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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 21.03.2025, RV/7103857/2018

1.) Unerledigter Aussetzungsantrag nach Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung 2.) Antrag auf mündliche Verhandlung in "eventu"

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Dr. Wolfgang Pagitsch in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Walter Panzer, Praterstraße 9 Tür 6, 1020 Wien, über dessen Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich (vormals Finanzamtes Wien 1/23 ) vom über die Abweisung eines Aussetzungsantrages, Steuernummer ***Zahl1***, zu Recht erkannt:

I.) Die Beschwerde wird gem. § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II.) Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Haftungsbescheid vom wurde der Beschwerdeführer als ehemaliger Geschäftsführer der ***Firma1*** für Abgabenschulden dieser Gesellschaft iHv insgesamt € 169.069,90 gem. § 9 BAO zur Haftung herangezogen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer am Beschwerde und stellte zugleich den Antrag auf Aussetzung der Einhebung, da er sämtliche Lebenserhaltungskosten für sich, seine Ehefrau und seine beiden minderjährigen Töchter zu tragen habe, er bereits jetzt am Rande des Existenzminimums lebe und ihn weder am Entstehen der Abgabenschuld noch der Haftung ein erhebliches Verschulden treffe.

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde den Aussetzungsantrag ab, da die im Zusammenhang stehende Beschwerde in der Hauptsache am selben Tag mit Beschwerdevorentscheidung erledigt worden sei.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer am Beschwerde, weil die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom mit der Beschwerdevorentscheidung vom nicht erledigt worden sei, zumal innerhalb offener Frist ein Vorlageantrag an das Bundesfinanzgericht gestellt worden sei und somit noch keine rechtskräftige Entscheidung eingetreten sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Bescheid über die Abweisung des Aussetzungsantrages als unbegründet ab, da nach herrschender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Aussetzungsantrage, welche nach Beschwerdeerledigung unerledigt sind, als unbegründet abzuweisen seien.

Mit Schriftsatz vom brachte der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag ein, da - zusammenfassend - über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei und die gegenständliche Abweisung keine Verfügung iSd § 212a Abs. 5 BAO darstelle, zumal ein solcher Ablauf nicht ausgesprochen worden sei. Zudem seien auch die in Zusammenhang stehenden Beschwerdeverfahren bezüglich der Abgabenbescheide unerledigt und sei ihm kein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen. Zudem stellte er in eventu den Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und einen neuerlichen Antrag auf Aussetzung der Einhebung.

Mit Vorlagebericht vom legte die belangte Behörde die Beschwerde samt wesentlicher Aktenteile dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen

Festgestellter Sachverhalt

Am erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Haftungsbescheid vom , mit welchem er als ehemaliger Geschäftsführer der ***Firma1*** für Abgabenschulden dieser Gesellschaft iHv insgesamt € 169.069,90 gem. § 9 BAO zur Haftung herangezogen wurde und stellte zugleich einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung gem. § 212a BAO.

Am wurde über die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid mittels Beschwerdevorentscheidung entschieden. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Aussetzungsantrag unerledigt.

Mit Einbringung des Vorlageantrages stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung. In der Folge trat die Aussetzung der Einbringung der strittigen Abgaben ein.

Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den vorgelegten Akt der belangten Behörde. Es steht außer Streit, dass über den Aussetzungsantrag bis zur Erlassung der Beschwerdevorentscheidung bezüglich der Beschwerde gegen den Haftungsbescheid nicht abgesprochen wurde. Zudem ergibt sich dies für das Bundesfinanzgericht schlüssig aus der Begründung des bekämpften Bescheides.

Strittig ist zwischen den Parteien (lediglich) das rechtliche Schicksal des noch unerledigten Aussetzungsantrages zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdevorentscheidung in der Hauptsache.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gem. § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen von der Abgabenbehörde insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Beschwerdeerledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld. Dies gilt sinngemäß, wenn mit einer Bescheidbeschwerde die Inanspruchnahme für eine Abgabe angefochten wird.

Gem. § 212a Abs. 5 BAO besteht die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anlässlich einer (eines) über die Beschwerde (Abs. 1) ergehenden

a) Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder

b) Erkenntnisses (§ 279) oder

c) anderen das Beschwerdeverfahren abschließenden Erledigung

zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anlässlich des Ergehens einer Beschwerdevorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages nicht aus.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erlischt die Verpflichtung, anlässlich der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung den Ablauf der bewilligten Aussetzung der Einhebung zu verfügen, nicht dadurch, dass der Beschwerdeführer einen Vorlageantrag stellte, sodass das Beschwerdeverfahren betreffend die strittigen Abgaben nach wie vor aufrecht war ().

