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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.03.2025, RV/7101411/2022

Rückforderung gem. § 241a BAO in Antragsverfahren auf KESt-Erstattung - antragsgemäße Auszahlungen ohne Bescheiderlassung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Dieter Fröhlich über die Bescheidbeschwerde der ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** Steuernummer ***BF1StNr1***, vertreten durch ALTHUBER SPORNBERGER & PARTNER Rechtsanwälte GmbH, Doblhoffgasse 9 Top 14, 1010 Wien, vom gegen die Rückforderungsbescheide gemäß § 241a BAO des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart (nunmehr Finanzamt für Großbetriebe) vom , zugestellt am , betreffend die Anträge auf KESt-Erstattung, Evidenznummern: ***1***, A2, A3, A4 und A5

zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.
Die angefochtenen Rückforderungsbescheide gemäß § 241a BAO werden ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt und Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist eine 2007 in den Vereinigten Arabischen Emiraten errichtete Kapitalgesellschaft mit Sitz in Dubai. Sie brachte mit Antragsformularen, ZS-RE1 folgende Anträge auf Erstattung von Kapitalertragssteuer von Dividenden österreichischer, börsennotierter Aktiengesellschaften des Jahres 2011 und 2012 gemäß Art 10 und Art 23 des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinigten Arabischen Emiraten auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen samt Protokoll (kurz DBA-VAE) beim zuständigen Finanzamt ein:


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Anträge
Volle Erstattung in Euro,
und Auszahlung am
§ 241a BAO - Rückforderung in Euro
Erstattbare KESt lt. FA
Bescheide v.
***1*** v.
2.198.740,34,
964.800
1.233.940,34
A2 v.
1.612.331,25,
375.000
1.237.331,25
A3 v.
2.090.857,50,
349.980
1.740.877,45
A4 v.
1.721.542,50,
156.250
1.565.292,50
A5 v.
42.500,
42.500
0,00

(Tabelle 1)

Von der Abgabenbehörde wurden nach Prüfung der Rückzahlungsanträge und interner Genehmigung durch die approbationsbefugten Organwalter die beantragten Erstattungsbeträge in voller Höhe durch Überweisung auf das in den Anträgen angeführte Bankkonto der Bf. ausbezahlt. Eine bescheidförmige Erledigung der KESt-Erstattungsanträge ist im Zusammenhang mit dem Realakt der Antragsgenehmigung durch Auszahlung nicht erfolgt.

Vom FA wurden im Jahr 2016 diese Anträge einer neuerlichen Prüfung unterzogen und ergänzende Ermittlungen hierzu vorgenommen. Nach Inkrafttreten des § 241a BAO mit BGBl 2019/91 wurden von der Abgabenbehörde für einen Teil der bereits ausbezahlten Erstattungsbeträge die Rückforderungsbescheide gemäß § 241a BAO vom erlassen. In der Begründung dieser Bescheide wurde angeführt, dass auf Grund der vorgenommenen Neuberechnung hinsichtlich des nicht rückgeforderten Teilbetrages zu erstattende Kapitalertragssteuern vorgelegen sind.

Gegen diese Rückforderungsbescheide erhob die Bf. durch ihren steuerlichen Vertreter (StV) mit Schreiben vom rechtzeitig und formgerecht Bescheidbeschwerde. Es wurde mit ausführlicher Begründung (zur Verjährung, Verletzung des Vertrauensgrundsatzes, analogen Anwendung des § 201 BAO bzgl. Selbstberechnungsabgaben und zum Fehlen eines Wiederaufnahmegrundes) dargelegt, weshalb die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ersatzlos aufzuheben seien.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurden die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Rückforderung eines Teiles der ausbezahlten Erstattungsbeträge sei zu Recht erfolgt.

Gegen die BVE wurde fristgerecht der Vorlageantrag vom eingebracht. Mit Vorlagebericht vom wurde das Rechtsmittel mitsamt den bezugshabenden Verwaltungsakten dem BFG zur Entscheidung vorgelegt.

