Kinderbetreuungskosten
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter Mag. Josef Zwilling in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom (eingebracht am ) gegen den Bescheid des Finanzamtes Waldviertel (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2015, Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Mit Schreiben vom ersuchte die belangte Behörde den Beschwerdeführer um Vorlage von Belegen zum Nachweis der geltend gemachten Kinderbetreuungskosten. Am , übermittelte der Beschwerdeführer ein Schreiben mit einem Nachweis für Arbeitsmittel und Aufwendungen sowie Belege für Kinderbetreuungskosten.
Die Einkommensteuer 2015 wurde auf Grund der eingereichten Erklärung mit Bescheid vom festgesetzt. Die beantragten Kinderbetreuungskosten wurden nicht gewährt. Das Finanzamt verwies auf die Begründung des Einkommensteuerbescheides 2013 und die Beschwerdevorentscheidung 2011.
Mit Schreiben vom , eingebracht am , erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen den Bescheid vom und führte an, dass die Ablehnung der Kinderbetreuungskosten nicht gerechtfertigt und der Sachverhalt ein ganz anderer als im Jahr 2013 sei. Die Differenzierung ergäbe sich einerseits aus der Tatsache, dass zusätzlich zu Barzahlungen Banküberweisungen getätigt wurden und die Anzahl der Kinderbetreuungspersonen eine andere sei.
Mittels Beschwerdevorentscheidung vom wies die belangte Behörde die Beschwerde vom , eingebracht am , gegen den Bescheid vom als unbegründet ab. Als Begründung wurde auf den Einkommensteuerbescheid 2013 verwiesen. Außerdem wurde angeführt, dass die steuerliche Anerkennung aufgrund der nicht gegebenen Publizität der Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen versagt wurde. Die Betreuungspersonen sind zudem die gleichen wie im Jahr 2013 und die formale Gestaltung (zum Teil Überweisungen) zu keiner Änderung der rechtlichen Beurteilung führt.
Am beantragte der Beschwerdeführer die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht.
Am legte das Finanzamt den Beschwerdeakt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Das Bundesfinanzgericht stellt auf Basis des oben geschilderten Verwaltungsgeschehens und der aktenkundigen Unterlagen folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt fest:
Der Beschwerdeführer hat zwei Kinder: Tochter, geboren am Datum1, und Sohn, geboren am Datum2.
Die Mutter und die Schwiegermutter des Beschwerdeführers haben teilweise die Kinderbetreuung übernommen. Frau Name1 bringt ein Befähigungszeugnis für Arbeitslehrerinnen hervor und Frau Name2 erbringt ein von der "Hilfswerk Akademie" ausgestelltes Zertifikat über die Teilnahme an einem 8-Stunden Kurs ("Als Oma/Opa/Babysitter anfangen").
Sowohl Frau Name1 als auch Frau Name2 wurden als Betreuungspersonen angegeben, haben jedoch beide keine Aufnahme einer selbständigen/gewerblichen Tätigkeit angemeldet.
Die Entlohnung wurde zum Teil überwiesen und zum Teil bar übergeben.
2. Beweiswürdigung
Der oben dargestellte Verfahrensgang gibt auch den zu beurteilenden Sachverhalt wieder. Er ist von den Parteien des Verfahrens unbestritten.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
§ 34 Abs 9 EStG 1988 in der im Streitzeitraum geltenden Fassung:
(9) Aufwendungen für die Betreuung von Kindern bis höchstens 2 300 Euro pro Kind und Kalenderjahr gelten unter folgenden Voraussetzungen als außergewöhnliche Belastung:
1. Die Betreuung betrifft
- ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 1 oder
- ein Kind im Sinne des § 106 Abs. 2.
2. Das Kind hat zu Beginn des Kalenderjahres das zehnte Lebensjahr oder, im Falle des Bezuges erhöhter Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967 für das Kind, das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet. Aufwendungen für die Betreuung können nur insoweit abgezogen werden, als sie die Summe der pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld, Pflegezulage, Blindengeld oder Blindenzulage) übersteigen.
3. Die Betreuung erfolgt in einer öffentlichen institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung oder in einer privaten institutionellen Kinderbetreuungseinrichtung, die den landesgesetzlichen Vorschriften über Kinderbetreuungseinrichtungen entspricht, oder durch eine pädagogisch qualifizierte Person, ausgenommen haushaltszugehörige Angehörige.
