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Verfahrenshilfe – Einzel – Beschluss, BFG vom 13.03.2025, VH/7100002/2025

Verfahrenshilfe - Nachsicht § 236 BAO - keine Rechtsfrage, die besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweist

Entscheidungstext

Beschluss-Verfahrenshilfe

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***Ri*** über den Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe des Antragstellers ***Bf1***, ***Bf1-Adr*** vom für das Beschwerdeverfahren betreffend die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom über die Abweisung einer Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten beschlossen:

Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe gemäß § 292 BAO wird abgewiesen.

Gegen diesen Beschluss ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung betreffend die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom über die Abweisung einer Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verfahrenshilfe gem § 292 BAO.

Die Voraussetzungen für die Genehmigung von Verfahrenshilfe sind in § 292 Abs 1 BAO wie folgt geregelt:

"Auf Antrag einer Partei (§ 78) ist, wenn zu entscheidende Rechtsfragen besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art aufweisen, ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenshilfe vom Verwaltungsgericht insoweit zu bewilligen,

1. als die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten und

2. als die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

(2) Als notwendiger Unterhalt ist derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt.

[…]"

Nach § 292 Abs. 1 BAO ist zunächst Voraussetzung für die Bewilligung von Verfahrenshilfe, dass die zu entscheidenden Rechtsfragen "besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art" aufweisen.

Besondere Schwierigkeiten rechtlicher Art sind anzunehmen, wenn eine besondere Komplexität der Rechtslage gegeben ist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Rechtsfrage zur Beurteilung ansteht, die bislang uneinheitlich entschieden wurde bzw. in der ein Abgehen von der bisherigen Rechtsprechung erwogen wird oder der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Im vorliegenden Fall geht es bei der Entscheidung, ob Verfahrenshilfe zu gewähren ist, vor allem darum, ob die Nachsicht gemäß § 236 BAO in Bezug auf eine mittlerweile vollständig getilgte Einkommensteuerschuld zu gewähren ist.

Gemäß § 236 Abs. 1 Bundesabgabenordnung (BAO) können fällige Abgabenschuldigkeiten auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.

Die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung nach der Lage des Falles ist tatbestandsmäßige Voraussetzung für die in § 236 BAO vorgesehene Ermessensentscheidung. Ist die Unbilligkeit der Abgabeneinhebung zu verneinen, so ist für eine Ermessensentscheidung kein Raum ().

Die in § 236 BAO geforderte Unbilligkeit kann entweder persönlich oder sachlich bedingt sein.

Eine persönlich bedingte Unbilligkeit liegt im Besonderen dann vor, wenn die Einhebung der Abgaben die Existenzgrundlage des Nachsichtswerbers gefährdet, wofür es genügt, wenn etwa die Abstattung trotz zumutbarer Sorgfalt nur durch Veräußerung von Vermögen möglich wäre und diese Veräußerung einer Verschleuderung gleichkäme. Für die Entscheidung über ein Nachsichtsansuchen sind die Vermögens- und Einkommensverhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung über das Ansuchen maßgebend. Eine persönliche Unbilligkeit ist somit stets gegeben, wenn die Einhebung die Existenz des Abgabepflichtigen oder seiner Familie gefährdet.

Eine Unbilligkeit ist nach der Judikatur jedoch dann nicht gegeben, wenn die finanzielle Situation des Abgabenschuldners so schlecht ist, dass auch die Gewährung der beantragten Nachsicht nicht den geringsten Sanierungseffekt hätte und an der Existenzgefährdung nichts änderte (zB ; , 2006/15/0278; , 2013/15/0173;, 2013/16/0114).

Eine sachliche Unbilligkeit der Einhebung wäre anzunehmen, wenn im Einzelfall auf Grund eines außergewöhnlichen Geschehensablaufes und in einer vom Steuerpflichtigen nicht beeinflussbaren Weise bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eingetreten ist und die dadurch ausgelöste Abgabenschuld auch ihrer Höhe nach unproportional zum auslösenden Sachverhalt wäre.

Das ist aber dann nicht der Fall, wenn die Steuervorschreibung eine Auswirkung genereller Normen darstellt. In vorliegendem Fall liegt eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage vor, die alle Abgabenpflichtigen (in vergleichbarer Situation) in gleicher Weise trifft.

Die diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen sowie Judikatur sind eindeutig und übereinstimmend.

Aus den aufgezeigten Gründen weist die zu lösende Rechtsfrage keine solchen rechtlichen Schwierigkeiten auf, die die Gewährung der beantragten Verfahrenshilfe rechtfertigt.

Dem Antrag auf Verfahrenshilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens vor dem BFG war daher nicht Folge zu leisten.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG vor.

Da die im vorliegenden Fall strittigen Rechtsfragen aus den aufgezeigten Gründen keine der genannten Voraussetzungen zutrifft, war die Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 292 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2025:VH.7100002.2025

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
RAAAF-72948