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OGH 03.04.1997, 15Os37/97

OGH 03.04.1997, 15Os37/97

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder und Dr.Rouschal als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Brandstätter als Schriftführerin, in der beim Landesgericht für Strafsachen Graz zum AZ 18 Vr 3135/96 anhängigen Strafsache gegen Friedrich R***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG und einer weiteren strafbaren Handlung über die Grundrechtsbeschwerde des Beschuldigten gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Beschwerdegericht vom , AZ 11 Bs 56/97 (GZ 18 Vr 3135/96-48), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Friedrich R***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Nachdem der Untersuchungsrichter am gegen den wiederholt wegen verschiedener Verstöße gegen das Suchtgiftgesetz vorbestraften Friedrich R***** antragsgemäß die Voruntersuchung wegen "§ 16 Abs 1 und Abs 2 Z 2 SGG" eingeleitet hatte, wurde tags darauf über ihn die Untersuchungshaft aus den Gründen des § 180 Abs 2 Z 2 und 3 lit b und c StPO verhängt, weil er dringend verdächtig war, im November 1996 in Amsterdam gewerbsmäßig rund 40 Gramm Heroin käuflich erworben, davon ca 5 Gramm selbst konsumiert und die restlichen 35 Gramm in vier Kuverts auf dem Postweg an seine Heimatanschrift in Mureck gesendet zu haben. In der Folge wurde die Voruntersuchung auf weitere, dem Beschwerdeführer zugerechnete Suchtgiftfakten ausgedehnt und am die mit datierte Anklageschrift eingebracht, die dem Beschwerdeführer das Verbrechen nach § 12 Abs 1 zweiter und dritter Fall SGG als Beteiligter gemäß § 12 zweiter Fall StGB sowie das Vergehen nach § 16 Abs 1 vierter und fünfter Fall SGG zur Last legt.

Zuletzt beschloß der Untersuchungsrichter - nach Durchführung einer (weiteren) Haftverhandlung - die Fortsetzung der Untersuchungshaft bis (ON 44 des Kopieaktes). Einer dagegen vom Beschuldigten erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Graz mit Beschluß vom , AZ 11 Bs 56/97 (= ON 48 des Vr-Aktes), nicht Folge und sprach aus, daß die durch gelinderte Mittel des § 180 Abs 5 StPO nicht substituierbare Untersuchungshaft (nur mehr) aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach § 180 Abs 2 Z 3 lit b und c StPO mit Wirksamkeit bis längstens fortzusetzen sei. Ausgehend von der (den objektiven Sachverhalt nicht in Abrede stellenden) Verantwortung und den inzwischen vervollständigten Erhebungsergebnissen hielt es der Gerichtshof zweiter Instanz zudem "in hohem Maße [für] wahrscheinlich", daß der Beschuldigte durch den geschilderten Sachverhalt das Verbrechen nach "§ 12 Abs 1 SGG" (Aus- und Einfuhr einer "großen Menge" von 44,92 Gramm Heroin mit 10,63 + - Gramm Reinsubstanz) begangen habe.

Rechtliche Beurteilung

In seiner dagegen am per Telefax (auch) direkt an den Obersten Gerichtshof gerichteten Grundrechtsbeschwerde erachtet sich Friedrich R***** in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit dadurch verletzt, daß (nach seiner Meinung) die Haft zu ihrem Zweck außer Verhältnis steht und die Haftgründe unrichtig beurteilt wurden. Den für die Fortsetzung der Untersuchungshaft erforderlichen dringenden Tatverdacht bezüglich des ihm angelasteten Suchtgiftverbrechens läßt er unbekämpft (ON 1 des Os-Aktes = ON 50 des Vr-Aktes).

Die Beschwerde ist nicht begründet.

Zutreffend stützt nämlich das Oberlandesgericht die Annahme der akuten Gefahr, der Beschuldigte werde auf freiem Fuße ungeachtet des gegen ihn geführten Strafverfahrens abermals strafbare Handlungen der vorliegenden Art mit nicht bloß leichten Folgen zur Suchtgiftbeschaffung begehen, derentwegen er bereits (mehrmals) verurteilt worden ist (§ 180 Abs 2 Z 3 lit b StPO; vgl die Strafregisterauskunft ON 20), einerseits auf die - auch in der Beschwerdeschrift mehrfach zugestandene - schwere Suchtgiftabhängigkeit und den dadurch indizierten erheblichen Heroinbedarf in der Zukunft, andererseits auf die Fruchtlosigkeit der in den Jahren 1989 und 1994 jeweils wegen § 16 Abs 1 SGG erfolgten Abstrafungen und auf die Wirkungslosigkeit einer seit 1988 andauernden, aber vom Beschuldigten ständig unterlaufenen Methadontherapie.

