Mittelpunkt der Lebensinteressen
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch ***Vertr1***, ***Vetr1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend Einkommensteuer 2010, Steuernummer
***BF1StNr1***, zu Recht erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer brachte am einen Antrag auf Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 2010 ein.
Mit Bescheid vom wurde die Einkommensteuer für das Jahr 2010 festgesetzt.
Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz vom (eingebracht am ) Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid vom und führte dabei aus, er habe am das Finanzamt auf den 2014 eingebrachten Antrag auf Rückerstattung der im Jahr 2010 in Österreich abgeführten Steuer hingewiesen. Es werde die Behandlung des Antrages 2010 beantragt. Die Rückerstattung der Lohnsteuer solle aus dem Grund erfolgen, dass sein Lebensmittelpunkt nicht in Österreich, sondern in Mexiko gelegen sei und daher das Besteuerungsrecht an diesen Einkünften nicht Österreich zustehe. Er begehrt die Auszahlung der einbehaltenen Lohnsteuer.
Mittels Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde vom gegen den Einkommensteuerbescheid 2010 vom als unbegründet abgewiesen. Als Begründung wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer aus Sicht der Finanzverwaltung im Jahr 2010 als in Österreich ansässig anzusehen war, da sowohl die wirtschaftlichen als auch die persönlichen Beziehungen in Österreich vorrangig bestanden haben.
Am beantragte der Beschwerdeführer durch seinen steuerlichen Vertreter die Vorlage der Beschwerde zur Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht. Im Vorlageantrag ergänzte der Beschwerdeführer seine bisherigen Aussagen. Er betont, dass eine Rückkehr nach Österreich nicht geplant war und das Haus aus dem Grund nicht verkauft wurde, da seine Ehefrau und der gemeinsame Sohn darin wohnten. Zudem gibt er an, dass seine Frau bereits bei ihrem Pensionsantrag im Juni 2005 den Status "getrennt lebend" angegeben habe und die Wiederannäherung des Ehepaares im Jahr 2011 der Pensionsversicherungsanstalt bekanntgegeben wurde. Die Pflegebedürftigkeit des Vaters wird näher ausgeführt und festgestellt, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Vaters der Hauptgrund für die Rückkehr nach Österreich darstellte. Es wird vorgebracht, dass der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in Staaten verlegt worden ist, in denen der Beschwerdeführer aus persönlichen Bekanntschaften bzw. aufgrund von geringen Lebenskosten sein Auslangen gefunden habe (Erstaufenthalt Korea, Letztaufenthalt Mexiko). Es wird auch darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer sich um die Änderung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse gekümmert und die entsprechenden Unterlagen vorgelegt habe. Schlussendlich führt er an, dass die Bekanntgabe persönlicher Beziehungen, die er während der Trennung von seiner Frau geführt habe, das notwendige Maß des Anstandes übersteigen würde.
Die Beschwerde wurde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Im vorliegenden Fall ist strittig, ob Österreich das Besteuerungsrecht an der im Jahr 2010 in Österreich bezogenen Firmenpension zusteht bzw. in welchem Staat der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen hatte.
Für die Beurteilung der Streitfrage geht das Gericht von folgendem, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:
Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger. Er ist verheiratet mit ***1*** und hat mit dieser einen gemeinsamen Sohn. Der Beschwerdeführer war im Jahr 2010 bereits in Pension. Er erhielt Pensionseinkünfte von der VBV-Pensionskasse AG.
Der Beschwerdeführer war laut Auszug aus dem Zentralen Melderegister bis zum in Österreich gemeldet. Ab war er in Korea gemeldet und ab in Mexiko. Seit ist er wieder in Österreich gemeldet.
Ein Zeitpunkt für die Rückkehr nach Österreich war nach den Angaben des Beschwerdeführers vorerst nicht geplant, zunächst für etwa fünf Jahre vorgesehen (Vorhaltsbeantwortung vom ).
Das Haus an der Adresse ***Bf1-Adr***, stand im Eigentum des Beschwerdeführers. Er war dort von bis mit Hauptwohnsitz gemeldet und ist jetzt wieder seit gemeldet. Seine Ehefrau ist dort seit mit Hauptwohnsitz gemeldet und hat dort mit dem gemeinsamen Sohn und ihrer Mutter gewohnt. Die Betriebskosten hat über die gesamte Zeit, auch während seiner Auslandsaufenthalte, der Beschwerdeführer bezahlt.
Der Beschwerdeführer verfügte ebenfalls über eine Wohnung in Wien, die jedoch aufgrund eines Brandschadens nicht mehr zum Wohnen geeignet war.