4. Der Steuerpflichtige gibt in der Einkommensteuererklärung die Betreuungskosten unter Zuordnung zu der Versicherungsnummer (§ 31 ASVG) oder der Kennnummer der Europäischen Krankenversicherungskarte (§ 31a ASVG) des Kindes an.
Abgesehen von der Frage, ob die Anspruchsvoraussetzungen des § 34 Abs 9 EStG 1988 der im Streitzeitraum geltenden Fassung, erfüllt sind, ist bei familiären Vereinbarungen wegen der gegebenen besonderen Einflussmöglichkeit auf die Vertragsgestaltung die Anwendung der Angehörigenjudikatur geboten und muss im vorliegenden Fall geprüft werden (Knechtl/Winkler/Unger in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke (Hrsg) EStG § 4 Anm 66ff). Im konkreten Fall ist daher zu klären, ob die zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Mutter bzw seiner Schwiegermutter abgeschlossene Vereinbarung den steuerlichen Grundsätzen für Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen entspricht ().
Verträge zwischen nahen Angehörigen werden im Bereich des Steuerrechts nur dann anerkannt, wenn sie:
nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen (Publizitätswirkung),
einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben, und
zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären (Fremdvergleich).
Die Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen (Toifl in Doralt/Kirchmayr/Mayr/Zorn (Hrsg) EStG21 § 2 Rz 160).
Als nahe Angehörige sind auch Schwiegereltern zu verstehen ().
Im Hinblick darauf, dass Beziehungen zwischen nahen Angehörigen auch familienhafter Natur sein können, muss eine klare und eindeutige Abgrenzung einer auf einem wirtschaftlichen Gehalt beruhenden Beziehung von einer familienhaften vorliegen, wobei unklare Vereinbarungen zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen (Knechtl/Winkler/Unger in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke (Hrsg) EStG § 4 Anm 70).
Helfen Familienmitglieder bei Angehörigen mit, dann tun sie dies im Regelfall in ihrer Freizeit und nicht aus rechtlicher Verpflichtung, sondern aus familiärer Solidarität. Entschließt sich der von seiner Familie unterstützte Steuerpflichtige dazu, seinen Angehörigen als Ausgleich für ihre Leistung etwas zukommen zu lassen, dann entspringt eine solche Zuwendung im Regelfall auch nicht einer rechtlichen Verpflichtung, sondern Beweggründen wie Dankbarkeit und Anstand ().
Im vorliegenden Fall ist das Kriterium der Publizität nicht erfüllt.
Die notwendige Publizität setzt eine ausreichend deutliche Fixierung der wesentlichen Vertragsbestandteile sowie des Beweises des Abschlusses und der tatsächlichen Durchführung des Vertrages Dritten gegenüber voraus. Schriftlichkeit des Vertrages ist nicht unbedingt erforderlich, im Rahmen der Beweiswürdigung kommt der Schriftform aber besondere Bedeutung zu (Knechtl/Winkler/Unger in Wiesner/Grabner/Knechtl/Wanke (Hrsg) EStG § 4 Anm 69).
Erfolgte die Kinderbetreuung durch die Großmütter in deren jeweiligem eigenen Haushalt, handle es sich um eine selbständige Tätigkeit und es hätte zwingend eine Anzeige zur Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit beim Finanzamt vorgenommen werden müssen. Dies selbst dann, wenn die Tätigkeit in weiterer Folge steuerlich unbeachtlich bleibt. Die Unterlassung einer derartigen Anzeige wäre - läge eine derartige Erwerbstätigkeit vor - eine Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs 1 lit a FinStrG ().
Erfolgte die Kinderbetreuung im Haushalt der Eltern, würde es sich um eine nichtselbständige Erwerbstätigkeit handeln, da die Betreuungspersonen im Haushalt der Eltern eingegliedert sind und den Eltern gegenüber weisungsgebunden sind ().
Indem bis dato keine Anzeige beim Finanzamt vorgenommen wurde, ist die Publizität nicht ausreichend gewährleistet und die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung von Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen sind nicht erfüllt.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw ergeben sich die Rechtsfolgen aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 34 Abs. 9 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7104486.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
IAAAF-72938