkeit im Beschwerdezeitraum zu einem Elternteil kommt es daher darauf an, wer überwiegend die Kosten für den Unterhalt des Kindes getragen hat (§ 2 Abs 2 letzter Satz FLAG).

Überwiegende Kostentragung:

Wie der VwGH bereits im Erkenntnis vom , 93/15/0208, ausgesprochen hat, hängt es einerseits von der Höhe der gesamten Unterhaltskosten für ein Kind in einem bestimmten Zeitraum und andererseits von der Höhe der im selben Zeitraum tatsächlich geleisteten Unterhaltsbeträge ab, ob eine Person die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend getragen hat.

Da im vorliegenden Fall durch die eindeutigen und unwidersprochenen Angaben der Tochter der Kindesvater die Unterhaltskosten trägt, liegt auch diese Voraussetzung nicht vor. Die Beschwerde ist daher abzuweisen

Anmerkung: Die Rückforderung der Familienbeihilfe bei der Bf bedeutet nicht, dass nicht bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ein Anspruch des Kindesvaters besteht. Dies ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zu den gegenständlichen Rechtsfragen existiert umfangreiche und eindeutige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, auf die sich das gegenständliche Erkenntnis stützt. Da darüber hinaus lediglich Sachverhaltsfragen zu lösen waren, ist die ordentliche Revision unzulässig.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.5100815.2024

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
GAAAF-72956