Der gemeinsame Sohn des Beschwerdeführers hat mit den Wohnsitz aus beruflichen Gründen nach Deutschland verlegt. Er blieb laut Auskunft aus dem Zentralen Melderegister bis in der ***Bf1-Adr***, mit Hauptwohnsitz gemeldet.
Laut Aussagen des Beschwerdeführers war die Beziehung zu seiner Ehefrau zerrüttet, sodass von keiner aufrechten Beziehung gesprochen werden konnte. Dies führte zu einer dauerhaft getrennten Lebensführung.
Der Beschwerdeführer führte nach eigenen Aussagen eine außereheliche Beziehung in Mexiko.
Während seiner Abwesenheit von Österreich kam es zu keinen längeren Besuchen in Österreich. Die im Inland verbrachten Tage dienten nach den Angaben des Beschwerdeführers hauptsächlich Behördenerledigungen. Die Anwesenheitstage verbrachte er gemeinsam mit seinem Vater in dessen Wohnung. Es wurden keine Behandlungen und Sozialleistungen in Österreich beansprucht.
Seine Rückkehr nach Österreich begründete der Beschwerdeführer mit der Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Vaters und dessen steigendem Pflegebedarf bzw. seinem drohenden Ableben. Seit Mitte der 1960er Jahre hatte der Beschwerdeführer keinen engen Kontakt mehr zu seinem Vater. Dessen Lebensgefährtin übernahm die Pflege bis 2008. Ab diesem Zeitpunkt pflegte die Gattin des Beschwerdeführers ihren Schwiegervater und bemühte sich um einen Pflegeplatz. Die Zeit von bis zu seinem Ableben am verbrachte der Vater des Beschwerdeführers in einem Pflegeheim, wo er mit Hauptwohnsitz gemeldet war.
Nach der Rückkehr nach Österreich verbesserte sich die Beziehung zu seiner Gattin und beide wohnen bis dato zusammen im Haus in der ***Bf1-Adr***.
2006 hat der Beschwerdeführer den Alleinverdienerabsetzbetrag erhalten, der seiner Aussage nach irrtümlich geltend gemacht wurde. 2007 wurden vom Beschwerdeführer Kosten für Wohnraumschaffung geltend gemacht. In einem irrtümlich eingebrachten (und in der Folge stornierten) Antrag auf Arbeitnehmerveranlagung 2009 wurde neben Kosten für Wohnraumschaffung eine am geleistete Spende an den Tierschutzverein ***2*** als Sonderausgaben geltend gemacht.
Der Beschwerdeführer hat in Mexiko keine Einkünfte erzielt und auch kein Wohnungseigentum erworben.
2. Beweiswürdigung
Die dargestellten Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt sowie den vom Bundesfinanzgericht getätigten Abfragen im Zentralen Melderegister.
3. Rechtliche Beurteilung
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)
Gemäß § 1 Abs 2 EStG 1988 sind unbeschränkt steuerpflichtig natürliche Personen, die im Inland ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf die gesamten in- und ausländischen Einkünfte.
Gemäß § 26 Abs 1 BAO hat jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.
Den gewöhnlichen Aufenthalt hat gemäß § 26 Abs 2 BAO jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt.
Eine Wohnung iSd § 26 Abs 1 BAO sind Räumlichkeiten, die nach der Verkehrsauffassung zum Wohnen geeignet sind, also ohne wesentliche Änderung jederzeit zum Wohnen benützt werden können und ihrem Inhaber nach Größe und Ausstattung ein dessen Verhältnissen entsprechendes Heim bieten (Ritz/Koran, BAO7 § 26 Rz 1). "Innehaben" bedeutet, über eine Wohnung tatsächlich oder rechtlich verfügen zu können, sie also jederzeit für den eigenen Wohnbedarf benützen zu können. Als Rechtsgründe für die Innehabung kommen vor allem Eigentum, Miete, Untermiete, Wohnungsrecht, aber auch familienrechtliche Ansprüche (zB des Ehegatten), in Betracht. Die polizeiliche Ab- und Anmeldung ist nicht entscheidend und hat nur Indizwirkung (Ritz/Koran, BAO7 § 26 Rz 5-7).