Dem Gesetz ist auch eindeutig zu entnehmen, dass eine bereits bewilligte Aussetzung der Einhebung nicht weiter gelten soll, wenn nach Ergehen einer Beschwerdevorentscheidung ein Vorlageantrag eingebracht wird. Vielmehr sieht der Gesetzgeber in solchen Fällen ausdrücklich in § 212a Abs. 5 BAO die Stellung eines neuerlichen Aussetzungsantrages und dessen allfällige neuerliche Bewilligung vor.

Auch im Fall einer vorherigen Bewilligung der beantragten Aussetzung der Einhebung wäre von der belangten Behörde zufolge der im Beschwerdefall in der Hauptsache erlassenen Beschwerdevorentscheidung am gleichzeitig der Ablauf der Aussetzung zu verfügen gewesen. Vor diesem Hintergrund hängt im Beschwerdefall die Rechtsposition des Beschwerdeführers nicht davon ab, ob die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Aussetzung der Abgabe für den ersten Verfahrensabschnitt bewilligt oder nicht bewilligt.

Bis zur Erlassung des hier angefochtenen Bescheides am hatten sich die angestrebten Rechtswirkungen der in der Folge nicht bewilligten Aussetzung auf Grund der Bestimmungen des § 230 Abs. 6 BAO iVm § 212a Abs. 4 BAO ergeben.

Die vom Beschwerdeführer angestrebte Bewilligung der Aussetzung hätte, da gleichzeitig der Ablauf der Aussetzung zu verfügen gewesen wäre, dem Beschwerdeführer somit keine andere Rechtsposition verliehen (vgl. ; ).

Nach herrschender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Aussetzungsanträge, welche nach Bescheiderledigung unerledigt sind, als unbegründet abzuweisen (; ). Nach der Erledigung der Bescheidbeschwerde, deretwegen die Aussetzung beantragt worden ist, kommt ihre Bewilligung nur mehr in Frage, wenn daran noch ein rechtliches Interesse der antragstellenden Partei bestehen sollte (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 212a (Stand , rdb.at), Anm 41). Ein solches lag gegenständlich nicht vor und wurde auch vom Beschwerdeführer nicht aufgezeigt

Im Übrigen hat der Beschwerdeführer im Zuge der Beschwerdeerhebung am neuerlich einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung gestellt und trat in der Folge die Aussetzung der Einbringung der strittigen Abgaben ein (vgl. § 230 Abs. 6 BAO).

Zum Antrag des Beschwerdeführers im Vorlageantrag in "eventu" eine mündliche Verhandlung durchzuführen wird ausgeführt, dass derartige bedingte Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach der Judikatur unwirksam sind, dh, sie verpflichten das Verwaltungsgericht nicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung, und zwar auch nicht im Anwendungsbereich der Grundrechtecharta (; ).

Diese Rechtsprechung überzeugt auch, da derartige Anträge schon nach den Denkgesetzen nicht ordnungsgemäß behandelt werden können. Die Frage, ob eine mündliche Verhandlung stattzufinden hat, ist zwingend vor Ergehen der materiellen Entscheidung zu klären. In diesem Sinne ist auch die Judikatur des OGH zu verstehen, nach welcher ein zur Bedingung erhobenes innerprozessuales Ereignis nicht nur im jeweiligen Verfahren, sondern "im konkreten Verfahrensstadium" eintreten muss (). Da die mündliche Verhandlung ein dem Ergehen der materiellen Entscheidung notwendigerweise vorgelagertes Verfahrensstadium darstellt, kann der Inhalt der materiellen Entscheidung unmöglich als Bedingung für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung herangezogen werden. (Hell, SWK 35/2023, 1322).

Ebenfalls unwirksam sind Anträge, die mit einer unklaren Bedingung verknüpft werden, wie zB die Durchführung einer mündlichen Verhandlung "falls erforderlich", "allenfalls" oder "in eventu" (vgl. Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 (2013) § 274 E 15 ff).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das gegenständliche Erkenntnis weicht von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ab. Weiters handelt es sich um keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da sich die Rechtsfolge unmittelbar aus dem Gesetz ergibt. Damit liegt kein Grund vor, eine Revision zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
BAAAF-72949