Mit den Bescheiden vom sprach die Abgabenbehörde erstmals über die gegenständlichen Anträge auf KESt-Erstattung rechtsförmlich ab (siehe Tabelle 1). Mit diesen Bescheiden wurde den Erstattungsanträgen teilweise stattgegeben. Das abgewiesene Mehrbegehren entspricht betragsmäßig der mit den angefochtenen Bescheiden geltend gemachten Rückforderung. In der Bescheidbegründung wurde auf die Beurteilung der Anspruchsberechtigung auf KESt-Erstattung im Lichte der Rechtsprechung des VwGH, Ro 2022/13/0002, ausdrücklich Bezug genommen. Bezüglich einer allfälligen Beschwerde gegen die Bescheide betreffend die KESt-Erstattungsanträge vom ist beim BFG gegenwärtig keine Beschwerdevorlage anhängig.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Der maßgebende Sachverhalt ist aktenkundig und steht nicht in Streit. Strittig ist die Rechtsfrage, ob in Antragsverfahren auf KESt-Erstattung Rückforderungsbescheide gemäß § 241a BAO erlassen werden können, weil die Erstattungsbeträge ohne bescheidförmige Erledigung der Anträge ausbezahlt worden sind.

Im gegenständlichen Fall wurde nach Erlassung der Rückforderungsbescheide vom mit den Bescheiden vom über die Erstattungsanträge teilweise stattgebend abgesprochen. Die Rückforderungsbeträge in den angefochtenen Bescheiden stimmen betragsmäßig mit den abgewiesenen Mehrbegehen in den Bescheiden vom überein.

Zu identischen Fällen der Rückforderung gemäß § 241a BAO hat der VwGH, in Ro 2023/13/0012, und VwGH, Ra 2024/13/0068, die ersatzlose Aufhebung dieser Bescheide mit folgender Rechtsansicht bestätigt:

"Es kann nicht abgeleitet werden, dass die Bestimmung des § 241a BAO von der Notwendigkeit, eine Abgabenfestsetzung vorzunehmen, entbinden könnte. In einem Fall, in dem die Festsetzung der Abgabe erforderlich ist, kann demnach eine Rückforderung nicht nach § 241a BAO geltend gemacht werden. Da über den Rückerstattungsanspruch (Art. 23 DBAbk Großbritannien 1970) durch Bescheid zu entscheiden ist, ist (solange der Antrag auf Rückerstattung nicht zurückgezogen wird, sodass eine Festsetzung nicht mehr erfolgen könnte) die Bestimmung des § 241a BAO nicht anwendbar. (Hier brachte die mitbeteiligte Partei aufgrund des DBAbk Großbritannien 1970 Anträge auf Kapitalertragsteuer-Rückerstattung ein. Diese Anträge wurden vom Finanzamt durch Überweisung des beantragten Erstattungsbetrages erledigt, ohne dazu einen Bescheid zu erlassen.)

Wird hingegen die "Erstattung" oder "Rückzahlung" ("Rückerstattung" gemäß Art. 23 DBAbk Großbritannien 1970) der einbehaltenen Kapitalertragsteuer begehrt, so ist darüber mittels Bescheid zu entscheiden. Liegt ein derartiger Bescheid vor, so steht dieser einer Rückforderung des entsprechenden Betrages nach § 241a BAO schon deswegen entgegen, weil diese Rückzahlung oder Erstattung nicht ohne Rechtsgrund erfolgte.

Die Bestimmung des § 241a BAO entbindet nicht von der Notwendigkeit, über einen von einer Partei gestellten Antrag auf Rückerstattung von Kapitalertragsteuer durch Bescheid zu entscheiden.

Wurde wie hier vor einer Bescheiderlassung betreffend den Antrag auf Rückerstattung der Kapitalertragsteuer der Betrag in rechtswidriger Weise ohne Bescheid ausgezahlt, ergibt sich daraus am Abgabenkonto ein Rückstand. Spätestens einen Monat nach einer hievon abweichenden (erstmaligen) Festsetzung im Sinne einer Abweisung des Antrags auf Erstattung wird dieser Rückstand auf dem Abgabenkonto vollstreckbar, ohne dass es hiezu eines gesonderten Rückforderungsbescheides iSd § 241a BAO bedarf.

Ein Rückforderungsbescheid iSd § 241a BAO hat demnach in einem derartigen Fall nicht zu ergehen."

Auf Grund der identischen Sach- und Rechtslage waren entsprechend dieser Rechtsanschauung des VwGH die Rückforderungsbescheide gemäß § 241a BAO ersatzlos aufzuheben.

Zur Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da die strittige Rechtsfrage im Einklang mit der Rechtsprechung des VwGH gelöst wurde, war eine ordentliche Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 241a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:RV.7101411.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
YAAAF-72950