Nach diesen Kriterien hat der Beschwerdeführer im Jahr 2010 sowohl im In- als auch im Ausland einen Wohnsitz gehabt. Für die Frage des Wohnsitzes ist ausschließlich maßgeblich, dass der Beschwerdeführer tatsächlich oder rechtlich über die Wohnung verfügen konnte, das heißt diese zu eigenen Wohnzwecken benützen konnte. Nicht entscheidend ist hingegen, ob der Beschwerdeführer sich dauernd an diesem Wohnsitz aufgehalten hat oder nicht. Die Tatsache allein, dass ihm das Haus zur Verfügung stand, ist für die Annahme eines Wohnsitzes im Inland ausreichend. Die Behauptung des Beschwerdeführers, keine Wohnmöglichkeit auf Grund der Zerrüttung der Ehe gehabt zu haben, lässt sich nicht damit in Einklang bringen, dass das von der Ehegattin bewohnte Haus in seinem Eigentum stand und er nach seiner Rückkehr aus Mexiko im Februar 2011 - noch vor der Wiederannäherung der Ehegatten - dort einzog.
Da der Beschwerdeführer in beiden Staaten über einen Wohnsitz verfügte, ist zu fragen, in welchem Staat, Österreich oder Mexiko, nach dem zwischenstaatlichen Steuerrecht das Besteuerungsrecht zukam bzw welcher Staat zur Vermeidung einer doppelten Besteuerung auf sein Besteuerungsrecht verzichten musste. Diese Frage ist nach dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und den Vereinigte Mexikanischen Staaten BGBl III 142/2004 idF BGBl III 45/2010 (DBA Mexiko) zu beurteilen.
Nach Art 17 DBA Mexiko dürfen vorbehaltlich Art 18 Abs 2 Ruhegehälter und ähnliche Vergütungen, die einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person für frühere unselbständige Arbeit gezahlt werden, nur in diesem Staat versteuert werden.
Die Frage der Ansässigkeit richtet sich nach Art 4 DBA Mexiko.
Art 4 DBA Mexiko bestimmt Folgendes:
(1) Im Sinne dieses Abkommens bedeutet der Ausdruck "eine in einem Vertragsstaat ansässige Person" eine Person, die nach dem Recht dieses Staates dort auf Grund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist. Der Ausdruck umfasst jedoch nicht eine Person, die in diesem Staat nur mit Einkünften aus Quellen in diesem Staat oder mit in diesem Staat gelegenem Vermögen steuerpflichtig ist.
(2) Ist nach Absatz 1 eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, so gilt Folgendes:
a) Die Person gilt als in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfügt; verfügt sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat (Mittelpunkt der Lebensinteressen);
b) kann nicht bestimmt werden, in welchem Staat die Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen hat, oder verfügt sie in keinem der Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gilt sie als in dem Staat ansässig, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat;
c) hat die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in beiden Staaten oder in keinem der Staaten, so gilt sie als in dem Staat ansässig, dessen Staatsangehöriger sie ist;
d) in allen anderen Fällen werden sich die zuständigen Behörden der Vertragsstaaten bemühen, die Frage in gegenseitigem Einvernehmen zu regeln.
(3) Ist nach Absatz 1 eine andere als eine natürliche Person in beiden Vertragsstaaten ansässig, so werden sich die zuständigen Behörden bemühen, die Frage in gegenseitigem Einvernehmen zu lösen und zu regeln, wie das Abkommen auf eine solche Person anzuwenden ist. Wird keine Einigung erzielt, so findet das Abkommen mit Ausnahme des Artikels "Informationsaustausch" auf diese Person keine Anwendung.
Der Ausdruck "ständige Wohnstätte" im Sinne des Art 4 Abs 1 lit a DBA Mexiko ist ein abkommensrechtlicher Begriff, der von den Vertragsstaaten einheitlich auszulegen ist. Eine ständige Wohnstätte setzt Räumlichkeiten voraus, die nach Art und Einrichtung zum Wohnen geeignet sind, über die der Steuerpflichtige ständig verfügen kann und die er regelmäßig nutzt (Wassermeyer in Wassermeyer/Lang/Schuch (Hrsg), Doppelbesteuerung, MA ART 4, Rz 33). Es kann sich dabei um eigene, gemietete, unentgeltlich zur Verfügung gestellte oder bloß mitbenutzte Räume handeln ().
Für die Beurteilung der Frage, an welchem Ort (in welchem Staat) der Steuerpflichtige die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat, ist auf das Gesamtbild der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse abzustellen, wobei das Überwiegen der Beziehungen zum einen oder anderen Staat den Ausschlag gibt. Wirtschaftlichen Beziehungen kommt dabei in der Regel eine geringere Bedeutung zu als persönlichen Beziehungen. Unter letzteren sind all jene zu verstehen, die einen Menschen aus in seiner Person liegenden Gründen mit jenem Ort verbinden, an dem er einen Wohnsitz hat.