Gegen alle diese bestimmten, die Tatbegehungsgefahr tragenden Tatsachen hat die Beschwerde an sich nichts vorzubringen. Sie beschränkt sich vielmehr im wesentlichen bloß auf die Behauptung, es sei keinesfalls anzunehmen, R***** werde sich in Hinkunft mehr als die Grenzmenge an Heroin besorgen, sowie auf den Einwand, die Anhaltung in Untersuchungshaft sei kein probates Mittel zur Suchtentwöhnung und von einer Tatbegehungsgefahr könne nach einer Haft von über drei Monaten keine Rede sein; ferner remonstriert sie gegen die vom Beschwerdegericht zusätzlich - allerdings erkennbar nur illustrativ angestellten - Überlegungen, denenzufolge der Beschuldigte auf Grund anderer Verfahrensergebnisse überdies verdächtig sei, im Jahre 1996 in Wien insgesamt 50 Gramm Heroin gekauft (was unter Punkt II.1.a der am - sohin erst Tage nach Fällung der bekämpften Beschwerdeentscheidung - beim Erstgericht eingelangten Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Graz als Vergehen nach § 16 Abs 1 vierter und fünfter Fall SGG inkriminiert wird - ON 51 -) und davon einen Teil in Verkehr gesetzt zu haben.

Soweit in diesem Zusammenhang die Unschuldsvermutung (Art 6 Abs 2 MRK) in Anspruch genommen wird, übersieht der Beschwerdeführer, daß im Gegensatz dazu in der Haftfrage das Bestehen hinreichenden Verdachtes der Verübung einer strafbaren Handlung ausreicht (Art 5 Abs 1 lit c MRK), also - auch nach der Rechtsprechung der Straßburger Instanzen - ein bloßer prima-facie-Beweis genügt (Frowein/Peukert EMRK-Komm Art 5 Rz 75).

Eine die Beschwerdeausführungen beherrschende Behauptung, der Vorsatz des Beschuldigten sei ausschließlich auf Suchtgiftbeschaffung für den Eigenbedarf, aber keineswegs zur Weitergabe an Dritte ausgerichtet gewesen, weshalb Tatwiederholung nicht angenommen werden könne, scheint zu verkennen, daß - worauf schon der Gerichtshof zweiter Instanz hinweist - die hier aktuelle Fallgestaltung des § 12 Abs 1 zweiter und dritter Fall SGG seit Inkrafttreten der Suchtgiftgesetznovelle 1985 (BGBl 184) auf der inneren Tatseite nur voraussetzt, daß der Täter die (vorliegend nicht in Zweifel gezogene) Eignung der tatverfangenen Suchtgiftmenge an sich, im großen Umfang eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen, in seinen Vorsatz aufnahm, ohne daß die vom Ausland aus - und in das Inland eingeführte Suchtgiftmenge nach dem Tätervorsatz auch tatsächlich an einen größeren Personenkreis gelangen und solcherart ein Streueffekt erzielt werden sollte (SSt 57/29; 12 Os 1/95).

Angesichts des mehrfach einschlägig getrübten Vorlebens, des beträchtlichen Übersteigens der bei Heroin geforderten großen Menge von 1,5 Gramm an Reinsubstanz (SSt 58/19 = EvBl 1988/3 = RZ 1987/48 = ÖJZ-LSK 1987/89) und der in § 12 Abs 1 SGG normierten Sanktion von Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren steht die vom bis zum maßgeblichen Zeitpunkt () währende Haft weder zur Bedeutung der Sache außer Verhältnis, noch ist deren Dauer unverhältnismäßig geworden (§ 2 Abs 1 GRBG).

Bei der gegebenen Sachlage sowie unter besonderer Berücksichtigung der bis zuletzt nach außen in Erscheinung getretenen negativen Charakterneigung und der haltschwachen Persönlichkeitsstruktur des Beschwerdeführers ist die angestrebte Haftverschonung gegen Anwendung gelinderer Mittel im Sinne des § 180 Abs 5 StPO ausgeschlossen.

Demnach konnte eine Grundrechtsverletzung nicht festgestellt werden, weshalb die Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Strafrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:1997:0150OS00037.97.0403.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
WAAAF-71983