Von Bedeutung sind dabei familiäre Bindungen sowie Betätigungen gesellschaftlicher, religiöser und kultureller Art und andere Betätigungen zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen, aber auch die Mitgliedschaft in Vereinen und andere soziale Engagements. Wirtschaftliche Bindungen gehen vor allem von örtlich gebundenen Tätigkeiten und von Vermögensgegenständen in Form von Einnahmequellen aus. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen ist durch eine zusammenfassende Wertung aller Umstände zu ermitteln. Entscheidend ist letztlich, welcher Vertragsstaat für die Person der bedeutungsvollere ist (vgl.; , 2011/13/0091, jeweils mwN).
Bei der Ermittlung des Mittelpunktes der Lebensinteressen ist regelmäßig nicht nur auf die Verhältnisse eines Jahres, sondern auf einen längeren Beobachtungszeitraum abzustellen (; , Ra 2023/13/0186).
Begründet eine Person in einem Staat eine Wohnstätte, ohne ihre im anderen Staat schon bestehende Wohnstätte aufzugeben, so kann die Tatsache, dass sie die erste Wohnstätte beibehält, wo sie bisher gelebt und gearbeitet hat und wo sie ihre Familie und ihren Besitz hat, zusammen mit anderen Gesichtspunkten dafür sprechen, dass sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im ersten Staat beibehalten hat (; Ismer/Blank in Vogel/Lehner (Hrsg), DBA7 Art 4 Rz 193).
Der Beschwerdeführer war seit Juni 2008 in Mexiko gemeldet, hat sich jedoch dazu entschieden im Jahr 2011 wieder nach Österreich zurückzukehren. Die Rückkehr fand im Februar 2011 statt.
Zu den persönlichen Beziehungen ist Folgendes auszuführen: Der Beschwerdeführer war die gesamte Zeit, die er sich im Ausland befand, mit seiner Ehefrau in Österreich verheiratet, hat einen Sohn in Österreich und einen kranken Vater. Der Beschwerdeführer bringt vor, dass die Ehe zerrüttet war. Widersprüchlich ist jedoch, dass sich die Ehefrau des Beschwerdeführers trotz eines solch zerrütteten Eheverhältnisses um den Vater des Beschwerdeführers kümmerte. Außerdem erscheint die Aussage, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines schlechten Verhältnisses zu seiner Ehefrau keine Wohnmöglichkeit in Österreich gehabt zu haben, nicht glaubwürdig, da dieser nach seiner Rückkehr sogleich wieder in das gemeinsame Haus einzog.
Die Beziehung zum Vater lässt ebenfalls Fragen offen. Einerseits führt der Beschwerdeführer aus, dass er seit der 1960er Jahre keinen engen Kontakt mit seinem Vater pflegte, allerdings bei Inlandsaufenthalten lediglich Behördengänge durchführte und seinen Vater besuchte, bei dem er dann auch wohnte. Dies lässt vermuten, dass die Beziehung zu seinem Vater durchaus enger war als jene zu seiner Ehefrau und seinem Sohn. Außerdem nannte er als Grund für seine Rückkehr nach Österreich die Verschlechterung des Gesundheitszustandes seines Vaters und den entstandenen Pflegebedarf (Vorhaltsbeantwortung vom ) bzw. sein drohendes Ableben (Vorlageantrag vom ), was auch wieder auf ein engeres Verhältnis als angegeben hindeutet.
Der Beschwerdeführer führt an, er sei in einer außerehelichen Beziehung in Mexiko, kann dies jedoch nicht belegen und ist auch nicht gewillt Fragen zu dieser Beziehung zu beantworten, da diese laut Vorlageantrag "das notwendige Maß des Anstandes" übersteigen würden.
Auch hat der Beschwerdeführer keine Aussagen zu Betätigungen gesellschaftlicher, religiöser und kultureller Art oder anderer Betätigungen zur Entfaltung persönlicher Interessen und Neigungen, wie die Mitgliedschaft in Vereinen oder andere soziale Engagements in Mexiko getroffen.
In Bezug auf die persönlichen Interessen kann kein Überwiegen in Mexiko festgestellt werden. Die reine Aussage, eine außereheliche Beziehung zu führen, ohne Nachweise erbringen zu können oder weitere Aussagen treffen zu wollen, reicht nicht aus, um ein Überwiegen persönlicher Interessen zu begründen, wo auf der anderen Seite in Österreich eine Ehefrau, ein Sohn und ein pflegebedürftiger Vater nachgewiesen sind. Dazu kommt, dass die Aussagen des Beschwerdeführers (wie auch bereits dargestellt) durchwegs widersprüchlich sind. Soweit im Vorlageantrag ausgeführt wird, der Beschwerdeführer sei Anfang 2011 erstmals wieder nach Österreich zurückgekommen, steht dies schon zu den Angaben in der Vorhaltsbeantwortung vom in Widerspruch, wonach er zu Behördenerledigungen nach Österreich gekommen sei, wobei nur beispielhaft die Reisen zwecks Visabeschaffung im Juli 2007 und Neuausstellung des Reisepasses im Dezember 2008 genannt werden. Diesbezüglich weist das Finanzamt im Vorlagebericht darauf hin, dass nach den Eingangsvermerken des Finanzamtes die Formulare L1 für das Jahr 2005 am , für 2004 am , für 2003 am , für 2002 am , für 2001 am und für 2000 am eingebracht wurden, was auf weitere Aufenthalte in Österreich schließen lässt.
Auch in Bezug auf die wirtschaftlichen Interessen kann ein Überwiegen in Österreich festgestellt werden. Der Beschwerdeführer bezog keine Einkünfte in Mexiko und lebte demnach von der Pension aus Österreich. Er erwarb kein Eigentum, was auf einen dauerhaften Aufenthalt in Mexiko hindeuten könnte, sondern wohnte lediglich in einer Mietwohnung. Dies deutet darauf hin, dass es von Anfang an nicht geplant war, dauerhaft in Mexiko zu verweilen.
In Österreich hat er ein Haus und eine Wohnung im Eigentum. Dass die Ehe so stark zerrüttet war, dass er nicht die geringste Wohnmöglichkeit im Haus hatte, ist schwer vorstellbar vor allem unter dem Aspekt, dass er sogleich nach seiner Rückkehr nach Österreich bis dato mit seiner Ehefrau im selben Haus zusammenlebt und diese sich einige Jahre (2008 bis 2010) um seinen kranken Vater gekümmert hat.
Aus wirtschaftlicher Perspektive kann eindeutig ein Überwiegen in Österreich festgestellt werden.
Nicht außer Acht gelassen werden darf natürlich, dass der Beschwerdeführer in Mexiko rund 3 1/2 Jahre lang mit Hauptwohnsitz gemeldet war. Die polizeiliche Meldung ist jedoch lediglich ein Indiz für die Frage des Wohnsitzes (Ritz/Koran, BAO7 § 26 Rz 5-7).
Als weiterer Anknüpfungspunkt in diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass der Vater des Beschwerdeführers wohl schon mehrere Jahre krank war. Wie im Vorlageantrag ausgeführt pflegte bereits die frühere Lebensgefährtin des Vaters des Beschwerdeführers diesen bis Mitte 2008 und anschließend übernahm die Ehefrau des Beschwerdeführers die Pflege und bemühte sich um einen Platz im Pflegeheim, wo der Vater letztendlich im Jahr 2012 starb. Dass eine akute Pflege der einzige Grund für die Rückkehr des Beschwerdeführers nach Österreich sein sollte, ist schwer vorstellbar, zumal der Vater bereits seit mehreren Jahren pflegebedürftig war, es der Beschwerdeführer in den vorigen Jahren jedoch nicht als notwendig erachtet hat, nach Österreich zurückzukehren und bei der Pflege seines Vaters mitzuwirken. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass sich der Vater bereits seit April 2010 im Pflegeheim befand.
Unter diesem Gesichtspunkt ist davon auszugehen, dass auch andere Gründe vorlagen, die die Rückkehr des Beschwerdeführers bedingten und die persönlichen Beziehungen zu Österreich weitaus stärker waren als vom Beschwerdeführer eingeräumt.
Bei Abwägung der Gesamtheit der persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen des Beschwerdeführers zu den beiden Staaten Österreich und Mexiko ergibt sich, dass Österreich der bedeutungsvollere gewesen ist und in Österreich der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen gelegen ist.
Somit war im Streitzeitraum Österreich der Ansässigkeitsstaat im Sinne des Art 4 DBA Mexiko und stand Österreich das Besteuerungsrecht über die Pensionseinkünfte des Beschwerdeführers zu.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im gegenständlichen Fall wurde von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen bzw ergeben sich die Rechtsfolgen aus den gesetzlichen Bestimmungen, weshalb eine Revision nicht zuzulassen war.
Salzburg, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 1 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 26 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 Art. 17 DBA MEX (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Vereinigte Mexikanische Staaten (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 142/2004 Art. 4 DBA MEX (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Vereinigte Mexikanische Staaten (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 142/2004 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2025:RV.7100912.2018 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
YAAAF-72937